Tagung „Laienforscher in der Geschichte der Archäologie Österreichs“ im Archäologischen Universitätsmuseum

Im Archäologischen Museum Innsbruck fand Ende November die Tagung „Graben, Entdecken, Sammeln – Laienforscher in der Geschichte der Archäologie Österreichs“ statt, die sich mit dem Phänomen des Dilettantismus in der Archäologie widmete, einem bislang weitgehend unbearbeiteten Forschungsfeld, das für die Etablierung das Faches allerdings von nicht geringer Bedeutung war.
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Der Franziskanerpater Innozenz Ploner (1865-1914) bei seinen Ausgrabungen in der Römerstadt Aguntum/Osttirol (Foto: Institut für Archäologien)

Die durch die Universität Innsbruck (Vizerektorat für Forschung, Philosophisch-Historische Fakultät, Büro für Internationale Beziehungen), das Land Tirol – Abteilung Kultur sowie die Abteilung Wissenschaft und Weiterbildung des Landes Vorarlberg geförderte Tagung ging dem Phänomen des Dilettantismus im besten Sinne des Wortes, also der Tätigkeit von außerhalb der institutionalisierten archäologischen Forschergemeinschaft wirkenden Persönlichkeiten vom 19. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts im Habsburgerreich und seinen Nachfolgestaaten nach.

Amateure, Laien, Dilettanten, Sammler, Liebhaberforscher und Privatgelehrte

Milde belächelt, vielfach ignoriert, akzeptiert oder auch mit starker Ablehnung durch die wissenschaftliche Fachwelt konfrontiert: Gerade in der Archäologie spielten Amateure, Laien, Dilettanten, Sammler, Liebhaberforscher und Privatgelehrte bereits vor der Phase der akademischen Professionalisierung, aber auch noch lange darüber hinaus, eine wesentlich größere Rolle als in anderen Disziplinen.

Zumeist noch keinen akademisch sanktionierten Standards unterworfen, standen bei ihnen persönlicher Enthusiasmus, Passion und Leidenschaft im Vordergrund, nicht selten aber auch eng gepaart mit selbst erarbeiteter sachkundiger Expertise und mit Fachwissen. Zum Großteil aus der bürgerlichen Mitte stammend, wie Lehrer oder Priester, betätigten sie sich als Heimatforscher oder kamen im Zuge ihres Berufes wie Vermessungstechniker, Architekten oder Geschäftsleute mit archäologischen Überresten in Kontakt. Bei vielen zeigt sich somit übereinstimmend, dass sie bereits in einem anderen Feld, vielfach ihrem Beruf, sehr erfolgreich waren. Aus Liebe zur Heimat, der Identifikation mit ihrer Geschichte, aber auch ausgestattet mit historischem Spürsinn wurden durch sie bei Begehungen oder ersten Grabungen archäologische Stätten und Geländedenkmäler entdeckt, beschrieben und so wesentlich zu neuen Erkenntnissen beigetragen. Von ihnen aus Sammelleidenschaft geborgene und zusammengetragene Objekte bildeten oft auch den Kern früher Museen und Sammlungen. Dass dies alles nicht immer reibungslos und friktionsfrei mit der wissenschaftlichen Fachwelt ablief, erscheint logisch und nachvollziehbar.

Neben den Biographien, die Aufschluss zu den Hintergründen der agierenden Personen liefern, wurden bei der Tagung auch die Umstände und Arbeitsweisen, unter welchen diese Personen forschten und ihre Erkenntnisse verbreiteten, beleuchtet. Auch konnte der Frage nach der Beziehung zu ihren akademischen Kollegen, der Akzeptanz ihrer Leistungen und somit auch der wissenschaftlichen Bedeutung ihrer Entdeckungen und Erkenntnisse für die archäologische Forschung nachgegangen werden.

