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Mighty to Save. Gottes Heilsmacht in gewaltloser Liebe
(Festvortrag zum Abschluss der ersten Bible Challenge*)

Autor:Sandler Willibald
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2024-03-21

Inhalt

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* Die Bible Challenge ist eine Initiative der Loretto Gemeinschaft, die Anfang 2023 über Social Media startete. Die Challenge bestand darin, die ganze Bibel mit täglich drei Kapiteln in 400 Tagen zu lesen. 1800 Personen beteiligten sich daran. Zum Abschluss gab es am 16. März 2024 ein Bible Challenge Fest mit einem Festvortrag und einer Eucharistiefeier im Salzburger Dom. Mit 1. April 2024 startet eine zweite Bible Challenge, für die sich schon über 6000 Personen angemeldet haben.1 Diesmal geht es darum, die ganze Bibel mit täglich zwei Kapiteln in zwei Jahren zu lesen.

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Online-Video vom Vortrag:
https://www.youtube.com/watch?v=iZH1EWjfXCU#t=23m55s

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Gratuliere, du hast es geschafft! Die ganze Bibel, 1189 Kapitel, 396 Tage, und du hast nichts ausgelassen. Das war echt gut! Aber ist es auch für etwas gut?

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Natürlich – Die Bibel zu lesen, ist immer ein Gewinn. Aber warum nicht als „Best of“ oder wie die App Blinkist, die komplizierte Sachbücher auf eine Viertelzusammenkürzt? Die ganze Bibel in 15 Minuten? Was hat dir denn die endlos lange Bible Challenge mehr gebracht?

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Erste Antwort: Es gibt verborgene Highlights!

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Auf welche verborgenen Highlights bist du in deiner ganz persönlichen Bible-Challenge gestoßen?

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Aber trotzdem: Warum gleich die ganze Bibel? Inklusive Fluchpsalmen? Und mit Namenslisten, die sich so spannend lesen wie ein Telefonbuch? Und mit jeder Menge weltfremder Gesetzen im Buch Leviticus?

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Vergleiche die Bibel mit einem Riesenpuzzle mit 6000 Teilen (jedes Kapitel: fünf wichtige Aussagen). Warum pickst du dir nicht die hundert schönsten Teile heraus und stellst dein ganz persönliches Jesus-liebt-dich-Lieblingspuzzle zusammen? Wäre das nicht eine großartige Idee?

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– Natürlich nicht! Dann passt ja nichts miteinander zusammen.

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Wenn du aber das ganze Puzzle aufbaust, dann zeigen sich dir die Puzzleteile, für die du wenig Sinn siehst oder die dir nicht gefallen, in einem neuen Zusammenhang. Und das Ganze offenbart eine wunderbare Gesamtgestalt.

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Da entwickelt dann auch manche bittere Aussagen, die dir nicht schmeckt, einen guten Geschmack. So ist es vielleicht dem Seher im Buch der Offenberung gegangen. Dazu der erste von zehn Bibeltexten, die uns durch diesen Vortrag leiten sollen.

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TEXT 1: „Und ich ging zu dem Engel und bat ihn, mir das kleine Buch [die drei Tageskapitel ☺] zu geben. Er sagte zu mir: Nimm und iss es! In deinem Magen wird es bitter sein, in deinem Mund aber süß wie Honig.“ (Offb 10,9f)
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Hast du solches auch erlebt in deiner Bible Challenge?

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Ein weiteres Plus der Bible-Challenge: Man bekommt einen Sinn für die ganz großen Themen, die sich über die ganze Bibel hinweg entfalten. Ganz zentral ist hier vor allem eines: Die Menschen lernen Gott mit seiner Heilsmacht kennen. Sie teilen ihre Erfahrung, dass sie Gott alles zutrauen können. Das ist unser Thema in diesem Vortrag: Mighty to Save2 – Gottes Heilsmacht in gewaltloser Liebe.

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1. „Mighty to Save“ – Die Heilsmacht Gottes im Alten Testament

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Wer auf Gott vertraut wird nicht scheitern. Diese Erfahrung bezeugt die Bibel im Alten Testament von Abrahams Berufung über den Auszug aus Ägypten bis zum Einzug ins gelobte Land. Dann bei den Richtern und den Königen. Der stattliche Saul ist gescheitert. David war das große Highlight. Salomo konnte die Früchte ernten.

