Editorial |
Von der Kunst des Schweigens und der
Richtigkeit, sich einzumischen
In den letzten Wochen hat sich die
Talk-Gesellschaft auf ein Thema eingeschworen:
Das vernichtende Attentat auf das World Trade
Center in New York hat nicht nur ernsthaft an
einer Analyse der weltpolitischen Zusammenhänge
Interessierte, sondern auch Promis und
Möchtegernpromis an die Mikrophone geholt.
Zahlreiche öffentliche Betroffenheits-
Statements wurden über das Geschehen abgegeben.
Ganze Berufsgruppen wurden interviewt, so etwa
die Psychologen: Sie sollten uns sagen, welch
verheerende Traumata die Helfer in
Katastrophengebieten (nach den
Aufräumungsarbeiten) erwarten. Oder die Lehrer:
Sie sollten die Nation über den psychischen
Zustand von Kindern und Jugendlichen unter der
Einwirkung von Katastrophen informieren. Auch
einige Künstler, darunter Schriftstellerinnen
und Schriftsteller, wurden von den Medien
aufgefordert, das ihre beizutragen. Aber was,
fragen wir, konnten sie sagen? Und: Hätten sie
sich nicht verweigern müssen, hätten sie nicht
darauf verzichten müssen, Zeitungsspalten und
Sendezeiten zu füllen?- Das Darüber-Reden wird
manchmal zum Drüberreden. Auch wenn nicht
eigentlich etwas gesagt werden kann, so
verleiht das öffentliche Gerede Sprechern und
Hörern ein Gefühl von Kontrolle, Durchblick und
nicht zuletzt von Wichtigkeit. Ohnmacht ist
kein Gefühl, vielmehr ein Zustand, in welchen
Menschen geraten können. Ohnmacht ist kaum zu
ertragen. Ohnmacht nagt an Selbstgewissheit und
Identität. Und: Ohnmacht wird oftmals
weggeredet. Wenn dieses Programm in Ihrem
Postkasten liegt, wird im Literaturhaus eine
Veranstaltung - Die Ohnmacht in der Literatur.
Franz Kain Kolloqium 2001 - stattgefunden
haben. Es wird bei dieser Veranstaltung der
Gedanke geäußert worden sein, dass erst das
Aushalten von Ohnmacht oft die entscheidende
Veränderung bringt. Die Literatur äußert sich
in ihrer angemessenen Form zu dem, was vorgeht.
Nicht selten erfahren wir in einem Stück
Literatur mehr über das Ereignis des Tages als
über unzählige Nachrichten- oder gar
Talksendungen. Aber da gibt es kein einfaches
Strickmuster: Was einmal gilt, ist ein anderes
Mal unangemessen. Schweigen ist einmal Kunst,
ein anderes Mal jedoch Gleichgültigkeit oder
Feigheit. Eben darum bemüht sich gute Literatur
unter anderem: um die Klarheit des
Unterscheidungsvermögens. Autoren und
Künstlerinnen, die, um ein anderes
gegenwärtiges Ereignis zu nennen, den Mund
aufmachen und etwa das Volksbegehren zum
Sozialstaat mit ihrem Namen unterstützen, tun
es, weil hier auf der sachlichen Ebene
tatsächlich etwas erreicht werden kann. Wo die
Rede zielführend ist, soll sie nicht
unterdrückt werden! Die Einmischung gehört zum
Prinzip der Demokratie. Im genannten Fall geht
um die Verankerung der Idee des Sozialstaates
in der österreichischen Bundesverfassung, um
soziale Sicherheit für alle zu garantieren und
eine unsoziale Politik zugunsten der
Vermögenden zu verhindern. Im übrigen halte man
es mit Wittgenstein. Wir wünschen Ihnen zum
Jahresende eine anregende Kulturzeit. Und wir
wünschen uns wie immer Ihr Interesse an unserem
Programm, das extra für Sie anspruchsvoll, aber
nicht spröde gestaltet wurde.
