Editorial | .. doch mein atlantik
heisst kopf und wo böhmen ufert ist woanders
zu lesen am gaumen fahren wünsche durchs
nebelhorn auf der zunge die schiffe ahoi
christoph w. bauer
Die Sommer- und Reisezeit liegt hinter uns, im Literaturhaus aber werden wieder die Anker für neue literarische Abenteuer gelichtet. Willkommen zuhause! Oder, falls Sie nicht am Atlantik waren, willkommen in der Sprache! Auf jeden Fall aber, auch wenn Sie am Atlantik oder anderswo waren: Willkommen im Literaturhaus!
Die Literatur als Navigator durch Bekanntes und Unbekanntes finden Sie wieder in unserem Programm. Dass auch die Sprache selbst Unentdecktes birgt, dem ist der kleine Schwerpunkt Cross over gewidmet. In ihm sind die sprachlichen Zeichen unterwegs zum Bild; das "Material" wird im freien Spiel mit anderen Systemen gemixt.
Unterwegs in seinem neuen Buch ist auch Bogdan Bogdanovi´c, ehemaliger Bürgermeister von Belgrad, Urbanist, Architekt und Schriftsteller. Er durchwandert aus der Erinnerung Städte rund um den Globus. Dass die Geschichte von Städten stets die Geschichte von Urbanität und Zivilität bzw. von deren Scheitern erzählt, zeigt Bogdanovi´cs Buch in großer Meisterschaft. Sein Credo für eine Architektur der Zukunft: Wer Städte bauen will, muss zunächst in ihnen lesen können. Im Text Was es war, was es ist, den Alois Hotschnig uns für das Kleine Inn-Lesebuch zur Verfügung gestellt hat, können Sie die literarische Stellungnahme des Autors zu den Diskussionen rund um eine Gedenktafel am Gebäude der Baudirektion in der Herrengasse lesen. Auch dies Spuren einer Stadtgeschichte - unserer Stadt.
PS: Der Südtiroler Autorenvereinigung sei gedankt für die finanzielle Unterstützung bei den literarischen Reisen durch Tiroler Städte im Rahmen unseres Juni-Schwerpunkts LITERATURaußerHAUS!
R & R |
Jongleur mit Wörtern und Noten
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Freitag, 26. Sept., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Ein Abend für Haimo Wisser, gestaltet von Franz Knes und Philipp Tröstl mit Texten und Kompositionen von Haimo
Wisser. Mit einer Einführung von Martin Sailer. -
Willige Spenden.
[ Schätze aus dem Brenner-Archiv ]
Der in Wien geborene Wahltiroler Haimo Wisser (1952 - 1998) machte in den 70ern mit Musikkabarettprogrammen auf sich aufmerksam, in denen er Sprachwitz und Musik virtuos kombinierte. Seit Anfang der 80er Jahre schrieb er regelmäßig Bühnenmusik für Stücke der Volksschauspiele in Telfs und verfasste zahlreiche kammermusikalische Werke mit verschiedensten Besetzungen.
Er schrieb mehrere Hörspiele, u. a. 1996
Gußstahlmandala - das geheime Wissen der Fußgänger
(Regie: Martin Sailer). 1997 veröffentlichte er den Gedichtband
weil man lieber nicht am ende sterbert
(Skarabaeus) – es ist die
Sprachpublikation eines Jongleurs der Doppelbedeutungen zwischen Ton und Text(Verlag). Auf engstem Raum drehen und wenden sich die Sätze, wird ihnen so manche neue Bedeutung abgerungen.
Franz Knes liest Texte von Haimo Wisser, u. a. Unveröffentlichtes aus dem Nachlass. Philipp Tröstl, der sich während seines Gitarrestudiums bei Gunter Schneider intensiv mit Wisser beschäftigt hat, spielt Kompositionen von Haimo Wisser, u.a. aus der Sammlung
10 Karikatüden.
Der Nachlass von Haimo Wisser befindet sich als Leihgabe im Brenner-Archiv und ist Interessierten zugänglich.
