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Personen. Philosophiegeschichte, Theoretische Philosophie, Praktische Philosophie
(Von H. Daxecker, G. Forcher, S. Garhammer, N. Janovsky, C. Kanzian, C. Murauer, E. Reiter, M. Russo, J. Stabentheiner, B. Steger, J. Wang, D. Wohlfahrter, unter der Leitung von Christian Kanzian, alle Innsbruck.)

Autor:Kanzian Christian
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Vorliegende Rezension ist das Ergebnis unseres Forschungsseminars „Ding – Substanz – Person", in dem wir über zwei Semester an besagtem Sammelband gearbeitet haben. Unser Beitrag wird noch im Oktober 2002 in der internationalen philosophischen Fachzeitschrift METAPHYSICA erscheinen.
Publiziert in:hg. von Dieter Sturma, Mentis, Paderborn 2001, 464S., ISBN 3-89785-301-9
Datum:2002-10-07

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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In vorliegendem Sammelband legt Dieter Sturma (H.) ein Kompendium von Beiträgen vor, die einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Aspekte der philosophischen Person-Debatte geben. Nach einer Einführung von H. folgen die Hauptteile I. Philosophiegeschichte, II. Theoretische Philosophie, III. Praktische Philosophie. Ein Personenregister ergänzt die Edition der Beiträge.

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In seiner Einführung weist H. auf die Aktualität der philosophischen Person-Debatte hin. Im Mittelpunkt steht die Krise des traditionellen Personbegriffes, nach dem „Person" und „Mensch", verstanden als biologischer Artbegriff, als extensionsgleich anzusetzen ist. Heute werden u.a. aus der Bioethik, aber auch aus der Künstliche-Intelligenz-Forschung Einwände dagegen erhoben, dass alle Menschen Personen, und alle Personen Menschen seien. Warum soll man nicht auch manchen Tieren Personen-Status zubilligen, insbesondere höheren Primaten? Warum sollte man manche Maschinen, insbesondere komplexe Computer, aus begrifflichen Gründen vom Bereich der Personen ausschließen? Legt man sich nicht auf eine einfache speziezistische Sichtweise fest, stellt sich aber die Frage, wie man „Person" alternativ bestimmen kann, ohne den Begriff zu weit, und somit bedeutungsleer, oder zu eng, und damit zu speziell zu machen. Oder sollte man, angesichts vorliegender Schwierigkeiten, nicht gleich für eine Eliminierung des Begriffs plädieren?

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Den ersten Hauptteil über die Philosophiegeschichte des Personbegriffs eröffnet G. Mohr mit einem einleitenden Überblick. Ethymologisch stammt „Person" von „prosopon", (griech., Maske, Rolle) und hat über das lateinische „persona", insbesondere im stoischen Denken, allen voran bei Cicero und Epikur, Eingang in die Philosophiegeschichte gefunden. M. Forschner leuchtet gerade diese Epoche in seinem Beitrag „Der Begriff der Person in der Stoa" genauer aus. In Ciceros De officiis steht „persona" nicht für einzelne Lebewesen, sondern für verschiedene Funktionen, die Menschen im Kontext einer umfassenden kosmischen Ordnung spielen. So gesehen sind einzelne Menschen keine Personen, sondern haben (vier) „personae": (1) allgemeine Vernunftfähigkeit, (2) individuelle Natur, (3) besondere Zeitumstände, (4) eigene Entscheidung oder Wahl (vgl. auch 26 (1)). Im Mittelpunkt der mittelalterlichen Diskussion des Personbegriffs (siehe J. Kreuzer „Der Begriff der Person in der Philosophie des Mittelalters") stehen die Auswirkungen der theologisch motivierten Streitigkeiten zwischen Vertretern eines relationstheoretischen Ansatzes nach Augustinus und einer substanztheoretischen Deutung nach Boethius (vgl. 63). Nach Augustinus steht „Person" für wesenhafte (innergöttliche) Beziehungen; für Boethius ist eine Person „naturae rationabilis individua substantia" (64, FN 24). In seinem Beitrag über „Person und persönliche Identität in der Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts" stellt U. Thiel „John Lockes Revolution" (79) in den Mittelpunkt. Locke verbindet die Frage der Bestimmung von „Person" und von personaler Identität mit der Frage nach Selbstbewusstsein bzw. nach der Kontinuität desselben durch die Zeit. So wird die Person-Debatte nicht mehr ausschließlich Thema der Metaphysik, sondern auch Sache der Bewusstseinsphilosophie, heute würde man sagen, der „Philosophie des Geistes". Die neuzeitliche Ausweitung dieser Diskussion auch auf die praktische Philosophie, insbesondere auf die Spezialdebatte der Ethik, kann man den führenden Autoren des Deutschen Idealismus anrechnen. Dies führt G. Mohr in „Der Begriff der Person bei Kant, Fichte und Hegel" aus. Allen voran Kant kritisiert den „theoretischen" oder „ontologischen" Personbegriff und fasst Person und Personalität auf als „Kategorie der Freiheit" (110ff). Personsein heißt unabhängig sein vom „Mechanismus der ganzen Natur" (113). Daraus erwächst Personen besondere Würde, aber natürlich auch ethische Pflichten. Den historischen Teil schließen ab A. Pieper mit ihrem Beitrag „`Person` in der Existenzphilosophie", in der Kierkegaard, Nietzsche, Jaspers, Heidegger, Sartre und Camus behandelt werden, und M. Herrmann mit „Der Personbegriff in der Analytischen Philosophie". Hermann gibt darin einen Überblick über jene Strömung der Person-Debatte im 20. Jahrhundert, der schwerpunkthaft auch die Erörterungen des zweiten und dritten Hauptteiles gewidmet sind. Im Detail referiert sie Peter Strawson, nach dem Personen jene Individuen sind, für die gilt, dass ihnen als denselben sowohl mentale als auch physikalische Bestimmungen zugeschrieben werden können. Für Harry Frankfurt hingegen sind Personen wesentlich durch die Struktur ihres Willens bestimmt. Nur Personen können sich willentlich auf ihre Willensakte selbst beziehen. Sie haben „second-order desires" (173). Derek Parfit schließlich geht es um die Auflösung personaler Identität in bestimmte Relationen psychologischer Kontinuität. (CK)

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Der zweite Hauptteil ist der Person-Debatte in der Theoretischen Philosophie gewidmet. In den dazu gehörigen Beitragen werden die zentralen Themen der Person-Diskussion behandelt, wie die Frage nach der Identität von Personen durch die Zeit (M. Quante, M. Nida-Rümelin), Personen als Handelnde (R. Stoecker, R. Wimmer), sowie das Problem der Grenzen des Personbegriffs (D. Birnbacher). Wem oder was kann bzw. muss Personen-Status zugebilligt werden?

