Literaturhaus am Inn

Programm Mai - Juni 2013

Lesung

Platzhalter

Dienstag, 7. Mai, 20 Uhr 
Literaturhaus am Inn
Zdenka Becker

Moderation: Theresa Krug und Lisa Astl

„Schreib einmal etwas über einen echten Kriminalfall. Ich werde dir dabei helfen“, meint Oberleutnant Mudroch zu seiner Tochter. Die Schriftstellerin kümmert sich jeden Samstag um ihren 90-jährigen, an den Rollstuhl gefesselten Vater, der ihr Woche um Woche ein bisschen mehr von seinem größten Fall erzählt. Als junges Mädchen fand Lara bereits die Akten ihres Vaters zum grausamen Mordfall, doch damals erschlossen sich ihr die Hintergründe zum Verbrechen nicht in ihrer Gesamtheit. Erst jetzt, da ihr die Geschichte aus erster Hand erzählt wird, wird sie wieder in den Sog der vergangenen Ereignisse hineingezogen und entdeckt dabei Parallelen zu ihrem eigenen Leben. „Dieses subtile Ringen einer Tochter um ihren Vater, und umgekehrt, gehört zum Packendsten, was ich bisher von Zdenka Becker gelesen habe.“ (Margit Schreiner)

Zdenka Becker, geboren 1951 in Eger (Tschechien), aufgewachsen in Bratislava (Slowakei), wandert im Alter von 24 Jahren nach Österreich aus. 2011 erhielt sie das Ehrenzeichen der Stadt St. Pölten, wo sie bis jetzt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern lebt. Übersetzungstätigkeit aus dem Slowakischen, Tschechischen und Russischen ins Deutsche sowie aus dem Deutschen ins Slowakische. Zuletzt erschienen u. a. Die Töchter der Róza Bukovská. Roman (2006, Residenz) und Taubenflug. Roman (2009, Picus).

Zdenka Becker: Der größte Fall meines Vaters. Roman. Deuticke 2013

nach oben

[ Nahaufnahme ]

Dienstag, 14. Mai, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 
Alissa Walser über Sylvia Plath

Sylvia Plath, 1932 in Jamaica Plain bei Boston geboren, gestorben 1963 im einunddreißigsten Lebensjahr in London, übersetzte ihre Erfahrung in symbolische Bilder und hochkonzentriert erzählende Tableaus. Nun, fünfzig Jahre nach ihrem Freitod, ist es möglich, ihre letzten Gedichte, die Ariel-Gedichte, und den prägnantesten ihrer Prosatexte, Die Glasglocke, mit ihren Tagebuch-Texten zu konfrontieren, ihren nicht im Willen zum literarischen Text aufgehobenen Ambitionen, Träumen, Ängsten und Hoffnungen zu folgen.

Mit Alissa Walser ist eine Autorin und Übersetzerin zu Gast, die sich seit zwanzig Jahren immer wieder und von neuem dem Werk und Werk-Umfeld von Sylvia Plath nähert, unter anderem in Übersetzungen. Nicht zuletzt hat Alissa Walser sich diesem schmalen, aber überreichen Werk immer aus der Position der Schriftstellerin genähert, sodass die Präsentation der Plath’schen Texte durch ihre Person eine prinzipielle und sinnliche Erfahrungsnähe garantiert.

Alissa Walser, geboren 1961 in Friedrichshafen am Bodensee, studierte in Wien und New York Malerei, wurde für ihr literarisches und übersetzerisches Werk mit diversen Preisen ausgezeichnet und lebt seit langem in Frankfurt am Main. Sie veröffentlichte zuletzt 2010 den Roman Am Anfang war die Nacht Musik und 2011 die Erzählung Immer Ich, (beide: Piper).

Übersetzungen zu Sylvia Plath (Auswahl): Die Tagebücher (1997, Frankfurter Verlagsanstalt), Ariel (2008, Suhrkamp). Zuletzt: Die Glasglocke. Übersetzt von Reinhard Kaiser mit einem Vorwort von Alissa Walser (2013, Suhrkamp).

