Kulturelles Erbe – zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
Ob es sich dabei nun um Ausstellungs- und Museumsprojekte, um Ausgrabungen oder die Erstellung von landesweiten, umfassenden Datenbanken und deren Aufbereitung für das World Wide Web handelt: Die Disziplinen der Philosophisch-Historischen Fakultät der LFU wirken in unterschiedlicher Art und Weise in eine breite Öffentlichkeit. Sie bilden dadurch eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Sie tragen große Verantwortung in der Vermittlung von Kultur in einem weiten Sinn. Zu einer Verstärkung und Intensivierung dieser Aktivitäten soll der derzeit in der Planungsphase befindliche Fakultätsschwerpunkt „Schnittstelle Kultur. Kulturelles Erbe – Kunst – Wissenschaft – Öffentlichkeit“ beitragen. „In der Verbindung von praxisbezogenen und theoriegeleiteten Fragestellungen beschreiten wir neue Wege, die einen wesentlichen Beitrag zu einem eigenständigen Profil der Innsbrucker Universität leisten können“, so der Sprecher des Schwerpunkts, Prof. Dr. Ingo Schneider vom Institut für Europäische Ethnologie/Volkskunde. Nicht zuletzt solle dabei besonderes Augenmerk auf die kritische Reflexion der Rolle der beteiligten Fächer (der Archäologie, Ur- und Frühgeschichte sowie Mittelalter- und Neuzeitarchäologie, Kunstgeschichte und Europäische Ethnologie/Volkskunde) in der (Re-)Produktion und (Re-)Präsentation kulturellen Erbes gelegt werden.
Am Institut für Europäische Ethnologie/Volkskunde wurde am Mittwoch, den 22. Juni eine Publikation vorgestellt, die sich als ein erster Beitrag zum Fakultätsschwerpunkt versteht: Band 3 der Institutszeitschrift „bricolage“, herausgegeben von Ingo Schneider, Reinhard Bodner und Kathrin Sohm, versammelt auf 250 Seiten aktuelle Beiträge zur Diskussion über „Cultural Heritage“/„Kulturelles Erbe“. Neben wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der LFU Innsbruck konnten Forscherinnen und Forscher des ‚Centre for Tourism and Cultural Change’ (CTCC) der Sheffield Hallam University (Großbritannien), der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubljana (Slowenien), der Universität Wien, der Universität Tartu (Estland) sowie der UNESCO und OSZE für Beiträge gewonnen werden. „bricolage 3“ erscheint als Band 252 der „Veröffentlichungen der Universität Innsbruck“ bei iup („Innsbruck University Press“).
Dem Redaktionsteam von „bricolage“ ist es ein besonders Anliegen, den Studierenden des Bakkalaureats- und Magisterstudiums der Europäischen Ethnologie einen Einstieg in die Praxis des wissenschaftlichen Schreibens und Veröffentlichens zu ermöglichen. Im Rahmen eines Seminars im Wintersemester 2004/05 wurde ein solches Ineinandergreifen von Forschung und Lehre erneut erprobt. Dabei ergaben sich durchaus überraschende Einblicke: Zumal die Rede von der Bewahrung eines Erbes vielfach an die Verwaltung jener Kulturgüter denken lässt, um die sich Denkmalpflege, Museen und Archive kümmern, beschäftigen sich die Studierenden auch mit den Möglichkeiten und Grenzen eines dynamischen, an Prozessen der sozialen Wahrnehmung orientierten Begriffs des „kulturellen Erbes“ – etwa am Beispiel des nie in Betrieb genommenen Atomkraftwerks Zwentendorf, der Erbediskussion in der DDR, der gegenwärtigen Digitalisierungs-Euphorie oder des im Frühjahr 2005 bekannt gewordenen Plans der Österreichwerbung, den Charme der österreichischen Gastgeber als „interaktives Weltkulturerbe“ schützen zu lassen.
Zu der Präsentation der Veröffentlichung konnte neben dem Vizerektor für Forschung, Herrn Prof. Dr. Tilmann Märk, der stellvertretenden Dekanin der Philosophisch-Historischen Fakultät, Frau Prof. Mag. Dr. Margret Friederich auch Prof. Dr. Martin Scharfe (Marburg/Lahn), begrüßt werden, der seit Wintersemester 2002/03 für insgesamt sechs Semester als Gastprofessor im Fach Europäische Ethnologie/Volkskunde in Innsbruck tätig war. Ihm wurde das Heft 3 als kleines Dankeschön für seine mit großem Engagement absolvierte Innsbrucker Lehrtätigkeit, deren Früchte nicht zuletzt auch in diesem Band der Zeitschrift „bricolage“ reiften, gewidmet.