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Martine Nida - Rümelin untersucht in diesem Artikel den begrifflichen Status von Urteilen über die transtemporale Identität. Dabei fragt sie nach den Voraussetzungen für die Zuschreibung diachroner Identität. Gleich zu Beginn wird zwischen einer realistischen und einer nicht-realistischen Auffassung unterschieden. Ihr Kriterium für die jeweilige Anwendung ist die epistemische Relevanz: wäre eine Identitätszuschreibung mit einer identitätsneutralen Beschreibung epistemisch gleich, so ist eine nicht-realistische Auffassung angemessen. Für NR. ist dies der Fall bei allen nichtbewusstseinsfähigen Lebewesen und Artefakten jeglicher Art. Anders bei bewusstseinsfähigen Wesen: Hier ergibt sich mit der identitätsneutralen Beschreibung eine epistemisch offene Tatsachenfragen. Dies wird unter zu Hilfenahme eines Gedankenexperiments deutlich gemacht. Hierbei handelt es sich um eine Frau, deren Gehirnhemisphären in verschiedene Körper transplantiert werden. Diese Körper erleiden unterschiedliche Schicksale. Der eine wird während seines ganzen Bestehens in Gefangenschaft bleiben, während der andere in das normale Leben entlassen wird. Demnach muss die zu operierende Frau ein vitales Interesse an der Identitätsfrage haben, die jenseits der wissenschaftlichen Beschreibung zu finden ist. NR. fragt nach den Gründen, warum wir diese Frage für epistemisch offen halten und warum unser Verständnis transtemporaler Identität bei anderen bewusstseinsfähigen Wesen ein realistisches ist. Anhand des Gedankenexperiments zeigt NR. auf, dass die Voraussetzungen für eine solche realistische Auffassung das Verständnis einer Selbstzuschreibung künftiger und vergangener Eigenschaften ist. Erst darauf beruht unser besonderes Verständnis unserer jeweils eigenen transtemporalen Identität, die wir auch auf andere übertragen.

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Schwierigkeiten ergeben sich bei der Gleichsetzung der Selbstzuschreibung eigener Eigenschaften und der Zuschreibung von Eigenschaften auf andere Wesen. Welches Kriterium entscheidet darüber, ob bei dem anderen Wesen ein (reflexives) Bewusstsein vorliegt? Denn erst mit dieser Vorrausetzung kann man überhaupt von diachroner Identität sprechen. Beruht dieses Kriterium auf Konvention, so wäre auch die Frage nach der Identität eine „konventionelle" Frage. Soll dieses Kriterium aber ein realistisches sein, so stellt sich das Problem der Erkennbarkeit des Fremdpsychischen.

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Gibt es ein allgemeingültiges Kriterium für die Identität durch die Zeit, die „diachrone Identität" von Personen? Mit dieser Frage setzt sich Michael Quante in seinem Artikel „Menschliche Persistenz" auseinander. Q. unterteilt dabei die gegenwärtigen Positionen in „einfache" und „komplexe", zeigt deren jeweilige Stärken und Schwächen auf, um dann schließlich einen eigenen Lösungsvorschlag vorzubringen. Laut der einfachen Position ist die personale Identität über die Zeit hinweg ein nicht empirisch beobachtbares Faktum, das einfach, grundlegend oder „basal" ist. Dieses Faktum ist wesentlich an die erstpersönliche Perspektive gebunden. Demgegenüber steht die komplexe Position, welche die diachrone Identität von Personen durch empirisch beobachtbare Kontinuitätsrelationen als analysierbar und folglich reduzierbar ansieht. Hier wird die erstpersönliche Perspektive völlig ausgeblendet. Auf den ersten Blick mag die erstpersönliche Erfahrung (im Sinne der einfachen Position) als plausibles Kriterium für die diachrone Identität gelten: Jeder Mensch nimmt sich als sich selbst wahr und nimmt es als selbstverständlich an, dass er/sie mit sich selbst zu einem früheren Zeitpunkt identisch ist. Jeder besitzt etwa die Fähigkeit, Pläne für seine (eigene) Zukunft zu schmieden. Problematisch aber wird diese Kriterium, wenn man z.B. Menschen mitberücksichtigt, die im Koma liegen. Diese können sich nicht erstpersönlich wahrnehmen. Ist personale Identität also eine Eigenschaft, die man je nach Situation besitzt oder auch nicht? Nach dem Kriterium der erstpersönlichen Perspektive läge bei komatösen Patienten keine personale Identität vor. Im zweiten Teil seines Artikels führt Q. Lösungsansätze komplexer Theorien aus, die er im Zuge seiner Ausführungen ebenfalls als nicht zielführend beurteilt. Die Problematik komplexer Theorien zeigt sich besonders an der ungeklärten Frage, welche Kriterien letztendlich wirklich für die Persistenz von Personen ausschlaggebend sein sollen. In weiterer Folge schlägt Q. einen Ausweg aus den angeführten Mängeln komplexer Theorien vor. Bei der Frage nach der diachronen Identität soll man den Personenbegriff als solchen ausklammern, und besser nach der Selbigkeit von Vorkommnissen einer natürlichen Art suchen, in unserem Falle von Individuen der biologischen Spezies des Menschen. Q.s Ansatz beruht auf der Annahme, dass man Persistenzbedingungen für Menschen durch biologische Gesetzmäßigkeiten festlegen kann, und zwar so, dass sie für die Spezies Mensch einschlägig sind. Diese Persistenzbedingungen werden nicht am Körper verstanden als Aggregat von Materie, sondern an der kausalen Kontinuität eines organisierten Leibes festgemacht. So können Bestandteile des menschlichen Körpers ausgetauscht werden, ohne die Persistenz des Organismus zu gefährden.

