Editorial | 5 Jahre Literaturhaus am Inn
sind uns kein Anlass für ausschweifenden Rückblick. Das Projekt kann sich sehen lassen, doch ist es immer noch eine Baustelle. Zwar wurden die Mauern des Hauptgebäudes hochgezogen, die Fassaden verputzt und die verschiedenen Stockwerke eingerichtet, so dass ein Bewohnen und Bewirten nun tatsächlich möglich ist. Die Nebengebäude befinden sich aber noch in unfertigem Zustand, sie sind weiter ausbaufähig. Auch ist das Anlegen eines Gartens – Zierde und Aushängeschild des Hauses, Ort der Ruhe und Erholung – nicht nennenswert gediehen, hier fehlt uns das Gartenpflegepersonal. Hinweisschilder wurden angebracht, Zäune jedoch nicht aufgestellt – und dies soll auch in Zukunft so bleiben! Trotz seines Baustellencharakters wird das Haus recht fleißig aufgesucht und begutachtet. Besucher, aus den verschiedensten Richtungen kommend, zeigen sich interessiert und lassen sich hier für eine Weile nieder, um etwas anzubieten, oder etwas zu genießen, Neues kennenzulernen, Spannendes zu erleben. Das Internet, sagen die Besucher, ist noch lange nicht alles im Leben. Ein zweckorientiertes Lesen soll sein, jedoch beharrt man darauf, dass der Genuss letztlich im Zweckfreien liegt. Man bekennt sich zum Schönen, das meistens weniger in einer ästhetischen Oberfläche als im Moment des Begreifens, im Vorgang des detaillierten Auslotens zu suchen ist. Man interessiert sich bei uns für Raues, Klares, manchmal Sperriges, nicht für Glattes und Nettes. So oder so: Dem Buchgenuss soll weiter und noch mehr Raum gegeben werden, wird gefordert! Manch eine Begegnung, zu zweit, zu dritt, in großer Gruppe, hat in unserem Haus stattgefunden. [Liebespaare, die sich bei uns gefunden haben, sind nachweisbar. Wein und Blut sind gleichermaßen geflossen!] Auch gingen von hier Umgrabearbeiten und Feldforschungen aus, der Radius wurde erweitert, Bagger aufgefahren. Es geschah nicht mit Getöse, nicht laut, eher tief lautete der Auftrag. Selbstverständlich hat man nicht überall gern gesehen, was hier geschah, doch das gehört zur Arbeit in einem Literaturhaus.
P.S. Informieren Sie sich gezielt über kulturpolitisches Geschehen in Österreich, z.B. mit der Homepage des Literaturhauses Wien: Literaturhaus Wien Die beste Literaturseite Österreichs |
Mischwesen
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Donnerstag, 16. Mai, 20 Uhr:
Lesung und Vernissage.
Magdalena Kauz und Heinz D. Heisl lesen ihre Texte, die als Auftragsarbeit des Literaturhauses in Auseinandersetzung mit den Linolschnitten Reiner Schiestls zum Thema Mischwesen entstanden sind.
willige Spenden
(-) Eine chaotische Ordnung, ein Text, eine fetzige Bilderschrift, eine dunkle, unheimliche Geschichte, ein leinwandenes Buch. Ein Text, mehr noch: ein Textil mit viel Schuß und wenig Kette, ein Letterngerüst mit roten Fäden verschnürt, Gewirktes und Durchbrochenes, assoziativ gestickte Wahnvorstellungen, arglos gezeichneter Kinderkram, geritzt, written, graviert, weiß auf schwarz, gebunden und doch offen. Es fehlt die Endelung. Chaos light. (-)
ReyNé
Reiner Schiestl
, geb. 1939 in Kufstein, Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Bildenden Kunst. Lebt und arbeitet in Innsbruck und Medinaceli/Spanien. Diverse Preise u.a.: Theodor-Körner-Preis (1966), Mozart-Preis der Internationalen Goethe-Stiftung (1996). Rege kulturelle und künstlerische Tätigkeit, seit 1964 mehr als 80 Einzelausstellungen bzw. Ausstellungsbeteiligungen. Zuletzt erschienene Publikationen:
Cielo, horizonte, tierra
- Katalogbuch zur Ausstellung im Museum von Salamanca (Soria 2001); R.S. + Carlos Baonza:
Policia municipal, no pasar. Eine Kriminalgeschichte in Bildern
(Madrid 2001).
Magdalena Kauz, geb. 1963, aufgewachsen in Basel, macht Dokumentarfilme, schreibt Texte zwischen Bild und Wort und lebt in Hall/Tirol und der Schweiz. Publikationen: Freibord nr.109/110; Yeti-Kalender 2001 Innsbruck (gemeinsam mit Helmut Schiestl).
Heinz D. Heisl, geb. 1952, freier Schriftsteller, lebt zur Zeit in Hall und Basel. Zahlreiche Arbeiten für Funk und Theater. Publikationen:
sprach zeit losen
(Haymon 1996),
Das Oraltorium. wortschläge für radsuchende
(Haymon 1998),
die paradoxien des herrn guadalcanal
(Haymon 2000). Reinhard-Priessnitz-Preis 2000.