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Text und Bild und Text
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Donnerstag, 2. Okt., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Cross over 1: Harald Gsaller: Ein Ding vorher. 104 Embleme
(Triton). Visuelle Präsentation mit Elementen einer Lesung.
Willige Spenden
Im Jahr 1531 begründete der Mailänder Rechtsgelehrte und Schriftsteller Andrea Alciatus mit seinem
Emblematum Libellus
(104 Embleme) die literarisch-bildnerische Form der Embleme, die Kunst der Sinn-Bilder, die in den zwei darauffolgenden Jahrhunderten in ganz Europa höchst erfolgreich und beliebt war. Heute, im Zeitalter der Label- und Logokultur, sind deren "Vorgänger" nur mehr schwer dechiffrierbare Codes. Der Künstler und Autor Harald Gsaller setzte sich daher das Ziel einer künstlerischen Neubewertung dieser
mustergültigen Muster- und Bilderbücher.
Die Miniaturen, die man auf den Seiten dieses Buches versammelt hat, sind Gegenstände einer liebenswürdigen Obsession, Fetischobjekte, ausgestellt (zur Geltung gebracht) in wechselnden Konstellationen. Von jeher ist die Emblematik eine Kunst der Anordnungen gewesen, und auch als solche hat Harald Gsaller sie für sein Projekt wiederentdeckt .
(Stefanie Diekmann, Viadrina Universität Frankfurt/Oder)
Harald Gsaller, geboren 1960 in Lienz/Osttirol, Studium der Physik und Chemie an der Uni Linz. Lebt in Wien. Literarische Texte; bild-textliche Untersuchungen im Feld Wissenschaft und Kunst.
Zahlreiche Ausstellungen, Lesungen und Einzelpublikationen; Beiträge in Literatur- und Kunstzeitschriften sowie für den Hörfunk. Mitglied der Grazer Autorenversammlung und der Künstlervereinigung Maerz. 2001 erhielt Harald Gsaller das Adalbert Stifter-Stipendium des Landes Oberösterreich. Das Bundeskanzleramt gewährte für 2001/02 das Staatsstipendium für Literatur, 2003 das Rom-Stipendium und für 2003/04 das Projektstipendium für Literatur.
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soweit die zeichen reichen
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Montag, 6. Okt., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Cross over 2: Lesung mit Lisa Spalt und Günter Vallaster. -
Willige Spenden
In die schmale Fuge zwischen Zeichen und Bezeichnetem, zwischen Gemeintem und Mitgemeintem zwängt Lisa Spalt ihren Fuß, auf dass sich die Türe nicht schließen und verschwinden kann. Lisa Spalt, geboren 1970 in Hohenems; Studium der Deutschen Philologie. In ihrer Arbeit mit Sprache und "Sprachmaterial" intensive Zusammenarbeit mit Komponisten und bildenden Künstlern. Hörspielbearbeitungen von Theaterstücken Konrad Bayers. Buchveröffentlichungen:
gegndn
(Das fröhliche Wohnzimmer-Edition 1998);
leichte reisen von einem ende der erde
(Blattwerk 1999);
tag day
(gemeinsam mit Clemens Gadenstätter, edition gegensätze),
rastern. makros
(Das fröhliche Wohnzimmer-Edition 2001),
saschaident saschaideal
(Das fröhliche Wohnzimmer-Edition 2003). Zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien und Buchbesprechungen für verschiedene Medien. Seit März 1998 Verlegerin und Herausgeberin der edition ch sowie Organisatorin von interdisziplinären Veranstaltungen (Ton - Text - Bild). Mitglied der Grazer AutorInnenversammlung und des Vorarlberger AutorInnenverbandes.
wiesohelles ...was soll es: unter anderem versuche, das figurengedicht sprachreflexiv und ikonenironisch auszuleeren und auszuloten, so weit die zeichen reichen. sätze in das bild zu setzen, das sich ergibt. die letternröhre einzuschalten als televisionäres mandala. durch die zeichenfinger zu schauen, den kontext im auge, das weiße vom papier sowie den gilb, und den text, die kontraste, die sedimente, die arche des archivs.