P.S. Informieren Sie sich gezielt über
kulturpolitisches Geschehen in Österreich, z.B.
mit der Homepage des Literaturhauses Wien:
Literaturhaus
Wien
Die beste Literaturseite Österreichs
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Rhetorischer
Schlagabtausch
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Dienstag, 6. November, 20 Uhr: Jürg Amann
liest aus seiner Erzählung Am Ufer des Flusses
(Haymon 2001), mit einer Einführung von
Magdalena Kauz.
Eintritt frei
Jürg Amann erzählt ohne Larmoyanz, vielmehr mit
einem gehörigen Schuß Galgenhumor und in
sarkastisch-
insistierendem Ton die berührende Geschichte
zweier Freunde, er berichtet über ihre
Herkunft, ihr Leben und ihre Lieben. Im Zentrum
dieses neuen Textes des Schweizer Autors steht
der Abschied, den die Freunde voneinander zu
nehmen haben, für einen der beiden ist es ein
Abschied von allem, vom Leben. Jürg Amann, geb.
1947, zuerst Literaturkritiker und Dramaturg,
seit 1976 freier Schriftsteller. Zahlreiche
Preise u.a.1982 Ingeborg-Bachmann-Preis, 1983
Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, 1989 Preis der
Schweizerischen Schiller-Stiftung und
Kunstpreis der Stadt Winterthur. Einige seiner
Veröffentlichungen: Zwei oder drei Dinge.
Novelle (Haymon 1993), Schöne Aussicht.
Prosastücke (Haymon 1997). Die Schweizer
Autorin und Journalistin Magdalena Kauz lebt
seit einiger Zeit in Hall bei Innsbruck.
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Turmbund-Jubiläum
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Freitag, 9. November, 20 Uhr:
Autorenlesungen mit Christoph W. Bauer, C.H.
Huber, Alfons Jestl und Roman Santeler.
Gemeinsam mit dem Turmbund.
Eintritt frei.
Der Turmbund - Gesellschaft für Literatur und
Kunst - feiert heuer sein 50-jähriges
Bestandsjubiläum. Die Förderung von Literatur
und Kunst - insbesonders die Unterstützung
literarischer Begabungen - zählt zu den
Hauptaufgaben dieser im Tiroler Kulturleben
verankerten Vereinigung. Auch die Verbindung
zum Leser, die durch Veranstaltungen und
Publikationen geschaffen wird, ist ein
besonderes Anliegen des Turmbundes. Mit
Lesezeichen werden neue Bücher und Texte von
Christoph W. Bauer, C.H. Huber, Alfons Jestl
und Roman Santeler präsentiert. Christoph W.
Bauer, geb. 1968, schreibt Lyrik, Prosa und
dramatische Szenen. Veröffentlichungen im
Haymon-Verlag: wege verzweigt (1999). die
mobilität des wassers müsste man mieten können
(2001). Preise u.a. 1. Preis für Lyrik der
Akademie Graz 2001. C.H. Huber, geb. 1945,
schreibt vor allem Lyrik und Prosa.
Veröffentlichungen u.a. unter tag (Verlag TAK
1999) und gedankenhorden (Edition Doppelpunkt
2000). Alfons Jestl, geb. 1956, schreibt vor
allem Lyrik. Bücher im Verlag Bibliothek der
Provinz: Den Wasserkrug zerschlagen tragen
(1999). Der nackte Kaiser - Mehlspeisen und
Marzipan aus Österreich (2001). Roman Santeler,
geb. 1949, schreibt Lyrik und Prosa. 1997 Preis
des Landes Tirol für den Gedichtzyklus
Querfeldein. Bücher im Verlag Edition Raetia
Bozen: Atlantis (1997). Anno Domini MM (2000).
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Max Frisch
Bodo Hell
Liesl Ujvary |
Mittwoch, 14. November, 20 Uhr: Das Hörspiel
Biedermann und die Brandstifter aus dem Jahre
1953. Einführung von Klaus Müller-Salget
(Institut für Deutsche Sprache, Literatur und
Literaturkritik, Innsbruck). Unter dem Motto
Subtexte abschließendes Literaturgespräch mit
Bodo Hell und Lisl Ujvary.
Eintritt frei.
Herr Biedermann und die Brandstifter ist als
Hörspiel (Produktion: Bayrischer Rundfunk 1953,
Regie: Friedrich Sauer) eine frühe Fassung des
1958 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführten
Schauspiels Biedermann und die Brandstifter.
