Chemie: Kooperation führt zum Erfolg
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In den Biowissenschaften ist RNA-Interferenz heute ein wichtigstes Werkzeug, um die Funktion von Genen zu analysieren. Mit Hilfe von kurzen RNA-Molekülen lassen sich zielgenau bestimmte Gene im Erbgut ausschalten und so zum Beispiel deren biologische Funktion in der Zelle überprüfen. Diese Methode gilt aber auch als Hoffnungsträger für die Entwicklung neuer pharmakologischer Therapien zur Behandlung von Krankheiten. Um RNA in solchen Gebieten erfolgreich anwenden zu können, muss sie aber in der Regel chemisch angepasst werden. Dadurch wird das Molekül vor Abbauprozessen in der Zelle geschützt, es werden Nebeneffekt minimiert und die Interaktion mit dem Immunsystem unterdrückt. Seit der Entdeckung der RNA-Interferenz wurden bereits zahlreiche solche chemischen Modifikation entwickelt und getestet. Eine sehr einfache Veränderung von RNA-Molekülen wurde bislang allerdings weitgehend vernachlässigt: die Anbindung einer Azidgruppe an das Molekül. Innsbrucker Chemiker um Prof. Klaus Bister vom Institut für Biochemie und Prof. Ronald Micura vom Institut für Organische Chemie haben nun gemeinsam mit dem Straßburger Kristallographen Eric Ennifar diese chemische Modifikation von RNA-Molekülen erstmals erfolgreich getestet.
Chemisch verändert, biologisch gleich wirksam
„Diese Modifikation wurde bisher nicht untersucht, weil sie
mit der Standardmethode nicht synthetisiert werden kann“, erzählt Ronald
Micura. „Wir haben nun aber einen Weg gefunden, wie wir - auf bestehenden Verfahren
aufsetzend - die Azidgruppe an die RNA anbinden können.“ Nach der Bestimmung
der dreidimensionalen Kristallstruktur an der Universität Straßburg, überprüfte
die Arbeitsgruppe um Klaus Bister die biologische Funktion der modifizierten
RNA. „Wir haben für das Experiment ein RNA-Molekül ausgewählt, welches das Gen
BASP1 gezielt blockieren kann“, sagt Bister. „Da wir dieses Gen aufgrund seiner
Rolle in der Krebsentwicklung seit längerem intensiv untersuchen, war dieses Vorhaben
für uns von großem Interesse.“ Die biologischen Analysen in Innsbruck zeigten,
dass die chemische Ergänzung der RNA keinen Einfluss auf deren biologische Funktion
hat. „Das ist sehr wichtig für jede weitere Anwendung“, erklärt die Erstautorin
der nun publizierten Arbeit, Katja Fauster. „Diese Modifikation hat darüber
hinaus noch den Vorteil, dass sie reaktiv ist. Das heißt, wir können an die
Azidgruppe weitere Moleküle andocken.“ Im Experiment der Innsbrucker Chemiker
wurde dies dazu genutzt, um mit einem fluoreszierenden Farbstoff die RNA in der
Zelle zum Leuchten zu bringen.
Kommunikativer Neubau
Gerade erst im neuen Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) gemeinsam eingezogen, präsentieren die beiden Arbeitsgruppen um Bister und Micura damit ein sehr erfolgreiches Beispiel interdisziplinärer Zusammenarbeit innerhalb des Schwerpunkts für Molekulare Biowissenschaften (CMBI) an der Universität Innsbruck. „Heute trennt uns räumlich nur noch eine Stiege“, freut sich Klaus Bister über die Arbeitsbedingungen im neuen Gebäude am Innrain. Die kommunikative Gestaltung des Neubaus lässt auf weitere erfolgreiche gemeinsame Projekte innerhalb des Forschungsschwerpunkts hoffen. Unterstützt wurden die Innsbrucker Forscherinnen und Forscher vom österreichische Wissenschaftsfonds FWF sowie im Rahmen des GEN-AU-Forschungsprogramms des Wissenschaftsministeriums.