Europaregion wächst wissenschaftlich zusammen
Mit der Unterschrift unter einem Rahmenabkommen zwischen den Universitäten Trient, Bozen und Innsbruck haben die VertreterInnen der drei Euregio-Universitäten heute im Rahmen des Tiroltages beim Europäischen Forum Alpbach einen entscheidenden weiteren Schritt zur verstärkten Zusammenarbeit gesetzt.
Daria de Pretis, Rektorin der Universität Trient, Walter Lorenz und Konrad Bergmeister, Rektor und Präsident der Freien Universität Bozen sowie Tilmann Märk und Christian Smekal, Rektor und Ratsvorsitzender der Universität Innsbruck, markieren mit ihrer Unterschrift den Abschluss der ersten Etappe einer strukturierten und nachhaltigen Zusammenarbeit der drei Universitäten. Ziel ist es, die Kräfte und das Know-how zu bündeln und dadurch im Wettbewerb um internationale Drittmittel noch erfolgreicher zu sein.
Der Startschuss zu dieser universitätsübergreifenden Initiative fiel am 5. Mai 2012 in San Michele all’Adige, wo eine Absichtserklärung zwischen den Universitäten Bozen, Innsbruck und Trient mit dem Vorhaben, in Zukunft koordinierter zusammenzuarbeiten, unterzeichnet wurde. Zugleich haben Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und der damalige zuständige Minister auf italienischer Seite, Francesco Profumo, eine Unterstützungserklärung für die Zusammenarbeit der Universitäten in der Europaregion abgegeben und unterfertigt.
Intensive Vorbereitung
Auf dieser Basis hat ein Koordinierungsausschuss bestehend aus hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der drei Universitäten ein Rahmenabkommen erstellt, das die Eckpfeiler der konkreten Zusammenarbeit beinhaltet, ergänzt durch einen ausführlichen Überblick über den Status quo der laufenden Kooperationen und der in naher Zukunft angepeilten gemeinsamen Projekte. Ausdrückliches Ziel dieses Ausbaus der Zusammenarbeit der Universitäten in der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino ist die Auslotung von sinnvollen, zukunftsträchtigen gemeinsamen Schwerpunkten in Lehre und Forschung und die Bündelung dieser für eine verstärkte internationale Ausrichtung des Forschungsstandorts und des Studienangebots in der Europaregion. Die im Rahmenabkommen verankerten Punkte, wie beispielsweise die Möglichkeit eines kurz- bzw. längerfristigen Austauschs von ProfessorInnen und ForscherInnen oder die Öffnung des Lehrangebotes auch für Studierende der anderen Partneruniversitäten, dienen als Werkzeuge, um das angepeilte Ziel zu verwirklichen.
Erste konkrete Projekte vereinbart
Ein universitätsinternes Koordinierungskomitee ist für die Umsetzung des Rahmenabkommens zuständig. Deren Mitglieder haben die Aufgabe, in den verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen jeder Universität das Interesse und Ideen für die Zusammenarbeit anzuregen und zu sammeln, Informationen im Sinne des Abkommens zu verbreiten und eine jährliche Zusammenfassung über die Tätigkeiten zu erstellen. Ein strategisches Dreijahresprogramm wird erarbeitet und den Führungsorganen der drei Universitäten als Entscheidungsgrundlage unterbreitet.
Fachbereiche, die sich schon heute austauschen und kooperieren sind Physik, Informatik, Geo- und Atmosphärenwissenschaften, Technische Wissenschaften, Germanistik, Italianistik, Anglistik, Geschichtswissenschaften, Philosophie, Psychologie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften sowie Rechtswissenschaften.
Beispiele für bereits bestehende Kooperationen und Projektvorhaben:
- Joint physics lectures UNIBK-UNITN: Lehrende der Universitäten Innsbruck und Trient gestalten gemeinsam zwei intensive Tage mit Lehrveranstaltungen aus allen Bereichen der Physik. Den Studierenden beider Universitäten (jeweils 20) soll damit ein zusätzliches interdisziplinäres Kursangebot zur Verfügung stehen, bei dem sie die Möglichkeit erhalten, Themen aus der Physik mit unterschiedlichen didaktischen Zugängen präsentiert zu bekommen. Studierenden soll auch die Möglichkeit geboten werden, grenzüberschreitend an Masterarbeiten zu arbeiten.
- Projekte mit ökologischem Mehrwert: EMERGE möchte die Dynamiken der alpinen Ökosysteme in einer interdisziplinären Perspektive untersuchen, und Cryomon widmet sich verstärkt der Beobachtung der alpinen Kryosphäre (Schnee, Gletscher, Permafrost), mit dem Ziel, ein gemeinsames Alpenüberwachungssystem unter Einbeziehung der entsprechenden Stellen in der Euregio zu schaffen.
