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„If they don’t give you a seat at the table, bring a folding chair.“ Predigt zur Feier des ökumenischen Weltgebetstags der Frauen – Lk 14,15-24
(Jesuitenkirche Innsbruck, 11. März 2019)

Autor:Quast-Neulinger Michaela
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2019-04-11

Inhalt

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“Wenn sie dir keinen Platz am Tisch geben, dann bring einen Klappstuhl mit!” Shirley Chisholm wusste, wovon sie sprach. Geboren 1924 wurde sie 1968 erste afroamerikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, wo sie bis 1983 den Staat New York vertrat. 1972 kandidierte sie als erste Afroamerikanerin für die Präsidentschaftswahlen. Ihr Wahlkampfslogan? „Unbought and unbossed“ – eine, die sich nicht kaufen lässt, sich nicht herumkommandieren lässt. „She was unafraid of anybody… She was really unbossed“, so ihr ehemaliger Mitarbeiter Robert Gottlieb.

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Einen Platz am Tisch haben, dazugehören, Gemeinschaft sein. Für den Weltgebetstag 2019 wählten die slowenischen Frauen das Gleichnis vom Gastmahl (Lk 14,15-24), ein Text, der dazu auffordert, mehrfach die Perspektiven zu wechseln. Gleich einem Kaleidoskop wollen wir fragen: Wem verwehre ich den „Platz am Tisch“? Wo bin ich mir „zu gut“, um eine Einladung anzunehmen? Und wo schließlich wird der „Platz am Tisch“ verwehrt?

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Wem verwehre ich den „Platz am Tisch“?: Der Gastgeber

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„Lieber mit Raquel Welch als mit Shirley Chisholm“, so ein TV-Komiker der 1970er über die Kandidatur von Chisholm. Lieber ein heißes Model – wer war noch einmal Raquel Welch? – als eine kämpferische Abgeordnete am Tisch. Mehr als 40 Jahre später scheint sich wenig getan zu haben. Der letzte Präsidentschaftswahlkampf in den USA mit Trumps unwürdigen Untergriffen gegen selbstbewusste, öffentlich auftretende Frauen ist der traurige Höhepunkt dieser Entwicklungen. An meinem Tisch sitzt, wer mir dient, wer mir nach dem Wort redet, wer mir nützt.

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Furchtlos, mit klarer Meinung, ein wenig provokant – jemand, der mich auch mit meinen eigenen „blinden Flecken“ konfrontiert? Hätte ich den oder diejenige gerne an meinem Tisch? Oder doch lieber einen reichen Immobilienhai, einen ehrwürdigen Großgrund-/Großviehbesitzer, einen „heißen Feger“ (Mann/Frau) für die Titelseite der Seitenblicke?

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Wo bin ich mir „zu gut“ um eine Einladung anzunehmen?: Die Gäste

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Drehen wir das Kaleidoskop ein wenig weiter. Unsere Gäste heute widmen sich vielleicht nicht täglich dem Vieh- oder Grundkauf. Vielleicht heißt es nun eher:

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  • „Ich muss meine Wohnung besichtigen, die ich gestern gekauft habe! Echt schade…“
  • „Ich hab mir ein neues Auto gekauft, das muss ich jetzt noch probefahren! Tut mir wirklich leid…“
  • „Ich hab jetzt geheiratet…“
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Sich mit einer wie Shirley abgeben? Nein, bitte nicht… Shirley Chisholm setzte auf die Unterstützung durch Frauen und Angehörige von Minderheiten, lud sie ein, sich am gemeinsamen Projekt einer besseren Gesellschaft für alle zu beteiligen. Doch gerade diese beiden Gruppen verwehrten ihr die Unterstützung. „Wir setzen lieber auf einen aussichtsreichen Kandidaten…“ „Eine Frau als Präsidentin? Da könnten wir ja gleich einen Marsianer wählen…“ Solidarität? Nein, danke.

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Welche fadenscheinigen Ausreden haben wir oft parat, um nicht an Orte zu gehen, die unserer „nicht würdig“ sind… Lieber besichtigen wir eine Wohnung nach dem Kauf.

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Um uns nicht für Menschen und Themen zu engagieren, die unseren Ruf beschädigen könnten, die gerade nicht „en vogue“ sind?

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Wo habe ich etwas „Besseres“ vor, als sich mit „der da/dem da“ abzugeben?

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Wo wird mir der „Platz am Tisch“ verwehrt?: Die Gäste von der Straße

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Drehen wir das Kaleidoskop noch einmal weiter… “Tremendous amounts of talent are lost to our society just because that talent wears a skirt”, so Shirley Chisholm. Einen Rock, eine Brille, weil man eine andere Meinung vertritt, anders ist, als die Norm der Mächtigen es festschreibt. Wo wird mir mein „Platz am Tisch“ verwehrt?

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Shirley Chisholm starb am 1. Jänner 2005. Und noch immer gehen Talente verloren, werden Menschen vom Tisch gedrängt, Stimmen zum Schweigen gebracht. Bis hin zu Forderungen aus einschlägigen politischen Spektren, das Wahlrecht für Frauen doch wieder abzuschaffen. Weil sie zu „soft“ und „einfühlsam“ wären. “Ohne Frauenwahlrecht ging es uns besser” – ein Chor von Tea Party, Akif Pirinci, AFD und Konsorten (vgl. https://derstandard.at/2000097655139/Darum-fordern-Rechtsextreme-die-Abschaffung-des-Frauenwahlrechts).

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„If they don’t give you a seat at the table, bring a folding chair.“ Und vielleicht auch ein paar Klappstühle mehr. Denn man weiß nie, wer noch am Weg begegnet, wem noch der Platz bislang verwehrt wurde – oder wieder verwehrt wird. Wen wir an der Hand nehmen sollen, hereinführen sollen an den reich gedeckten Tisch. Wem wir die Furcht nehmen sollen, die falsche Scheu. Wo auch wir unsere Furcht verlieren sollen. Denn: „Es ist immer noch Platz da.“ Für alle.

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