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Q.s Vorschlag ist ein Versuch, im Sinne einer komplexen Theorie zu argumentieren: Er wird dem Anspruch der Beobachterperspektive gerecht, was sich in der Auffassung der kausalen Kontinuität des lebendigen Körpers äußert. Diese Kontinuität kann man „von außen" beobachten. Desgleichen kommt er dem Anspruch nach, im Sinne der Biologie empirisch abgesichert zu argumentieren. Kritisch zu hinterfragen ist jedoch, ob Q. mit seiner Theorie allen acht selbst formulierten Adäquatheitsbedingungen (siehe 240f) an eine Theorie über die Identität von Personen gerecht wird. Einzuhaken wäre etwa bei der Forderung nach Verträglichkeit einer adäquaten Theorie mit unseren alltäglichen Intuitionen. Ist es tatsächlich intuitiv plausibel, die Frage nach der Identität von Personen auf die nach der Kontinuität eines lebendigen Körpers zu reduzieren? Das wäre wohl nur dann der Fall, wenn wir in unseren alltäglichen Einstellungen unser Personsein tatsächlich als rein biologisches Faktum auffassen würden. Fraglich bleibt auch, ob die Verlagerung der Persistenzproblematik von der Frage nach der Identität von Personen auf die nach der Identität eines biologischen Organismus nicht zusätzliche Schwierigkeiten aufwirft: Welche physischen, v.a. auch psychischen Eigenschaften bestimmen und charakterisieren tatsächlich den Menschen als Vorkommnis einer biologischen Spezies, und sind so nach Q. maßgeblich für seine Persistenz? (NJ, MR)

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Ralf Stoecker behandelt in seinem Beitrag „Die Bedeutung des Personenbegriffes für die moderne Handlungstheorie" die Frage, „inwiefern man für ein Verständnis des Handelns auf charakteristische Merkmale der Personalität zurückgreifen muss" (259). Zunächst charakterisiert er ein „handlungstheoretisches Standardmodell", das s.E. vielen Theorien der Handlung zugrunde liegt. Es besagt, dass Handeln als intentionsgeleitetes Verhalten erklärt werden kann und dass „intentionale Einstellungen ungefähr so weit verbreitet sind, wie wir sie in unserer alltäglichen Praxis zuschreiben." (259) Dieses Standardmodell erklärt somit Handeln, ohne auf den Personbegriff zurückzugreifen. Es umfasst auch Bereiche eindeutig nicht-personalen Tuns, etwa von Tieren etc. Sollte es eine Besonderheit personalen Handelns geben, wäre diese nur graduell verschieden von nicht-personalem Tun. Dem entgegen schildert S. drei Positionen, die dies bestreiten: Zum einen L.A. Harts Vorschlag, Handlungszuschreibungen als performative Sprechakte, durch die jemandem Verantwortung übertragen wird, zu interpretieren. Zweitens zwei Theorien der Agenskausalität, namentlich diejenigen von R. Taylor und R. Chisholm. Ihnen zufolge ist die Hervorbringung von Handlungen auf eine besondere Art von Kausalität zurückzuführen. Ursache von Handlungen sind nicht mentale Zustände bzw. Ereignisse, sondern handelnde Personen oder „Agenten" selbst. Drittens die Ansicht D. Davidsons, Sprachfähigkeit sei notwendige Voraussetzung intentionaler Einstellungen und damit des Handelns. S. rekonstruiert diese Theorien und diskutiert Probleme, welche die einzelnen Vorschläge aufwerfen. Am ausführlichsten ist die Auseinandersetzung mit Davidson, dessen Auffassung S. auch bei seinen eigenen Überlegungen in modifizierter Weise fortführen möchte. S. versucht zu zeigen, „inwiefern tatsächlich ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Handeln sprachfähiger Personen und dem Verhalten anderer Wesen besteht" (272). S. stellt fest, dass Sprachvermögen sowohl Anlass zur Bildung als auch Rechtfertigung der Anwendung des intentionalen Vokabulars ist. Denn nur wer Sprachvermögen hat, dem können zurecht Meinungen zugeschrieben werden. Nur wer wirklich Meinungen hat, hat auch intentionale Einstellungen. Nur wir Menschen haben Sprachvermögen, also wirklich Meinungen. Nur unser Verhalten kann somit in einem qualifizierten Sinn als intentionales Handeln erklärt werden. Somit ergibt sich S.s Plädoyer dafür, das Prädikat „handelt" nur von sprachfähigen Wesen, also Personen, auszusagen.

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S. erweist sich in diesem Beitrag einmal mehr als Virtuose der kritischen Davidson-Exegese. Zudem vermittelt er dem Leser letzte Sicherheit darüber, dass zwischen seinem Tun und dem seines Hundes erfreulicherweise ein signifikanter Unterschied besteht. Kritisch zu hinterfragen wäre freilich der genuin Personen-theoretische Aspekt von Stoeckers Ergebnis. Um von der These, dass die Sprachfähigkeit eines Individuums Grund dafür ist, sein Handeln spezifisch zu erklären, zur Konklusion zu kommen, dass das Personsein eines Individuums maßgeblich dafür ist, sein Handeln spezifisch zu erklären, müssen wir eine Zusatzprämisse hinzufügen: Dass nämlich die Sprachfähigkeit entscheidend ist für das Personsein eines Individuums. Diese Zusatzprämisse aber ist höchst diskussionswürdig. Wollen wir Sprachfähigkeit als hinreichend für das Personsein auffassen? Dann fallen andere durchaus wichtige Kriterien von vornherein weg, z.B. gewisse moralische Dispositionen. Oder ist Sprachfähigkeit gar notwendig für das Personsein? Dann wären sprachfähige Menschen automatisch keine Personen mehr. Auf S. 271, letzter Satz des ersten Absatzes findet sich ein sinnstörender Druckfehler. Es darf nicht heißen „... und also können sprachfähige Wesen nicht wirklich Meinungen haben", sondern „... und also können nicht-sprachfähige [!] Wesen nicht wirklich Meinungen haben". (CK, DW)