Gottlieb Biedermann stellt sich als typischer
Kleinbürger dar, selbstgerecht und auch
selbstbewußt, zugleich feige, verlogen und bei
aller nach außen vorgetäuschten Menschlichkeit
im innersten inhuman. Hauptthema in Frischs
(1911-1991) Werken ist die Erkenntnis der
Selbstentfremdung des modernen Menschen und der
Versuch der Identitäts- und Wahrheitsfindung.
Subtexte: Bodo Hell und Liesl Ujvary, die in
ihren Texten und Rundfunkarbeiten mit Sprache,
Zeichen und Klängen experimentieren, stehen
einer konventionellen Hörspielästhetik wie der
Frischs fern. In einem Gespräch und anhand von
Hörproben geben sie Auskunft über neue Formen
des Hörspiels. Hell und Ujvary haben in den
70er Jahren mehrere gemeinsame
Hörspielproduktionen gemacht. Liesl Ujvary
(geb. 1939 in Pressburg, lebt als
Schriftstellerin und Übersetzerin in Wien) hat
eine große Anzahl von Publikationen in den
Bereichen Poesie, Prosa, Hörspiel, Foto, Musik
und Computerbearbeitung vorgelegt. Diverse
Preise und Stipendien. Begründerin einer
innovativen Autoren-Reihe im ORF-Wien,
Kunstradio, seit 1995 mehrere
Text-Klangarbeiten für Kunstradio: Sex &
Tod & Klangeffekte (1995), Sprache der Gene
(1997), softworlds (1999). Bodo Hell (geb.
1943, lebt als freier Autor in Wien) ist Träger
zahlreicher Literaturauszeichnungen und
publiziert seit den 70er Jahren experimentelle
Prosa und Hörspiele, Text-Foto-Bände und Filme.
Zusammenarbeit mit Mayröcker, Jandl, Ujvary und
Hil de Gard. Wiederholt Arbeiten für
österreichische Printmedien und den ORF. Letzte
Veröffentlichungen: Augenklappe (blattwerk
2000), Das Gericht. Ein Gedicht und Im Prinzip
gilt (Edition Splitter 2000 und 2001).
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O.P. Zier: Sturmfrei |
Montag, 19. November, 20 Uhr:
Buchpräsentation und Literaturgespräch mit O.P.
Zier. Der Autor liest aus seinem neuen Roman
Sturmfrei (Otto Müller, 2001). Sigurd Paul
Scheichl (Institut für Deutsche Sprache,
Literatur und Literaturkritik, Innsbruck) führt
ein Gespräch mit dem Autor.
Eintritt frei.
Sturmfrei ist ein gleichermaßen witziger wie
tiefgreifender Roman, der eine Aluminiumfabrik
der siebziger Jahre zum Schauplatz einer
turbulenten Geschichte von Betrug und
Selbstbetrug macht. Zier beschreibt darin das
Betriebsklima in einem großen Unternehmen aus
der Sicht der Angestellten. Der Roman wurde mit
dem Georg-Rendl-Preis ausgezeichnet. In der
Begründung der Jury heißt es, daß der Sinn für
Komik und das unbestechliche Gefühl für den
aufrechten Gang, für die wenigen kleinen
Möglichkeiten solidarischen Handelns überzeugt.
O.P. Zier, geb.1954 in Schwarzach im Pongau,
lebt als freier Schriftsteller in St. Johann im
Pongau. Veröffentlichungen u.a. in der
Zeitschrift manuskripte des Grazer Forum
Stadtpark, Liedtexte, Beiträge in Anthologien,
Essays und Kommentare u.a. für Die Zeit,
profil, Wiener Zeitung, Die Presse, Salzburger
Nachrichten. Zahlreiche Arbeiten für Hörfunk
(Hörspiele, Features, Funkessays) und Fernsehen
(Spiel- und Dokumentarfilme). Mehrere Preise
und Auszeichnungen. Zuletzt erschienen die
Romane Schonzeit (1995) und Himmelfahrt (1998),
beide im Otto Müller Verlag.
