University Logo

Das Wunder auf dem Weg zu Weihnachten. Predigt zum vierten Adventsonntag
(Jesuitenkirche 18. 12. 2022, 11 Uhr)

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2022-12-19

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

1
Paragraph Icon

Wie Faust aufs Auge. So passen die beiden Texte (Jes 7,10-14 und Mt 1,18-24) zur adventlichen Stimmung. Jener Stimmung, die uns seit Wochen begleitet. Nach langer Abstinenz in Sachen Adventsseligkeit wiederum Lichtgirlanden, Glühweinseligkeit, Touristenströme. Alles so happy... Und hier in den Lesungen der Liturgie zum 4. Adventsonntag: Sackgassen und Hoffnungslosigkeit sondergleichen. Sackgassen im privaten und im politischen Leben. Fangen wir mit dem Privaten an:

2
Paragraph Icon

Vor unseren Augen ein Verlobtenpaar. Maria und Josef. Von Happiness keine Spur. Wie ein Blitz vom heiteren Himmel traf den armen Josef die Nachricht, Maria sei schwanger.

3
Paragraph Icon

Schwanger, aber nicht von ihm. Der Abgrund tut sich vor seinen Augen auf. Was soll ich tun? Das was Sitte und Brauch es wollen, das tun, was vom Gesetz sogar vorgeschrieben wird?  Maria anklagen! In die Schule unserer Parlamentarier und Medienschaffender gehen und den Skandal provozieren? Mit dem Finger auf die Schlampe zeigen? Zu gut wusste Josef was die Folgen sein werden. Ein kurzer Prozess und dann...? Meistens ein Todesurteil - Steinigung. Archaische Strenge kannte da kein Pardon. Steinigung zur Belustigung der Spötter, vor allem aber zur Befriedigung der Selbstgerechten. „Nein... So etwas will ich nicht... Will weder Skandal noch Rache. Zu dem Kind stehen? .... Das fällt mir schwer.“ Josef ist ehrlich, er ist nicht päpstlicher als der Papst. „Sich also aus dem Staub machen. Obwohl – wenn ich ehrlich bin – so etwas wird mir kaum Ruhe bringen. Ruhe für meinen gekrängten Geist.“ Dem vor den Kopf gestoßenen Josef war also weder nach Glühwein, noch nach Lichtgirlanden zumute. Überall, wo er hinschaute, sah er bloß Dunkelheit... Dieser Josef steckt in der Sackgasse, um nicht zu sagen: in der Scheiße. Ganz gleich, was er tat, oder tun wollte: ein bitterer Nachgeschmack bleibt da immer.

4
Paragraph Icon

Und wie oft stecken wir alle – liebe Schwestern und Brüder – wie oft stecken wir, die wir zwar nicht unbedingt verliebt und verlobt sind, wie oft stecken wir trotzdem in ähnlichen Sackgassen? Den Sackgassen, die durch eine Kränkung seitens Menschen, die wir lieben, provoziert werden? Wir oft ist es uns ähnlich zumute, so dass wir am liebsten wegrennen, oder sich zumindest volllaufen lassen würden? Weil kein Licht am Ende des Tunnels erscheint.

5
Paragraph Icon

Und dann die zweite Geschichte? Die Geschichte aus der Lesung? Auch dort bloß Scheiße. Der Situation in der Ukraine nicht ganz unähnlich. Der König Ahas sieht die dunklen Wolken über sein Reich aufziehen. Die Großmächte bedrohen das kleine Israel. Und zwingen den König zu Allianzen, zur Aufrüstung, zur Modernisierung. Mit all den Risiken, die eine solche Logik mit sich bringt. „Was soll ich bloß tun?“ Dieser König füllt sich überfordert, er füllt sich ungefähr so, wie die Kleingeschäftsleute sich gefüllt haben mussten, als die Großkonzerne den Markt erobert haben. Es blieb ihnen nichts anders übrig, als zu modernisieren, sich den Großen anzuschließen ..., mit der ständigen Angst, irgendwann doch verschluckt zu werden. Von den Haien…