Ein großes Problem bei der Beschäftigung mit Laienforschern, einem bislang weitgehend unbearbeiteten Forschungsfeld, stellt vielfach schlicht und einfach die Quellenbasis dar. Über Leben und Werk von Wissenschaftern an großen öffentlichen Institutionen ist man zumeist dadurch gut informiert, dass gerade solche Institutionen auch über Archive verfügen, die über längere Zeiträume entstanden, gepflegt und somit erhalten wurden. Privatpersonen hingegen „verschwinden“ bildlich gesprochen schon nach wenigen Generationen.

Tagung 

Nach der Begrüßung durch Ass.-Prof. Mag. Dr. Florian Martin Müller, dem Leiter des Archäologischen Museums Innsbruck – Sammlung von Abgüssen und Originalen, eröffnete der Vorstand des Instituts für Archäologien der Universität Innsbruck Univ.-Prof. Dr. Harald Stadler die Tagung, welche in die drei Themenblöcke, „Projekte und Institutionen“, „Sammler und Museen“ sowie „Laienforscher als Archäologen“ gegliedert war.

Univ.-Prof. Dr. Fritz Mitthof (Universität Wien) stellte im ersten Vortrag eine frühe archäologische Ausgrabung zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Rumänien vor. Im Anschluss wurde das Verhältnis von Laien zu zwei großen Institutionen beleuchtet. Dr. Brigitta Mader (Wien) referierte über die Rolle und Bedeutung von Laienforschern in der Geschichte der österreichischen Urgeschichtsforschung am Beispiel der Prähistorischen Kommission der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und OR Dr. Marianne Pollak (Bundesdenkmalamt, Archäologiezentrum Mauerbach) ging in ihrem Vortrag auf das Verhältnis von Laien und dem österreichischen Denkmalamt ein.

Im zweiten Block standen „Sammler und Museen“ im Mittelpunkt. Mag. Daniela Haarmann (Universität Wien) berichtete über Antikensammlungen in der Habsburgermonarchie um 1800. In den zwei Vorträgen von Mag. Daniel Modl und Mag. Karl Peitler (beide Universalmuseum Joanneum Graz) stand das Universalmuseum Joanneum im Mittelpunkt. Einmal generell im Verhältnis zu Laienforschern und einmal mit einem speziellen Blick auf den österreichischen Diplomaten Anton Prokesch von Osten und seine Schenkungen an die dortigen archäologisch-numismatischen Sammlungen. Mag. Adrienn Vitári-Wéber (Universität Pécs) stellte den Sammler Anton Horváth und seine Bedeutung für die ungarische Archäologie und ihre Museen vor. Dr. Claudia Lang-Auinger (Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien) referierte über die Herkunft der Sammlung zyprischer Gefäße im Kunsthistorischen Museum in Wien.

Den letzten Block bildeten „Laienforscher als Archäologen“. Ass.-Prof. Mag. Dr. Florian Martin Müller, Innsbruck berichtete über den Franziskanerpater Innozenz Ploner (1865-1914) einen frühen Ausgräber der Römerstadt Aguntum in Osttirol. Dr. Christine Oppitz (Stiftsarchiv Herzogenburg) erläuterte die Anfänge der Denkmalpflege als Impulsgeber für die archäologische Forschungsbegeisterung zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Stift Herzogenburg. Den Abschluss bildete Ass.-Prof. Mag. Dr. Renate Lafer (Universität Klagenfurt) mit einem Bericht über den Kärntner Heimat- und Hobbyaltertumsforscher Paul Siegfried Leber und die Aufarbeitung seines umfangreichen Photonachlasses.

Rege Diskussionen brachten neue Ideen und Anregungen für eine verstärkte Zusammenarbeit und zukünftige gemeinsame Projekte zur Thematik „Laienforscher in der Geschichte der Archäologie Österreichs“. Zudem ist geplant, die Beiträge des Symposiums in einem Tagungsband zu veröffentlichen.

(Florian Müller)