Wann ist Weihnachten?
Weihnachten – die Geburt Jesu Christi – ist in allen christlichen Kirchen ein bedeutender Feiertag. In der römisch-katholischen Kirche wird dieser am 25. Dezember begangen; in der orthodoxen Kirche jedoch am 7. Jänner. Der Grund für diesen Unterschied liegt in den Kalendern, die diese Kirchen benutzen.
Anpassungsschwierigkeiten
Bereits 46 v.Chr. führte der römische Kaiser Julius Caesar den nach ihm benannten „julianischen“ Kalender ein, den schon bald auch die christliche Kirche benutze. Da dieser Kalender nicht exakt mit den astronomischen Gegebenheiten übereinstimmte – das julianische Jahr war gegenüber der Natur im Durchschnitt 11 Minuten und 14 Sekunden zu langsam – kam es im Laufe der Jahrhunderte zu Abweichungen zwischen Kalender und Naturgegebenheiten. „Der wichtigste Feiertag im christlichen Glauben – die Auferstehung Jesu Christi, also Ostern – wurde endgültig im 4. Jahrhundert auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond nach der Frühjahrs-Tagundnachtgleiche fixiert. Nachdem dieses astronomische Ereignis aber im Kalender immer weiter von dem ihm zugedachten Datum abwich, korrigierte Papst Gregor XIII. 1582 die Ungleichheit durch die Einführung des „gregorianischen“ Kalenders“, erklärt der Theologe Dr. Liborius Olaf Lumma . Papst Gregor regelte die Schaltjahre neu und hielt fest, dass auf den 4. Oktober 1582 sofort der 15. Oktober 1582 folgen sollte, um den Kalender wieder an die astronomischen Gegebenheiten anzupassen. Dieser neue gregorianische Kalender wurde aber nicht überall sofort angenommen: „Vor allem in den protestantischen und orthodoxen Gebieten Europas, die sich – selbst wenn sie die Präzision des neuen Kalenders erkannten – nicht einer willkürlichen päpstlichen Vorschrift anpassen wollten, wurde der julianische Kalender zunächst beibehalten“, so Lumma. Diese Verwendung zweier Kalender führte dazu, dass dort, wo man dem gregorianischen Kalender folgte, am 25. Dezember Weihnachten gefeiert wurde – dort, wo der julianische Kalender galt, dann aber erst der 15. Dezember war. „Wenn die Kirchen die dem julianischen Kalender folgten, am 25. Dezember Weihnachten feierten, zählte der gregorianische Kalender bereits den 4. Januar. In den folgenden Jahrhunderten wuchs der Unterschied auf 13 Tage an: der 25. Dezember im julianischen Kalender fällt jetzt auf den 7. Jänner im gregorianischem Kalender“, erläutert Lumma.
Im Laufe der Zeit übernahmen allerdings immer mehr Länder den gregorianischen Kalender: In den protestantischen Gebieten Europas etablierte er sich endgültig im 18. Jahrhundert; die orthodoxen Regionen übernahmen ihn später. „In Russland wurde der gregorianische Kalender auf staatlicher Ebene erst 1918 eingeführt – die orthodoxe Kirche Russlands blieb allerdings dem julianischen Kalender treu, deshalb wird das Weihnachtsfest dort auch heute noch an dem Tag gefeiert, an dem unser gregorianischer Kalender den 7. Jänner zählt“, so Lumma.
Datum mit Symbolkraft
Eine Frage, mit der sich die Theologie auch beschäftigt, ist die, warum die Geburt Jesu Christi auf den 25. Dezember datiert wird. „In der Bibel gibt es keinerlei Angaben zum Datum der Geburt Jesu Christi. Umso spannender ist für uns die Frage, warum sich dieses Datum durchgesetzt hat“, beschreibt Lumma. Der Theologe kennt einige Erklärungsansätze für die Festlegung des Geburtstages Jesu Christi auf den 25. Dezember. Eine wichtige Version dieser Erklärungen sei, so Lumma, der Zusammenhang zur Wintersonnenwende, die in der Antike auf den 25. Dezember datiert war. „Ab diesem Datum werden die Tage immer länger; es ist der Tag, an dem der Siegeszug des Lichtes über die Dunkelheit beginnt. Da die Symbolik des Lichtes auch im Neuen Testament vielfach auf Christus bezogen wird, liegt es nahe, an diesem Tag Christi Geburt zu feiern“, erläutert Lumma.
Ein weiterer Versuch, das Weihnachtsdatum zu begründen, hat mit einem wichtigen Tag in der heidnisch-römischen Kultur zu tun. Dort feierte man am 25. Dezember den Festtag zu Ehren des „Sol invictus“ – des unbesiegbaren Sonnengottes. „Es ist eine verbreitete Theorie, dass die Christen einen ihrer wichtigsten Feiertage diesem heidnischen Feiertag bewusst entgegengesetzt haben“, so Lumma. Dieser Erklärungsansatz wird aber in aktuellen Fachdebatten angezweifelt, da die Christen anderen heidnischen Feiertagen eher mit Bußübungen, z.B. durch bewusstes Fasten begegneten.
Unterschiedliche Traditionen
Ein weiteres Datum, das mit Weihnachten verbunden ist, ist der 6. Jänner. „ Dass in manchen Ländern, wie zum Beispiel in Spanien, die Bescherung am 6. Jänner gefeiert wird, ist einfach im regionalen Brauchtum begründet“, weiß Liborius Olaf Lumma. „In einer frühen Zeit – etwa bis in das 5. Jahrhundert – standen aber der 25. Dezember und der 6. Jänner im Kirchenkalender in einer gewissen Konkurrenz.“ Im lateinischen Christentum – also in Westeuropa und im westlichen Nordafrika – war eher der 25. Dezember als Festtag etabliert, im griechisch sprechenden Christentum – im Nahen Osten und im östlichen Mittelmeerraum – eher der 6. Jänner. „Die Entwicklung führte schließlich dazu, dass sowohl im lateinischen als auch im griechischen Raum beide Tage gefeiert werden“, erläutert Lumma. In den Kirchen der lateinischen Tradition – katholisch, lutherisch, reformiert, anglikanisch, altkatholisch –feiert man am 25. Dezember die Geburt Jesu Christi und am 6. Jänner die Anbetung Christi durch die drei Weisen. Die Kirchen der griechischen Tradition – zum Beispiel die Orthodoxie –gedenken am 25. Dezember sowohl der Geburt als auch der Anbetung durch die drei Weisen und am 6. Jänner schon der Taufe Jesu. Eine Besonderheit ist die sehr alte Tradition Armeniens, die nur den 6. Jänner als Festtag begeht - und zwar nach julianischer Zählung, so dass dieser Tag auf „unseren“ 19. Jänner fällt. Lummas Fazit: „Viel wichtiger als das konkrete Datum und die allgegenwärtige Konsumhaltung, die Weihnachten mittlerweile umgibt, ist die Glaubensüberzeugung, die in diesem Fest zum Ausdruck kommt: Gott wird Mensch unter Menschen. In einem Bild, das schon in der frühen Kirche verbreitet war, kann man sagen: Gott neigt sich aus Liebe zum Menschen herab, um die Menschen zu ihm hin aufzurichten.“
(Susanne Röck)
Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe von wissenswert – dem Magazin der Universität Innsbruck in der Tiroler Tageszeitung – erschienen. Weitere interessante Beiträge rund um Lehre und Forschung an der Universität Innsbruck finden Sie in der Online-Ausgabe von wissenswert.