Tiroler Ökonom erhält START-Preis
Die aktuellen Turbulenzen auf den Finanzmärkten und die
damit verbundenen enormen gesellschaftlichen Kosten unterstreichen die
Notwendigkeit, mehr über die Gründe von Ineffizienzen und Preisblasen auf
Finanzmärkten zu erfahren und zu verstehen. Ziel des Forschungsprogramms von
Michael Kirchler ist die Analyse der Ursachen von Marktineffizienzen und
Preisblasen sowie die Untersuchung von möglichen Maßnahmen zur Gestaltung
effizienterer und robusterer Finanzmärkte. Kirchler verwendet experimentelle
Labormärkte für die Analyse menschlichen Verhaltens in finanzwirtschaftlichen
Entscheidungssituationen. „Wir untersuchen unter anderem, inwiefern sich die
Anreizsysteme von Finanzmarktteilnehmern auf die Markteffizienz und
Blasenbildung auswirken“, erklärt Michael Kirchler. „Dabei wird der Einfluss
von Bonus- und Turnieranreizsystemen auf das kollektive Risikoverhalten und
somit auf Marktineffizienzen untersucht.“ Experimente mit alternativen
Anreizmechanismen wie beispielsweise reduzierten Boni oder der teilweisen Partizipation
an Verlusten sollen Verbesserungen aufzeigen. Zudem untersucht der Ökonom
andere mögliche Gründe für Preisblasen, wie etwa Überoptimismus, Euphorie, Leverage
(Handel mit geliehenem Geld), Unerfahrenheit diverser Händlergruppen, Konfusion
über Fundamentaldaten, und Zinspolitik der Zentralbank.
„Neben den Gründen von Ineffizienzen auf Finanzmärkten ist
es auch notwendig, die Auswirkungen möglicher Regulierungsversuche zu
analysieren“, sagt Kirchler. „In erster Linie untersuchen wir dabei die Auswirkungen
von Transaktionssteuern auf Marktineffizienzen und Preisstabilität
(-volatilität).“ Ein weiteres Ziel ist die Analyse des Einflusses eines Verbots
von Leerverkäufen und der Regulierung von sogenanntem Leverage-trading (Kauf
von Finanztiteln mit geliehenem Geld). „Diese Forschung soll das Verständnis
der Gründe vergangener Finanzkrisen erhöhen und wertvolle Erkenntnisse zu
möglichen Verbesserungen des Finanzsystems für die Zukunft leisten“, erklärt
Michael Kirchler.
Zur Person
Michael Kirchler wurde 1977 in Hall in Tirol geboren. Nach dem Abschluss der Handelsakademie studiert er an der Universität Innsbruck Wirtschaftspädagogik. Nach dem Diplomstudium absolvierte er das Doktoratsstudiums der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und promovierte 2006. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter kam er in dieser Zeit an das Institut für Banken und Finanzen der Universität Innsbruck, wo er 2010 zunächst Assistenzprofessor und nach seiner Habilitation in Betriebswirtschaftslehre im Jahr 2011 Assoziierter Professor wurde. Kirchler ist Leiter des Forschungszentrums „Financial Markets and Risk“ an der Universität Innsbruck. Seit 2009 ist er auch Visiting Professor am Centre for Finance der Universität Göteborg in Schweden. Michael Kirchler wurde bereits mehrfach mit Förderungen und Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Wissenschaftspreis der Wirtschaftskammer Tirol, dem Theodor Körner Preis für Wissenschaft und Kunst und einem FWF-Projekt zu den ökonomischen Auswirkungen einer Tobin Tax.
Höchstdotierte Nachwuchsförderung in Österreich
Der START-Preis des Wissenschaftsministeriums wird durch den FWF vergeben und stellt mit bis zu 200.000 Euro pro Jahr die höchstdotierte Förderung von Nachwuchsforscherinnen und -forschern dar. Die Preisträger werden von einer internationalen Fachjury ausgewählt. Junge Forscherinnen und Forscher sollen aufgrund ihrer bisher geleisteten wissenschaftlichen Arbeit die Chance erhalten, in sechs Jahren finanziell weitgehend abgesichert, ihre Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe aufzubauen. Nach drei Jahren haben sie sich einer Zwischenevaluierung zu stellen.