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Im Himmel oben und auf Erden unten. Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag 2015

Autor:Guggenberger Wilhelm
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2015-06-08

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Ja, es gibt so etwas wie Angstthemen für Prediger. Zumindest bei mir ist das so. Und die Dreifaltigkeit bzw. Dreieinigkeit Gottes gehört sicherlich dazu.

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Merkwürdig eigentlich. Ist dieses Glaubensgeheimnis doch ein unterscheidender und zentraler Punkt unseres Christlichen Glaubens, auf den wir getauft sind.  Mit jedem Kreuzzeichen bekennen wir die heiligste Dreifaltigkeit von Vater, Sohn und Geist. Doch präzise zu formulieren, was das bedeutet, ist eben doch sehr, sehr schwierig. So schwierig, dass daran auch schon ganz andere Theologen als ich gescheitert sind. Als einer der ersten, der Kirchenvater Augustinus, der das Unterfangen, den dreifaltigen Gott in Begriffe und Worte zu fassen mit dem Versuch verglich, das Meer mit einem kleinen Kübelchen ausschöpfen zu wollen.

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Unsere menschlichen Modelle und Vorstellungen greifen dabei leicht zu kurz, ja gehen oft völlig daneben.

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Vor zwei-drei Jahren etwa habe ich mit meiner Familie das Kroatische Bergstädtchen Motovun besucht; im Zentrum Istriens gelegen. In der Pfarrkirche des malerischen Ortes hängt ein kunsthistorisch wohl kaum bedeutsames Dreifaltigkeitsbild. Es blieb mir aber in Erinnerung, weil  mir spontan der Gedanke kam, dieses Bild müsste eigentlich überschrieben werden mit: Firma Gott und Sohn. Über den beiden sehr seriös wirkenden Herren, die da saßen, schwebte - etwas ins Hintertreffen gerate, wie eigentlich immer auf solchen Bildern - der Heilige Geist; einem Firmenlabel gleich. Der Blick des Vaters, der etwas höher und hinter dem Sohn saß, brachte zugleich Anspruch und Stolz zum Ausdruck, Stolz auf den Junior, dem er das Geschäft der Erlösung übertragen hat.  In diesem Geschäft hat sich der Sohn ja auch schon ordentlich bewährt. Nun präsentieren Junior und Senior sich mit Ernst und Gelassenheit auf so etwas wie dem offiziellen Bild für die Eingangshalle des renommierten Unternehmens, der Firma Gott und Sohn eben.

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Aber so, oder so ähnlich kann das mit der Trinität wohl nicht gemeint sein. Da kommt mehr vom sozialen Umfeld oder vielleicht von den gesellschaftlichen Wunschvorstellungen eines Malers zum Ausdruck, als von der Realität Gottes. Ist es so nicht häufig mit unseren Gottesbildern. Wen wundert es angesichts solcher Bebilderung, dass manch nichtchristlicher Zeitgenosse in der Meinung lebt, die christliche Trinität, das seien Gott Vater, die Muttergottes und Jesus ihr gemeinsamer Sohn, ein Hybridgebilde aus Dreifaltigkeit und heiliger Familie also.

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Wozu dann aber die Rede von Vater, Sohn und Geist. Führt solche Ausdrucksweise unsere Vorstellung nicht geradezu notwendig in gedankliche Sackgassen? Waren da nicht wieder einmal Theologen am Werk, deren Sprache sich nicht so recht festlegen will, die in nebuloser Metaphorik herumfabulieren, mit der Folge, dass die Kirche und wir in ihr uns seit Jahrhunderten mit dieser Rede abplagen.  Gerade wir modernen, aufgeklärten Menschen trauen solcher Rede nicht recht über den Weg.

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Wir wollen unsere Welt klar fassen, ist ihre Wirklichkeit doch kompliziert und komplex genug. Da muss zumindest im Denken Ordnung herrschen. Die beste Ordnung lässt sich mit einer sogenannten binären Logik herstellen, mit Begriffen also, die ein präzises Entweder-oder ermöglichen. Richtig oder falsch, Macht oder Ohnmacht, Gewinn oder Verlust, gut oder böse. Unterscheiden und Bezeichnen, das ist der Anfang unseres Denkens.

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Da gibt es nun Leute, die sagen: Religion passt gut in diese Ordnung schaffende Komplexitätsreduktion, denn sie unterscheidet schließlich klar und präzise zwischen Immanenz und Transzendenz, zwischen dem Irdischen und dem Jenseitigen, zwischen Welt und Gott. Damit eine solche Logik funktioniert, darf es aber keine Graubereiche in ihr geben, kein unsauberes Mischmasch, kein Sowohl-als-auch.

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Aber gerade da hakt es nun mit den Erfahrungen, die Menschen in ihrem Glauben, mit Gott gemacht haben und machen.

