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Warum diese Seligpreisungen? Gedanken zum 4. Sonntag im Jahreskreis
((LJ A) 2017)

Autor:Wandinger Nikolaus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2017-02-03

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Lesungen: (Zef 2,3; 3,12-13); 1 Kor 1,26-31; Mt 5,1-12a

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Liebe Gläubige,

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das heutige Evangelium ist der Beginn der Bergpredigt, die Seligpreisungen – ein Text, mit dem viele Menschen, gerade auch viele gläubige Christinnen und Christen, trotz seiner Schönheit eigentlich wenig anfangen können. Viele denken sich doch, dass das alles gar nicht stimmt, dass Jesus hier schöne Worte macht, die aber völlig weltfremd sind. Ist da die Einstellung, die Friedrich Schiller auf den Punkt gebracht hat – „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“ – nicht viel realistischer?

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Und ich würde sagen: Das stimmt, und Jesus weiß auch, dass es stimmt. Er will uns doch nichts über die Wirklichkeit sagen, das wir ohnehin schon aus eigener Erfahrung wissen, sondern uns die Augen öffnen für eine verborgene Dimension der Wirklichkeit. Sehen wir uns das genauer an.

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Wer sind eigentlich die Adressaten seiner Worte? Es heißt, dass Scharen von Menschen Jesus folgten, nachdem er Kranke mit den verschiedensten Leiden, Besessene, Mondsüchtige und Gelähmte geheilt hatte. Zu diesen Scharen redet er, und erklärt ihnen, wie es steht um jene unter ihnen, die in der Gesellschaft eigentlich keinen Platz haben, die sich verloren fühlen, die wissen, dass sie keine Seligkeit und kein Glück zu erwarten haben; um jene, die glauben vor Gott arm dazustehen, weil sie keine religiösen Gesetzesleistungen vorzuweisen haben, sondern nur einen zweifelhaften Lebenswandel; um jene, die schon lange trauern, weil sie keinen Grund zur Freude haben; um jene, die keine Gewalt anwenden, vielleicht weil ihnen schlicht die Kraft dazu fehlt, und die selber am eigenen Leib erfahren haben, wie es ist, wenn man Opfer von Gewaltanwendung wird; um jene, deren Hunger und Durst nach Gerechtigkeit schon lange ungestillt ist und die wissen, dass eine Erfüllung nicht zu erwarten ist.

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Jesus spricht zu den Massen über jene unter ihnen, die in der Patsche sitzen, und sagt, dass gerade diese selig sind, und das, gerade weil sie in der Patsche sitzen. Wird nun dadurch irgendetwas besser? Wäre es nicht viel wichtiger, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu ändern, die diese Menschen niederdrücken, als ihnen eine Seligkeit zu versprechen, die ja doch nie eintritt – oder jedenfalls erst in einer anderen, weit entfernten Welt? Ist es nicht sogar zynisch, diese Abgehängten selig zu preisen?

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Ich denke, das ist es nicht; aber nur dann nicht, wenn noch etwas hinzukommt. Bisher wurden Menschen selig gepriesen, die in einer bedauerlichen Situation waren. Nun aber nennt Jesus noch Menschen, die aufgrund ihres Tuns in schwierige Situationen geraten sind: jene, die barmherzig sind und ein reines Herz haben, und dafür von anderen für hoffnungslose Naivlinge gehalten werden; jene, die Frieden stiften und dann oft zwischen alle Lager geraten; jene, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden – was ja voraussetzt, dass sie zuvor etwas gegen Ungerechtigkeit getan haben. Hier preist Jesus also gerade diejenigen, die das Leben der Abgehängten schützen, verbessern, ihnen helfen. Und mir scheint, die zwei Gruppen von Seligpreisungen entsprechen einander:

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Den Armen vor Gott wird aufgeholfen durch die Barmherzigen, die sie nicht verurteilen, sondern begleiten. Die Trauernden werden durch jene gestützt, die ein reines Herz haben und sich nicht von ihnen abwenden, weil der Spaßfaktor zu gering ist. Jenen, die keine Gewalt anwenden können, wird geholfen durch die, die Frieden stiften und dazu beitragen, dass auch die Mächtigen auf Gewalt verzichten. Und schließlich wird der Hunger und Durst nach Gerechtigkeit von denen gestillt, die sich für Gerechtigkeit einsetzen.