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Dieter Birnbachers Beitrag trägt den Titel „Selbstbewusste Tiere und bewusstseinsfähige Maschinen - Grenzgänger am Rand des Personenbegriffs". Der zweite Teil der Überschrift bezeichnet den Ausgangspunkt von B.s Überlegungen. Der Begriff „Person" hat einen Kern, der im Alltag und auch im nicht speziellen philosophischen Gebrauch fraglos zu sein scheint. Im Normalfall sind es Menschen, die auch als Personen bezeichnet werden. Wie aber sieht es an den „Rändern", an den Grauzonen der Verwendung dieses Begriffs aus? B. hebt zunächst Tiere hervor, aber auch künstliche Intelligenz, welche durchaus „personale" Eigenschaften aufweisen. Die Frage nach den „Rändern" betrifft aber auch menschliche Zweifelsfälle: Sind Embryonen, irreversibel Bewusstlose und stark Demente noch Personen? (302) B. geht bei seiner Analyse des Personbegriffs von drei Thesen Leonard Nelsons aus: „N1: Es gibt menschliche und nicht-menschliche Interessenssubjekte. Von den nicht-menschlichen Wesen haben nur Tiere Interessen. N2: Alle Wesen, die Interessen haben, haben einen Anspruch auf Interessensberücksichtigung, d.h. sie haben (moralische) Rechte. N3: Alle Wesen, die (moralische) Rechte haben, sind Personen." (304) Für B. sind N1 und N2 akzeptabel. N3 stellt B. zur Diskussion. Sind wirklich alle Rechtssubjekte Personen? Der Besitz von Rechten scheint wohl eine notwendige Bedingung für Personalität zu sein. Ist es aber auch eine hinreichende, wie es N3 behauptet? Ein anderer Strang von B.s Ausführungen betrifft die philosophiegeschichtliche Feststellung, dass zur Bestimmung des Personenstatus traditionell kognitive und moralische Fähigkeiten maßgeblich waren. Vertreter einer „minimalistischen" Explikation des Personbegriffs stützen sich nur auf erstere, während die „maximalistische" Erklärung beide Arten von Fähigkeiten mit einbezieht. (Vgl. 312f). B. selbst vertritt die minimalistische Variante, da es, so B., durchaus auch Personen ohne moralische Verantwortung oder ohne Gewissensregungen geben mag. Entscheidend ist, dass ein Mensch als Person „handeln, planen, sich zu sich selbst und seiner persönlichen Zukunft verhalten kann" (313). Damit plädiert B. dafür, die Moralität eines Individuums unabhängig von seinem Status als Person zu begründen. Personsein hat mit bestimmten Fähigkeiten zu tun, Moralität, v.a. auch Rechte können einem Individuum unabhängig von diesen Fähigkeiten zugesprochen werden. Rechte hat jemand, akzeptiert man N1 und N2, aufgrund von Bedürftigkeit und Interessen. (317) Das aber muss konsequenterweise auch für Tiere und auch bewusstseinsfähige Maschinen gelten. Für die Zuschreibung von Rechten ist es irrelevant, ob der / die / das Betreffende aus Silizium besteht oder sein Leben auf Kohlenstoff basiert. So gesehen, ist die Personalität für die Zuschreibung von Rechten zweitrangig. (318f)

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B. ist darin recht zu geben, dass man für eine adäquate Theorie der Personalität die von ihm behandelten Grenzfälle und Grauzonen berücksichtigen muss. B. geht bei seiner Analyse des Personbegriffs äußerst differenzierend vor. So unterscheidet er nicht nur zwischen Interessen im starken und im schwachen Sinne (305), sondern auch zwischen einer deskriptiven und einer normativen Analyse des Personbegriffs (310ff), sowie zwischen kognitiven und moralischen Fähigkeiten zur Erlangung des Personstatus (312f). Fraglich ist aber, ob diese Unterscheidungen nicht letztlich bedeutungslos werden, wenn man B.s Vorschlag der Irrelevanz des Personbegriffs für die Begründung von Rechten und Pflichten folgt. Eine weitere kritische Anfrage an B. wäre, ob er nicht dem naturalistischen Fehlschluss gefährlich nahe kommt, wenn er bei seiner Begründung von Rechten von faktischen Gegebenheiten wie der Empfindungsfähigkeit ausgeht. Warum soll aus der Beschreibung eines „Ist-Zustands" ein „Soll" abgeleitet werden können? B.s „Umgehung" des Personbegriffs hat zwar den Vorteil, eine neue Diskussionsbasis bezüglich der eingangs erwähnten Grenzfälle zu geben, welche Rechte nun aber Embryonen, irreversibel Bewusstlose oder Demente tatsächlich haben, bleibt in B.s Ausführungen offen. (GF)

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Der dritte Hauptteil der Edition befasst sich mit der Person-Debatte in ihrer Auswirkung auf die Praktische Philosophie. Hier werden nicht nur traditionelle Aspekte der Ethik etwa der Begriff des letzten Ziel des Lebens oder des „Glücks" angesprochen (B. Merker), sondern v.a. auch aktuelle Gesichtspunkte diskutiert (D. Sturma, Person und Menschenrechte; H. Pauer-Studer, Der Begriff der Person und die feministische Ethik-Debatte; W. Kersting, Der Begriff der Person in der politischen Philosophie; L. Siep, Der Begriff der Person als Grundlage der biomedizinischen Ethik).