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Freilich, es ist ganz wichtig, dass wir unterscheiden zwischen Gott und Mensch, damit wir nicht in die Versuchung kommen irgendwelche Lichtgestalten oder verführerische Führer zu vergöttlichen und damit wir nie die menschengemachte Ordnung der Welt mit dem Reich Gottes verwechseln. Aber war der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs nun eigentlich jenseitig oder diesseitig? Der Gott im Himmel ist er - klar, also transzendent, aber doch auch so ganz gegenwärtig erfahren in der Befreiung aus Knechtschaft und Unterdrückung. Als in der Welt handelnden Gott beschreiben ihn uns die alttestamentlichen Überlieferungen.

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Und wie ist es erst bei Jesus von Nazareth. Nicht nur, dass er ein Grenzgänger über menschenfeindliche Normen und die Barrieren zwischen Völkern und Nationen, über die Barrieren zwischen den Hochanständigen und den Versagern hinweg ist. Er pendelt doch auch ständig über die Grenze, die zwischen Mensch und Gott zu ziehen ist, hin und her. Von der Transzendenz kommt er in die Immanenz und geht wieder dorthin zurück, ohne dabei seine Menschliche Existenz hinter sich zu lassen. An der Seite des göttlichen Vaters - und hier treffen unsere Verbildlichungen in gewisser Weise wohl ganz gut - sitzt einer, der die Wunden der Kreuzigung noch immer an sich trägt. Göttliche Vollmacht und die Schwäche des geschundenen Menschen werden an dieser Person zugleich sichtbar. So vergleicht das Johannesevangelium Jesus mit der alttestamentlichen Jakobsleiter, durch die Himmel und Erde miteinander verbunden sind (Joh 1,51). In ihm findet dieser Brückenschlag statt.  Als Ergebnis davon wird Pfingsten möglich: Dadurch, dass unser Menschsein von Jesus mitten hinein in die Existenz Gottes getragen wurde, kann nun der Geist Gottes mitten in unserem menschlichen Geist Raum greifen.

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So ist auch das Volk, sind die einfachen Leute, das betont Papst Franziskus derzeit immer wieder, der privilegierte Ort der Gegenwart Gottes. Auch wenn wir wissen, wie schwer der Geist Gottes von ideologischen Spinnereine zu unterscheiden ist, und der solidarische Gemeinschaftsgeist  vom ausgrenzende Gruppenegoismus.

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Wie  sollte all das sich widerspruchsfrei aussagen lassen von dem einen Gott: Himmlische Allmacht, menschliche Ohnmacht, das Stehen über allen Dingen und das Sein unter, ja in uns? Wäre dieser Gott nur fern im Himmel, unberührbar und unerschüttert durch all das, was in unserer kleinen Welt sich ereignet, was wäre er dann anderes als eine abstrakte Energie, eine theoretische Idee; etwas jedenfalls, zu dem ich nicht Du sagen könnte? Würde dieser Gott aber aufgehen in mir oder in der Dynamik menschlicher Gesellschaften, warum sollten wir ihn dann Gott nennen? Er wäre eben nur ein Aspekt der Welt. Orientierung kann er unserem Leben nur geben, wenn er nahe genug ist, um uns zu berühren und sich von uns berühren zu lassen, aber eben auch ganz anders, ein Korrektiv in Distanz und Differenz.

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So bleibt etwas wie eine theologische Unschärferelation in unserem Reden von Gott - unauflösbar. Nähe und Ferne, Transzendenz und Immanenz, das ganz Fremde und Ferne und das ganz Nahe und Intime lassen sich nicht begrifflich auseinanderklauben und auch nicht in eine zeitliche Reihenfolge bringen. Er ist und bleibt der Gott im Himmel oben und auf Erden unten.

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Ich meine nun keineswegs, Ihnen in wenigen Minuten die Trinität Gottes in brauchbarer Weise erklärt oder auch nur nahe gebracht zu haben. Ich wollte nur etwas von jenen Erfahrungen in Erinnerung rufen, die gläubige Menschen dazu veranlasst haben, so kuriose Sprachbilder zu kreieren, wie das von einem Gott in drei Personen, von denen eine auch noch in zwei Naturen existiert. All das mag höchst kompliziert klingen und auch sein, und es mag zu Verbildlichungen Anlass geben, die mitunter eher in die Irre führen als zu helfen. Dahinter aber stehen letztlich einfache Wahrnehmungen, die, wenn auch Staunen verursachend, doch ganz klar und evident sind, so lange wir nicht versuchen sie in präzise Begriffe zu fassen. Weil die Wirklichkeit immer größer bleibt als unser Bild davon. Das gilt  ganz besonders für die die Wirklichkeit Gottes. Wer ihr begegnet ist, weiß das wohl. Wer ihr noch nicht begegnet ist, sollte nicht vergessen, dass sowohl unbedeutende Maler, als auch bedeutende Theologen mit ihren Vorstellungen gefangen bleiben im Entweder-oder. Doch meist ist da noch ein Drittes: Tertium datur!

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