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Faszination des Fremden
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Mittwoch, 22. Mai, 20 Uhr:
Autorenbegegnung und Lesungen aus
yvonne. eine recherche
(Edition Doppelpunkt 2001);
Maui fängt die Sonne. Mythen aus Hawaii (Deuticke 2001)
und Stadtgeschichten. Erzählungen (Mit Fotos von Manfred
Horvarth. Bibliothek der Provinz 1999)
willige Spenden.
In Dorothea Macheiners
yvonne. eine recherche
erfährt die Protagonistin während ihres Tunesienaufenthaltes ein anfängliches Unbehagen, das in zwanghafte Vorstellungen mündet und sie tief in den Bann des ermordeten Sängers Lounés Matoubs, verbunden mit dem Schicksal der Berber, zieht.
Dorothea Macheiner, geb. 1943 in Linz. Studium der Theologie und Germanistik in Innsbruck. Lebt als freie Autorin in Salzburg und Wien. Seit mehr als 10 Jahren wiederholte und längere Aufenthalte in Tunesien. Reisen nach Jordanien und Syrien. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt nixenfall (wien 1996). Herausgeberin der Werke aus dem Nachlass von Gerold Foidl.
Manfred Chobot erzählt in
Maui fängt die Sonne
prähistorische Märchen aus Hawaii nach, berichtet über Götter, sammelt hawaiianische Mythen vom Werden der Welt. In seinen
Stadtgeschichten
finden sich eigentlich ganz und gar unwienerische Erzählungen, man sieht Wien in einem anderen Licht.
Manfred Chobot, geb. 1947 in Wien, lebt als freier Schriftsteller. Studium der Kulturtechnik. Mitglied der Grazer Autorenversammlung, des Podium, der IG AutorInnen sowie der Autorenvereinigung Kogge. Literaturpreise: Theodor-Körner-Preis, Preis der ak Oberösterreich u.v.a.
Zahlreiche Veröffentlichungen u.a. Der Gruftspion. Prosa (Wr. Neustadt 1978); kumm haam in mei gossn. Dialektgedichte (Weitra, Bibliothek der Provinz 2000).
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5 Jahr Literaturhaus
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Samstag, 8. Juni, 17 Uhr!
Treibhaus
17.15 Uhr: Helmut Peschina liest Texte von Joseph Roth.
18.30 Uhr: Überreichung des Feuilleton-Preises der Tiroler Tageszeitung durch Claus Reitan, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung. Lesung des Siegertextes.
Dazwischen, davor und danach: Prickelndes für Ohr und Gaumen, Worte zum Anlass, Gespräche zum Inhalt - feiern Sie mit uns!
Eintritt frei.
Helmut Peschina liest aus dem von ihm herausgegebenen Roth-Lesebuch Kaffeehausfrühling (Kiepenheuer & Witsch 2001). Die Feuilletons, alle für Wiener Zeitungen verfasst, stammen aus den Jahren 1919 bis 1923 und zeichnen ein Bild der damaligen Zeit, verweisen aber auch auf Verhältnisse, die heute noch Gültigkeit haben.
Helmut Peschina, geb. 1943 in Klosterneuburg, seit 1974 freischaffender Schriftsteller. Veröffentlichung zahlreicher Bühnenstücke und Hörspiele, Beiträge in Literaturzeitschriften und Anthologien sowie Tonträger (Hörverlag, München). Zuletzt erschienene Publikationen:
Zeilenbrüche
(Deuticke 2000), als Herausgeber:
Alois Vogel. Zeitmäander. Ausgewählte Gedichte
(Deuticke 1998).
Anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Literaturhauses stiftet die Tiroler Tageszeitung einen Feuilleton-Preis, dotiert mit 1.000 Euro. Das Literaturhaus hat die Auswahl des Textes übernommen. Literatur, die ein offenes Auge und Ohr für gesellschaftliche Entwicklungen und Problematiken hat und sich diesen in essayistischer, spielerischer Denk- und Schreibhaltung stellt – ihr fühlt sich das Literaturhaus in seiner Grundhaltung verbunden, und ihr soll dieser Preis gewidmet sein.
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Scharfsinnig und luzide
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Dienstag, 11. Juni, 20 Uhr:
Lesung und Verlagspräsentation.
Der slowenische Autor Drago Jancar liest aus seinen im Folio-Verlag erschienenen Büchern
Brioni. Und andere Essays(2002) und
Die Erscheinung von Rovenska. Erzählungen
(2001). Anschließend Autorengespräch mit dem Übersetzer Klaus
Detlef Olof sowie Diskussion über den Süd-Ost-Europa-
Schwerpunkt des Folio-Verlags.
willige Spenden.