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In ihrem Beitrag „Person und Glück" möchte Barbara Merker aufzeigen, dass bestimmte Konzeptionen von Person und von Glück korrelieren. Außerdem zeigt M., dass sich aus den jeweiligen Auffassungen zu Person und zu Glück bestimmte Typen von Moralphilosophie ergeben. Ob „perfektionistische Ethik", nach der es Ziel ethischen Handelns eines Individuums ist, seine kognitiven und volitiven Fähigkeiten zur Vervollkommnung zu bringen; oder ob „Ethik der Unvollkommenheit", die den umgekehrten Weg geht und das unvollkommene und bedürftige Wesen als Bezugspunkt nimmt: Beide Formen zielen auf das Glücklichsein ab. In der „perfektionistischen Ethik" ist ein Individuum glücklich, wenn seine vernunft- und willensmäßigen Fähigkeiten vollkommen verwirklicht sind. In diesem Sinn können nur Personen glücklich sein, denn Wille und Vernunft sind Eigenschaften, die nur Personen zukommen. Heute spricht man in diesem Zusammenhang von besonderen Formen der Intentionalität (zukunfts- und vergangenheitsbezogen), Selbstbewusstsein, Selbstdistanz, die es zu vervollkommnen gilt (vgl. 370). In der „Ethik der Unvollkommenheit" ist Glück an wertende Fähigkeiten gebunden. Glücklich ist derjenige, der sein Leben in einer bestimmten Zeitspanne, alles in allem positiv bewertet. Dementsprechend finden auch hier nur jene Wesen moralische Berücksichtigung, die Personen genannt werden, also (mental) verletzliche und bedürftige Wesen, deren Fähigkeit zu rein körperlichen Empfindungen bis hin zu rationalen komparativen und höherstufigen Evaluationen reicht. In der Folge beschäftigt sich M. mit dem Problem, ob alle Menschen lebenslang Personen und damit ethisch zu berücksichtigen sind. In diesem Kontext frägt sie: Wie werden Wesen eingestuft, die die Fähigkeiten zur Glücksrealisierung nicht besitzen? Wie sind jene zu behandeln, die diese Fähigkeiten noch nicht, nicht mehr haben bzw. niemals haben werden? Die perfektionistische Ethik hilft sich dabei mit der Annahme einer potentiellen Person, d.h. wer Aussicht darauf hat, Person zu werden (z.B. ein Embryo), muss moralisch entsprechend berücksichtigt werden. In der Ethik der Unvollkommenheit muss hier, um eine gewisse Objektivität zu gewährleisten, „auf unterstellte Wertungen ... und damit auf anthropologische Kenntnisse zurückgegriffen werden." (375), weil das Empfinden von Glück sonst rein subjektiv wäre bzw. jene Lebewesen, die dieses Glücksempfinden nicht haben, nur als bloße Sachen behandelt werden würden. Ein solcher Rückgriff auf anthropologische Kriterien aber ist problematisch, da dies einen Rückschritt in Richtung „Gattungsethik" bedeuten würde. Speziezistische Kriterien, die nach M.s Ansicht gerade in der Ethik zu überwinden sind, müssten angewendet werden.

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M. kommt das Verdienst zu, wichtige Fragestellungen im Kontext der praktischen Relevanz des Personbegriffs aufzureißen. Sehr plausibel erscheinen auch die von M. dargestellten Zusammenhänge zwischen Ethikkonzeptionen, Auffassungen von Glück und Personenbegriffen. M. beschreibt ihre eigenen Gedankengänge begrifflich präzis, an manchen Stellen aber (zu) knapp. So wären an einigen Stellen genauere Ausführungen hilfreich, z.B. bei der Beantwortung der von M. selbst formulierten drei Basisfragen, und ihrer moralischen Relevanz: Auf wen, warum und in welcher Weise sollen wir nun moralisch Rücksicht nehmen? Klar ist nach M.s Ausführungen, dass sowohl vor perfektionistischem Hintergrund, als auch vor nicht-perfektionistischem Personen allein als Subjekte der Moral zu betrachten sind. Sind sie aber auch die alleinigen Objekte? Wie sollen wir - vor dem Hintergrund perfektionistischer Ethik - umgehen etwa mit Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre willentlichen und vernunftmäßigen Vermögen zu vervollkommnen? Hier greift das Konzept „potientieller Personen" nicht mehr. Verdienen Menschen, die nicht mehr denken und/oder willensfrei handeln können, keine moralische Berücksichtigung? Wie sollen wir - vor dem Hintergrund einer Ethik der Unvollkommenheit - moralisches Handeln gegenüber Menschen begründen, die nicht (mehr) die geforderten Wertungen bzgl. ihres eigenen Lebens vornehmen können? Oder sollen wir darauf verzichten und mit diesen wie mit „Sachen" umgehen? (CM, BS)