                                                                                                    nach oben

Writer in Residence

Donnerstag, 16. Mai, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Marina Koreneva

Auftaktveranstaltung mit Marina Koreneva aus Sankt Petersburg
Moderation: Christine Engel (Institut für Slawistik)

Über Einladung der Philologisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät kommen jedes Jahr herausragende Literaturschaffende als „Writer in Residence“ nach Innsbruck und lassen die Verbindung zwischen Literatur und Literaturwissenschaft lebendig werden. Mit Marina Koreneva eröffnen sich Einblicke in zusätzliche Tätigkeitsfelder: Sie ist Drehbuchautorin, literarische Übersetzerin, Literaturwissenschaftlerin und, wie sie selbst zu sagen pflegt, interkulturelle Vermittlerin zwischen Österreich, Deutschland und Russland.

Am Eröffnungsabend wird Marina Koreneva die heftigen Diskussionen aufgreifen, die um den russischen Literaturkanon entbrannt sind. In Russland ist die Diskussion, die auch hierzulande immer wieder präsent ist, in eine politische Dimension vorgestoßen, da der Kanon mit dem Wiederaufleben und der Stärkung der nationalen Idee in unmittelbaren Zusammenhang gebracht wird. Demzufolge soll nur das, was einem positiven Bild von Russland zuträglich ist, aufgenommen werden. Was aber geschieht mit den Werken, die ein anderes, eher abstoßendes Bild vermitteln und allein deswegen aus kulturpolitischer Sicht als „gefährlich“ eingestuft werden? Und was mit russischen Klassikern wie Dostoevskij oder Gogol’, die dem neuen „Reinheitsgebot“ offensichtlich nicht entsprechen?

Marina Koreneva, geboren 1956, ist am Puškinskij dom, dem Literaturinstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, tätig, wo sie zahlreiche Forschungsprojekte zu den deutsch-russischen Literatur- und Kulturbeziehungen verwirklichte. Zahl-
reiche Klassiker der deutschsprachigen Literatur fanden über Korenevas Übersetzungen den Weg zu russischsprachigen LeserInnen: Goethe, E.T.A. Hoffman, Grillparzer, Schnitzler, Wedekind, Rilke, Hesse, Handke, W. G. Sebald,  aber ebenso Märchen, Kinder- und Jugendbücher. Als Drehbuch(co)autorin, Übersetzerin, Dolmetscherin und Dialogcoach in zweisprachigen Filmproduktionen hat Koreneva an mehreren Dokumentar- und Spielfilmen mitgewirkt, in enger Zusammenarbeit mit dem bekannten russischen Regisseur Aleksandr Sokurov sowie mit den deutschen Regisseuren Max Färberböck und Leander Haussmann.

Aktuelle Informationen zu den weiteren Veranstaltungen mit Marina Koreneva unter (www.uibk.ac.at/slawistik).

nach oben

Lesung

Dienstag, 21. Mai, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 
Eva Menasse

Einführung: Joe Rabl

Was wissen wir wirklich über uns selbst? Und was vom anderen? In dreizehn Kapiteln zerlegt Eva Menasse die Biografie einer Frau in ihre unterschiedlichen Aspekte, zeigt sie als Mutter und Tochter, als Freundin, Mieterin und Patientin, als flüchtige Bekannte und treulose Ehefrau. Aus diesem Mosaik tritt auf magische Weise ein kühner Roman hervor, der wie nebenbei die Fragen nach Wahrnehmung und Wahrheit stellt. Der Titel des Buches ist der Naturwissenschaft entliehen: Erst kürzlich wurde entdeckt, dass es nicht nur Kristalle mit klar symmetrischer Struktur, sondern auch gebrochene und scheinbar unregelmäßige gibt. Genauso verhält es sich mit dem Lebensweg: Er ist verschlungen und schwer berechenbar und nur aus der Ferne als Ganzes erkennbar.