In Slowenien gilt Drago Jancar nicht nur als exzellenter Romancier, sondern auch als scharfzüngiger Analytiker sowohl gesellschaftlicher als auch literarischer Fragen. In seinen in Brioni versammelten Essays erweist er sich als scharfer Gegner jeglicher Form von Totalitarismus und Unfreiheit sowie ihrer Restspuren in Slowenien und anderswo. In seinen Erzählungen blickt er mit sanfter Ironie und eigenwillig distanziert auf unbekannte Individuen hinter großen Persönlichkeiten.
Drago Jancar, geb. 1948 in Maribor, Slowenien. Gilt als der bedeutendste zeitgenössische Schriftsteller Sloweniens. 1993 erhielt er den Preseren-Preis, 1994 den Europäischen Preis für Kurzprosa. In Deutsch erschienen zuletzt die Romane Nordlicht (Wieser 1990), Der Galeot (Wieser 1991), der Essay Kurzer Bericht über eine lange belagerte Stadt – Gerechtigkeit für Sarajevo (Hermagoras 1996), sowie die oben erwähnten Werke.
Klaus Detlef Olof, geboren 1939 in Norddeutschland, Slawist und Übersetzer. Seit 1973 Lehrtätigkeit an der Universität Klagenfurt. Zahlreiche Übersetzungen aus dem Bosnischen, Bulgarischen, Kroatischen, Mazedonischen, Serbischen und Slowenischen. 1991 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzer.
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Ein Abend mit Nikolaj Gogol'
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Dienstag, 18. Juni, 19 Uhr: N. V. Gogol (1809-1852) steht im Mittelpunkt eines Abends, den das Institut für Slawistik der Universität Innsbruck gestaltet.
willige Spenden.
Worüber lachen wir denn heute, wenn wir den Revisor lesen oder Die Toten Seelen, den Mantel oder Die Nase? Es ist wohl ein Lachen, das mit dem vergleichbar ist, wenn wir Kafka oder Beckett lesen oder uns Charms oder K. Kraus zur Lektüre vornehmen. Gogol ist in dem Sinn ein moderner Autor, als er Absurditäten des menschlichen Alltagsverhaltens künstlerisch gestaltet und ihnen eine sprachliche Form verleiht. Mit seinem unverwechselbaren Stil und den komisch-alogischen Konstruktionen lässt er scheinbar Unvereinbares aufeinanderprallen – seine Paradoxien machen mit einem Schlag Grenzen des vertrauten Denkens und Handelns deutlich. Der 150. Todestag des russischen Schriftstellers ist der äußere Anlass, um Gogol's Werk und seine Zeit mit Kurzreferaten, Leseproben, Filmausschnitten, Dias und ukrainischen Liedern zu vergegenwärtigen.
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Bilder und Klänge im Kopf
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Donnerstag, 20. Juni, 20 Uhr:
Lesung und Buchpräsentation. Sepp Mall liest aus
Inferno solitario
(Skarabaeus 2002).
Mit einer Einführung von Martin Sailer und einem Autorengespräch.
Eintritt frei.
Inferno solitario vereint drei Hörstücke und einen Theatertext. Der Lyriker und Erzähler Sepp Mall besticht auch in diesen Genres durch Intuition und Gespür für Klang und Rhythmus der Sprache. Zwischenmenschliche Beziehungen und Verstrickungen werden einfühlsam ausgelotet und in poetischen Bildern kondensiert. Die Hörstücke Inferno solitario und Silence, please wurden vom orf Tirol unter der Regie von Martin Sailer als Hörspiele produziert.
Sepp Mall, Gründungsmitglied der Südtiroler Autorenvereinigung, Mittelschullehrer, Autor und Herausgeber, zahlreiche Literaturpreise und Stipendien, u.a. Meraner Lyrikpreis 1996. Buchveröffentlichungen: Läufer im Park. Gedichte (Haymon 1996), Verwachsene Wege (Haymon 1993), Brüder (Haymon 1996), Landschaft mit Tieren, unter Sträuchern hingeduckt (Haymon 1998), Espresso mortale (erschienen in Die Tageszeitung Bozen, 1999; gemeinsam mit Sabine Gruber, Anita Pichler, Kurt Lanthaler und Josef Oberhollenzer).
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1. Festival der Neuen Tiroler Dramatik
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Dienstag, 25. und Mittwoch, 26. Juni, 20 Uhr:
Szenische Lesungen.
Das 1. Festival der Neuen Tiroler Dramatik wird vom 1.-30. Juni an verschiedenen Spielorten in Innsbruck stattfinden. Dabei werden neue Entdeckungen und Entwicklungen der Tiroler Gegenwartsdramatik in szenischen Lesungen, Dialogen und Minidramen vorgestellt. Es lesen verschiedene Tiroler Autorinnen und Autoren aus Texten, die während der Dramatikerwerkstatt des Dramatikerworkshops in Zusammenarbeit mit dem Tiroler Landestheater entstanden sind. Klaus Rohrmoser, Schauspieldirektor des Tiroler Landestheaters, moderiert die beiden Abende.
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