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Literatur als Ware - Ein Workshop |
Freitag und Samstag, 23./24. November, 13-18
Uhr und 9-13 Uhr
Marketing-Workshop für AutorInnen und
Interessierte.
Eintritt frei.
Die Autoren sind zu einem Marketinggegenstand
geworden - Sigrid Löffler in einem Interview in
der TT vom 20.9.01. Nicht nur das Buch ist eine
Ware, sondern auch die Autorinnen und Autoren.
Durch das Eindringen ökonomischer Strategien in
das Schreiben wird diese so individuelle
Tätigkeit immer mehr in Marketing-Überlegungen
miteinbezogen. Eine Entwicklung, der sich
Kolleginnen und Kollegen nicht entziehen
können. Egal, wie erfolgreich sie sind. Diesem
Umstand trägt das Seminar Literatur als Ware
Rechnung. Mit ausgesuchten Referenten, die aus
der Praxis kommen. Es geht nicht um die
Vermittlung von Verlagskontakten, sondern um
die Sensibilisierung des Verständnisses für
Markt, Marketing, Kaufverhalten, Bedeutung der
Literatur in der Gesellschaft etc. Das
Literaturhaus lädt Schreibende und Personen,
die im Literaturbetrieb tätig sind, sowie
Studierende ein, sich an zwei Halbtagen
umfassend zu informieren. Literatur als Ware
wurde initiiert und organisiert von Hans
Augustin.
Programm - Freitag, 23.
November, 13 Uhr: Kurze Einführung in das Thema
von Hans Augustin
13.30 Uhr: Bernhard Sandbichler (Residenz
Verlag, Salzburg): Offene Zweierbeziehung -
Über das Verhältnis von Autor und Verleger aus
der Sicht des Literaturverlages.
15 Uhr: Pause
15.30 Uhr: Hanns-Peter Adami (AgrarMarketing
Tirol): Was hat Tee oder Käse mit Buch zu tun?
17 Uhr: Diskussion mit den Referenten.
Samstag, 24. November, 9 Uhr: Hans Augustin
(Autor und Journalist, Innsbruck): Literatur
als Ware.
Überlegungen zu diesem Thema und Beispiele aus
der Praxis.
10.30 Uhr: Pause
11 Uhr: Dieter Bandhauer (Sonderzahl Verlag,
Wien): Schreiben und Verlegen in Zeiten der
Überproduktion und des Unterhaltungsterrors.
Abschließende Diskussionsrunde. Ende ca. 13
Uhr.
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gefallene Sätze -
aufgesprungene Worte
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Dienstag, 27. November, 20 Uhr:
Anne Duden liest aus Gedichten und Essays. Mit
einer Einführung von Elfriede Pöder (Institut
für Deutsche Sprache, Literatur und
Literaturkritik, Innsbruck).
Eintritt frei.
Anne Duden bewegt sich in vielfältigen Genres:
Gedichte, Erzählungen, Essays. Doch die
Gattungen durchdringen einander, lassen sich
nicht wirklich unterscheiden. Die Gedichte
denken, die Erzählungen reflektieren, die
Essays stellen entschlossen die Wahrnehmung des
Ichs ins Zentrum. Und dass dieses Ich eine Frau
ist, bleibt spürbar bis in die letzten Fasern
der kunstvoll gesponnenen Textgebilde, die die
Welt einfangen und zugleich auf Distanz halten.
Anne Duden, geb. 1942 in Oldenburg, zunächst
Tätigkeit als Buchhändlerin, nach 1964 Studium
der Germanistik, Soziologie und Philosophie.
1972 war sie Mitarbeiterin beim Wagenbach
Verlag, 1973 Mitbegründerin des Rotbuch
Verlags. Seit 1978 lebt sie als freie
Schriftstellerin in London und Berlin.
Zahlreiche Preise, u.a. Dedalus Preis 1996,
Berliner Literaturpreis 1998, Großer
Literaturpreis der Bayerischen Akademie der
Schönen Künste 2000. Veröffentlichungen:
Übergang (Rotbuch Verlag, 1982), Steinschlag
(Kiwi, 1993), Wimperntiere (Kiwi, 1995) und
Zungengewahrsam. Kleine Schriften zur Poetik
und zur Kunst (Kiwi, 1999).