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Aber dann gings abwärts. Immer mehr Könige, „taten, was dem Herrn missfiel“.3 Bis der Tempel zerstört , der König geblendet und das Volk ins Exil von Babylon entführt wurde.

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„An den Strömen von Babel, / da saßen wir und wir weinten,“ (Ps 137,1)
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Alles verloren!

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Aber der Glaube an den „Gott allmächtig“ zerbrach nicht. Im Gegenteil. Im Zerbruch und in der Verbannung lernte Israel, dass Gott noch viel mächtiger ist:

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Gott rettet sein Volk nicht nur vor dem Tod,
sondern durch den Tod hindurch
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Er kann aus Knochenhaufen ein neues Volk schaffen (Ez 37).

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Und so wurde die Hoffnung auf ganz neue Weise wieder groß für Israel. Große Prophetien – große Erwartungen. Ein neuer Tempel wurde gebaut,4 das Gesetz neu gehalten und lieben gelernt.5 Und man hoffte auf einen neuen König, gerecht wie David, der Israel wieder groß machen würde.6

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Aber die politische Realität war eine andere. Ein Großreich nach dem anderen hielt Israel in Abhängigkeit. Immer wieder wurden Hoffnungen enttäuscht, bis die Prophetie sich in Apokalyptik wandelte. Das Buch Daniel vermittelt uns die Einsicht: Diese Welt ist nicht zu retten; und jeder von Gott berufene Mensch wird scheitern.

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Aber Gottes Heilsmacht ist noch viel größer:

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Gott rettet die Welt nicht nur vor dem Untergang,
sondern durch den Untergang hindurch.
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Er wird seinen himmlischen Messias schicken, den Menschensohn, auf den Wolken des Himmels.7

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Diese Welt wird untergehen. Aber Gott wird eine neue Schöpfung hervorbringen, die den Tod nicht kennt. Auferweckung der Toten – Weltgericht – ewiges Leben. Und all dies wird bald geschehen. Mit dieser dringenden Erwartung endet das Alte Testament und beginnt das Neue.

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2. Von Maleachi zu Matthäus: Der Übergang vom Alten zum Neuen Testament

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Schauen wir uns diesen Übergang näher an:

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TEXT 2:
„Bevor aber der Tag des HERRN kommt,
der große und furchtbare Tag,
seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija.
Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden
und das Herz der Söhne ihren Vätern,
damit ich nicht komme und das Land schlage mit Bann.“
(Mal 3,23–24)
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Damit endet das Altes Testament: mit einer Erwartung des Tags des Herrn, groß und furchtbar. Der „Tag des Herrn“ ist der Tag, an dem Gott in die Geschichte Israels und der ganzen Welt eingreift, um alles neu zu machen: „groß und furchtbar“, als Heil und Gericht, als Weltuntergang und Aufgang der neuen Schöpfung. Dann wird Gott seinen Messias von oben schicken – von den Wolken des Himmels.8 Alle Gewalttäter auf Erden werden gerichtet und alle irdischen Reiche vernichtet werden.9 Und der Prophet Elija – nicht gestorben, sondern entrückt, „im Wirbelsturm entschwunden“10 – wird wiederkommen. Aber wie soll man sich das vorstellen?

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Die Auflösung dieser Frage muss im Neuen Testament kommen. Und was finden wir dort dazu?

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Also weiterlesen mit Matthäus! Am Donnerstag noch Maleachi und am Freitag schon Matthäus – das ist Bible Challenge. Also, wie löst sich das Rätsel von Maleachi auf?