- Die gemeinsame grenzüberschreitende Ausbildung von Doktoranden mit Schwerpunkt Volatile Organische Komponenten und Treibhausgase (PhD-Network on VOC and GHG) nutzt die fachlichen Synergien zwischen den drei Universitäten und den Forschungszentren Laimburg (Südtirol) und San Michele (Trentino), um zukünftigen WissenschaftlerInnen eine möglichst umfassende und praxisorientierte Ausbildung auf internationalem Niveau zu gewährleisten.
- Ein erstes wichtiges Treffen zwischen den Forschern der drei Universitäten wird am 24. und 25. Oktober der Euregio Research Cooperation Day stattfinden. In Bozen werden die neuen Ideen für die Zusammenarbeit präsentiert und näher besprochen. Die Forscher bekommen erstmals Gelegenheit sich direkt auszutauschen und über die geplanten Entwicklungslinien für eine gemeinsame Hochschulbildung zu diskutieren.
„Diese Vereinbarung“, freut sich Daria de Pretis, Rektorin der Universität Trient, „hat sich aus einer Reihe von Initiativen und gemeinsamen Erfahrungen ergeben. Daraus konnte jetzt eine fruchtbare und vielversprechende Zusammenarbeit entstehen. Der globale Wettbewerb in der öffentlichen und privaten Finanzierung wird zunehmend härter und unsere grundsätzlich guten Universitäten werden nicht immer in der Lage sein können, diesem internationalen Druck zu widerstehen. Die Zeiten im Alleingang zu handeln und sich mit den Ergebnissen auf nationaler Ebene zu begnügen, sind vorbei. Gemeinsam können wir anspruchsvollere Ziele anstreben. Das heute unterzeichnete Abkommen bietet den richtigen Weg dafür. Es ist ein wichtiger Schritt für ein gemeinsames Auftreten, gegenüber Europa und gegenüber internationalen Akteuren.“
„Mit diesem historischen Abkommen zur engen Zusammenarbeit zwischen drei stark international orientierten Universitäten der EUREGIO schaffen wir ein konkretes Beispiel für die Internationalisierung des wissenschaftlichen Arbeitens allgemein. Studierenden, die nicht an Austauschprogrammen mit fernen Universitäten teilnehmen können, werden nun in unmittelbarer Nähe internationale Erfahrungen machen und ihre Kenntnisse in mehreren europäischen Sprachen erproben und verbessern können. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bildet ein Laboratorium, das auch die bürokratischen und konzeptionellen Beschränkungen bestehender nationaler Studienregelungen aufzeigt und Möglichkeiten für deren Überwindung entwickelt. Die alltägliche Begegnung zwischen Lehrenden, Forschenden und Studierenden mit unterschiedlichen kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen wird zahlreiche Anregungen zu neuen Herangehensweisen an wissenschaftliche Themen liefern. Insgesamt werden wir damit die Verbindung zwischen international aktuellen Fragen und den besonderen Charakteristika dieser Alpenregion stärker zum Ausdruck bringen können“, so Walter Lorenz, Rektor der Freien Universität Bozen.
„Durch dieses Abkommen wird faktisch die "Euregio-Universität Bozen-Innsbruck-Trient" gegründet. Damit öffnet sich den Studierenden eine neue Perspektive für eine mehrsprachige universitäre Ausbildung. Mit mehr als 50.000 Studierenden und etwa 5.000 forschenden und lehrenden Personen entsteht europaweit ein großartiges Beispiel für eine zukunftsgerichtete universitäre Ausbildung mit vernetzter Forschung“, betont Konrad Bergmeister, Präsident der Freien Universität Bozen.
„Dieses Abkommen ist ein Meilenstein in der Zusammenarbeit zwischen den drei größten Universitäten der Europaregion. Es wird dazu beitragen, den Austausch unter unseren Forscherinnen und Forschern, unseren Studierenden und MitarbeiterInnen zu verstärken. Vor allem wird es uns erleichtern, gemeinsame Forschungsprojekte zu entwickeln sowie Know-how in der Verwaltung auszutauschen. Wir sind überzeugt davon, dass wir damit einen wichtigen Beitrag dazu leisten können, die Zusammenarbeit innerhalb unserer Region zu intensivieren und so deren erfolgreiche Entwicklung nachhaltig zu unterstützen“, erklärt Tilmann Märk, Rektor der Universität Innsbruck.
„Diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist ein Beweis für die Dynamik und das große Potential der EUREGIO. Die Kooperation wird zu einer weiteren Stärkung der drei beteiligten Universitäten und des Forschungsstandortes Tirol beitragen, zudem wird die Mobilität und damit auch die Entfaltungsmöglichkeit für die Studierenden erhöht. Tirol, Südtirol und das Trentino haben die Chancen, die sich durch die enge historische Verzahnung ergeben haben, genutzt und in einen Wettbewerbsvorteil für den Forschungsstandort umgewandelt", so Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz Töchterle.