Innsbrucker Universitätslehrer protestieren gegen die Maßnahmen der Bundesregierung
In Rahmen einer Dienstellenversammlung hat sich das wissenschaftliche Personal der Universität Innsbruck eindeutig gegen die geplanten Einschränkung bei der Abgeltung der Prüfungen ausgesprochen. Nach Ansicht der Betroffenen sei diese Maßnahme völlig undurchdacht, da sie sehr einseitig vor allem jene träfe, die Lehrveranstaltungen mit sehr vielen Studierenden abhalten. Das sind zumeist Lehrveranstaltungen im ersten Studienabschnitt, die häufig von jungen Kollegen - darunter viele Frauen - gehalten werden, die nicht selten nur halbtagsbeschäftigt sind. Somit ist diese Maßnahme eindeutig diskriminierend. Dazu kommt, dass aufgrund der vielen Studierenden die Prüfungen häufig auch außerhalb der Dienstzeit abgehalten werden müssen bzw. externe Lehrbeauftragte und deren Aufwand völlig vergessen wurden.
Geschloßen gegen die Ausgliederung
Ebenfalls auf Ablehnung stossen die Pläne der Bundesregierung, die Universitäten aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich auszugliedern. Bildungsvermittlung und Grundlagenforschung lassen sich nicht in einer rein betriebswirtschaftlichen Form erbringen. Abgesehen von den völlig ungelösten Fragen der neuen Rechtsform, des Dienstrechts und der Finanzierung wehren sich die Innsbrucker Universitätslehrer/innen besonders gegen die Vorgangsweise der Bundesregie-rung und fordern diese auf, wieder auf den Weg des Dialogs und der sozialpartnerschaftlichen Diskussion zurückzukehren.
DIENSTSTELLENAUSSCHUSS FÜR DIE UNIVERSITÄTSLEHRER AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK, A-6020 INNSBRUCK, INNRAIN 52, CHRISTOPH-PROBST-PLATZ, FAX 0512-507-2750, Dr. Ludwig CALL, Vorsitzender, Tel. 0512-507-5225; e-mail ludwig.call@uibk.ac.at
Einstimmiger Beschluß der Dienststellenversammlung der Universitätslehrer an der Universität Innsbruck vom 22. November 2000
P R O T E S T R E S O L U T I O N
Die Dienststellenversammlung protestiert nachdrücklich gegen die erst über die Medien kommunizierte geplante Einschränkung der Abgeltbarkeit von Prüfungen. Dies stellt erneut eine Schlechterstellung der Universitätslehrer dar, die geeignet ist, deren Motivation für die Ausübung ihres Berufes weiter zu senken.
Die beabsichtigten Maßnahmen nehmen auf eine Reihe von Situationen keinerlei Rücksicht, etwa:
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Die Einkommensverluste, die mit der geplanten Regelung verbunden sind, treffen die Universitätslehrer, sowohl was die absolute Höhe betrifft, wie auch in Relation zum Gesamteinkommen sehr unterschiedlich. Ausgesprochene Härtefälle werden vor allem bei jungen Universitätsassistent/inn/en und Lehrbeauftragten auftreten, die Pflichtlehrveranstaltungen im ersten Studienabschnitt mit großen Hörerzahlen zu betreuen haben und oft nur halbtags beschäftigt sind. In dieser Situation befinden sich insbesondere viele Frauen, sodaß die Maßnahmen nicht nur der vielgerühmten "sozialen Treffsicherheit" in keiner Weise entsprechen, sondern sogar ausgesprochen diskriminierend sind.
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Die bisherigen Einkünfte aus Prüfungstätigkeiten waren - entgegen der Begründung zur Regierungsvorlage - sehr wohl insoferne "leistungsorientiert", als die zeitaufwendige Abnahme mündlicher Prüfungen und Korrektur schriftlicher Prüfungsarbeiten sehr häufig nicht in der Dienstzeit erledigt werden konnte, sondern in der Freizeit, vor allem an Wochenenden geschah. Zu Recht sahen die Betroffenen in der Abgeltung eine ohnehin bescheidene Kompensation für den Aufwand an Freizeit.
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Das an sich schon nicht überzeugende Argument, die Prüfungstätigkeit zähle zu den Dienstpflichten der Universitätslehrer, ist bei den zahlreichen Lehrbeauftragten, die in keinem Dienstverhältnis zur Universität stehen, aber in manchen Studienrichtungen einen beträchtlichen Teil der Lehre bestreiten, jedenfalls völlig unangebracht.
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Die Dienststellenversammlung sieht in dem Ersatz der derzeit geltenden Rechtslage durch den kolportierten Vorschlag, dem Rektor werde Ermessen eingeräumt, Leistungsprämien zuzuerkennen, keine adäquate Kompensation.
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Die Streichung der Prüfungstaxen, die ohne vorherige Gespräche mit den Sozialpartnern und einer extrem kurzen Begutachtungsfrist "durchgepeitscht" wurden, stellen sich als eine überstürzte Geldbeschaffungsaktion dar, die weder das Leistungsprinzip noch soziale Überlegungen berücksichtigt und in keiner Weise der guten demokratischen Tradition entspricht.
