"Historiae morborum" - die Krankengeschichten des Dr. Franz von Ottenthal
Über 50 Jahre lang, von 1847 bis 1899, ordinierte Dr. Franz von Ottenthal als Allgemeinmediziner in Sand im Südtiroler Tauferer Ahrntal. Er hinterließ insgesamt 244 Hefte mit über 87.000 Krankengeschichten - die sogenannten "Historiae Morborum". In einem am Institut für Geschichte angesiedelten Interreg III A Projekt werden diese für viele Bereiche wertvollen Aufzeichnungen nun in einer Datenbank erfasst, analysiert und ausgewertet. Ein erster Zwischenbericht wurde unlängst präsentiert.
Das Projekt
In den "Historiae Morborum" dokumentiert Franz von Ottenthal, der am 23. Mai 1818 in Sand in Taufers, Südtirol, geboren wurde und dort von 1847 bis zu seinem Tod im Jahr 1899 eine Praxis als Allgemeinarzt führte, in insgesamt 244 Heften über 87.000 Krankengeschichten. In diesen 50 Jahren notierte er Namen, Alter und Wohnorte der PatientInnen, übersetzte ihre Beschwerden und Wünsche ins Lateinische, stellte seine Diagnose, verordnete Medikamente und vermerkte deren Erfolg oder Misserfolg sowie seine Einnahmen. Diese Aufzeichnungen präsentieren sich als tabellenförmige Niederschrift, die nun in einem von der Europäischen Union, dem Land Südtirol und dem Land Nordtirol finanzierten sechsjährigen Projekt in eine Datenbank übertragen werden. Ziel ist es, diese Niederschriften des Landarztes Ottenthal einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die "Historiae Morborum" dokumentieren über Jahrzehnte den Gesundheitszustand einer vorwiegend ländlichen, in einem geographisch und wirtschaftlich benachteiligten Raum lebenden Bevölkerung. Sie sind aber nicht nur Geschichten von Krankheiten und ihrer Verläufe oder pharmazeutischen Fortschritts, sondern geben auch Einblicke in das soziale Gefüge eines inneralpinen Tales und zeichnen das Leben und die Probleme einzelner Menschen nach.
Zur Tagung
Taufers in Südtirol war auch der Schauplatz der Tagung, bei dem nun ein erster Zwischenbericht des Projektes "Historiae morborum - die Krankengeschichten des Dr. Franz von Ottenthal" präsentiert wurde. Höhepunkt der beiden Tage war sicherlich der öffentliche Vortrag, der speziell für die Bevölkerung des Tauferer Ahrntales gedacht war. Hierbei wurden nicht nur das Projekt und das "Endprodukt Datenbank" vorgestellt, sondern man gab dem aufmerksamen und interessierten Publikum auch Kostproben der bisher erfassten Aufzeichnungen, den Krankengeschichten ihrer Vorfahren aus dem 19. Jahrhundert sowie deren mögliche Auswertung.
Der erste Teil des Vortrages wurde von Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Dietrich-Daum vom Institut für Geschichte, die auch die Leiterin dieses Projektes ist, bestritten und reichte von der Vorstellung der Krankengeschichten bis hin zur Erfassung in einer Datenbank sowie deren Analyse, wie zum Beispiel Geschlechtsunterschiede bei der Häufigkeit von Arztbesuchen im 19. Jahrhundert.
Im zweiten Teil zeigte Dr. Christine Roilo vom Südtiroler Landesarchiv den Wert dieser Quelle für die Rekonstruktion von Familien- und Hofgeschichten in Verbindung mit anderen Quellen wie zum Beispiel Tauf-, Sterbe- und Heiratsmatrikeln.
Am zweiten Tag waren die eingeladenen Wissenschafter aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien an der Reihe die vorgestellte Datenbank und die mit ihr verbundenen noch offenen Fragen zu diskutieren. Nützliche Verbesserungsvorschläge und Ideen zum weiteren Ausbau und einer vielfältigeren Nutzung dieser Arbeit wurden für eine konkrete Umsetzung protokolliert.
Danach begann man mit der "Feldforschung" direkt vor Ort: Bei einer Führung mit DI Horst Schober besichtige man das noch gut erhaltene und quellenreiche Haus Ottenthals, den Ansitz Neumelans, wo Ottenthal gelebt und ordiniert hatte. Eine Führung durch Schloss Taufers rundete das Programm schließlich ab.
