Editorial |
Die Baustelle
In unserem letzten Programmheft haben wir über diverse Literaturhaus-Projekte jenseits des Veranstaltungsbetriebes informiert. Die diesbezüglichen Aktivitäten gehen in Richtung Dokumentation zeitgenössischer Literatur in Tirol und sogenannter Autorenarbeit - das heißt, es werden Serviceleistungen aufgebaut, die sowohl den Autorinnen und Autoren selbst als auch dem Literaturbetrieb (Veranstalter, Literatur-Initiativen und Presse - möglichst auch außerhalb des Landes) zur Verfügung gestellt werden können. Ziel eines jährlich erscheinenden Tiroler Literatur-Kalenders ist es, Texte und AutorInnen einem größeren Publikum vorzustellen, und Ziel einer Datenbank zur Arbeit hiesiger Autorinnen und Autoren wäre es darüber hinaus, den Überblick und das Detailwissen über die literarische Produktion Tirols nach innen und nach außen zu bewahren und weiterzugeben. Es nützt nur wenig, darüber zu jammern, daß die Literatur im Land eine zu geringe Rolle spielt und gesamtösterreichisch zu schwach vertreten ist. Angemessener ist es, dagegen etwas zu unternehmen - und das wollen wir gemeinsam mit den ortsansässigen Verlagen und in Zusammenarbeit mit den diversen Veranstaltern zukünftig noch verstärkt tun. - Soweit noch einmal zu dem, was hinter den Kulissen passiert. Schließlich wird das Literaturhaus am Inn bald ein Jahr alt, was Anlaß zu Bilanzen aller Art gibt.
Trotzdem bleiben unsere Veranstaltungen lebendigster Bestandteil des Literaturhaus-Profils. Die bisherigen Besucherzahlen waren im Durchschnitt beachtlich, und wir danken für das große Interesse. Was die kommenden Veranstaltungen anbelangt, so bitten wir eines zu entschuldigen: Das Haus wird in den nächsten Monaten vollständig umgebaut, der Eingangsbereich wird noch mehr als bisher zur "Baustelle". Daher raten wir: "Augen zu und durch", der zehnte Stock steht "über den Dingen", der "gute Ausgang ist gewiß". Es winkt nämlich eine neue Eingangshalle, gestaltet von Herrn Architekten
Prof. Josef Lackner, dazu werden derzeit von Circus Reclameherstellung Schilder und Transparente entworfen, damit uns endlich auch wirklich jeder finden kann. Daß immer wieder jemand zu lange nach dem Literaturhausgebäude suchen mußte, wie uns gesagt wurde, mag den gegebenen örtlichen Provisorien zugeschrieben werden.
Einiges von dem, was wir an Veranstaltungen in diesem Jahr durchführen wollten, muß aufgrund knapper Geldmittel auf ein "anderjahr" verschoben werden, so zum Beispiel ein mehrtägiger Japan-Schwerpunkt, der für September/Oktober 98 vorgesehen war und überdurchschnittlich viel gekostet hätte. Zwar haben alle Subventionsgeber das Literaturhausbudget in diesem Jahr beträchtlich aufgestockt, wofür wir uns an öffentlicher Stelle auch ganz herzlich bedanken möchten. Noch immer müssen aber viele Abstriche gemacht werden - nicht zuletzt im Bereich Personal sind wir eine "Baustelle". Das Publikum möge daher Nachsicht walten lassen, wenn nicht immer alles perfekt abläuft - jedenfalls solange, bis der MitarbeiterInnenplan erfüllt ist.
In den Monaten Juli und August ruht der Veranstaltungsbetrieb des Literaturhauses am Inn. Daher wünschen wir schon jetzt: Einen Sommer, der keine Geschichten wie auf S. 4/5 dieses Programmheftes erzählt!
Ursula Schneider
Erika Wimmer
Literaturhaus am Inn,
Josef-Hirn-Straße 5, 10. Stock
6020 Innsbruck.
Tel.: 0512 / 507-4503 und 4505 Fax: 0512 / 507-2960
e-mail: Literaturhaus@uibk.ac.at
Internet: http:// info.uibk.ac.at/c/c1/ c111/lithaus.html
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"...also hab ich nur mich selbst!"
| Montag, 4. Mai, 20 Uhr; Buchpräsentation und Lesung: Miguel Herz-Kestranek / Marie-Theres Arnbom Stefan Herz-Kestranek- Stationen eines großbürgerlichen Emigranten 1938-1945" (Böhlau).
Eintritt frei.
Die Briefe Stefan Herz-Kestraneks aus der Emigration an seine Eltern bilden das Kernstück dieses Buches. Die Flucht führte den Wiener Großbürger über viele Stationen schließlich nach Uruguay. Stefan Herz-Kestranek hat dem "üblichen Opferprofil in keiner Weise entsprochen", wie Miguel Herz-Kestranek betont: "Er war - zumindest bis zu seiner Emigration - großbürgerlich, wohlhabend, vor christlich-sozialem Hintergrund politisch weitestgehend uninteressiert, er war assimiliert und weder Künstler noch Intellektueller." Aber er war Emigrant, weil er als jüdischer Österreicher von der Vernichtung bedroht war.
