Literaturhaus am Inn

Programm Jänner–Februar 2011

Hanno Millesi

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Donnerstag, 13. Jänner, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Hanno Millesi

Lesung und Gespräch
Präsentation des Luftschacht Verlags
Einführung, Präsentation: Bianca Jenewein
Gespräch: Alejandro Boucabeille, Cornelia Müller


Stefan Buchberger und Jürgen Lagger betrachten die Geschichte ihres Luftschacht Verlags als relativ kurz und doch haben sie sich seit der Gründung 2001 einen Namen am deutschsprachigen Buchmarkt gemacht. Ihr erstes Programm erschien 2003, seither bieten sie ein vielfältig ansprechendes literarisches Spektrum. Im selbst bezeichneten Publikumsverlag erscheinen vorwiegend deutschsprachige Belletristik, aber auch Übersetzungen, Kinderbücher für das Vorlese- bis frühe Lesealter und Comicbücher. Bekannt wurde der Verlag u. a. durch die Jury- und Verlegertätigkeiten im Literaturwettbewerb für NachwuchsautorInnen Wortlaut des österreichischen Radiosenders fm4.

Hanno Millesi, der den Ruf als unverwechselbare Stimme der jüngeren AutorInnengeneration (Frankfurter Allgemeine Zeitung) genießt, wurde erst vor kurzem im Rahmen der Buch Wien mit dem Exil-Literaturpreis 2010 ausgezeichnet. Er gilt als einer der bekanntesten Autoren des Luftschacht Verlags. In seinem neuesten Buch Das innere und das äußere Sonnensystem versammeln sich Kurzgeschichten über das Schreiben und die Literatur, über Kunst an und für sich.

Millesi, geboren 1966, studierte Kunstgeschichte an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Heute lebt er dort als freier Schriftsteller.

Hanno Millesi: Das innere und das äußere Sonnensystem.Roman. Luftschacht Verlag, 2010


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[Montagsfrühstück. Forum für strategische Langsamkeit]


Eine Kooperation zwischen dem Literaturhaus am Inn, Denkpanzer und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck


Unterstützt von: Rauchmühle & Brotbuben Lener

Montag, 17. Jänner, 9-11 Uhr
Literaturhaus am Inn

Wirtschaft am Wendepunkt
Ernst-Wilhelm Händler und Ekkehard Kappler im Gespräch
mit Herbert Salzmann

Bei diesem Montagsfrühstück soll die Art und Weise, wie wir Wirtschaft betreiben, diskutiert und die Frage aufgeworfen werden, welchen Stellenwert die vorherrschende Form des kapitalistischen Wirtschaftens in unserem Handeln und auch Denken einnimmt und ob diese Form langfristig überhaupt (noch) Sinn macht. Diese Form scheint so selbstverständlich geworden zu sein, dass wir nur selten die Frage stellen, ob sie noch gesamtgesellschaftlich vertretbar ist bzw. ob sie es je war. Im Montagsfrühstück sollen zum einen alternative Formen des Wirtschaftens thematisiert werden, die – jenseits von sozialromantischen Vorstellungen – denkbar sind; zum anderen könnten auch Möglichkeiten ins Spiel gebracht werden, wie tief sitzende Überzeugungen von Menschen und kaum steuerbar erscheinende Strukturen gesellschaftlichen (ökonomischen, politischen) Seins und Agierens hinterfragt oder gar verändert werden können. Dass Kunst und Literatur bei der Reflexion und Veränderung von solchen Überzeugungen eine Rolle spielen oder spielen könnten, scheint uns evident.

Unter der Gesprächsleitung von Herbert Salzmann (Unternehmens- und Organisationsberater sowie Literaturwissenschaftler) diskutieren der Schriftsteller und Unternehmer Ernst-Wilhelm Händler und der Wirtschaftswissenschaftler Ekkehard Kappler (Leiter des Instituts für Organisation und Lernen der Universität Innsbruck, Abteilungsleiter für Controlling und Organisationskultur).


20 Uhr

Ernst-Wilhelm Händler
Lesung und Gespräch
Gespräch: Anna Rottensteiner

Ernst-Wilhelm Händler wurde 1953 in Regensburg geboren. Nachdem er in München Wirtschaftswissenschaften und Philosophie studiert hatte, übernahm er als Geschäftsführer die familieneigene Leichtmetallfirma bei Regensburg. In seinen Romanen setzt er sich mit dem kapitalistischen System und dessen Einfluss und Verführungskraft auf den Menschen auseinander. Er entwirft fiktive Szenarien der westeuropäischen Realität, konstruiert von Roman zu Roman fortschreitend das Gebäude der Gesellschaft und deren Funktionieren.

