Innsbrucker Archäologen auf Exkursion in Jordanien
Im Sommersemester 2015 unternahm eine Gruppe von 41 Personen, Studierende und Angehörige der Universität Innsbruck, eine archäologische Exkursion nach Jordanien. Die Studierenden kamen aus verschiedenen Fachrichtungen: Neben der Archäologie nahmen daran auch zahlreiche aus den Fächern Classica et Orientalia, Alte Geschichte und Altorientalistik, Geschichte sowie Klassische Philologie teil. Gerade der fächerübergreifende Aspekt und die Mitwirkung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Disziplinen des ATRIUM-Zentrums für Alte Kulturen erwiesen sich dabei als inhaltlich besonders gewinnbringend.
Eine bereits im Wintersemester angebotene Vorlesung „Syria, Palaestina, Iudaea und die Arabia Felix in römischer Zeit“ bot einen ersten Einblick, bevor sich die Gruppe im Frühjahr nach Jordanien aufmachte.
Die kulturelle Vielfalt Jordaniens
Nach dem Flug von Innsbruck über Wien in die jordanische Hauptstadt Amman ging es gleich mit dem Bus in den Norden des Landes nach Irbid. Die Stadt bildete den Ausgangspunkt für den ersten Teil des umfangreichen Reiseprogramms. Bedeutende Stätten mit z.T. beeindruckenden Überresten der Antike wie Capitolias/Beit Ras, Abila/Raphana, Gadara/UmmelQeis, Pella und Gerasa/Jerash wurden besichtigt. Auf dem Programm stand ebenfalls ein Besuch der Universität von Irbid mit dem dortigen „Museum ofJordanianHeritage“.
Zurückgekehrt nach Amman und nach einem ausführlichen Rundgang durch die Stadt ging es von hier aus in mehreren Fahrten zum Berg Nebo und nach Madaba mit seinen berühmten frühchristlichen Mosaiken sowie zu den zahlreichen kleineren antiken Überresten im Umkreis der jordanischen Hauptstadt. Eine ausgedehnte Rundfahrt führte weit in den Osten und Nordosten des Landes bis an die syrische Grenze, und dabei konnten die berühmten omayadischen Wüstenschlösser (Qasr al Kharana, Qasr Amra, Qasr Ain es Sil), aber auch römische Kastelle (QasrMshatta, QasrAzraq, QasrAseikhin, DeirEl-Kahf) und die alte Stadt Ummel-Jemal besichtigt werden.
Nachdem die Hauptstadt Amman verlassen wurdeführte die Reise die alte Königsstraße entlang weiter nach Süden, und hier zeigte sich bei den vielen Besichtigungspunkten die kulturelle Vielfalt des Landes. Neben der moabitischen Siedlung Dhiban/Mescha und dem edomitischen Fundplatz Buseira/Bozra konnte ebenfalls eine Reihe von Stätten der Nabatäer, darunter die Tempel von ElQasr und Khirbetedh-Dharib, besucht werden. Eine besondere Herausforderung stellte der anstrengende Fußmarsch zum steilen, aber landschaftlich beeindruckend gelegenen nabatäischen Höhenheiligtum von Khirbet et Tannurdar. Die Auseinandersetzungen der Römer um die Herrschaft in diesem Gebiet belegten die imposante Festung von Machaerus sowie die zahlreichen z.T. mitten in der Wüste gelegenen römischen Kastelle und Militärlager (el-Lejjun/Betthorus, Khirbetel-Fityan, QasrBuschir, Daganiya, Odruh, al Humayma).Die bekanntenBurgen Kerak und Shobek aus der Zeit der Kreuzzüge wurden ebenso besichtigt.
Einen der Höhepunkte bildete die Felsenstadt Petra mit ihren berühmten architektonischen Überresten aus nabatäischer Zeit.Mit geländegängigen Fahrzeugen ging es dann durch das Wadi Rum und schließlich weiter nach Aqaba, den südlichsten Punkt der Reise am Roten Meer. Von dort machte sich die Gruppe wieder auf nach Norden über das Wadi Araba mit einem Besuch der sog. Höhle des Lotbis zum Toten Meer. Die Exkursion endete am nächsten Tag mit der Rückkehr nach Amman und dem Heimflug nach Innsbruck.
Exkursionen als zentrales Element der archäologischen Ausbildung
Dank einem großzügigen privaten Sponsor gelang es den Studierenden einen Teil ihrer Reisekostenden zu ersetzen. Exkursionen sind nämlich zentrale und notwendige Lehrveranstaltungen in der archäologischen und altertumswissenschaftlichen Ausbildung. Das Erfassen historischer Landschaften und somit des ursprünglichen Lebensraumes gelingt nur durch die Veranschaulichung vor Ort. Zudem dienen Exkursionen durch Besuche von Ausgrabungsstätten, Museen und Sammlungen der Vermehrung der Denkmälerkenntnis. Im Vorfeld hatten die Studierenden ausgewählte archäologische Stätten und Museen vorzubereiten und diese dann im Rahmen von selbstständigen Führungen der Gruppe im Verlauf der Exkursion vorzustellen.
Neben den zahlreichen historischen Stätten, die Einblicke in Geschichte, Kunst und Kultur ermöglichten, konnten die wechselhafte Topographie in den unterschiedlichen Landesteilen, insbesondere aber das Alltagsleben in Jordanien und das Verhältnis von Politik, Religion und Gesellschaft kennen gelernt werden. Die Studierenden bekamen so einen positiven Eindruck davon, wie ein islamisches Land auch funktionieren kann, nämlich interessierten Fremden gegenüber aufgeschlossen, hilfsbereit und tolerant.
(Florian M. Müller)