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Widerstand in Tirol
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Freitag, 30. November, 20 Uhr
Buchpräsentation: Friedrich Punt: Zuflucht im
Wortgehäuse 1941-1943 (skarabaeus, 2001,
Brennertexte 4). Mit einer Einführung der
Herausgeber und von Johann Holzner
(Brenner-Archiv). Walter Sachers liest
Friedrich Punt. Gemeinsam mit dem Bierstindl.
Eintritt frei.
Der von Christine Riccabona und Anton
Unterkircher aus dem Nachlaß herausgegebene
Gedichtband mit dem ursprünglichen Titel
Zeitgenosse ist ein für Tirol einzigartiges
Dokument literarischen Widerstands gegen den
Nationalsozialismus. Friedrich Punt
(1898-1969), Rechtsanwalt und Lyriker, lebte in
Innsbruck. Er war mit Ludwig von Ficker bekannt
und mit Künstlern der Brenner-Gruppe
befreundet: Nie war ich ein Mensch der Politik,
ich habe Scheu vor der Öffentlichkeit. Gern
lebe ich einsam, frei und unbelästigt von Lob
und Tadel. Wenn mich ein Wunsch nach
Veröffentlichung des Zeitgenossen anwandelt, so
deshalb, weil ich mein Buch als Dokument
betrachte: So hat ein Mensch diesen Weltkrieg
und den Nationalsozialismus innerhalb der
österreichischen Grenze empfunden und bedacht.
Der Geist, der beide, Krieg und
Nationalsozialismus hervorgebracht hat, ist
nicht tot. Er geistert noch immer über unser
Festland Europa. Hie und da könnte ein Mensch
durch die Schau meiner Gedichte sehend werden
und gewarnt. (Friedrich Punt)
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Hermann Broch - Eine Ausstellung |
Ausstellungseröffnung mit Referaten von Heinz
Lunzer (Dokumentationsstelle für neuere
österreichische Literatur im Literaturhaus in
Wien) und Walter Methlagl (ehemaliger Leiter
des Forschungsinstitutes Brenner-Archiv).
[Reihe Literatur Schätze Tirols]. Die
Ausstellung kann vom 4.12. 2001 bis zum
15.1.2002 (9-12 und 14-17 Uhr) besichtigt
werden.
Eintritt frei.
Eine Ausstellung der Dokumentationsstelle für
neuere österreichische Literatur, Wien, zum 50.
Todestag des Autors zeigt Briefe, Texte, Bücher
und Fotografien. Den roten Faden bildet die 24
Jahre dauernde Beziehung zu Ea von Allesch
(1875-1953): die ersten Briefe an die
Angebetete aus dem Jahr 1918, das bisher nie im
Original gezeigte handschriftliche Teesdorfer
Tagebuch für Ea von Allesch aus dem Jahr 1920
und 1921 und die zwischendurch gesandten
Expreßbriefe der überbordenden Liebe, die nur
teilweise publizierten Briefe Brochs an Ea zu
Beginn und am Ende seiner Emigration. In einem
zweiten Teil der Ausstellung, der vom
Brenner-Archiv gestaltet wurde, wird Hermann
Brochs Verbindung zu Tirol beleuchtet. 1913
sandte Hermann Broch seine ersten
schriftstellerischen Arbeiten an Ludwig von
Ficker, die dieser im Brenner publizierte. Als
Broch von September 1935 an mehrere Monate in
Mösern verbrachte, um in der Abgeschiedenheit
der Bergwelt die erste Fassung des Bergromans
fertigzustellen, kam es zur ersten Begegnung
mit Ficker. Der Brenner-Herausgeber gehörte
auch zu jenen, an die sich Broch mit seiner
1937 - 38 verfaßten antifaschistischen
Völkerbund-Resolution wandte. - In der
Ausstellung werden originale Manuskripte,
Briefe und Fotos gezeigt.
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Die Jenischen
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Montag, 10. Dezember, 17 Uhr:
Ein langer Abend über Kultur, Sprache und
Literatur der Fahrenden, mit Gespräch am runden
Tisch, Lesungen, Musik und Sketches.
Eintritt frei.