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Zuerst zwei Kapitel Kindheitsgeschichte: tief berührend die Geburt Jesu im Stall und hoch dramatisch der Kindermord von Betlehem.11 Vom wiedergekommenen Elija noch keine Spur. Dann aber – immer noch am Tag 1 der „New Testament Challenge“ das Kapitel 3, konntet ihr lesen:

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TEXT 3:
„In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf
und verkündete in der Wüste von Judäa:
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. [...]
Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer
zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen:
Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt,
dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt?
Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt [...]
Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt;
jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt,
wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“ (Mt 3,1–2.7–10)
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Ja ja, Johannes der Apokalyptiker; der „gruselige Johannes“, wie ihn Petrus in „The Chosen“ nennt.12 Eine Ahnung tut sich auf, ein erster Verdacht: Was der Täufer hier von sich gibt, erinnert an den Schluss von Maleachi. Ist etwa Johannes der wiedergekommene Elija? Drei Tage später dann (nach Bible-Challenge-Zählung) kommt die Bestätigung: Im 11. Kapitel des Matthäusevangeliums spricht Jesus von Johannes dem Täufer:

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TEXT 4:
„Und wenn ihr es annehmen wollt:
Er ist Elija, der wiederkommen soll.
Wer Ohren hat, der höre!“
(Mt 11,14–15)
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3. Was Johannes der Täufer verkündete – und was dann mit Jesus gekommen ist

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Johannes hat also das Gericht verkündet; und er hat Jesus als den Messias bezeugt. Aber was ist mit Jesus gekommen? Das, was Johannes der Täufer angekündigt hat oder das Gegenteil? Wohl eher das Gegenteil:

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Ein „Gnadenjahr des Herrn“13 statt dem Tag des Gerichts

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Frohbotschaft statt Drohbotschaft

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Heilungen statt einer Taufe zum Schutz vor dem Gericht

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Hochzeit zu Kana mit Wein in Überfülle, statt Heuschrecken mit wildem Honig (solange man das nicht als Delikatesse missversteht ☺);

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oder in den Augen der Kritiker: einen Fresser und Säufer statt einem fanatischen Asketen.14

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Aber so einfach ist es nicht. Man kann Jesus nicht gegen den Täufer ausspielen. Denn erstens hat Jesus die Botschaft seines „gruseligen“ Cousins geteilt, sonst hätte er sich nicht von ihm taufen lassen. Zweitens hat Jesus die Botschaft des Täufers bestätigt. Er nannte ihn den größten der Propheten.15 Drittens hat das Matthäusevangelium Jesus und Johannes dem Täufer haargenau dieselbe Botschaft zugeschrieben:

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TEXT 5:
„In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf
und verkündete in der Wüste von Judäa:
Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ (Mt 3,2)
„Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war,
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kehrte er nach Galiläa zurück [...]

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Von da an begann Jesus zu verkünden:

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Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ (Mt 4,12.17)Und doch: Dieselben Worte, die Johannes der Täufer verkündet hat, bekommen bei Jesus eine ganz neue Bedeutung – und zwar durch das, was jeder von den beiden im Zusammenhang mit diesen Worten getan hat:

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Johannes der Täufer verkündete: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe“, und er meinte damit vor allem das Gericht über alle Sünder, das dem Himmelreich vorausgehen würde. Deshalb hat Johannes in Verbindung mit seiner Verkündigung Menschen getauft, damit sie im Gericht nicht verdammt werden.

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Jesus verkündete: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe“: Der Himmel steht euch offen! Gott hat ein Gnadenjahr des Herrn ausgerufen16 – nicht nur für die Gerechten, sondern für alle! Kommt und trinkt, ohne zu bezahlen!17 Deshalb hat Jesus in Verbindung mit seiner Verkündigung Menschen geheilt, ohne sie zuvor auf ihre Würdigkeit zu prüfen.

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Was ergibt sich? „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe“: Diese Botschaft ist wie eine Kippfigur.18 Bei der Verkündigung von Johannes siehst du einen Rächer und Richter: Gott mit der Axt. Und bei der Verkündigung Jesu siehst du den liebenden Gott, den guten Hirten, der schenkt, ohne zu fordern und Menschen ohne Vorbedingungen heilt. Wie schön, wunderbar und berührend! Ganz anders als bei Johannes dem Täufer. Aber wie kann Jesus dann der Lehre des Täufers noch Recht geben?

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Schauen wir, wie Johannes auf die Verkündigung seines Nachfolgers reagierte. Johannes saß mittlerweile im Gefängnis. Manche vermuten, dass er dort nicht sonderlich beunruhigt war. Denn Gott und sein Messias waren ja bereits am Wirken, so hat der Täufer es gesehen und angekündigt. Das aber würde bedeuten, dass Gott demnächst mit harter Hand alles Unrecht tilgen würde. Das heißt: Herodes würde vom Thron gestürzt und die Gefängnistore würden aufspringen.