(Günter Vallaster)
Günter Vallaster, geboren 1968 in Schruns (Vorarlberg), Studium der Germanistik und Geschichte in Innsbruck, Verlagspraktikum, 1997 bis 2003 Mitarbeit im Forschungsprojekt Wörterbuch der nationalen und regionalen Varianten der deutschen Standardsprache (Innsbruck–Basel–Duisburg), seit 2001 Arbeit an einer Dissertation über Zeichenmotivik in der neueren visuellen und konzeptuellen Poesie, Publikationen in Zeitschriften (u.a. Freibord, Diagonal) und Anthologien, Einzeltitel:
wiesohelles
(Das fröhliche Wohnzimmer-Edition 2001). Mitglied der IG AutorInnen und der Grazer AutorInnenversammlung
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Frankreichschwerpunkt der Universität Innsbruck
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Mittwoch, 15. Okt.
, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Antonia Soulez:
Wittgenstein en France: de l'ignorance à la mode / Wittgenstein in Frankreich: Von der Ignoranz zur Mode.Vortrag auf französisch, deutsche Kurzfassung liegt auf.
Moderation: Jean Louis Poitevin (Leiter des französischen Kulturinstituts, Innsbruck)
Antonia Soulez, Professorin für Philosophie in der Universität Paris 8 und Direktor des Collège International de Philosophie, hat zahlreiche Aufsätze und Bücher einschließlich Übersetzungen zum Thema Wittgenstein, Wiener Kreis und zur österreichischen Philosophie verfasst.
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Städte lesen
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Mittwoch, 22. Okt., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Lesung mit Bogdan Bogdanović. Anschließend führt Klaus Detelef Olof ein Autorengespräch. Mit Unterstützung durch
das Architekturforum Tirol. -
Willige Spenden
Ich bin überzeugt, dass man eine Stadt nur als Fußgänger richtig lesen kann.
(Bogdan Bogdanovi´c) Eine Stadt lesen ist für den berühmten Urbanisten Bogdanovi´c ein sinnlich-poetischer Vorgang: den Erinnerungen der Bewohner lauschen, den Mythen der Geschichte nachspüren. Auf diese Weise erhält man Auskunft über Charakter, Lebenskraft, Persönlichkeit und Zukunft einer Stadt. Der Autor zahlreicher Bücher zur Architektur- und Stadtgeschichte hat in seinem neuen Buch Vom
Glück in den Städten
(Zsolnay 2002, übersetzt von Barbara Antkowiak) die Städte seines Lebens aus der Erinnerung durchwandert. Er nimmt die LeserInnen mit auf eine Reise rund um den Globus, auf eine Zeitreise durch ein halbes Jahrhundert.
Bogdan Bogdanovi´c, geboren 1922 in Belgrad, ist Architekt, Schriftsteller und emeritierter Professor der Belgrader Universität. Von 1982 bis 1986 war er Bürgermeister von Belgrad. 1993 wurde er von Slobodan Milosevic vertrieben und lebt seither in Wien. Publikationen u. a.
Die Stadt und der Tod
(1993); Architektur der Erinnerung (1994);
Die Stadt und die Zukunft
(1997) - alle im Wieser-Verlag, übersetzt von Klaus Detlef Olof.
Der verdammte Baumeister. Erinnerungen.
(Zsolnay 1997, übersetzt von Milo Dor)
Klaus Detlef Olof, geboren 1939 in Norddeutschland, Slawist und Übersetzer, u. a. auch einiger Bücher von Bogdan Bogdanovi´c. Seit 1973 Lehrtätigkeit an der Universität Klagenfurt. 1991 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzer.
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Versöhnung im wörtlichen Sinn
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Mittwoch, 29. Okt., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Mutter töten(Haymon 2003)
.Lesung und Buchpräsentation mit Jürg Amann. Einführung: Michael Forcher. In Kooperation mit dem Haymonverlag. - Willige Spenden
In vier miteinander verknüpften Erzählungen rollt Jürg Amann das zwiespältige Verhältnis eines Mannes zu seiner Mutter auf. Dabei urteilt der Autor nie, verurteilt schon gar nicht. Auch nicht, wenn erwartete Kindesliebe auf eine harte Probe gestellt wird. Andererseits ist die der sterbenden und toten Mutter entgegengebrachte Liebeserklärung nie kitschig, sondern strahlt berührende Zärtlichkeit aus. Es ist Amanns Erzählkunst, es ist vor allem seine Sprache, die selbst in den heikelsten Facetten des Themas keine Peinlichkeiten aufkommen lassen.
