Kopf der Woche: Stefan Mayr
Bäume sind an der Waldgrenze extremen Bedingungen ausgesetzt. Mayr konnte dort vor etwa drei Jahren erstmals das massive Auftreten so genannter Embolien während des Winters in verschiedenen Koniferen- und Laubholzartennachweisen. Embolien sind Lufteinschlüsse im Wassertransportsystem (Holz) von Pflanzen, die zu einer Blockade der Leitelemente führen und damit die Wasserversorgung von Blättern und Nadeln beeinträchtigen. An der Waldgrenze treten Leitfähigkeitsverluste von bis zu 100% auf, die - wie Mayr feststellte - durch die winterliche Trockenheit und die große Zahl von Gefrier-Tau-Ereignissen verursacht werden. Für die betroffenen Bäume wurde eine Vielzahl von Anpassungsmechanismen nachgewiesen, vor allem die Zirbe scheint durch ihren hervorragenden Transpirationsschutz die Gefahr von Embolien effizient zu verringern. Es gibt jedoch auch Hinweise, dass die Bäume embolierte Leitelemente wieder befüllen können. Der Mechanismus dieses „Refillings“ ist noch nicht bekannt. Mayr möchte dieses Phänomen in den nächsten Jahren genauer erforschen, außerdem soll die Bedeutung der Winter-Embolien für die Bildung der Waldgrenze untersucht werden. Bis heute ist nicht geklärt, warum Bäume nicht auch in größeren Höhenlagen überleben und wachsen können. Möglicherweise sind Winter-Embolien ein wichtiger limitierender Faktor an der alpinen Waldgrenze.
Durch das APART-Stipendium bekommt Mayr die Möglichkeit, drei Jahre lang intensive Forschungen an der Waldgrenze zu betreiben. Das "Austrian Programme for Advanced Research and Technology", kurz APART, wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur finanziert. Es fördert junge, hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Forschungsstipendium von jährlich Euro 45.000 brutto für insgesamt drei Jahre, das sowohl im In- als auch im Ausland in Anspruch genommen werden kann. Mayr wird seine Forschungssemester an der Uni Innsbruck verbringen und seine Untersuchungen in Zusammenarbeit mit anerkannten Experten vom INRA-Zentrum in Clermont-Ferrand und dem Institut für Botanik der Universität für Bodenkultur in Wien durchführen. Mit den französischen Wissenschaftlern besteht bereits im Rahmen eines AMADÉE -Austauschprojektes des Österreichischen Austauschdienstes eine Kooperation, die vergleichende Untersuchungen zur Gefrier-Tau induzierten Emboliebildung zum Thema hat. Geplant ist auch ein Forschungsaufenthalt beim bekannten Pflanzenphysiologen John Sperry von der University of Utah in Salt Lake City.
Der 35-jährige Innsbrucker hat sich schon im Jahr 2003 im Fach Botanik habilitiert. Nach seinem Ökologiestudium schloss er seine Diplomarbeit 1993 bei Prof. Walter Larcher am Institut für Botanik ab, und wechselte dann an die Medizin. Bei Prof. Wolfgang Doppler und Prof. Hans Grunicke vom Institut für medizinische Chemie und Biochemie dissertierte er über Signaltransduktion in Maus-Milchepithelzellen. Anschließend kehrte er wieder an das Institut für Botanik zurück, wo er seit 1996 als Assistent von Prof. Helmut Bauer im Bereich Pflanzenphysiologie arbeitete.
Mittlerweile leitet er die Arbeitsgruppe für Ökophysiologie der Alpinen Waldgrenze. In zwei FWF - Projekten über Winter-Embolien in Koniferen konnte er sich als Experte für Wasserhaushalt von Bäumen an der Waldgrenze etablieren. In Anerkennung seiner bisherigen wissenschaftlichen Leistungen bekam er den Preis der Landeshauptstadt Innsbruck 2002 und den Wissenschaftsförderpreis des Akademischen Alpinen Vereins der Leopold-Franzens-Universität 2004 verliehen.
Neben seiner Forschungstätigkeit findet Mayr auch Zeit für seine Familie, Hobbys und Freunde. Jede Woche ein, zwei Volleyball-Spiele zum Ausgleich müssen drin sein. Mayr ist auch ein scharfer Beobachter und setzt seine Eindrücke, auch die des Forschungsalltags, mit spitzer Feder um: Eine seiner Cartoon-Serien zum Thema wurde sogar vom renommierten Journal „Trends in Plant Science“ publiziert. Auch in der Uniintern und auf der USI-Homepage findet man seine treffenden Karikaturen zum Schmunzeln.