Anschließend an die Lesung mit Miguel Herz-Kestranek diskutieren Herz-Kestranek, die Historikerin und Mitherausgeberin Dr. Marie-Theres Arnbom und der Politikwissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka über die Frage. "Wer ist Opfer des Nationalsozialismus?": Wird nicht Aufarbeitung dann perfide, wenn von vornherein schon definiert ist, wer als Opfer gelten darf?
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Workshop
Kreatives Schreiben
Mit Texten experimentieren jenseits von "richtig" und "falsch" | Fr., 8. Mai 19-22 Uhr, Sa., 9. Mai, 10-18 Uhr; Workshop mit
Mag. Anna Maria Mackowitz. Anmeldung im Literaturhaus am Inn.
Kreatives Schreiben bedeutet Spaß am Worte-Schöpfen und Experimentieren jenseits von Beurteilung. Wer nicht nur die Werke anderer genießen, sondern selber gerne schreiben möchte, kann sich in diesem Kurs spielerisch ausprobieren. Der Workshop soll Freude und Mut zu kreativem und authentischem Schreiben machen.
Der Schnupperabend am 20. März hat reges Interesse gefunden, Anmeldungen sind aber noch möglich (Kursbeitrag öS 800,-). Mag. Anna Maria Mackowitz ist Germanistin, in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Kreatives Schreiben seit 6 Jahren.
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Friedrich Punt zum 100. Geburtstag
Autor des "Brenner" - Zeuge des Widerstands | Mittwoch, 27. Mai, 20 Uhr.
Eintritt frei.
Friedrich Punt , Rechtsanwalt in Innsbruck, schrieb seit den 20er Jahren eine stark naturbezogene Lyrik, später auch freie Übertragungen aus dem Alten Testament und während des Kriegs Gedichte gegen das NS-System und seine Betreiber. Als Insasse des KZ Reichenau hatte er unter diesem System körperlich zu leiden. Friedrich Punt wäre heuer 100 Jahre alt. Aus diesem Anlaß wird ihm ein Abend mit Lesung und Vortrag gewidmet.
Gemeinsam mit dem Turmbund Innsbruck.
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Erotische
Geschichten
Margit Hahn, Klaus Händl,
Ulrike Längle und Evelyn Schlag lesen | Donnerstag, 28. Mai, 19 Uhr.
Eintritt frei.
4 österreichische AutorInnen bewegen sich sehr gerne in einem der schwierigsten literarischen Themen: der Erotik. Jetzt, im Wonnemonat Mai, laden sie in einer Folge von Lesungen das Publikum zum Lauschen ein.
Margit Hahn: geb. 1960 in Wien, lebt in Klosterneuburg-Weidling/NÖ. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften, Zeitungen und diversen Anthologien seit 1992. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Eigenständige Bücher (u.a.): Im Streiflicht des Mondes. Gedichte (1995). Entgleisung. Milena-Verlag (1996). Haut. Nah. Milena-Verlag (1997).
Klaus Händl: geb. 1969 in Rum/T, lebt in Wien. Schauspielunterricht bei Julia Gschnitzer und Eva Zilcher . Arbeit am Wiener Schauspielhaus 1991/1992, bei den Volksschauspielen Telfs sowie bei Filmproduktionen. Daneben schriftstellerische Tätigkeit. Preise: Rauriser Literaturpreis des Landes Salzburg 1995 und Großes Literaturstipendium des Landes Tirol 1996. Buch: Legenden . Droschl (1994).
Ulrike Längle: geb. 1953 in Bregenz/Vbg. Studium der Germanistik, Romanistik und Komparatistik in Ibk und in Poitiers, Frankreich. Seit 1984 Leiterin des Franz-Michael-Felder-und Vorarlberger Literaturarchivs in Bregenz. Lehrbeauftragte an der Uni Innsbruck, Autorin, Herausgeberin, Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin. Mehrere Veröffentlichungen beim Fischer-Verlag, Frankfurt a.M., zuletzt: Vermutungen über die Liebe (1998).
Evelyn Schlag: geb. 1952 in Waidhofen an der Ybbs/NÖ. Studium der Germanistik und Anglistik in Wien. Seit Mitte der 70er Jahre schriftstellerisch tätig. Vortragende zum Thema "Literatur und Krankheit" der Grazer Poetikvorlesungen 1992. Diverse Preise und Auszeichnungen, zuletzt: Anton-Wildganspreis 1998. Bücher u.a.: Touché. Erzählungen. Fischer-Verlag (1994). Unsichtbare Frauen. Drei Erzählungen. Residenz-Verlag (1995).
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Glauser / Walser
Die verrückte Schweiz | Donnerstag, 4. Juni, 20 Uhr.
Eintritt frei.
