Ökologie von Hochgebirgsregionen wird erforscht

Erstmals wird die Vegetation in 18 Hochgebirgsregionen Europas mit einheitlichen Methoden untersucht. Das Beobachtungsnetz spannt sich von Skandinavien bis Kreta, vom Ural bis nach Spanien. Ein Team der Innsbrucker Botanik nimmt Südtiroler Berggipfel unter die Lupe.
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Die Pflanzenwelt des Hochgebirges reagiert auf Klimaänderungen empfindlich. Die dortige Flora hat sich im Lauf der Evolution an extreme Bedingungen, wie z.B. Kälte, angepasst. Mögliche Folge eines Temperaturanstiegs ist, dass hochalpine Überlebensspezialisten von Arten verdrängt werden, die aus unteren Höhenstufen nach oben wandern. Beim EU-Projekt "GLORIA" (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments) erfassen die Forscher solche möglichen Änderungen vom Gipfel aus. Sie wählen damit jenen Ort, an dem derartige Änderungen als erstes beobachtbar sind.

Klimaerwärmung führt zu Verdrängungswettbewerb

"In den Dolomiten und im Naturpark Texelgruppe in Südtirol könnte eine Klimaerwärmung auf den derzeit waldfreien, niedrigsten Gipfeln zur Ausdehnung von Hochstauden, Waldunterwuchsarten und Waldbäumen wie Zirben, Lärchen und Fichten auf dem niedrigsten Gipfel führen. Wenn die kurze Vegetationsperiode durch eine Erwärmung länger wird, könnten sich jene Pflanzen, die bisher an der Waldgrenze waren, nach oben hin ausdehnen", so Prof. Brigitta Erschbamer vom Institut für Botanik der Universität Innsbruck. Andere - bisher am Gipfel beheimatete Pflanzen - könnten so verdrängt werden. Erschbamer und ihre Mitarbeiter, Mag. Peter Unterluggauer und Mag. Martin Mallaun haben bisher auf acht Gipfeln in Südtirol "Dauerflächen" eingerichtet. Die in diesen Arealen lebenden Pflanzen werden genau verzeichnet. "In fünf bis zehn Jahren untersuchen wir nochmals die Flora dieser Versuchsflächen und können dann feststellen, ob sich die Zusammensetzung - die so genannte Diversität der Pflanzenarten - verändert hat", betont Erschbamer. Erste Reaktionen auf die prognostizierte Klimaerwärmung ließen sich in einer Dekade ablesen. Eine Verschiebung der Höhenstufen als langfristige Veränderung sei möglicherweise in 50 bis 100 Jahren beobachtbar.
Das EU-Projekt steht unter der Leitung von Prof. Georg Grabherr vom Institut für Ökologie und Naturschutzforschung der Universität Wien. An "GLORIA" sind mehr als 50 Wissenschaftler aus 13 Ländern beteiligt. Die einheitlichen Methoden ermöglichen einen europaweiten Vergleich und Aussagen über die aktuelle Pflanzenvielfalt der Regionen. Durch das langfristige Beobachtungsprogramm soll dann der Einfluss der Klimaänderung erfasst werden. Eine weltweite Ausdehnung des Forschungsprogramms ist geplant.

Forschung mit Fantasie

Damit abseits der Einflüsse von Mensch und Tier der reine Blick auf klimatische Änderungen möglich ist, untersucht das Team in Südtirol Gipfel, die touristisch nicht interessant sind oder kaum beweidet werden. Solche Berge haben meist noch keinen Namen. Von bisher acht untersuchten Gipfeln haben die Wissenschaftler sieben getauft. Ein Beispiel: "Da Wöllane" (zu deutsch: Welcher). "Der Fantasie der Mitarbeiter sind keine Grenzen gesetzt", so Erschbamer.

Der Beitrag ist in der letzten Ausgabe der UNIZEITUNG erschienen. Die UNIZEITUNG liegt viermal im Jahr der Tiroler Tageszeitung bei. Über public-relations@uibk.ac.at können Sie eine gedruckte Version der aktuellen UNIZEITUNG bestellen. (cf)