SchülerInnen aus Südtirol lernen Antike Literatur und Kultur an LFU kennen
Heuer fand zum ersten Mal an der LFU Innsbruck ein Altertumswissenschaftlicher Projekttag für Südtiroler SchülerInnen statt. Organisiert wurde der Projekttag von Anna Christoph (HG Bozen), Priska Neulichedl (HG Bozen) und Wolfgang Kofler (LFU Innsbruck/HG Bozen). Für die Schülerinnen war dies eine willkommene Abwechslung vom Schulalltag und gleichzeitig eine erste Möglichkeit, Universitätsluft zu schnuppern. In Veranstaltungen wie „Alexander und Indien“, „Altorientalistische Philologie“ oder „Die Rückkehr der Antike nach Hollywood“ vermittelten WissenschafterInnen der LFU einen einzigartigen Einblick in das Leben und Denken der antiken Welt. Die SchülerInnen konnten auf diese Weise ihr in der Schule erworbenes Wissen vertiefen.
„Es gab für diesen Tag verschiedene Workshop-Angebote. Das Thema „Alte Handschriften und Drucke an der Universitätsbibliothek Innsbruck“ hat uns am meisten interessiert. Meiner Meinung nach war dieser Workshop der interessanteste, der angeboten wurde. Wir können hier auch etwas Praktisches machen – das hat ein wenig nach „Action“ geklungen“, resümiert Schülerin Elisabeth Barbieri. Jedoch nicht nur dieser Workshop fand Anklang bei den SchülerInnen: „Besonders cool fanden wir die archäologische Werkstatt, bei der wir Abgüsse nach antiken Originalen hergestellt haben, betonen Verena und Franziska begeistert. Die SchülerInnen als auch die LehrerInnen waren der Meinung, dass ähnliche Aktivitäten bald wiederholt werden müssen.
Einige Workshopangebote im Überblick
Reinhold Bichler „Alexander und Indien“
„Alexander in Indien“ ist das Thema eines von Prof. Bichler für das SS 06 angekündigten Seminars aus Geschichte. Die SchülerInnen bekamen die Gelegenheit, eine auf sie zugeschnittene Seminarstunde kennen zu lernen. Nach einer allgemeinen Einführung lasen sie als Fallstudie in Übersetzung die beiden – divergierenden – antiken Haupt-Berichte zur „Elefantenschlacht“ zwischen Alexander und Poros (326 v. Chr.) und diskutierten über Ihre Beobachtungen. Die Ergebnisse wurden dann in einen größeren Rahmen gestellt, dabei ergaben sich eine ganze Reihe von Fragen zu Alexander und seinem Indienfeldzug. Gemeinsam wurde herausgestellt, dass Geschichte nicht einfach aus Quellen abgelesen, sondern nur durch sorgfältiges Abwägen der Quellen – bis zu einem gewissen Grad – rekonstruiert werden kann. „Die Schülerinnen und Schüler (14-16 jährig) waren“, so der Eindruck von Prof. Bichler, „gut motiviert, an Antike durchaus interessiert und in ihren Statements erstaunlich treffsicher und ihre Fragen waren intelligent.“
Sabine M. E. Fick “Magie und Religion“
Nach einer ersten Begriffserklärung der Bezeichnung "Magie" (Herkunft, Versuch einer Definition) begann der Workshop mit einer Einführung in "magische Denkweisen". Dabei wurden die ambitionierten SchülerInnen mit dem der Magie zu Grunde liegenden Weltbild und mit Phänomenen wie Analogiezauber, "Vor-ahmen", "pars pro toto", Übertragungszauber und Ähnlichem an Hand von anschaulichen Beispielen aus den verschiedensten Kulturräumen vertraut gemacht. „Dann haben wir gemeinsam Zaubersprüche und magische Praktiken aus den unterschiedlichsten Bereichen des menschlichen Lebens (eben nicht nur Volksglaube, sondern auch Hochreligion, Medizin, Politik, Bestattungsbräuche usw) untersucht“, erzählt Sabine Fick. Abschließend wurden grundsätzliche Fragen diskutiert, wie zum Beispiel: Hat man denn an die Wirksamkeit solcher Zaubersprüche und magischer Praktiken wirklich geglaubt? oder: Wie hat sich wohl eine Verfluchung auf das "Opfer" psychisch und physisch ausgewirkt?
Kordula Schnegg/Elisabeth Maróthy/Sandra Heinsch/ Brigitte Truschnegg „Gesundheit, Schönheit und Fruchtbarkeit im Altertum“
Fruchtbarkeit - Schwangerschaft - Geburt im Alten Orient (Elisabeth Maróthy/Sandra Heinsch): Fruchtbarkeit war in erster Linie mit dem Bild der Frau verbunden. Nach einem sumerischen Sprichwort heißt es: „Die Frau ist des Mannes Nachkomme“. Ohne männlichen Erbe erlosch der Name des Mannes und damit auch der für die Verstorbenen notwendige Ahnenkult. Schwangerschaft und Geburt barg viele gesundheitliche Gefahren für die Frau und das Neugeborene. Medizinische, vor allem aber magische Praktiken sollten ein gesundes Baby garantieren.