Neben dem Kontakt mit der Öffentlichkeit sind bei dieser wertvollen Tagung auch gleich Weichen für zukünftige Kooperationen mit Personen und Instituten außerhalb der Leopold-Franzens-Universität gelegt worden. (bb)
In den "Historiae Morborum" dokumentiert Franz von Ottenthal, der am 23. Mai 1818 in Sand in Taufers, Südtirol, geboren wurde und dort von 1847 bis zu seinem Tod im Jahr 1899 eine Praxis als Allgemeinarzt führte, in insgesamt 244 Heften über 87.000 Krankengeschichten. In diesen 50 Jahren notierte er Namen, Alter und Wohnorte der PatientInnen, übersetzte ihre Beschwerden und Wünsche ins Lateinische, stellte seine Diagnose, verordnete Medikamente und vermerkte deren Erfolg oder Misserfolg sowie seine Einnahmen. Diese Aufzeichnungen präsentieren sich als tabellenförmige Niederschrift, die nun in einem von der Europäischen Union, dem Land Südtirol und dem Land Nordtirol finanzierten sechsjährigen Projekt in eine Datenbank übertragen werden. Ziel ist es, diese Niederschriften des Landarztes Ottenthal einer breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die "Historiae Morborum" dokumentieren über Jahrzehnte den Gesundheitszustand einer vorwiegend ländlichen, in einem geographisch und wirtschaftlich benachteiligten Raum lebenden Bevölkerung. Sie sind aber nicht nur Geschichten von Krankheiten und ihrer Verläufe oder pharmazeutischen Fortschritts, sondern geben auch Einblicke in das soziale Gefüge eines inneralpinen Tales und zeichnen das Leben und die Probleme einzelner Menschen nach.
Zur Tagung
Taufers in Südtirol war auch der Schauplatz der Tagung, bei dem nun ein erster Zwischenbericht des Projektes "Historiae morborum - die Krankengeschichten des Dr. Franz von Ottenthal" präsentiert wurde. Höhepunkt der beiden Tage war sicherlich der öffentliche Vortrag, der speziell für die Bevölkerung des Tauferer Ahrntales gedacht war. Hierbei wurden nicht nur das Projekt und das "Endprodukt Datenbank" vorgestellt, sondern man gab dem aufmerksamen und interessierten Publikum auch Kostproben der bisher erfassten Aufzeichnungen, den Krankengeschichten ihrer Vorfahren aus dem 19. Jahrhundert sowie deren mögliche Auswertung.
Der erste Teil des Vortrages wurde von Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Dietrich-Daum vom Institut für Geschichte, die auch die Leiterin dieses Projektes ist, bestritten und reichte von der Vorstellung der Krankengeschichten bis hin zur Erfassung in einer Datenbank sowie deren Analyse, wie zum Beispiel Geschlechtsunterschiede bei der Häufigkeit von Arztbesuchen im 19. Jahrhundert.
Im zweiten Teil zeigte Dr. Christine Roilo vom Südtiroler Landesarchiv den Wert dieser Quelle für die Rekonstruktion von Familien- und Hofgeschichten in Verbindung mit anderen Quellen wie zum Beispiel Tauf-, Sterbe- und Heiratsmatrikeln.
Am zweiten Tag waren die eingeladenen Wissenschafter aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien an der Reihe die vorgestellte Datenbank und die mit ihr verbundenen noch offenen Fragen zu diskutieren. Nützliche Verbesserungsvorschläge und Ideen zum weiteren Ausbau und einer vielfältigeren Nutzung dieser Arbeit wurden für eine konkrete Umsetzung protokolliert.
Danach begann man mit der "Feldforschung" direkt vor Ort: Bei einer Führung mit DI Horst Schober besichtige man das noch gut erhaltene und quellenreiche Haus Ottenthals, den Ansitz Neumelans, wo Ottenthal gelebt und ordiniert hatte. Eine Führung durch Schloss Taufers rundete das Programm schließlich ab.
Neben dem Kontakt mit der Öffentlichkeit sind bei dieser wertvollen Tagung auch gleich Weichen für zukünftige Kooperationen mit Personen und Instituten außerhalb der Leopold-Franzens-Universität gelegt worden. (bb)