Stärkung der regionalen Wirtschaft gegen den globalen Transit
Mehr als 250 Interessierte trafen sich letzte Woche in Steinach im Wipptal um die Folgen der Globalisierung zu diskutieren und Wege in "eine andere Welt" zu finden. Als einer der Höhepunkte der ersten SommerATTACademie suchten Transitgegner und Globalisierungskritiker gemeinsam nach Lösungen in der Transitfrage.

Gerhard Stürzlinger sieht im geplanten Ausbau der Hochleistungsstrecke München-Verona keine Lösung für den Alpentransit. Bis zur Fertigstellung des Brennerbasistunnels in 15 Jahren würde der Gütertransit von derzeit 40 Millionen auf 75 Millionen Jahrestonnen anwachsen. Die Kapazität des Tunnels wäre im Falle des geplanten Mischbetriebs (Personen und Güter) nicht einmal in der Lage, diesen Zuwachs aufzunehmen. Fazit: "Für unsere Täler ist keinerlei Entlastung zu erwarten." Stürzlingers Gegenvorschlag: "Ein reiner Gütertunnel wäre billiger, sicherer und könnte mehr Verkehr bewältigen." Zusätzlich forderte er den Ausbau des regionalen Bahnnetzes im Interesse der Tiroler Bevölkerung und der lokalen Wirtschaft.
Hautnah von ihren Transiterfahrungen berichtete Maria Hilber von der Initiative "Lebenswertes Wipptal": "Ich wohne hier in Steinach, gleich da oben unter der Autobahn. Bei den Instandhaltungsarbeiten der Autobahn werden riesige Mengen Blei freigesetzt. Das Heu auf meinen Wiesen enthält über 5.000 ppm Blei anstatt der zulässigen 10 ppm. Ich habe fünf Kinder und Enkelkinder und möchte ihnen eine intakte Heimat hinterlassen." Aber auch eine intakte Regionalwirtschaft liegt Hilber am Herzen: Entgegen den Versprechungen sei der Aufschwung durch die Brennerautobahn ausgeblieben: "Es haben acht Betriebe und acht Lokale zu gemacht, ein Hotel steht leer, die Wirtschaft liegt am Boden, das Wipptal ist ein Sanierungsgebiet." Als Vorbild bezeichnete sie das ehrgeizige Roadpricing (leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) in der Schweiz. "Die gibt es seit 2001, in Deutschland kommt sie Anfang 2003, und Österreich verschiebt sie alle sechs Monate um ein weiteres halbes Jahr." Aber auch mit einer innovativen Lösung wartete Hilber auf: "Die Raucher sollen jetzt höhere Beiträge in die Krankenversicherung zahlen. Wir haben in Österreich nachweislich 2.400 Abgastote durch den Verkehr. Warum ziehen wir nicht die Autobahngesellschaften heran, um unser Krankenkassen zu sanieren?"
Die Umweltexpertin Corinna Milborn warnte vor einer Liberalisierung des Transportsektors durch das Dienstleistungs- und das Investitionsabkommen GATS in der Welthandelsorganisation WTO. Bei völliger Liberalisierung dürften Transit und lokaler Verkehr nicht mehr unterschiedlich behandelt werden, und internationale Transportunternehmen könnten so gegen Mauterhöhungen wegen "Gewinnentgang" und "Enteignung" klagen. Noch im Rahmen der SommerATTACademie wurde innerhalb von ATTAC die Arbeitsgruppe "Transit und Globalisierung" eingerichtet, die gemeinsam mit den Transitgegnern aktiv werden möchte.