An diesem Abend, der im Rahmen des Schwerpunktes "schweiz ahoi!" des Kulturgasthauses Bierstindl zu sehen ist, lesen zwei Tiroler Autoren ( Heinz D. Heisl und Helmuth Schönauer ) Texte der Schweizer Schriftsteller Robert Walser und Friedrich Glauser - beide galten als geisteskrank und starben in psychiatrischen Kliniken. Der Paradedadaist Heisl stellt den Dadaisten Glauser vor. Was Schönauer zum Füllfederexperten macht, das befähigt ihn auch, in das "Bleistiftgebiet" Walsers vorzudringen.
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"zu allem lust..."
Ein N.C. Kaser-Abend
mit Krista Posch. | Sonntag, 14. Juni, 20 Uhr; Ausstellungseröffnung - Präsentation - Lesung.
Eintritt frei. Die Ausstellung ist von 15.6. bis 10. 7. zu besichtigen, Öffnungszeiten Mo bis Fr 9-12 Uhr und 14-17 Uhr.
"Südtirol wird eine Literatur haben, wie gut, daß es niemand weiß. Amen", so beschließt Norbert C. Kaser seine "Brixner Rede" aus dem Jahr 1969. Kasers bissiger Vortrag, gehalten anläßlich einer Studientagung der Südtiroler Hochschülerschaft, erlangt in der Folge Kultcharakter, da er mit 99 Prozent der bis dahin geltenden Literatur des Landes "aufräumt". Daß seine eigene Dichtung die Südtiroler Literatur nachhaltig beeinflussen wird, weiß er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Heute, mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod, gilt Kaser als wichtiger Neuerer der Literatur der Region - vor allem im formal-ästhetischen Bereich.
Kasers Bedeutung wird jetzt mit einer Ausstellung, die bereits im letzten Jahr auf Veranlassung von PRO VITA ALPINA entstanden ist und in Telfs zu sehen war, und mit der Präsentation des soeben erschienenen Kaser-Literaturkalenders 1999 (dieser Kalender bildet den Auftakt zu einer Reihe Tiroler Literaturkalender) gewürdigt. Dazu: Die bekannte Südtiroler Schauspielerin Krista Posch interpretiert Texte von N.C. Kaser in einer eigenen Auswahl.
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Seiten
Sonnen
Wenden | Freitag, 19. Juni, 20 Uhr. Matthias Schönweger: Lesung, Performance, Buchpräsentation.
Eintritt frei.
Matthias Schönweger , Dichter und Künstler aus Meran/Südtirol, auch in Nordtirol und anderswo längst bekannt als liebenswürdig humorvoller, zugleich beißend schonungsloser "Literaktionist" und Zeitgenosse, beobachtet - pünktlich zum richtigen Datum und durchaus mit Augenmerk auf hiesige Tradition - Tirols Sonnenwende 1998. Dazu schlägt er sein neues Buch "SeiteanSeite" (Haymon) auf, was zusammengenommen soviel heißt wie: Das politische und soziale Umfeld mit all seinen fließenden Grenzen, mit seinen Seiten, Sonnen und Wenden wird literarisch aufgearbeitet und in Stimme, Bewegung und anderen Schönweger'schen "Gestalten" neu vorgeführt. Dabei wird auch Deutsch-Italienisch fliegend gewechselt - kein Problem, wo die Feuer brennen, ist Umschalten nicht mehr nötig! Übrigens: DerAlder ist in der Inka-Kultur das Symbl für die Sonne.
Eine Veranstaltung im Rahmen des Projektes: "Die kürzeste Nacht, der längste Tag. Feuerberge Tirol Festival 1998" von Gebhard Schatz.
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Rilkes Duineser Elegien
Ein Abend für Othmar Costa zum 70. Geburtstag | Montag, 22. Juni, 19 Uhr Vortrag und Präsentation, 20.30 Uhr Konzert, Aula der Universität, Innrain 52. In Zusammenarbeit mit dem Französischen Kulturinstitut. Eintritt: öS 200,- (ermäßigt öS 100,-) inklusive Erfrischungsbuffet in der Pause.
Kürzlich ist bei Gallimard (Paris) eine neue französische Rilke-Ausgabe erschienen. Der Herausgeber, Univ.-Prof. Dr. Gerald Stieg , wird die in der französischen Presse begeistert aufgenommene Publikation mit einem Vortrag zum Thema "Rilke in Frankreich" feierlich präsentieren. Anschließend führt das Pariser Ensemble Les Jeunes Solistes Madrigal-Kompositionen des zeitgenössischen Komponisten Philippe Fenelon nach Rilkes Duineser Elegien auf. Les Jeunes Solistes, ein von Rachid Safir 1988 gegründetes Vokalensemble, das sich der polyphonen Musik von der Renaissance bis heute widmet, ist dem Festspielpublikum in Salzburg und Wien bereits bekannt. Wir freuen uns, zu Ehren des Innsbrucker Musikers Prof. Dr. Othmar Costa diese Musik, deren Einzigartigkeit und ätherische Schönheit in ganz Europa gefeiert wird, nun auch dem Innsbrucker Publikum präsentieren zu können.
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