Eva Menasse, geboren 1970 in Wien, lebt als freie Schriftstellerin und Journalistin in Berlin. Publikationen (Auswahl): Vienna. Roman (2005), Lässliche Todsünden. Erzählungen (2009, beide: Kiepenheuer & Witsch).

Eva Menasse: Quasikristalle. Roman. Kiepenheuer & Witsch 2013

nach oben

[Montagsfrühstück - Forum für strategische Langsamkeit]

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn, Denkpanzer und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck

Montag, 27. Mai, 9-11 Uhr
Literaturhaus am Inn
„Menschliche und nicht-menschliche Tiere“ –
Zu einer komplexen Beziehung
Bernhard Kathan und Reingard Spannring im Gespräch
Moderation: Martin Fritz


Wie der Skandal um die „Pferdefleisch-Lasagne“ – abgesehen von der Absurdität einer globalisierten Lebensmittelindustrie – kürzlich zeigte, gibt es in unseren Breiten auch moralische und ethische Bedenken, wenn es um den Verzehr von (bestimmten) Tieren geht. Die vielschichtigen Beziehungen zwischen Tier und Mensch sind immer wieder Anlass für höchst emotional geführte Diskussionen, wobei elementare Impulse am Aufkommen der mittlerweile breit geführten Debatte von den TierrechtsaktivistInnen ausgingen. Seit einigen Jahren findet der Diskurs auch Eingang in die Wissenschaft, in Form von inter- und transdisziplinär angelegten Human-Anmial-Studies, deren methodischer Zugang dabei von u. a. Soziologie, Psychologie, Philosophie, Kultur- und Literaturwissenschaft bis hin zur Erziehungswissenschaft reicht. Daraus ergibt sich ein breites Themenspektrum, wie z.B. die Frage nach der kulturell symbolischen Bedeutung von Tieren, die Auseinandersetzung mit Tierrechten sowie die kritische Analyse der Mensch-Tier-Verhältnisse.


Die Erziehungswissenschaftlerin Reingard Spannring, beteiligt an der Innsbrucker Ringvorlesung Human Animal Studies diskutiert in diesem Montagsfrühstück mit dem Kulturwissenschaftler  Bernhard Kathan, der sich mit Fragestellungen der historischen Anthropologie ebenso beschäftigt wie mit dem sich wandelnden Verständnis des Schmerzes und Todes, mit der Geschichte der Tierliebe oder mit der Organisation von Wahrnehmung (www.hiddenmuseum.net).

nach oben

[ Nahaufnahme ]

Montag, 28. Mai, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn
Petra Ganglbauer

Veza Canetti – Hommage zum 50. Todestag

Veza Canetti wurde 1897 in Wien geboren. 1938 flüchtete die Dichterin der Moderne gemeinsam mit ihrem Mann Elias Canetti ins Londoner Exil, wo sie 1963 starb. Veza Canetti schrieb unter mehreren Pseudonymen und konnte die Veröffentlichung ihrer Werke, bis auf wenige Beiträge u.a. in der Arbeiter-Zeitung und ihre Übersetzungen, nicht miterleben. Ihr Leben war gekennzeichnet von zahlreichen Zäsuren; Teile ihres Werkes gelten bis heute als verschollen; inwieweit Elias Canetti ihre Arbeit als Schriftstellerin gefördert oder behindert hat, ist umstritten.  An diesem Abend werden verschiedene Themen ihrer sozial-und sprachkritischen Werke beleuchtet, wie beispielsweise die Kluft zwischen Arm und Reich, die Unterdrückung von und Gewalt gegenüber Frauen, die Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

Werke von Veza Canetti als Neuausgaben im Hanser Verlag: Die gelbe Straße. Roman (1990), Der Oger. Ein Stück (1991), Geduld bringt Rosen (1992), Die Schildkröten. Roman (1999), Der Fund. Erzählungen und Stücke (2001). Mit Elias Canetti: Briefe an Georges. (2006)

Petra Ganglbauer, geboren 1958 in Graz, lebt in Wien und im Burgenland. Autorin und Radiokünstlerin, schreibt Lyrik, Prosa, Essays. Wiener Vorlesungen zur Literatur.