„Händler ist nicht nur ein brillanter Romancier, sondern auch selbständiger Unternehmer und kennt sich aus. Wo die klassische Mikroökonomie aufhört, fängt Händler erst richtig an. Der Autor eröffnet die erschütternde Bilanz der Gefühlsökonomie in den Führungsetagen. Mit Proust’scher Präzision zeichnet er die psychischen Kollateralschäden des wirtschaftlichen Handelns bis in die feinsten Verästelungen nach. Fühlen und Denken seiner Personen ist vom unbedingten Willen zur Macht durchdrungen.“ (Stephan Maus zu Händlers Roman Wenn wir sterben, NZZ)

Der Autor publiziert seit 1995 in der Deutschen Verlagsanstalt. Zuletzt erschienen die Romane Wenn wir sterben. (2002), Die Frau des Schriftstellers. (2006), Welt aus Glas. (2009).


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Murray Hall

Donnerstag, 20. Jänner, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn


Vortrag

Die „Führerbibliothek“ – Anmerkungen zu ihrer Geschichte

Als Adolf Hitler Anfang April 1938  seiner „Patenstadt“ Linz an der Donau einen Besuch abstattete und dabei das Landesmuseum aufsuchte, war er voller Ideen über die Neugestaltung der Stadt. Linz sollte Standort eines weitläufigen Museumskomplexes, des zu erbauenden „Führermuseums“, werden. Als Teil dieser Planung sollte auch eine „Adolf-Hitler-Bibliothek“ bzw. die „Führerbibliothek“ in unmittelbarer Nähe gebaut werden. Entstehen sollte keine kunstwissenschaftliche Fachbibliothek, auch keine NS-Fachbibliothek, sondern einerseits eine wissenschaftliche Stadtbibliothek, anderseits eine universell repräsentative Landesbibliothek. Die Bändezahl – eine Million Bücher – legte Hitler höchstpersönlich fest, diese sollten auf sieben Stockwerke verteilt werden. Die Partei-Kanzlei in München begann mit dem Sammeln, vornehmlich aus geschlossenen Bibliotheken und geraubten Bücherbeständen. In Folge der Kriegsereignisse wurde im idyllischen Grundlsee eine Ausweichstelle gesucht und gefunden. Von Mitte 1943 bis zum Kriegsende war die „Füh-
rerbibliothek“ in der Villa Castiglioni zu Hause. Eine der fleißigsten Bücherlieferanten war die Nationalbibliothek in Wien. Sie sollte auch nach Ende des Dritten Reichs bei der Auflösung der „Führerbibliothek“ eine maßgebliche Rolle spielen.

Murray Hall, geboren 1947 in Winnipeg, Manitoba, Kanada. Studium der Germanistik, Romanistik und Anglistik, seit 2000 außerordentlicher Univ.-Prof. am Institut für Germanistik in Wien. Forschungsschwerpunkte: Literatur der Zwischenkriegszeit, Nachlässe, Buchhandels- und Verlagsgeschichte, Bibliotheksgeschichte in der NS-Zeit. Mitbegründer und Obmann des Vereins „Gesellschaft für Buchforschung in Österreich“. Aktuelles Projekt: Die Geschichte der deutschsprachigen literarischen Verlage in den böhmischen Ländern 1919–1945.


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Barbara Aschenwald&Dorothee Elmiger Donnerstag, 27. Jänner, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Lesung

Zwei Autorinnen, die im Jahr 2010
für ihre Debüts ausgezeichnet
wurden, lesen aus ihren Werken.

Barbara Aschenwald, geboren 1982, zählt zu den wichtigsten Nachwuchsautorinnen Tirols. Nun erhielt sie, nachdem sie bereits 2002 mit dem Rimbaud-Preis ausgezeichnet wurde, für ihren Erzählband Leichten Herzens den Jürgen-Ponto-Literaturpreis. Aus der Jury-Begründung: Mit Leichten Herzens liege ein ernsthaftes, ungewöhnliches und erstaunliches Buch vor, ein stilles Buch und so ganz anders als gegenwärtig auf dem Markt üblich. In dreizehn Prosastücken erzähle die Autorin Geschichten rund um das Leben, die von Liebe und Zerstörung, von Schönheit und Verzweiflung handeln.