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So weit, so gut. Aber: Zufrieden kann man damit noch nicht sein, denn sich für Gerechtigkeit einsetzen ist das eine, um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, ist aber etwas anderes. Es geht auch nicht nur um ein Hilfsprogramm für die Abgehängten, denn die Seligpreisungen sehen deutlich, dass die Helfer und Helferinnen selbst verfolgt werden.

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Aber wir sind auch noch nicht am Ende des Textes. Denn jetzt, erst jetzt, werden alle direkt angesprochen, die diesen Text hören, alle in der damaligen Menge, und auch wir: „Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.“ Alle sind direkt angesprochen und alle werden selig gepriesen, aber nur unter einer bestimmten Bedingung, der Bedingung der Verfolgung um Jesu willen. Nun könnte man das so verstehen, dass hier ein ganz konkreter Verfolgungsgrund gegeben wird, nämlich das Bekenntnis zu Jesus. Ich denke aber, man kann das auch anders lesen. Man könnte auch sagen: Alles, was Jesus bisher gesagt hat über die Seligen, das ist in diesem einen Satz zusammengefasst. Oder anders formuliert: Wer auch immer verlacht wird, weil er arm ist vor Gott, wird um Jesu willen verlacht. Wer auch immer trauert, trauert mit Jesus um den Zustand der Welt. Wer auch immer um der Gerechtigkeit willen verfolgt wird, wird um Jesu willen verfolgt, ob er das nun weiß oder nicht. Das um Jesu willen verfolgt Sein, muss nicht bedeuten, dass jemand wegen seines Bekenntnisses zu Jesus verfolgt wird (obwohl es das natürlich kann und leider immer wieder und wieder immer öfter tut). Um Jesu willen verfolgt Werden bedeutet, genau deswegen verfolgt zu werden, weshalb auch Jesus verfolgt wurde: weil er sich eingesetzt hat für die Armen vor Gott, die Trauernden, die Machtlosen. Und dieser Einsatz hat ihn selbst ans Kreuz geführt, in die Machtlosigkeit und letzte Einsamkeit.

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Jesus ist sich dessen bewusst, dass sein Weg ein Weg ans Kreuz ist, eben weil er ein Weg der Seligpreisungen ist. Darum sind diese Seligpreisungen alles andere als weltfremd und realitätsfern. Sie rechnen mit dem Schlimmsten. Wenn man den Weg Jesu geht in Solidarität mit denen, die abgehängt und machtlos sind, besteht die reale Möglichkeit auch zu enden wie Jesus.

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Dennoch die Seligpreisungen eine Frohbotschaft. Denn: Wer endet wie Jesus, bleibt nicht am Kreuz. Das Kreuz ist ja nicht das Ende von Jesu Weg. Es gibt da noch etwas, das wir Auferstehung nennen, das wir im Glauben bekennen und für uns selbst auch erhoffen. Und weil es diese Auferstehung gibt, sind die Seligpreisungen nicht zynisch, sondern das Fundament eines christlichen Einsatzes für Frieden und Gerechtigkeit. Sie bedeuten dann ja gerade nicht, passiv zu sein und sich alles gefallen zu lassen. Sie bedeuten, sich nicht nur für sich selber und die eigenen Rechte einzusetzen, sondern auch für jene, um die sich sonst niemand kümmert. Und ich vermute, dass vielen das deshalb entweder weltfremd oder zynisch vorkommt, weil sie nicht wirklich bereit sind, sich auf den Kreuzweg Jesu einzulassen. Der Grund ist – wie Paulus es in der Lesung gesagt hat –, dass wir immer noch viel zu sehr darauf aus sind, nach den Maßstäben dieser Welt als weise, vornehm und mächtig zu gelten, anstatt unsere Berufung wirklich so ernst zu nehmen, dass wir bereit würden Jesus auf seinem Weg der Schwachheit, der Niedrigkeit und des Verachtetseins nachzufolgen. Uns scheinen die Seligpreisungen deshalb oft so weltfremd, weil der Glaube oft so schwach ist.

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Aber ich denke, auch in diesem Fall haben uns Paulus und die Seligpreisungen noch etwas zu sagen: Paulus betont ja gerade, dass Gott Christus für uns zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zu Heiligung und Erlösung gemacht hat. Nicht wir sind die, auf die es ankommt, sondern er. Wir dürfen also nochmals arm vor Gott dastehen und sagen: Herr, mein Glaube ist zu schwach, ich habe nicht einmal einen festen Glauben vorzuweisen, ich verlasse mich ganz auf dich. Und so gilt uns jedenfalls die erste Seligpreisung.

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