Gesundheit und Krankheit (Kordula Schnegg): Auch in der griechischen und römischen Antike gab es Versuche, den Zustand des Krankseins bzw. des Gesundseins zu erklären. Im Workshop wurde den SchülerInnen vermittelt, wie Krankheiten diagnostiziert und therapiert wurden. Ebenso wird auf die Frage eingegangen, welche Vorstellungen mit dem Beruf des Arztes und der Ärztin verbunden waren. Abschließend wurde ein Auszug aus dem Eid des Hippokrates gelesen und gemeinsam diskutiert.
Körperpflege und Kosmetik (Brigitte Truschnegg): Körperpflege und Kosmetik im griechisch-römischen Kulturraum sind nicht nur Elemente täglicher Lebenspraxis, sondern gleichzeitig ein Gradmesser für ‘korrektes’ weibliches und männliches Verhalten. Sowohl ein Mangel als auch ein Übermaß an Körperpflege und Kosmetik gelten als Indizien charakterlichen Fehlverhaltens. Verstöße gegen das ideale Ausmaß an Körperpflege, das für Frauen und Männer unterschiedlich definiert wurde, hatten für beide Geschlechter gleichermaßen negative Konsequenzen.
Silvia Reyer-Völlenklee „Das Herstellen von Abgüssen nach antiken Originalen mit praktischen Übungen“
Die Veranstaltung in der Restaurierungswerkstatt war entsprechend handwerklich dominiert. Nach einer Führung durch die Werkstatt wurde den SchülerInnen die Technik des Formenbauens und die Abgußtechniken erläutert. Danach stellten die SchülerInnen selbst kleine Abgüsse eines römischen Erosreliefs aus eingefärbtem Gips her. Die beim Gießen entstandenen Überschüsse/Gußnähte wurden abgeschliffen und die Oberfläche mit Wachs und originaler Grabungserde bestrichen. Die "grabungsfrischen" Kopien konnten die SchülerInnen mitnehmen. „Auffallend positiv für mich waren die Motivation und Begeisterung, mit der die Schüler die Aufgabenstellungen bewältigt haben“, freut sich Silvia Reyer-Völlenklee.
Dietrich Feil „Antike Götter“
Anhand von Götterbildern in der Abgußsammlung wurde zunächst das Bild ausgewählter Götter der griechischen Antike in Kunst und Sagenwelt besprochen. Anschließend wurden reale religiöse Bräuche, vor allem das Opfer und das Orakelwesen, vorgestellt. Nach einem kurzen Vergleich griechischer und römischer Vorstellungen und Bräuche wurde vor allem die Frage "neuer" Götter behandelt. Im Mittelpunkt dieses Abschnittes standen einerseits die vergöttlichten Herrscher, andererseits die aus dem Orient bzw. aus Ägypten übernommenen Götter. Auch dafür wurden nach Möglichkeit Abgüsse aus der Institutssammlung herangezogen.
Gabriela Kompatscher „Alte Handschriften und Drucke an der Universitätsbibliothek Innsbruck“
Nach einer Vorstellung des kostbaren Bestandes der UBI an alten Büchern gab es eine Einführung in die basics der Handschriftenkunde und der Überlieferungsgeschichte lateinischer Texte. Auf diese kurze theoretische Einheit folgte der Hauptteil des Workshops, in welchem die SchülerInnen ihre Kombinationsfähigkeit und ihr detektivisches Gespür beim Entziffern von Texten aus mittelalterlichen Handschriften testen konnten.
Wolfgang Kofler „Gladiator, Troja und Alexander: Die Rückkehr der Antike nach Hollywood“
Der Workshop begann mit einer Sequenz von Filmausschnitten: Am Beispiel des Motivs des Wagenrennens aus Ben Hur, das in Starwars. Episode 1 (Pottrennen) und Männerpension (Schubkarrenrennen) zitiert wird, wurden die SchülerInnen auf das Thema der Veranstaltung eingestimmt. Dann folgte ein Input-Referat über die Entwicklung und die verschiedenen Genres des Antiken-Films. Im dritten Teil verglichen die SchülerInnen Ausschnitte aus Gladiator, Troja und Alexander mit einer Auswahl an historischen und literarischen Quellen. Dabei lernten sie die für die Gattung „Film“ spezifischen Mechanismen der Antiken-Rezeption kennen und diskutierten die Frage, warum sich Hollywood gerade in letzter Zeit wieder verstärkt antiken Sujets zugewandt hat.