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Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen „hörte Johannes im Gefängnis von den Taten des Christus“:

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TEXT 6a:
Johannes hörte im Gefängnis von den Taten des Christus.
Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen:
Bist du der, der kommen soll,
oder sollen wir auf einen anderen warten?
(Mt 11,2–3)
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„Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ – Was soll das bedeuten? Ja, richtig: Der Johannes, der Jesus als den Messias erkannt und bezeugt hatte, wurde im Gefängnis von Zweifeln befallen. Er war sich nicht mehr sicher.

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Und warum? Zweifellos waren Jesu Wunder wunderbar: Nice to have für viele kranke Menschen. Und auch wenn Jesaja genau das als ein Zeichen für den kommenden Messias voraussagte: War das denn ausreichend? War es nicht zu individualistisch?

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Die politische Dimension fiel aus. Dafür fehlte „die Axt an der Wurzel“, der starke Arm des dreinschlagenden Gottes. Denn eines war sicher: Herodes würde nicht freiwillig den Thron räumen und den Täufer freilassen. Und die Römer würden nicht von selber abziehen.

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Die skeptische Frage von Johannes dem Täufer an Jesus hatte also einiges für sich.

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Und was hat Jesus darauf geantwortet?

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TEXT 6b:
Jesus antwortete ihnen [den Johannesjüngern]:
Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
Blinde sehen wieder und Lahme gehen;
Aussätzige werden rein und Taube hören;
Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet.
       (Mt 11,4–5)
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Das war die messianische Prophetie von Jesaja.19 Wunderschön! Aber konnte das den Täufer im Gefängnis zufriedenstellen? Wohl eher nicht. Von alldem hat er ja schon im Gefängnis erfahren gehabt. Und weil das für ihn nicht ausreichte, hatte er seine Jünger zu Jesus geschickt. Die eine entscheidene Frage blieb immer noch offen: Wo bleibt die Heilsmacht Gottes? – Wenn Gott so lieb und gut ist, wie Jesus in Wort und Tat verkündigte. Dieser Gott hat keine Zähne! Deshalb werden die Bösewichte von Herodes bis Putin unbeeinträchtigt weitermachen wie bisher! Und solange das geschieht: Kann denn dann das Himmelreich und der Messias vom Himmel bereits gekommen sein?

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Aber da ist noch ein kleiner Nachsatz, den Jesus dazusetzte. Und der hat es wirklich in sich:

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TEXT 6c:
Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“ (Mt 11,6)
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Was soll das sein? Eine Warnung von Jesus an Johannes den Täufer, dass er ja nicht an Jesus zweifeln darf? Sicher nicht. Jesus gibt damit einen Hinweis, was mit jenen Menschen passiert, die Gottes Heilsangebot erfahren und daran Anstoß nehmen.20 Und was passiert dann? Mit einem Wort: Gericht. Aber nicht von einem strafenden Gott – die Menschen richten sich selber. Schauen wir uns genauer an, wie das geschieht.

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4. Die verborgene Heilsmacht des liebenden Gottes

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Was Gott gibt – seine Gnade, der offene Himmel, Samenkörner des anbrechenden Gottesreichs: All das ist so großartig, dass wir Menschen dieses Geschenk unmöglich abweisen können. Es entspricht uns zu tief, wir sind daraufhin geschaffen. Aber um unsere Freiheit nicht zu überwältigen, hat Gott sich so klein gemacht, dass wir doch noch die Möglichkeit haben, ihn zurückzuweisen. Aber wo das geschieht, geschieht es immer erst in einem zweiten Schritt. Wenn wir den nach dem ersten Schritt unserer unvermeidlichen Zustimmung setzten, dann lehnen wir nicht nur Gott ab, sondern zugleich uns selber, mit unserem JA zu Gott, das wir schneller gesprochen haben als wir es ablehnen konnten.