Zuletzt: Mongolei: geschüttelt, gerührt. Hörstück, ORF-Kunstradio, 2012. Ringhörig. Edition Art Science, 2013. Gemeinsam mit Karin Ballauf und Gertrude Moser-Wagner Herausgeberin der Anthologie Veza Canetti lebt. Sozialkritische Literatur zeitgenössischer Autorinnen (2013, Promedia). http://ganglbauer.mur.at

nach oben

Lesung Donnerstag, 6. Juni, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 
Mirko Bonné und Aleš Šteger

Moderation: Carolina Schutti


Traklpark – so lautet der Titel von Mirko Bonnés neuem Gedichtband. Gemeint ist damit jene Grünfläche am Inn, ein Ort, an dem Trakl oft war, und ein Ort, den Bonné seit 25 Jahren aufsucht, um sich zu fragen: Was hast du mit deiner Zeit angefangen? Was liebst du? Geben deine Gedichte das wieder? Wozu noch Gedichte? Mit einem in der Lyrik selten gewordenen Ernst lotet Bonné für ihn lebenswichtige Fragen aus. Gedichte als grüne Lungen inmitten der Sprachen des Alltags und der über uns einstürzenden Diskurse – der Traklpark ist ein Park der Bedeutungen.

Mirko Bonné, geboren 1965 in Tegernsee, lebt in Hamburg. Neben Übersetzungen v.a. von Sherwood Anderson, John Keats, E.E. Cummings und William Butler Yeats veröffentlichte er bisher vier Romane und vier Gedichtbände sowie Aufsätze und Reisejournale. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Marie Luise Kaschnitz-Preis (2010). Werke (Auswahl): Wie wir verschwinden. Roman (2009), Ausflug mit dem Zerberus (2010, beide: Schöffling)

Buch der Körper ist der fünfte Gedichtband des slowenischen Dichters Aleš Šteger, in dem er nach dem Buch der Dinge die poetische Erkundung der Welt und ihrer Möglichkeiten mit einer faszinierenden Leidenschaft für kühne Metaphern und starke Bilder fortsetzt. Der Körper ist kein Paradies, aber in der Sprache verwandelt er sich in ein großes Mosaik der Träume. Mal hart, mal gewagt beginnt sich der Leser selbst als etwas Lebendiges zu erfahren, als zersplitterter Körper in einem tödlich ernsten, schönen Spiel.

Aleš Šteger, geboren 1973, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft und Germanistik in Ljubljana. Er veröffentlichte bislang in seiner Muttersprache, dem Slowenischen, fünf Lyrik- sowie mehrere Prosabände und übersetzt aus dem Deutschen, Englischen und Spanischen ins Slowenische, u. a. Werke von Gottfried Benn, Peter Huchel und Ingeborg Bachmann. Werke auf Deutsch (Auswahl): Kaschmir (2001, edition Korrespondenzen), Buch der Dinge (2006, Suhrkamp).

Mirko Bonné: Traklpark. Gedichte. Schöffling & Co. 2012
Aleš Šteger: Buch der Körper. Gedichte. Schöffling & Co. 2012

nach oben

[ Nahaufnahme ]

Dienstag, 11. Juni, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 
Judith Hermann und Manuela Reichart

Judith Hermann und Manuela Reichart sind begeisterte Munro-Leserinnen. Sie führen durch Werk und Leben der kanadischen Autorin, die auch im vergangenen Jahr wieder einmal nicht den Literaturnobelpreis bekommen hat, obwohl sie seit Jahren auf der Liste der Anwärterinnen steht. Angeblich spricht gegen ihre Wahl, dass sie immer nur das Gleiche schriebe – so ein renommierter deutscher Literaturkritiker. Dass das Gleiche jedoch eine große Qualität und stets anders ist – wie das Leben selbst, auch darum wird es an diesem Abend gehen: eine Hommage an die  große Erzählerin Alice Munro.