Dorothee Elmiger, 1985 geboren, gewann 2010 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur den Kelag-Preis. Nun erhielt sie für ihr Romandebüt Einladung an die Waghalsigen den aspekte-Literaturpreis. Die 25-jährige Schweizer Autorin erzählt von zwei rebellischen Schwestern, die sich der fatalen Endzeitstimmung einer untergehenden Welt widersetzen. „In einer Trümmerlandschaft rufen sie traumatische Visionen hervor und erfinden eigensinnig die Welt und die Sprache neu“, heißt es in der Begründung. Elmiger verfüge souverän über unterschiedlichste Tonlagen und erobere mit ihrem Roman neues Terrain.

Barbara Aschenwald: Leichten Herzens.Erzählungen. Skarabaeus 2010

Dorothee Elmiger: Einladung an die Waghalsigen.Roman. DuMont 2010


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Norbert Gstrein Mittwoch, 2. Feber, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Lesung
Einführung und Gespräch: Johann Holzner

Wer liebt, will den anderen ganz. Aber kann man ihn zum persönlichen Eigentum machen, bis über den Tod hinaus? Kann eine Frau behaupten, die ganze Wahrheit über ihren Mann zu wissen? Und liegt diese nicht immer irgendwo zwischen Wirklichkeit und Fiktion?
  Nirgends ist die Welt so klein wie in Wien. Jeder spricht über jeden, jeder schreibt über jeden. Einen Verleger wie Heinrich Glück kann es nur dort geben: Über vier experimentierfreudige Lyrikerinnen und eine katholische Mystikerin mit esoterischem Einschlag ist er nicht weit hinausgekommen. Dann aber taucht mit der exzentrischen Dagmar eine junge Frau auf, die seinem Leben eine andere Bedeutung geben will. Er läßt sich scheiden, um mit ihr seine letzten Jahre zu verbringen, aber sie ergreift nur immer ausschließlicher Besitz von seiner Existenz. Als er stirbt, soll er endgültig ihr Eigentum werden: Sie schreibt ein Buch über seinen Tod. Doch da zerbricht das prekäre Gleichgewicht: Der langjährige Verlagslektor weigert sich, das Buch zu publizieren. Er beschließt, Dagmars Wahrheit seine eigene Version entgegenzusetzen.
In einem ironischen, brillanten Vexierspiel zeichnet Norbert
Gstrein das Porträt einer Frau, die nur an eine Wahrheit glauben will: ihre eigene. Dabei stellt er die große Frage: Was soll das sein, die ganze Wahrheit über einen Menschen? Die Antwort wird eine Inszenierung der Macht.

Norbert Gstrein, geboren 1961, debütierte 1988 mit der Erzählung Einer (Suhrkamp). Es folgten zahlreiche Publikationen, zuletzt der Roman Das Handwerk des Tötens. (Suhrkamp 2003), W em gehört eine Geschichte? Fakten, Fiktionen und ein Beweismittel gegen alle Wahrscheinlichkeit des wirklichen Lebens. (Suhrkamp 2004), Die Winter im Süden.Roman (Hanser 2008). Unter den zahlreichen Auszeichnungen seien der Alfred-Döblin-Preis sowie der Uwe-Johnson-Preis erwähnt. Gstrein lebt zur Zeit als freier Schrifsteller in Hamburg.

Norbert Gstrein: Die ganze Wahrheit. Roman. Hanser 2010


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Martin Huber & Klaus Rohrmoser Donnerstag, 10. Feber, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

Thomas Bernhard: Der Wahrheit auf der Spur
Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons
Einführung: Martin Huber
Lesung: Klaus Rohrmoser

Wenn Thomas Bernhard sich öffentlich äußert, drängt sich der Eindruck auf, er verhalte sich genauso wie die Hauptpersonen in seinen Romanen und Theaterstücken: Da wird die Welt zum Katastrophenroman und zum sinnlosen Schauspiel, in dem Bornierte und Böswillige, Nichtwisser und Nichtkönner agieren, die es in gerechtem Zorn und kunstvoller Übertreibung anzuklagen und zu verurteilen gilt. Vorher werden sie aber, Höchststrafe, der Lächerlichkeit überführt.
Deshalb konnte es nicht ausbleiben, dass Bernhards Interven-
tionen ständig von Skandalen begleitet sind: Eine frühe Kritik am Spielplan trägt ihm einen Prozess des Intendanten ein, die Dankes-
rede bei einer Preisverleihung mündet in der Absage einer weiteren Preisverleihung, eine Rezension läßt einen Minister nach dem Sendeverbot eines Bernhard-Porträts rufen, ein Interview erregt Politiker und Journalisten gleichermaßen.