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In ihrem Aufsatz beleuchtet und kritisiert Herlinde Pauer-Studer feministische Beiträge zur Ethik in Hinblick auf das zugrunde liegende Personkonzept. Zwei Kriterien für den Begriff „Person" sind in jeder Moraltheorie unabdingbar: ein minimaler psychologischer Realismus, also Lebbarkeit, und die Nichtausgrenzung moralischer Phänomene. Weder einseitig gefühls- noch vernunftorientierte Theorien tun diesen Kriterien Genüge. Der Personbegriff muss beide Aspekte, Gefühl und Vernunft, beinhalten. P.-St. überprüft - in Hinblick auf diese Kriterien - die Careethik, in deren Zentrum die Sorge um den konkret Anderen steht, und weiters die Kritik feministischer Philosophinnen an vorliegenden Moraltheorien (u.a. Kontraktualismus, Hume, Kant). P.-St. untersucht v.a. den Stellenwert von Gefühlen in den verschiedenen ethischen Konzepten. Und zwar deshalb, weil Affektivität traditionell eher Frauen zugeordnet wird. In rein vernunftorientierten Theorien (z.B. Kant) wird die Affektivität des moralischen Subjektes vernachlässigt und als moralisch nicht relevant deklariert. Demgegenüber stehen Theorien, die das Gefühl zum alleinigen Maß des moralischen Handelns (z.B. Careethik, aber auch Hume und seine Tradition) erklären; hier wird der Vernunftaspekt ausgeklammert. Die Personkonzepte in diesen Entwürfen sind somit nach Ansicht P.-St.s jeweils einseitig verkürzt, da entweder die Affektivität oder die Vernunft als moralisch irrelevant angesehen wird. P.-St.s Kriterum der Nichtausgrenzung moralischer Phänomene wird also nicht erfüllt. Im Zusammenhang mit der Affektivität widmet sich die feministische Kritik vor allem auch der Frage, inwieweit der konkret Andere, Schwache, Verletzliche und die Sorge um diesen Anderen in eine Moraltheorie eingebettet ist. Mängel bezüglich der Einbeziehung des konkret Anderen in einer Moraltheorie können auf einen einseitigen, die Gefühle aussparenden Personenbegriff zurückgeführt werden. Daraus ergibt sich auch eine Kritik an Vertragstheorien. Beziehungen zwischen nicht-gleichberechtigten Personen blieben in diesen Entwürfen unberücksichtigt. Auch eine Ableitung von Moral nur aus gesellschaftlicher Bedingtheit (Sheyla Benhabib, Kommunitarismus) lehnt P.-St. ab. Wie sollte man, akzeptiert man eine derartige Ableitung, gegen eine gesellschaftlich bedingte Benachteiligung von Frauen argumentieren? P.-St.s eigener Ansatz sieht eine Synthese vor von Humescher Gefühlsethik und Kantscher Vernunftethik oder, anders gesagt, einer Erweiterung von Kants Ethik um Affektivität. P.-St. plädiert für die Berücksichtigung des normativen Charakters von Gefühlen. Auch Handlungsmaximen, die auf Empfindungen gründen, können das Prüfungsverfahren des Kantschen Imperativs bestehen. Sie gehören in den Bereich der Moral. „Mit einem Subjektbegriff, der Vernunft und Empfindungsfähigkeit normativ zueinander in Beziehung setzt, ist ein wesentlicher Schritt zu einer Ethik gewonnen, die Achtung gegenüber Frauen als Rechtssubjekten aber auch als besonderen Anderen mit spezifischen Verletzlichkeiten zur Norm erhebt." (397)

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P.-St.s Anspruch an ein Personkonzept, sowohl Gefühle wie auch Vernunft zu umfassen, ist gerade unter feministischer Rücksicht interessant. P.-St.s Personkonzept orientiert sich nicht vorrangig an der traditionell eher Frauen zugeschriebene Affektivität, sondern versucht alle relevanten moralischen Phänomene einzubeziehen. So erreicht P.-St. ein Personkonzept, das traditionelle Zuschreibungen übersteigt. Eine Moraltheorie ist umfassend und nicht (auch nicht implizit, wie z.B. aus Tradition) vom Geschlecht des moralischen Subjekts abhängig. Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts haben keine moralische Rechtfertigung. Allerdings werden in P.-St.s Aufsatz die spezifisch feministischen Anliegen nicht immer deutlich genug. So deckt sich ihre Kritik an traditionellen Ethiktheorien (z.B. an Kants einseitiger Vernunftethik sowie an Humes Versuch einer empiristisch orientierten Gefühlsethik) oftmals mit der Kritik solcher Denker, denen der Feminismus kein explizites Anliegen ist. Und das obwohl mit der Anführung des Attributs „feministisch" bei ihrer Kritik wohl eine solche Besonderheit beansprucht wird. Weiters entfaltet P.-St. ihren eigenen Ansatz eher knapp. Sie konkretisiert nicht, wie eine Verbindung von Humes und Kants Theorien gestaltet werden müsste. Ein Kritikpunkt von P.-St. an S. Benhabib kann in ähnlicher Weise auf P.-St. selbst angewendet werden: Benhabib, so P.-St., betone zwar den Stellenwert der moralischen Empfindungen, thematisiere aber eine diesbezügliche Erweiterung der Personenbegriffs nicht (382). Ähnlich fordert P.-St., dass Kants Theorie der Verpflichtung auf Empfindungen ausgedehnt werden müsse (396). P.-St. lässt aber offen, wie so eine Erweiterung aussehen müsste. (HD)

