Der Papst hat sich von den Moden der säkularen Welt nie anstecken lassen. Er hat sich dafür in den Medien der westlichen Welt und bei vielen Theologinnen und Theologen den Ruf eines autoritären und reaktionären Konservativen eingehandelt. Dennoch ist es ihm gelungen, zu einer weltweiten, ja zu einer einzigartigen Autorität zu werden. Für die Fragen der Gewalt und des interreligiösen Dialogs hat er durch die Friedensgebete in Assisi einen überzeugenden Ansatz gefunden, dem sich auch Führer anderer Religionen anschließen. Er ist ferner die einzige weltweit respektierte Autorität, die gegen einen uneingeschränkten Kapitalismus und eine reine Konsumgesellschaft ihre Stimme erheben kann. Ein säkularer Politologe wie Anton Pelinka schreibt: "Die Kirche hat eine weltumspannende Autorität. Diese Autorität ist einmalig - keine andere alle Kontinente und Länder erfassende Organisation, erst recht nicht die Vereinten Nationen, sind 'supranational' wie die Kirche... Die Römische Kirche ist ein Modell für übermorgen: Im Zeichen der Globalisierung braucht es globale Autorität" (Die Presse, 24. Mai 2002, 9). Pelinka meint allerdings, die Kirche sei gleichzeitig "ein Relikt von vorgestern: Für die Zukunft braucht die Welt Demokratie und Menschenrechte - und nicht die Negation von beidem". Dass die Welt Demokratie braucht ist unbestritten. Muss aber auch die Kirche gleich strukturiert sein? Sie bleibt interessant und kann der Leere einer säkularen Konsumgesellschaft dann etwas entgegensetzen, wenn sie eine eigene Botschaft hat und wenn sie sich in ihrer Struktur nicht in allem den Strukturen dieser Welt anpasst. Auch die Menschenrechte sind selbstverständlich unumstritten. Das heißt aber keineswegs, dass eine Gemeinschaft, der man frei beitreten oder die man frei verlassen kann, nicht besondere Forderungen stellen darf. Was für übermorgen taugt, darüber kann nicht heute dekretiert werden; dies wird sich erst noch zeigen. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass totale Säkularisierungen in die Leere und in die Selbstzerstörung führen. Die moderne Gesellschaft hat gerade durch ihre Erfolge, durch ihre Erfindungen und technischen Entwicklungen, unerwartet einen apokalyptischen Charakter bekommen. Angesichts dieser Herausforderungen genügen einige Strukturreformen nicht. Die apokalyptisch gewordene Welt ruft vielmehr nach einem unerschütterlichen Glauben an Gott und nach einem unbedingten Engagement für den Frieden in der Welt, wie Johannes Paul II beides bis in eine letzte Erschöpfung hinein vorlebt. Nur so werden die Menschen den großen Aufgaben, die anstehen, vielleicht gewachsen sein.
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