Jürg Amann, geboren 1947 in Winterthur, Studium der Germanistik, Literaturkritiker und Dramaturg. Seit 1976 freier Schriftsteller (Prosa, Theaterstücke, Hörspiele, Lyrik, Essays). Zahlreiche Preise, u.a. Ingeborg-Bachmann-Preis, Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, ausgezeichnet bei der Floriana 2002. Lebt in Zürich. Zu
letzt erschienen:
Schöne Aussicht. Prosa (Haymon 1997),
Iphigenie oder Operation Meereswind.
Tragödie (Eremiten-Presse 1998),
Ikarus. Roman (Arche 1998),
Golomir. Roman (Bibliothek d. Provinz 1999),
Kafka. Wort-Bild-Essay(Haymon 2000),
Am Ufer des Flusses.
Erzählung. (Haymon 2001),
Kein Weg nach Rom. Ein Reisebuch. Mit Fotografien von A.T. Schaefer
(Eremiten-Presse 2002).
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Hommage an Hertha Kräftner
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Donnerstag, 30. Okt., 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Weil immer das Meer vor der Liebe ist. Elegie für und
nach Hertha Kräftner. Es liest: Monika Praxmarer.
Text"verdichtung": Jürg Amann.
[ Literatur in Szene ]
Hertha Kräftner wäre heuer 75 Jahre alt geworden, sie setzte jedoch ihrem Leben 1951, als Dreiundzwanzigjährige, durch Veronal ein Ende. Die Dichterin, deren Werk trotz kurzer Schaffenszeit ein breites Spektrum an Themen und sprachlichen Ausdrucksformen umfasste, ist eine schwer einzuordnende Erscheinung in der österreichischen Literatur der Nachriegszeit. Trotz der unumstrittenen Qualität ihrer Texte – Peter Härtling bezeichnet sie als die neben Ingeborg Bachmann wichtigste österreichische Lyrikerin der Nachkriegsjahre – ist ihr Werk bis heute weitgehend unbekannt geblieben.
Ihre Kindheit und Jugend verbringt Hertha Kräftner in Mattersburg im Burgenland; mit 18 Jahren geht sie nach Wien, wo sie Germanistik und Philosophie, später auch Psychologie studiert. Bald werden einige ihrer frühen Gedichte in verschiedenen literarischen Zeitschriften veröffentlicht, sie findet Zugang zu den künstlerischen Kreisen um Hermann Hakel und um Hans Weigel. 1951, als ihr Schreiben zunehmend öffentliche Beachtung findet, nimmt sich Hertha Kräftner das Leben. Das Thema Tod zieht sich als roter Faden durch ihr gesamtes Werk, Lebenshunger und Sehnsucht nach Liebe sind andere Eckpunkte ihres Dichtens.
Der Autor Jürg Amann hat das nachgelassene Werk der Schriftstellerin zu einem einzigen Text "verdichtet": Gedichte, Prosa, Tagebuchaufzeichnungen und Briefauszüge Kräftners verbinden sich zu einem Monolog aus 18 Strophen und Gegenstrophen. Es entsteht das (Selbst-) Portrait einer jungen Frau – die bruchstückhafte Geschichte eines Lebens, und gleichzeitig die Geschichte einer dichterischen Entwicklung. Jürg Amann wird am Abend anwesend sein.
Monika Praxmarer, geboren 1973 in Schwarzach/Österreich. Aufgewachsen in Saalfelden. Schauspielausbildung am Mozarteum Salzburg. Engagements in Ingolstadt, Oberhausen, Luzern, München und Hamburg. Sie arbeitet freischaffend und lebt seit 1999 in Berlin.
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