Alice Munro, geboren 1931 in Wingham / Ontario, gilt als eine der anerkanntesten Schriftstellerinnen von Short Stories. Ihre Erzählungen sind realitätsnah, abgründig, unsentimental und für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, u. a. 2009 den Man-Booker-Preis für Internationale Literatur. Im Deutschen erscheinen ihre Werke im Fischer Verlag und im Dörlemann Verlag.

Judith Hermann, 1970 in Berlin geboren, wo sie heute lebt. 1998 erschien ihr erstes Buch Sommerhaus, später, dem eine außerordentliche Resonanz zuteil wurde. 2003 folgte der Erzählband Nichts als Gespenster, 2009 Alice. Erzählungen (alle im Fischer Verlag). Auszeichnungen (u. a.): Kleist-Preis, Friedrich-Hölderlin-Preis.

Manuela Reichart, geboren in den fünfziger Jahren am Rhein, aufgewachsen in Berlin. Arbeitet in Berlin als Radioautorin und Radiomoderatorin, Filmemacherin und Herausgeberin. Zuletzt erschien von ihr Zehn Minuten und ein ganzes Leben (2012, Fischer).

nach oben 

[Montagsfrühstück - Forum für strategische Langsamkeit]

Eine Kooperation zwischen Literaturhaus am Inn, Denkpanzer und der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Innsbruck

Montag, 17. Juni, 9-11 Uhr
Literaturhaus am Inn 

Political correctness: „Wovon man nicht sprechen soll,
darüber muss man schweigen“?
Thomas Edlinger und Manfred Kienpoitner im Gespräch

Moderation: Gabriele Wild

Dieses Montagsfrühstück, dem das berühmte Zitat von Ludwig Wittgenstein in abgewandelter Form und als Frage vorangestellt wurde, greift die Debatte über den politisch korrekten Gebrauch von Sprache auf. Im Laufe der Zeit verändern sich Begriffe und ihre Konnotationen und damit ihre Verwendbarkeit. Besonders im Feld der Literatur stößt man auf die sprachlichen Spuren von Diskursen und Anschauungen, die heute als ausgrenzend und überholt gelten. Kann eine Überarbeitung problematischer Begriffe in literarischen Texten der Vergangenheit als Zensur gesehen werden, als Eingriff in die künstlerische Freiheit der Autorin bzw. des Autors? Wird mit einer solchen Korrektur die Problematik ausgeklammert und eine Auseinandersetzung und Aufarbeitung verhindert? Wie verhalten sich die Opfer diskriminierender Bezeichnungen dazu? Gibt es Gegenstrategien, wie das Aneignen und Umdeuten marginalisierender Begriffe oder das In-Anführungszeichen-Setzen? Wo sind die Gegenstimmen zur Political Correctness politisch zu verorten?

Thomas Edlinger, Radiomacher (u. a. beim Kulturmagazin Im Sumpf auf Fm4), freier Kulturjournalist, Kurator und Buchautor von In Anführungszeichen: Glanz und Elend der Political Correctness (gemeinsam mit Matthias Dusini, Suhrkamp 2012) und der Innsbrucker Sprachwissenschaftler Manfred Kienpointner diskutieren über die Entstehung von Sprachtabus und wie sie aktuell in der Öffentlichkeit ausgehandelt werden.

nach oben

 Lesung

Donnerstag, 20. Juni, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 

Nora Gomringer und Olga Martynova

Die Wort- und Tonkünstlerin Nora Gomringer kommt mit der Bachmann-Preisträgerin 2012 und derzeitigen Stipendiatin der Villa Concordia Olga Martynova in das Literaturhaus am Inn. Die beiden Autorinnen stellen einander gegenseitig vor und lesen aus ihren Werken: Mögen die Sprachfunken sprühen!

In Nora Gomringers Monster Poems ist manches klar umrissen. Anderes verfolgt uns seit Jahren und hat doch keine rechte Form. Manchmal wundern wir uns, wie sie uns gefunden haben: unsere Ängste (auch die Monster, Guhle, Mitmenschen darin). Das Unbeschreibliche beschreibt Nora Gomringer mit Texten, zu denen Reimar Limmer Illustrationen gestaltet hat.

