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Erkenne dich selbst! Ansprache zur feierlichen Sponsion und Promotion am Samstag, 21. Oktober 2023

Autor:Lumma Liborius
Veröffentlichung:
Kategoriefak
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2023-10-23

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Sehr geehrte Absolventinnen und Absolventen[1], liebe Angehörige, Freundinnen und Freunde, meine Damen und Herren!

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Im Foyer dieses Gebäudes, unten im Erdgeschoß, findet sich auf einer Tafel einer der berühmtesten Sätze der Menschheitsgeschichte. In griechischen Großbuchstaben steht da ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ, „Erkenne dich selbst!“

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Dieser Spruch hat schon mindestens zweieinhalb Jahrtausende Geschichte aufzuweisen, populär geworden ist er vor allem als Inschrift am Apollotempel in Delphi.

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Wie jedes Sprichwort und jede große Literatur hat „erkenne dich selbst“ nicht nur eine einzige, eindeutige Bedeutung. Der Spruch entfaltete seine Kraft gerade dadurch, dass er immer wieder in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen aufgegriffen und als Herausforderung angenommen wurde.

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In vielen Deutungen geht es darum, Grenzen zu erkennen. „Erkenne dich selbst“ heißt dann: Erkenne, dass du sterblich bist, oder: Erkenne, dass deine Kräfte begrenzt sind, oder auch: Erkenne, dass dein Verstand begrenzt ist.

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Das hören Wissenschafterinnen und Wissenschafter eigentlich nicht so gerne, und es passt vielleicht nicht ganz zum heutigen Tag, an dem wir doch feiern, dass Sie, liebe Absolventinnen und Absolventen, eine ganze Menge unter Beweis gestellt und sich Ihre akademischen Titel redlich verdient haben.

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In der Tat: Sie dürfen stolz sein. Nur wenige Menschen kommen so weit wie Sie gekommen sind.

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Dennoch gehört zum Studieren auch das Erkennen von Grenzen. Vielleicht waren es bei Ihnen wirklich die ganz großen Fragen: Ist das, was ich da an der Uni tue, meine Lebenszeit wert? Meine Zeit ist begrenzt, was also will ich mit ihr anfangen?

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Aber auch wenn man nicht ganz so weit gehen möchte: In der Wissenschaft stößt man dauernd an Grenzen. Mit jeder Forschungsfrage, in die man sich vertieft, tauchen neue Fragen auf, von denen man zuvor nicht einmal wusste, dass es sie überhaupt gibt.

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„Erkenne dich selbst“. Das Studium ist auch ein Lebensabschnitt. Bei allem, was wir Menschen erleben, erfahren wir immer etwas über uns selbst. Das ist an der Universität nicht anders als in einer Ausbildung, im Berufsleben oder in der Familie. Sie dürfen daher heute Rückschau halten: Wie war ich am Beginn meines Studiums, wie bin ich geworden, was hat das Studium aus mir gemacht und was habe ich dabei über mich selbst erfahren?

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Nicht nur das antike Delphi, sondern auch unsere Universität stellt sich unter das Motto „erkenne dich selbst“, wenn sie die Tafel mit diesen griechischen Buchstaben im Foyer ihres Hauptgebäudes aufrichtet. Sich selbst zu erkennen, das Gewachsene genauso wie die Grenzen, das endet nicht mit dem Studienabschluss.

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Die Universität Innsbruck sendet Sie nun in die unterschiedlichsten Berufsfelder und Lebensbereiche – vielleicht ja auch weiter bei uns! – und ich hoffe, dass das Studium in Ihnen Lust geweckt hat, weiterhin Fragen zu stellen und die Grenzen des Erkennens auszuhalten. An Menschen, die vorschnell urteilen und in ihrem Urteil allzu sicher sind, mangelt es in unserer Gesellschaft nicht. Menschen, die differenzieren können, die zur Genauigkeit mahnen und die die Grenzen der Erkenntnis anderen vermitteln können: solche Menschen werden dringend gebraucht. Diese Rolle anzunehmen, liebe Absolventinnen und Absolventen, kann eine Konsequenz aus dem Gelöbnis sein, das Sie gleich sprechen werden und in dem Sie sich zur Übernahme von Verantwortung in unserer Gesellschaft bekennen.

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Meine Damen und Herren! Unsere Absolventinnen und Absolventen wurden in ihrem Studium mit der Begrenztheit menschlicher Erkenntnis konfrontiert. Aber das bedeutet zugleich: Sie sind in die Tiefe gegangen und zu Expertinnen und Experten auf je eigenen Gebieten geworden. Sie haben viel investiert: viel Zeit, viel Arbeit und viel Kreativität. Das ist allemal ein Grund zu feiern.

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Liebe Absolventinnen, liebe Absolventen, Sie haben neue Horizonte erreicht. Und dazu gratuliere ich Ihnen herzlich! Genießen Sie den heutigen Tag, feiern Sie mit Ihren Angehörigen und bleiben Sie der Universität Innsbruck verbunden.

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[1] Die Ansprache wurde gehalten für Absolventinnen und Absolventen der Fakultät für LehrerInnenbildung und der Philosophisch-Historischen Fakultät.

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