6
Paragraph Icon

So unterschiedlich die Texte der Lesung und des Evangeliums zu sein scheinen, beide verbinden zwei tiefe Gemeinsamkeiten. Das ist zuerst die Erfahrung der Sackgasse, einer Sackgasse in die sich das Leben verirren kann. Das Leben einer politischen Gemeinschaft, das Leben der Kirche, das Leben einer Familie, das Leben einer Zweierbeziehung. Und auch die Biographie eines Einzelnen. Wenn man von einem Schicksalsschlag getroffen wird und alles um mich herum bloß dunkel wird. Da geht es nur noch bergab! Die adventliche Stimmung in der Bibel rückt nicht den Glühwein und nicht die Happiness in den Vordergrund, sie erinnert an die Sackgassen, an die Dunkelheiten in denen unser Leben oft steckt. Wenn man das Gefühl hat, dass alle Türen zugeschlagen sind.

7
Paragraph Icon

Und es gibt noch ein Zweites, das die beiden Texte miteinander verbindet: Es ist die Frage nach dem Wunder. Dem Wunder, das die Sackgasse sprengt, so ganz nach dem Motto: immer dann, wenn die Tür zugeschlagen wird, öffnet der liebe Herrgott ein Fenster. Spätestens jetzt wird der moderne Zeitgenosse – und das sind wir irgendwie alle – dieser moderne Mensch wird den Kopf schütteln, oder gar lachen. Zumindest so lange lachen, solange er selber nicht in der Sackgasse steckt. Dieser moderne Mensch könnte sich problemlos der Meinung des Königs Ahas anschließen: „Was bringt es, von Gott Zeichen zu erbitten? Was hat es für einen Sinn zu beten? Arbeiten muss man, oder die richtigen Connections haben. „Wunder? – das überlasse ich den Kindern und Greisen.“ Dieser König ist hochmodern: er glaubt bloß an seine Durchsetzungskraft, in seinem Handeln, in seinen Plänen, seinen Ängsten und Hoffnungen rechnet er nicht mit Gott. Der hochnäsige Politiker, dem das Wasser bis zum Hals steht, er hört auch nicht auf die Stimme des Propheten, die davon redet, dass am Ende des Tunells doch ein Licht leuchten wird. Weil Gott ein “Gott mit uns” ist - ein Immanuel!

8
Paragraph Icon

Ganz anders der gekrängte verlobte Mann: der in der Scheiße sitzende Josef scheint ganz anders gestrickt zu sein. Er glaubt an Wunder! Und er hört auf die Stimme des Engels,

9
Paragraph Icon

er hört auf die Stimme, die für das Leben Partei ergreift. Deswegen öffnet sich ihm ein Fenster. Deswegen wird seine Kränkung geheilt. Er wird den Immanuel – den „Gott mit uns“ – auf seinen Händen tragen.  

10
Paragraph Icon

Und was ist mit mir? Mit mir, dem modernen Menschen, der so oft in Sackgassen steckt?

11
Paragraph Icon

Mit mir, dem die Decke so oft auf den Kopf fällt? Mit mir, der ich so leicht den Kränkungen verfalle? Liebe Schwestern und Brüder, das Wunderbare am Wunder ist, dass dieses auch dem skeptischen König Ahas zugesagt wird. Trotz seiner Weigerung zu beten und zu glauben, trotz seiner Trotzhaltung wird auch er auf den Weg zur Weihnacht mitgenommen.

12
Paragraph Icon

Das Wunderbare an Weihnachten – das Wunderbare an diesem christlichen Fest – ist gerade das, dass dieses Fest trotz aller Kommerzialisierung, weltweit auch jene Menschen berührt, die seinen Inhalt nicht verstehen. Gott hat sich in der Menschwerdung seines Sohnes mit jedem Menschen verbunden… Das Wunder kann also gar jenen zuteilwerden, die sich mit dem Wunder schwertun! Auch sie erleben immer wieder neu, dass Dunkelheit des Lebens sich erhellen kann. Erbitten wir also – wir, die wir ja Christen sind – von Gott ein Zeichen, erbitten wir das Wunder, das Wunder, das alle Kränkungen heilt, das Wunder, das die Dunkelheit mit warmem Licht erleuchtet.

© Universität Innsbruck - Alle Rechte vorbehalten
Webredaktion | Impressum

Powered by XIMS