Vor kurzem sind in der Reihe Am Herzen Europas
im Verlag für die Literatur der Wenigerheiten
zwei Bücher erschienen, die sich aus
verschiedenen Blickwinkeln mit der Kultur der
jenischen Bevölkerungsgruppe in unserem Land
beschäftigen. Heidi Schleich: Das Jenische in
Tirol. Sprache und Geschichte der Karrner,
Laninger, Dörcher; Romedius Mungenast (Hg.):
Jenische Reminiszenzen. Geschichte(n),
Gedichte. Ein Lesebuch. Gerald Kurdoglu
Nitsche, bildender Künstler und unermüdlicher
Kämpfer für die Rechte von Minderheiten, hat
beide Bücher betreut. Eingeladen, am runden
Tisch zu diskutieren, sind auch zwei Experten
aus Deutschland bzw. der Schweiz: Günter Danzer
(D) hat eine Darstellung der Geschichte seines
Heimatortes Burgberg in Zusammenhang mit den
Jenischen verfasst; Sergius Golowin (CH)
sammelte mündlich überlieferte Geschichten der
Fahrenden und publizierte sie als Kurztexte und
Erzählungen. Der Journalist Benedikt Sauer wird
aus der Sicht der Tiroler Straßenzeitung 20er
eine kurzen Beitrag zum Thema liefern. Romed
Mungenast und Simone Schönett lesen aus ihren
Werken. Mungenast wurde 1953 in eine
vielköpfige jenische Familie hineingeboren,
durch seine jenischen Gedichte trägt er dazu
bei, Kultur und Sprache seines Volkes zu
erhalten. Die junge Autorin Simone Schönett
schreibt derzeit eine Dissertation über die
Jenischen, sie ist aber auch literarisch tätig
und hat zuletzt den Preis Schreiben zwischen
den Kulturen 2001 (Verein Exil im Amerlinghaus)
davongetragen. Ihr Debütroman Im Moos
(Bibliothek der Provinz) handelt von einer
jenischen Großfamilie. Der lange Abend wird
durch die Akkordeon-Musik von Rudi Katholnig
aus Kärnten bereichert. Ein Sketch zum Thema
Hausieren wird von einem Schauspielerpaar aus
dem Umkreis von Günter Danzer beigetragen.
Außerdem: Getränke und Speisen!
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Der Hochzeitsgast
Eine Veranstaltung der Reihe
[ wiedergehört ]
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Dienstag, 18. Dezember, 20 Uhr:
Ein Hörspiel von Marie-Luise Kaschnitz.
Einführung von Sieglinde Klettenhammer
(Institut für Deutsche Sprache, Literatur und
Literaturkritik, Innsbruck).
Eintritt frei.
Marie Luise Kaschnitz ist vor allem als
Lyrikerin und als Prosaschriftstellerin bekannt
geworden, weitgehend unbeachtet und unbekannt
geblieben ist Kaschnitzs rege Hörspiel-Arbeit.
Zwischen 1947 und 1971 wurden nicht weniger als
zwanzig Hörspiele der Autorin produziert und
gesendet. Kaschnitz selbst hat, wie sie in
ihrer Büchner-Preis-Rede von 1955 sagt, ihre
Hörspiele durchaus nicht als uneheliche Kinder
angesehen, ja auch in ihren Arbeiten für den
Rundfunk versucht, den Blick des Lesers auf das
Bedeutsame zu lenken, auf die wunderbaren
Möglichkeiten und die tödlichen Gefahren des
Menschen und auf die bestürzende Fülle der
Welt. Die Möglichkeit, lyrische und epische
Elemente mit dem gesprochenen und getauschten
Wort zu verbinden, die Konzentration auf das
Wort und die Erlaubnis, mit Zeit und Ort
willkürlich umzuspringen, übten für sie als
Schreibende - so Kaschnitz 1962 in der
Antrittsrede vor der Akademie der
Wissenschaften und der Literatur in Mainz -
einen großen Reiz aus. Die Themen und Stoffe,
die sie u.a. aus der griechischen Sage, aus dem
Alten und Neuen Testament oder der Geschichte
nahm, blieben dabei nie im geschichtslosen
Raum, sondern wurden mit Problemen der Zeit in
Beziehung gesetzt.
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