„Ja, ich spreche Französisch! – Oui, je parle français!“

Unter diesem Motto fand am Wochenende in Innsbruck der 5. Kongress der Französischlehrerinnen und -lehrer in Österreich statt. Die Teilnehmer diskutierten über die Bedeutung des Französischen als Öffnung zur Welt und Vermittler zwischen den Kulturen, seinen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Mehrsprachigkeit und neue Ideen der Sprachvermittlung und Unterrichtsgestaltung.
Der Soziologe, Autor und ehemalige Minister für Gleichstellung in Frankreich Azouz Be …
Der Soziologe, Autor und ehemalige Minister für Gleichstellung in Frankreich Azouz Begag hielt zur Eröffnung der Tagung einen begeistert aufgenommenen Festvortrag.

Im Zeichen der Öffnung zu anderen Kulturen und Sprachen und neuen Ideen der Fremdsprachenvermittlung stand der Kongress der Vereinigung der FranzösischlehrerInnen Österreichs (Association des Professeurs de Français en Autriche, APFA), der am vergangenen Wochenende eine Plattform für einen intensiven Gedanken- und Erfahrungsaustausch zum Thema „Le français, une ouverture sur le monde“ bot. Organisiert wurde die Tagung in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kanadastudien der Universität Innsbruck und dem Französischen Kulturinstitut Wien. Innsbruck sei ein guter Ort für diesen Austausch, betonte die Leiterin des Zentrums für Kanadastudien, Prof. Ursula Moser vor Medienvertretern. Tirol pflege enge Beziehungen mit Frankreich und die Universität habe sich in den letzten Jahren zu einem innovativen Standort für die Vermittlung von Fremdsprachen entwickelt. Mit Länderzentren (Frankreich, Italien, Kanada) bemühe sich die Universität auch um eine Öffnung zum breiteren Publikum. Der Kongress verstand sich als Beitrag zum Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs und zum Internationalen Jahr der Sprachen 2008

 

Wie kann man die Jugend ansprechen? - Sprache als Kulturvermittlerin

Im Zentrum der Diskussionen stand die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Francophonie. Die Weltsprache Französisch wird von zirka 200 Millionen Menschen auf allen fünf Kontinenten als Mutter- oder als Zweitsprache gesprochen. Die Francophonie öffnet auf diese Weise der Jugend auch Zugang zu anderen Menschen auf dieser Welt, deren Kultur, und deren Sprachen, Musik und Literatur. Sie baut also Brücken zu anderen Menschen und Völkern und fördert so das gegenseitige Verständnis und die Solidarität, da über eine gemeinsame Sprache gesellschaftliche und wirtschaftliche Realitäten und damit auch Unterschiede sehr deutlich sichtbar werden. „Im modernen Fremdsprachenunterricht wird heute Wissen ebenso vermittelt, wie gesellschaftliche Werte, Toleranz und Menschlichkeit. Darüber hinaus sollte Unterricht auch Spaß machen“, ist Mag. Rotraud Roux, Präsidentin der APFA überzeugt. „Nur so kann es gelingen, auch in Zukunft die sprachliche Vielfalt in Europa und auf der Welt zu erhalten und Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Mehrsprachigkeit und den Chancen, die sie eröffnet, zu erleichtern.“

 

