Neues Dienstrecht gefährdet Informatik
Das Fakultätskollegium der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck sieht in dem von Bundesministerin Elisabeth Gehrer vorgeschlagenen Modell eines neuen Hochschullehrerdienstrechts einen gravierenden Wettbewerbsnachteil für die Fakultät. Das neue Modell sieht vor, dass Assistenten künftig befristete Verträge erhalten und sich dann in der Folge jeweils neu auf freie Stellen bewerben müssen. Da so für viele Wissenschaftler an Universitäten keine längerfristige Planung mehr möglich ist, wird es künftig schwer wer-den, die begabtesten jungen Akademiker an der Universität zu halten. Da die Universitäten bereits jetzt im Wettbewerb mit finanzkräftigen Unternehmen stehen, die sowohl höhere Gehälter, als künftig auch bessere berufliche Perspektiven bieten, ist die Gefahr groß, in zukunftsträchtigen Bereichen wie der Informatik keine hochqualifizierten Mitarbeiter mehr zu bekommen. Gerade für das Land Tirol und die Universität Innsbruck, die hier derzeit gemeinsam sehr ambitionierte Ziele verfolgen, wäre dies ein enormer Rückschritt.
Ein weiteres Problem stellt die wissenschaftliche Betreuung der für die Forschung und Ausbildung der Studierenden unumgänglichen Großgeräte dar. Die Betreuung dieser teuren Großgeräte benötigt erfahrenes Personal mit langfristigen Dienstverträgen. Die schlechte Alternative dazu sind häufig wechselnde Betreuer, die mit hohen Kosten jeweils neu eingeschult werden müssen, was in der Folge zu einem höheren Verschleiß und steigenden Reparaturkosten führen wird.
Diese alarmierende Situation hat die Mitglieder des Fakultätskollegiums an der Innsbrucker Natwi dazu bewogen, sich einstimmig den entsprechenden Resolutionen der Dienstellenversammlung anzuschließen und Ihre Sorgen und Bedenken in Form eines offenen Briefs an die Ministerin zu übermitteln. Darin appellieren sie an Frau Gehrer, das Dienstrecht erst nach breiter Diskussion mit den Universitätslehrern zu verändern und bieten für die Entwicklung eines gemeinsamen langfristigen und weitsichtigen Konzeptes ihre Mitarbeit an.
Der Brief im Wortlaut:
Offener Brief
Sehr geehrte Frau Ministerin!
In tiefer Sorge um die Zukunft der Universität hat das Fakultätskollegium der Naturwissenschaftlichen Fakultät in seiner Sitzung vom 26. Jänner 2001 einstimmig beschlossen, sich in einem offenen Brief an Sie zu wenden.
Wir schließen uns vollinhaltlich der Protestresolution der Dienststellenversammlung der Universitätslehrer/innen an der Universität Innsbruck (24. Jänner 2001) gegen das von Ihnen im Dezember vorgestellte "Vier-Säulen-Modell" eines neuen Dienstrechts an.
Aus den folgenden zwei Gründen wäre speziell die Naturwissenschaftliche Fakultät von den Folgen des geplanten neuen Dienstrechts betroffen:
1. Besonders im Bereich naturwissenschaftlicher Fächer steht die Universität bei der Rekrutierung bestqualifizierter neuer Mitarbeiter in Konkurrenz zu finanzkräftigen anderen Arbeitgebern. Ein Dienstrecht, das für den größten Teil der Mitarbeiter keine langfristigen beruflichen Perspektiven ermöglicht, stellt für die Universität als Arbeitgeber einen gravierenden Wettbewerbsnachteil dar. Wie werden wir die begabtesten jungen Akademiker/innen für Forschung und Lehre an der Universität gewinnen können, wenn die Industrie neben höheren Gehältern auch den sichereren Arbeitsplatz anbieten kann? An unserer Fakultät wurde soeben ein Institut für Informatik errichtet. Die Universität Innsbruck und die Länder in ihrem Einzugsbereich benötigen dringend ein Kompetenzzentrum und eine Ausbildungsstätte für diesen zukunftsträchtigen Bereich. Neben acht Professorenstellen sollen im Laufe der nächsten zwei Jahre auch 24 "Mittelbaustellen" besetzt werden. Die Einführung des "Vier-Säulen-Modells" würde eine Besetzung dieser Stellen mit hochqualifizierten Informatiker/inne/n fast unmöglich machen und würde eine ernsthafte Bedrohung für das Informatik-Projekt unserer Universität darstellen.
2. Viele Institute unserer Fakultät benötigen für ihre Forschung und für die Ausbildung der Studierenden teure Großgeräte. Die wissenschaftliche Betreuung dieser Geräte erfordert erfahrenes Personal mit langfristigen Dienstverträgen. Ein Austausch der Assistenten nach wenigen Jahren würde hohe Kosten für die Einschulung von Geräteverantwortlichen (und sicherlich auch für Reparaturen) verursachen und die Qualität der experimentellen Arbeiten beeinträchtigen.
Daher appellieren wir an Sie, Frau Ministerin, das Dienstrecht nicht ohne ausreichende Diskussion mit den Universitätslehrer/inne/n zu verändern. Zur Entwicklung eines langfristigen, sachlich begründeten Konzeptes für ein neues Dienstrechts bieten wir gerne unsere Mitarbeit an.
Mit freundlichen Grüßen,
Franz Pauer
Vorsitzender des Fakultätskollegiums der Naturwissenschaftlichen Fakultät
Franz Pauer, Institut für Mathematik, Universität Innsbruck,
Technikerstr. 25, A-6020 Innsbruck,
Tel.: 0512-507-6082, e-mail: franz.pauer@uibk.ac.at