Der Abend zeigt den „öffentlichen Bernhard“: Martin Huber, Mitherausgeber von Der Wahrheit auf der Spur – Die öffentlichen Auftritte. (Suhrkamp 2010), wird den Band vorstellen, der, in chronologischer Reihenfolge, Bernhards gewichtige journalistische Arbeiten, seine Leserbriefe, seine öffentlichen Erklärungen sowie die folgenreichen Interviews enthält. Es wird nachvollziehbar, wie Bernhard von der Öffentlichkeit gesehen werden möchte, wie er mit ihr spielt, wie er sie für seine Zwecke benutzt, Skandale inszeniert – und gleichzeitig seine Vorlieben, seine Sympathien, seine Vorbilder preist.

Martin Huber, Leiter des Thomas-Bernhard-Archivs in Gmunden, Herausgeber zahlreicher Bände aus dem literarischen Nachlass Thomas Bernhards.

Klaus Rohrmoser, Schauspieler, Schauspielleiter am Tiroler Landestheater. Brachte zuletzt Thomas Bernhards Heldenplatz in einer viel beachteten Inszenierung zur Aufführung.

Thomas Bernhard: Der Wahrheit auf der Spur – Die öffentlichen Auftritte. Herausgegeben von Wolfram Bayer, Raimund Fellinger und Martin Huber. Suhrkamp Verlag 2010


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Maria Koch&Elisabeth MehlmannGerald Kurdoglu Nitsche&Roman Santeler





Mittwoch, 23. Feber, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn

inn aufwärts inn abwärts
Lesung. An der Jazzgitarre:
Michael Santeler

Wortraum Oberland: Am Abend kommen unterschiedlichste Stimmen zu Wort, die sich auf je eigene Weise mit der Thematik von Fremdheit und Vertrautheit, Anpassung und Widerstand auseinandersetzen.

Roman Santeler, geboren 1949 in Schlitters, lebt in Telfs. Er wird aus seinen Landecker Heften lesen. Das Schweigen, die Erfahrung der Beklemmung, die Sehnsucht nach Weitung und Wärme – all dies ist in seinen Texten spürbar, aber auch um sanftere, hellere Nuancen erweitert. Seine Gedichte: „karg, spitz, ein Hammerschlag der Existenz“. (Helmuth Schönauer) Publikationen: Atlantis. Gedichte (1997), Anno Domini MM. Gedichte (2000), Landecker Hefte. Gedichte (2010, alle: Raetia)

Elisabeth Mehlmann und Maria Koch lesen aus der Anthologie erinnerte gegenwarten. frauengeschichte(n) zwischen anpassung und widerstand, die „Wortraum“, die Plattform für Oberländer Autorinnen und Autoren, herausgegeben hat. In ihr stehen dialektale und schriftsprachliche Texte nebeneinander, Lyrik ist gleichermaßen präsent wie Prosatexte, in denen den Leben von Frauen im ländlichen Raum nachgespürt wird.

Maria Koch, geboren 1961, lebt in Gschwent bei Obsteig. Sie verfasst Lyrik, Prosa, Kurzdramen und experimentelle Texte in Dialekt und Standardsprache.

Elisabeth Mehlmann, geboren 1957, lebt in Imst. Verfasst vor allem Lyrik.

Gerald Kurdog˘lu Nitsche, geboren 1941, Autor, Galerist und Herausgeber mit dem Schwerpunkt Minderheitenliteratur, zwischen Landeck und Istanbul lebend, liest aus Orge Georwell: 2084. Aufzeichnungen aus 2001 Nacht. Protokoll der laufenden Ereignisse (EYE, Verlag für die Literatur der Wenigerheiten 2010). Die freie, literarische Rede Nitsches, zwischen Märchen und Sachbuch mit satirischem Unterton und Galgenhumor, lässt trotz weltweiter Krisen, grassierender Zukunftsängste, einer Fast-Weltuntergangsstimmung, die Zukunft in nicht ganz so düsterem Licht erscheinen.


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