Teil des europäischen Selbstverständnisses

Diese Ansicht wird von der Europäischen Union bestärkt, die das Erlernen und Beherrschen von Fremdsprachen als übergreifende Ziele des wirtschaftlichen Fortschritts und des sozialen Zusammenhalts sieht. Jeder Europäer sollte außer der Sprache, die seine Identität begründet und der Sprache der internationalen Kommunikation – also Englisch – auch eine weitere Sprache beherrschen. Die Förderung des Fremdsprachenerwerbs wurde als eines der 13 Ziele im Rahmen der Lissabon-Strategie festgelegt. Die APFA sieht in diesem Zusammenhang in Österreich derzeit dringenden Aufholbedarf: „Fremdsprachen zu erlernen reduziert sich in Österreich – und leider auch in vielen anderen europäischen Ländern – oft nur auf Englisch. In der Sekundarstufe (bis 14 Jahren) lernen an Österreichs AHS nur 20% der Kinder Französisch, ab 16 Jahren sind es dann 56% in den AHS und 30 % in den BHS“, schildert Rotraud Roux. Ein großes Problem sieht sie auch darin, dass der Unterricht einer zweiten Fremdsprache in Volksschulen trotz der Bemühungen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Französisch an Pflichtschulen in Österreich (BAGEF) zu wenig gefördert wird, hier dominiert Englisch mit 97,6%. „Mit dem Erlernen einer zweiten lebenden Fremdsprache wird – entgegen allen Erkenntnissen – viel zu spät begonnen. Das heißt, man hat deutlich weniger Chancen diese halbwegs zu beherrschen!“ Aber die Vorteile eines sehr frühen Sprachunterrichts liegen nicht nur in der besseren Sprachbeherrschung und Aussprache: Fremdsprachenunterricht unterstützt die Neugier der Kinder und erleichtert ihnen den Zugang zum „Fremden“. Das beugt Vorurteilen vor. Darüber hinaus fällt es Kindern wesentlich einfacher die (Fremd-)Sprache spielerisch auszuprobieren, und sie sind deutlich leichter dazu zu motivieren laut und im Chor zu sprechen, was wiederum der Sprachbeherrschung dient.

 

Strategien gegen den Trend

Um gemeinsame Strategien gegen diesen Trend zu entwickeln und die Rolle des Französischen als Vermittler zwischen den Kulturen zu unterstreichen, beleuchteten die mehr als 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen schulischen Bereichen, die Fachleute und hochrangigen Vertreterinnen und Vertreter von Institutionen aus ganz Österreich sowie der französische Soziologe, Schriftsteller, Forscher und ehemalige Minister Azouz Begag bei dem Kongress die gegenwärtige Situation und diskutierten aktuelle Fragen und Probleme der Lehrerinnen und Lehrer. Ein wichtiger Teil der Veranstaltung war neuen Methoden bei der Sprachvermittlung gewidmet.

 

Innsbruck als Innovationsmotor

Seit jeher bildet die Universität Innsbruck Französischlehrer aus, aber erst in den letzten Jahren hat sie sich ganz besonders darum bemüht, einer der innovativsten Ausbildungsorte in Österreich zu werden. Neue Didaktikmodelle wurden hier erarbeitet, an der Entwicklung der "Matura neu" ist Innsbruck maßgeblich beteiligt, und schließlich hat die Universität Innsbruck mit dem Frankreichzentrum und dem Zentrum für Kanadastudien zwei Einrichtungen geschaffen, in denen die französische Sprache in all ihrer Vielfalt gelehrt und gepflegt wird. Nicht umsonst lag auch die Organisation dieses Kongresses in den Händen des Zentrums für Kanadastudien. Prof. Ursula Moser, Leiterin des Zentrums für Kanadastudien und Leiterin des Instituts für Romanistik an der Universität Innsbruck: „Wir wollen vermitteln, dass das Französische heute längst nicht mehr ein elitäres Rückzugsgebiet ist, sondern sich der Begegnung mit anderen Sprachen und anderen Kulturen öffnet, und, dass es in der Welt von morgen vorteilhaft ist, diese Sprache zu beherrschen und an die junge Generation weiterzugeben. Wir wollen aber auch zeigen, dass Innsbruck, hier im Westen des Landes schlichtweg DER Ort für das Studium der französischen Sprache ist. Daher gilt für uns: `Ja, ich lerne Französisch - hier in Innsbruck. Ja, ich spreche Französisch - auf der ganzen Welt.´“

 

(us/cf)