Als Philosoph war ich freilich auch oft skeptisch. Dann denke ich mir aber wieder: Moment mal, auch sonst im Leben verlässt du dich auf deine Erfahrungen, darauf, wie Dinge dir erscheinen. Das ganze Wissen baut darauf auf. Im Alltag scheint es richtig zu sein, bis auf Weiteres den Erfahrungen zu trauen. Haben wir etwas Anderes, etwas Besseres? Warum also nicht auch dieser Erfahrung am Grab des geliebten Menschen trauen? Der Erfahrung, dass ich – bei allem Schmerz und im vollen Bewusstsein des Unwiederbringlichen – der Erfahrung, dass ich eine neue Art der Gegenwart dieses Menschen spüre, eine neue Art der Begegnung mit ihm? Eine Erfahrung, die mir nahelegt, dass mit dem Tod nicht alles aus ist; dass der Tod die Geburt eines neuen, verwandelten Lebens ist? Freilich, nicht eines Lebens, das einfach unendlich in der Zeit weitergeht, sondern eines Lebens im ewigen Jetzt, eines Lebens, wo wir als Ganze mit allem, was uns ausmacht, im „Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens“ wohnen, wie das erste Hochgebet singt. |