Neues Bohrkern-Labor eröffnet
Am 8. November wurde die Austrian Core Facility für wissenschaftliche Bohrkernanalysen an der Uni Innsbruck eröffnet. Das neue Kompetenzzentrum ermöglicht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine hochaufgelöste, schnelle und präzise Analyse von Bohrkernen. Die so gewonnenen Daten könnten wichtige Hinweise auf künftige Klimabedingungen und Extremereignisse liefern.
„Spitzenforschung benötigt Spitzen-Infrastruktur. Aus diesem Grund freue ich mich ganz besonders, heute dieses österreichweit einzigartige Labor an der Universität Innsbruck eröffnen zu können“, so Rektor Tilmann Märk im Rahmen der offiziellen Eröffnung der Austrian Core Facility für wissenschaftliche Bohrkernanalysen an der Uni Innsbruck am 8. November. Im Beisein von Vertretern der Landesgeologie des Amtes der Tiroler Landesregierung und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften präsentierte der Laborleiter und Geologe Univ.-Prof. Michael Strasser dem interessierten Publikum die drei Hochleistungsscanner mit einem Gesamtwert von rund 750.000 Euro, die aus Infrastrukturmitteln des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) und der Universität Innsbruck finanziert wurden.
Blick in die Vergangenheit
Bohrkerne dienen Wissenschaftlern als hochaufgelöste Archive: Die einzelnen Sediment-Schichten, die sich Jahr für Jahr in subaquatischen Böden, Höhlen oder Gesteinsformationen ablagern, geben Aufschluss über klimatische und ökologische Bedingungen, Mensch-Umwelt Beziehungen und Naturereignisse wie Bergstürze oder Erdbeben zu Zeiten, die weit über historische Aufzeichnungen hinaus reichen. „Wissen über diese vergangenen Ereignisse kann dabei helfen, Indikatoren zur Prognostizierbarkeit künftiger Erdbebenereignisse oder auch klimatischen Entwicklungen vorhersagen zu können“, erklärt Michael Strasser. Im Forschungslabor Austrian Core Facility für wissenschaftliche Bohrkernanalysen steht den Forscherinnen und Forschern in Innsbruck nun das österreichweit erste Kompetenzzentrum seiner Art zur Verfügung, das mittels State-of-the-art-Messverfahren das Scannen von Bohrkernen und damit hochauflösende wissenschaftliche Analysen ermöglicht. „Die neuen Scanner ermöglichen uns Analysen, die früher rund zwei Monate gedauert haben, in 10 Stunden vorzunehmen“, beschreibt Michael Strasser. „Ein zwei Meter langer Bohrkern aus einem Bergsee liefert uns Daten über einen Zeitraum von 10.000 Jahren. Mussten wir diesen früher Schicht für Schicht bearbeiten, um chemische und physikalische Eigenschaften für die einzelnen Zeitskalen zu erhalten, können wir ihn nun in seinem Originalzustand scannen“, beschreibt er die Vorgangsweise. „Dies bedeutet für uns nicht nur eine enorme Zeitersparnis, sondern auch eine wesentlich größere Auflösung, was die Zeitskalen betrifft.“
Hochleistungsscanner
Folgende Geräte stehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller österreichischen Universitäten und Disziplinen österreichweit einzigartig im neuen Kompetenzzentrum Austrian Core Facility für wissenschaftliche Bohrkernanalysen zur Verfügung:
Der Smartcube Camera Image Scanner (Smart CIS) ist ein Bohrkernfotoscanner, der Foto-Linescans geteilter Sedimentkerne oder abgerollte 360°-Manteloberfläche-Fotoaufnahmen ganzer Gesteinsbohrkerne in hoher Auflösung bis 1000 dpi ermöglicht.
Der GEOTEK Multi-Sensor Core Logger (MSCL-S) ist ein Messgerät zur automatisierten und qualitätskontrollierten Erfassung wichtiger gesteinsphysikalischer Kennwerte mittels nicht-invasiver Messverfahren: So wird die Dichte und Porosität, die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Kompressionswellen (seismische P-Wellen) und die Magnetisierbarkeit des Bohrkernmaterials in hoher vertikaler Auflösung – Messung bis zu alle 0,1 cm entlang der Bohrkernachse – bestimmt. Der Scanner ermöglicht Messungen mit einer Geschwindigkeit zwischen 0,5 bis 2 Stunden pro Kernmeter je nach vertikaler Auflösung.
Der COX Analytics XRF Core Scanner (ITRAX) ist ein Röntgenfluoreszenz-Kernscanner mit digitaler Radiographie und liefert ein 22 Millimeter breites digitales Durchlauf-Röntgenbild mit bis zum 50 Mikrometer Auflösung, für Mikrostruktur und Textur-Analysen der Bohrkerne. Der Bohrkern wird der Länge nach automatisch gescannt, wobei mittels Röntgenfluoreszenz-Spektroskopie für jeden Messpunkt (Messung bis zu alle 200 Mikrometer entlang der Bohrkernachse) gleichzeitig Gehalt und Verteilung der chemischen Elemente zwischen Al und U gemessen wird. Dies liefert innerhalb 5 Stunden pro Kernmeter hochauflösende, geochemische Proxy-Daten um Umwelt- und Klimaveränderungen, Mensch-Umwelt Beziehungen, extraterrestrische Impacts, sowie die Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen Geo- und Biomaterialien und geo- und umweltdynamischen Prozessen, die in der chemischen Signatur der Bohrkernarchive gespeichert sind, zu analysieren bzw. zu rekonstruieren.