Nora Gomringer, geboren 1980, schreibt Lyrik und für Radio und Feuilleton. Zuletzt wurde ihr der Joachim-Ringelnatz-Preis (2012) zugesprochen. Sie lebt in Bamberg, wo sie seit 2010 das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia leitet. Publikationen (Auswahl): Sag doch mal was zur Nacht (2006), Mein Gedicht fragt nicht lange (2011, alle: Voland & Quist). www.nora-gomringer.de

Mörikes Schlüsselbein von Olga Martynova ist ein Roman über die Poesie und voller Geschichten über das Leben der Kunst und der Künstler. In zahllosen kunstvoll miteinander verknüpften Episoden und Motiven beschreibt die Autorin eine Welt zwischen deutschen Patchworkfamilien und russischen Bohemiens, zwischen Dichterlesungen in Chicago und schamanistischen Ritualen in Sibirien. Selten ist die Faszination von Literatur mit so viel Raffinement und Witz, Klugheit und, ja, Weisheit erzählt worden. Ähnliches gilt für den Lyrikband Von Tschwirik und Tschwirka, der um Vergänglichkeit, um Sinn und Unsinn, um die Themen der letzten Vertreter der russischen Moderne in den 1930er Jahren kreist.

Olga Martynova, 1962 in Krasnojarsk in Sibirien geboren, wuchs in Leningrad auf, studierte russische Sprache und Literatur und lebt seit 1991 in Frankfurt am Main. Sie schreibt Gedichte (auf Russisch) und Essays und Prosa (auf Deutsch). Publikationen (Auswahl): Brief an die Zypressen. Gedichte (2011, Rimbaud), In der Zugluft Europas. Gedichte (2009, Wunderhorn), Sogar Papageien überleben uns (2010, Droschl).

Nora Gomringer: Monster Poems + CD mit Reimar Limmer / Grafik, Voland & Quist 2013

Olga Martynova: Von Tschwirik und Tschwirka. Droschl 2012; Mörikes Schlüsselbein. Droschl 2013

 nach oben

 Buchpräsentation 

Mittwoch, 26. Juni, 20 Uhr
Literaturhaus am Inn 

Dialektgedichte von Christine Busta

Buchpräsentation mit Christine Tavernier-Gutleben, Ursula Schneider, Annette Steinsiek

Eine neue Seite der Lyrikerin Christine Busta: Sowohl in gedruckter als auch in gesprochener Form werden in diesem Band mit beiliegender CD erstmals ihre Wiener Dialektgedichte publiziert. Die frühesten im Nachlass überlieferten Experimente stammen vom Beginn der siebziger Jahre, einer Zeit, in der der Wiener Dialekt sich durch Fernsehserien, Filme und Lieder gerade großer öffentlicher Beliebtheit erfreute. Zwar wurden Bustas Dialektgedichte zu Lebzeiten nie publiziert, waren aber wohl dafür vorgesehen, wie nicht nur entsprechende Notizen bezeugen, sondern auch Aufnahmen auf Audiokassetten. Die beiliegende CD vereint diese von Christine Busta gelesenen Gedichte im Originalton mit Interpretationen von Christine Nöstlinger – selbst Verfasserin von Lyrik im Wiener Dialekt. Zahlreiche überlieferte Briefe bezeugen den hohen Stellenwert, den gesprochene Sprache für Christine Busta hatte.

www.uibk.ac.at/brenner-archiv/projekte/busta

Christine Busta wurde 1915 in Wien geboren, wo sie 1987 starb. Ihre Lyrik wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: u. a. 1954 mit dem Georg-Trakl-Preis und 1969 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis. Ihr Gesamtwerk erscheint im Otto Müller Verlag.

Christine Busta: Erfreuliche Bilanz. Dialektgedichte. Herausgegeben von Christine Tavernier-Gutleben in Zusammenarbeit mit Annette Steinsiek und Ursula A. Schneider. Otto Müller Verlag 2013

                                                                                                    nach oben