Neben dem wachsenden Pluralismus lässt sich eine weitere wichtige Entwicklung festhalten. Nicht mehr so sehr die Unterscheidung zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen kennzeichnet unsere Gesellschaft, sondern quer durch alle Glaubensgemeinschaften (inklusive den Konfessionslosen) zeigt sich eine Tendenz von spirituell Eingesessenen oder heimisch Gewordenen (dwellers) hin zu spirituell suchenden Menschen (seekers). Religiöse Beheimatung bleibt wichtig, aber immer mehr Menschen erfahren sich als Fragende und Suchende, denen traditionell vorgegebene und scheinbar eindeutige Antworten nicht mehr genügen. Tomáš Halík, ein tschechischer Soziologe, der in der kommunistischen Zeit geheim zum katholischen Priester geweiht wurde und heuer den international renommierten Templeton Prize erhielt, sieht in der Zunahme der Suchenden in unserer Welt eine der entscheidenden Herausforderungen für die Kirche von heute. Diese veränderte Welt braucht eine Kirche, die sich als „Suchende mit den Suchenden“ auf den Weg macht. Es geht um die Wiederentdeckung der Pilgerexistenz. Eine pilgernde Kirche, die sich auf die Fragen von heute einlässt, kann sich auch viel leichter für die Suchenden in den anderen Religionen und unter den Nicht-Religiösen öffnen. |