Der Dienststellenausschuß verwahrt sich nachdrücklich auch dagegen, daß bildungspolitische Fragen in zunehmendem Maße nur noch finanzpolitisch verhandelt werden. Die Dienststellenversammlung fordert die sofortige und ersatzlose Streichung der geplanten Maßnahmen
Im Auftrag der Dienststellenversammlung
(Dr. Ludwig CALL, Vorsitzender des Dienststellenausschusses)
DIENSTSTELLENAUSSCHUSS FÜR DIE UNIVERSITÄTSLEHRER AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK, A-6020 INNSBRUCK, INNRAIN 52, CHRISTOPH-PROBST-PLATZ, FAX 0512-507-2750, Dr. Ludwig CALL, Vorsitzender, Tel. 0512-507-5225; e-mail ludwig.call@uibk.ac.at
Die Dienststellenversammlung der Universitätslehrer an der Universität Innsbruck hat am 22. November 2000 einstimmig folgende P R O T E S T R E S O L U T I O N beschlossen:
Die Dienststellenversammlung lehnt die Ausgliederung der Universitäten aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich und ihre Überführung in die "Vollrechtsfähigkeit" mit aller Entschiedenheit und ohne Einschränkungen ab.
Im Einzelnen stellt die Dienststellenversammlung fest:
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Die Ausgliederung der Universitäten und die Führung nach einer an wirt-schaftlichen Kriterien ausgerichteten Betriebsform ist ein grundsätzlich falscher Ansatz. Dieser berücksichtigt nämlich nicht, daß die von der Universität geforderten Leistungen Bildungsvermittlung und Grundlagenforschung nicht in einem Input-Output-Modell erbracht werden können.
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Neben diesen grundsätzlichen Bedenken ist die Vorgangsweise inakzeptabel: Die Universitäten haben vor kurzem die Implementierung des UOG 1993 abgeschlossen, Erfahrungswerte liegen nicht vor. Weiters sind die Universitäten derzeit intensiv mit der Umsetzung des Universitäts-Studiengesetzes 1997 beschäftigt, die in diesem und dem kommenden Studienjahr intensivierter Bemühungen bedarf. Erst die Evaluierung der Ergebnisse der vollen Umsetzung des UOG 1993 und des UniStG kann inhaltlich zu Einsichten führen, inwiefern weiterer Reformbedarf gegeben ist. Die danach allfällig sichtbar gewordenen Mißstände sind durch Novellierungen des UOG 1993 bzw. des UniStG zu beseitigen.
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Davon abgesehen, ist der Zeitpunkt für eine neuerliche Reorganisation dieses Umfanges denkbar ungünstig, weil dadurch die damit befaßten Personen doppelt belastet würden, was die zeitlichen und personellen Kapazitäten der Universität überfordern muß. Wirtschaftlich würde die Ausgliederung der Universitäten längerfristig zur Halbierung des Personalstandes führen. Dies ergibt sich zwingend aus gedeckelten Budgets und der Notwendigkeit der Rücklagenbildung für Pensionen und Abfertigungen sowie höherer Gehälter für Privatangestellte. Da die von der Universität erwarteten Leistungen nicht durch Rationalisierungsmaßnahmen effizienter gestaltet werden können, würde diese Personalreduktion in der Folge zu einer inhaltlichen Verarmung führen.
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Das Dienstrecht der wissenschaftlichen Mitarbeiter ist weiterhin durch das Beamten-Dienstrechtsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz zu regeln, in denen Rechte und Pflichten präzise festgelegt sind; eine Verbesserung könnte allenfalls dahingehend erfolgen, daß - ähnlich dem Richterdienstrecht - eine eigenständige Kodifikation des Universitätslehrer-Dienstrechts erfolgt. In jedem Falle ist die politisch unumstrittene Bemühung um Frauenförderung im öffentlichen (Dienst-)Recht deutlich einfacher durchzusetzen als im privaten Arbeitsrecht.
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Die Mitbestimmung der einzelnen Kurien rechtfertigt sich aus den spezifischen Aufgaben der Universität; sie hat sich in Senaten, Fakultäten, Studienkommissionen sowie Berufungs- und Habilitationskommissionen außerordentlich bewährt. Durch das UOG 1993 ohnehin schon beschnitten, würde ihre völlige Streichung einen Rückfall in das Metternichsche Universitätssystem bedeuten und die Universität als solche sowie ihre Angehörigen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entkleiden.
- Generell protestiert die Dienststellenversammlung gegen die derzeit praktizierte Geheimhaltungspolitik der Bundesregierung. Insbesondere fordert die Dienststellenversammlung, daß entsprechend der in langjähriger Tradition bewährten Sozialpartnerschaft die Standesvertretungen der Universitätslehrer in den Diskussionsprozeß eingebunden werden und ihre Vorschläge, zumal die schriftlich vorgelegten, endlich entsprechende Berücksichtigung finden.
Zusammenfassend wird die Ausgliederung als Modell autoritärer Universitätsführung abgelehnt, da sie die freie interne Meinungsbildung und den pluralistischen Diskurs unterbindet und wirtschaftlich sinnlos ist.
Im Auftrag der Dienststellenversammlung
(Dr. Ludwig CALL, Vorsitzender des Dienststellenausschusses)