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In seinem Artikel „Der große Mensch und das kleine Gemeinwesen" untersucht Wolfgang Kersting den Begriff der Person in der politischen Philosophie. Dabei geht K. davon aus, dass man wissen muss, „wer oder was der Mensch ist" (407), um darüber zu entscheiden, welcher politischen Konzeption der Vorrang zu geben ist. Jede politische Konzeption macht unweigerlich Annahmen darüber, was eine Person ist. Diesen jeweils zugrunde liegenden Personbegriff gilt es freizulegen und als Prüfstein der politischen Theorie zu nutzen. Dabei sind verschiedene „personentheoretische Eigenschaftsklassen" zu berücksichtigen (410, 421). Der Mensch ist einmal empirisch-biologisch bestimmt, jede Politik muss daher seinen entsprechenden „Erhaltungsbedingungen" (411) gerecht werden. Wer politische Philosophie betreibt, muss weiters Annahmen über die menschliche Vernunft machen. Personales Leben wird aber auch wesentlich von der individuellen Vorstellung eines guten Lebens geprägt und damit auch von der Vorstellung einer bestimmten politischen Ordnung, die dieses Leben ermöglicht. Darüber hinaus hat ein Menschenbild normative Bestimmungen, es stellt sich also die Frage, welche Rechte und Pflichten einem „Menschen als Menschen" (418) zukommen. Auf der Suche nach einer dem Menschen angemessenen politischen Philosophie stellt K. zuerst fest, dass einige philosophische Konzepte (z.B. der Physikalismus) personentheoretisch einen derartigen Reduktionismus aufweisen, dass darauf keine politische Philosophie aufgebaut werden kann, weil Subjekt und politische Welt in ihnen keinen Platz haben. Der Wirtschaftsliberalismus zeichnet ein hinsichtlich des Verständnisses menschlicher Rationalität reduziertes Bild der Person. Mit der dazu gehörigen politischen Philosophie des homo oeconomicus beschäftigt sich K. ausführlich und wirft ihr vor, auf theoretischer Seite inkonsistent und im lebensweltlichen Vergleich unbefriedigend zu sein. Der Kommunitarismus erklärt nach K. mit seiner Beschreibung des „sozial eingebetteten und gesellschaftlich konstituierten Selbst" (433) zwar sozialanthropologische Phänomene. K. warnt aber davor, mit dieser Beschreibung moralisch-rechtliche Prinzipien einer Gesellschaft begründen zu wollen. Auch der Gerechtigkeitsliberalismus, die dritte von K. besprochene politische Theorie, hebt eine Facette der menschlichen Person besonders hervor: den Wunsch nach Gerechtigkeit, den sich die Person durch Reflexion und Bewertung der gesellschaftlichen Vorgaben zu erfüllen sucht. Die dargestellten politischen Konzepte beleuchten jeweils nur einen Aspekt des menschlichen Wesens. Für sich allein taugt keines zu einer umfassenden Darstellung des Personbegriffs. Dennoch kommt K. zu dem Schluss, dass für den Bereich der politischen Philosophie der Gerechtigkeitsliberalismus das am ehesten Erfolg versprechende Konzept ist, weil durch die Vorherrschaft des Rechts auf politischer Ebene die Entfaltung anderer Lebensbereiche ermöglicht wird. K. schließt mit einer Darstellung der Anforderungen an den Bürger im Liberalismus. Darin findet sich explizit jener Appell an die TeilnehmerInnen der gegenwärtigen Debatte um den Personbegriff, der sich implizit als Leitfaden durch K.s ganzen Artikel zieht: „den Verführungen des Einfachen widerstehen können" (441). Die Bereiche des menschlichen Lebens sind zu vielfältig, um einem einzigen Prinzip untergeordnet werden zu können. Das Spektrum der menschlichen Eigenschaften ist groß und ebenso groß die Gefahr, vieles davon aus den Augen zu verlieren. Sind wir uns aber dieser Vielschichtigkeit des Personbegriffs bewusst, können wir damit politische Ideensysteme auf ihre Annehmbarkeit überprüfen.

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Dieser Ansatzpunkt K.'s und seine darauf aufbauende gründliche Darstellung der Annahmen über die Verfasstheit einer menschlichen Person, wie sie verschiedenen politischen und philosophischen Theorien zugrunde liegen, macht seinen Artikel nicht nur für jene interessant, die sich Gedanken über den Personbegriff machen, sondern darüber hinaus auch für jeden, der sich mit den untersuchten politischen Konzepten beschäftigt. Gerade auch deshalb ist es bedauerlich, dass der Artikel aufgrund K.'s (oftmals unnötig) komplizierter Ausdrucksweise nur einem geringen Teil der potentiellen Leserschaft verständlich sein wird. Schachtelsätze und uneingeführte technische Termini machen die Lektüre mitunter mühsam. Philosophisch kritikwürdig ist, dass K. nicht klar zwischen den Begriffen "Person" und "Mensch" unterscheidet oder darlegt, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Im Rahmen der Debatte um den Begriff der Person ist dies aber durchaus von Relevanz, will man sich nicht vorschnell auf den problematischen „traditionellen" Personbegriff festlegen. (JS)

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Ludwig Siep erörtert in seinem Beitrag „Der Begriff der Person als Grundlage der biomedizinischen Ethik: Zwei Traditionslinien" verschiedene Positionen zum Personbegriff und untersucht, welche Konsequenzen diese für bioethische Diskussionen nach sich ziehen. In der angelsächsischen Bioethik werden als notwendige Bedingungen des Personseins Selbstbewusstsein und Rationalität, manchmal auch die Fähigkeit zu moralischem Handeln angenommen. Walters versteht diese Bedingungen ontologisch und unterscheidet davon einen moralischen Personbegriff, durch den Individuen Rechte und Pflichten zugesprochen werden. Sowohl Engelhardt als auch Warren differenzieren begrifflich zwischen „personalem Leben" von „menschlich biologischem". Sie würden selbstbewussten Computern und intelligenten Außerirdischen, nicht aber Föten, Kindern oder geistig Behinderten den Personstatus zuschreiben, der moralische Rechte garantiert. Auch für Singer ist die Zugehörigkeit zur Gattung Mensch weder notwendige noch hinreichende Bedingung für das Personsein, sondern Empfindungsfähigkeit, Bewusstsein und Rationalität. Singer rekurriert in diesem Zusammenhang besonders auf die Fähigkeit, für sich selbst in Zukunft Pläne zu entwerfen. Manche Tiere können unter den so konzipierten Personbegriff fallen, nicht aber alle Menschen. Föten, Kleinkinder, aber auch komatöse Patienten haben die genannten Fähigkeiten gerade nicht. Singer wirft dem europäischen Moral- und Rechtsverständnis einen ungerechtfertigten „Speziezismus" vor. Warum sollte, so Singer, allein die Zugehörigkeit zur biologischen Spezies Mensch Pflichten begründen bzw. Rechte garantieren? Durch Annahmen dieser angelsächsischen Autoren können Handlungen gerechtfertigt werden, die in vielen Rechtsordnungen verboten sind, z.B. im Extremfall, wie etwa bei Singer, Kindstötungen. Da ein solcher Personbegriff, aufgebaut auf dem Bewusstseinskriterium, zu kontraintuitiven Schlüssen führt und schon deshalb äußerst problematisch zu sein scheint, versucht S. einem alternativen Personkonzept innerhalb der praktischen Philosophie nachzugehen. S. findet Ansätze dafür bei verschiedenen Philosophen, aber auch Medizinern und Psychologen. Neben Bewusstsein werden u.a. Selbstbewusstsein, Organisationsfähigkeit, bestimmte biologische Funktionen, die Fähigkeit, auf die Umwelt aktiv zu reagieren, Emotionalität, Unbewusstsein als Kriterien für das Personsein genannt. Ein auf diese Weise erweiterter Personbegriff allein reicht natürlich für die Beantwortung heikler bioethischer Fragen nicht aus. Dennoch kann er mit dazu beitragen, Autonomie und Menschenwürde zu begründen. In diesem Sinne plädiert S. dafür, einen facettenreichen Personbegriff in die umfassende Konzeption der Ethik einzubauen.

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Die von S. angesprochenen bioethischen Probleme sind nicht nur philosophisch, sondern auch gesellschaftlich äußerst brisant, wurden und werden deshalb öffentlichkeitswirksam und sehr emotional erörtert. S. kommt das Verdienst zu, diese Debatte sachlich und argumentativ ausgewogen anzugehen. Das von ihm favorisierte ganzheitliche Konzept des Personbegriffes ist eine attraktive Alternative zu dem angelsächsischen. Schon deshalb, weil es jenen Intuitionen entspricht, die dagegen stehen, Menschsein nur über Bewusstsein, und nicht auch über Emotionen, Körperlichkeit u.v.a. zu bestimmen. Kritisch zu bemerken ist allerdings, dass aus S.s Ausführungen in vorliegendem Artikel nicht ersichtlich ist, ob die genannten Kriterien (einzeln oder im Bündel?) hinreichende oder notwendige Bedingungen für die Personalität darstellen sollen. Gerade unter ethischen Rücksichten macht dies aber große Unterschiede. Sind nur Menschen mit bestimmten Formen von Bewusstsein Personen? Oder reichen bestimmte Formen von Bewusstsein aus, jemanden als Person zu begreifen, ohne dass dies notwendig dazu wäre? Eine weitere Anfrage wäre, ob nicht ein so facettenreicher und vielschichtiger Personbegriff wie der von S. favorisierte dazu führen könnte, innerhalb des Personbegriffs Gradunterschiede zu etablieren. Hat jemand nur einige, nicht aber alle Merkmale des Personseins verwirklicht, ist er dann „weniger" Person als jemand, der alle diese Merkmale aufweist? Hat der eine dann mehr, der andere aber weniger Rechte bzw. Pflichten? (ER, JW)

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Als Ganzes betrachtet kann die Edition als eine sorgsam zusammengestellte, wirklich gelungene Hinführung zu den Kernthemen der philosophischen Personen-Debatte bezeichnet werden. Trotz der Breite des Spektrums dieser Debatte und trotz der (klarerweise) ganz unterschiedlichen Ausrichtung der einzelnen AutorInnen, die sich mitunter auch in terminologischen Diskrepanzen auswirkt, werden wichtige inhaltliche „rote Fäden" sichtbar. Ein Hauptpunkt ist die Frage, wer oder was nun tatsächlich als Person bezeichnet werden kann. Sind alle Menschen Personen? Sind nur Menschen Personen? Ergebnisse von Bioethik und Künstliche-Intelligenz-Forschung machen diese Fragen aktuell und äußerst brisant. Ein weiterer zentraler Aspekt ist das Problem, wie man die Identität von Personen, v.a. durch die Zeit bestimmen kann: Hängt die Identität von bestimmten Eigenschaften oder Merkmalen ab? Ist die Identität ein reales oder „ontologisches" Faktum, oder kann man sie rein pragmatisch oder konventionell bestimmen? Diese Fragen haben nicht nur theoretische, sondern auch praktische Implikationen: Kann das Personsein eines Individuums seine Würde und seine besonderen Rechte sowie moralische Pflichten begründen? Wie sollen wir umgehen mit Menschen, die keine Personen sind? Wie mit personalen tierischen oder gar künstlichen Lebewesen? Neben diesen inhaltlichen „roten Fäden" macht die Edition auch deutlich, dass die Person-Debatte als solche ein notwendigerweise interdisziplinäres Unterfangen ist. Interdisziplinär im Hinblick darauf, dass verschiedene philosophische Disziplinen darin involviert sind, um nur Ethik, Metaphysik und die Philosophie des Geistes zu nennen. Involviert sind aber auch nicht-philosophische Wissenschaften, allen voran die Medizin, wohl auch die Rechtswissenschaften und die politische Theorie. Schließlich, und auch das mag durchaus als ein Verdienst aufzufassen sein, macht die Edition deutlich, dass es sich bei der Person-Debatte um ein vollkommen offenes Projekt handelt. Es gibt keine fertige, allgemein anerkannte Lösung der wichtigsten Probleme im Kontext dieser Debatte. Wollte man an der Zusammenstellung der Edition Kritik üben, könnte man vermerken, dass bei manchen Beiträgen die Bezüge zur Person-Debatte etwas künstlich aufgesetzt wirken. Bei Pauer-Studers Beitrag fällt dies besonders auf. Auch bei Stoeckers Beitrag sind die personen-theoretischen Aspekte akzidentell. Beider Anliegen könnte auch ohne Bezug zum Thema Person dargelegt werden. Kritisch vermerken könnte man auch das Fehlen allgemein rechtsphilosophischer Beiträge. Das umso mehr, als die Edition ansonsten bemüht ist, das gesamte Spektrum der Diskussion abzudecken. Themen im Kontext der allgemeinen Rechtsphilosophie, z.B. die Frage nach juridischen Personen, sind aber aktuell und auch philosophisch ergiebig. Diese Bemerkungen tun dem Gesamteindruck keinen Abbruch, dass vorliegende Edition eine gut gelungene ist, und jedem empfohlen sein soll, der sich umfassend über die philosophische Person-Debatte informieren möchte. (CK)

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 Helene Daxecker

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 Gerd Forcher

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 Stephan Garhammer

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 Nikolaus Janovsky

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 Christian Kanzian

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 Caroline Murauer

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 Elisabeth Reiter

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 Marco Russo

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 Julia Stabentheiner

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 Brunhilde Steger

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 Joseph Wang

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 David Wohlfarter

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 unter der Leitung von Christian Kanzian

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 (Innsbruck)

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Anmerkungen:  

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 1. Alle Seitenangaben beziehen sich auf die Seitenzahl der rezensierten Edition.

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