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Das aber heißt, dass wir, wenn wir eine echte Gnadenerfahrung zurückweisen, zugleich in einen inneren Widerspruch mit uns selber geraten. Wir werden den nicht los, den wir abweisen wollen. Auf diese Weise hat das Gericht auch im Neuen Testament einen hohen Stellenwert: Aber nicht Gott richtet, sondern die Menschen richten sich selber. Nicht Gott führt die Axt,21 das erledigen die Menschen selber – an sich uns aneinander. Damit behält die Gerichtsbotschaft des Alten Testaments, von Maleachi und von Johannes dem Täufer seine Aktualität – aber auf eine ganz andere Weise, als wir es uns vom Alten Testament her vorstellen konnten.

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Dieser Zusammenhang wird nirgends so deutlich wie in der Predigt Jesu in seiner früheren Heimatstadt Nazaret – wenn wir genau darauf achten, wie Jesu einstige Mitbürger auf seine Predigt reagierten.

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TEXT 7:
„So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war,
und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge.
Als er aufstand, um vorzulesen,
reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja.
Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:
Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt.
Er hat mich gesandt, / damit ich
den Armen eine frohe Botschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde
und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Dann schloss er die Buchrolle,
gab sie dem Synagogendiener und setzte sich.
Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
Da begann er, ihnen darzulegen:
       Heute hat sich das Schriftwort,22 das ihr eben gehört habt, erfüllt.
(1) Alle stimmten ihm zu;
(2) sie staunten über die Worte der Gnade,
die aus seinem Mund hervorgingen,
(3) und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn?“ (Lk 4,21–22).
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Mit drei Aussagen beschreibt der Evangelist Lukas die Reaktion der Menschen auf Jesu Verkündigung. Der letzte Satz bedeutet Ablehnung.23 Die Menschen, mit denen Jesus aufgewachsen war, wollten ihn nicht. Sie fühlten sich von ihm gekränkt. „Dieser Mensch da, der mit uns aufgewachsen ist und mit uns die Schulbank gedrückt hat, soll jetzt unser Messias sein?“24 Und wenn doch: „Warum hat er dann seine Heimatstadt gegenüber Kafarnaum, wo er jetzt wohnt, benachteiligt? Warum hat er dort und nicht in Nazaret mit seinen Wundern angefangen?“25 Aber obwohl den Menschen Jesus als Messias gar nicht passte, konnten sie gar nicht anders, als ihm anfänglich zuzustimmen.

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Damit richteten sie ihre Ablehnung nicht nur gegen Gott und Jesus, sondern gegen ihre erste Einsicht und damit gegen sich selber. Sie hatten ihn als Messias erkannt, so dass sie mit ihrer Ablehnung sich selber das Gericht sprachen. Selbst nachdem sie ihn vertrieben hatten (nachdem sie ihn nicht die Klippen hinabstürzen konnten), wurden sie ihn in ihrem Herzen nicht los. Da war immer noch ihre anfängliche Zustimmung, die sie nicht restlos verdrängen konnten.

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Ähnlich verhielt es sich mit den Pharisäern und Schriftgelehrten. Diese waren deshalb so verstockt und verfolgten Jesus deshalb so hart, weil sie auch ihr eigenes anfängliches JA zu ihm in sich selber niederkämpfen mussten. Je mehr sie ihn bekämpften, desto tiefer zementierten sie ihn in einem Winkel ihres Herzen ein, den sie mit aller Kraft unterdrücken mussten. Wer sich für Jesu Kreuzigung einsetzte oder ihr auch nur zustimmte, hatte von daher nicht nur eine Leiche im Keller (seines/ihres Herzens), sondern den lebendigen Jesus. Und der konnte jederzeit wieder aufwachen.

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Jesus hatte also seine Gegner nicht verloren. Er hatte einen Fuß in der Tür. Gerade dadurch, dass sie Jesus verstießen, brannten sie sich ihn in ihre Herzen.

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Gewiss: Fürs erste bedeutete das Gericht, Selbstgericht. Aber damit blieb zugleich noch eine Chance offen für eine spätere Umkehr und für ihr Heil. Und Jesus lebte und wirkte so, dass er diese Chance zum Heil seiner Feinde offenhalten und schließlich nutzen konnte. Das ging aber nicht durch billige Tricks:

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Dazu musste Jesus zulassen, dass er verstoßen und getötet wurde.

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Dazu ist er zu Grunde gegangen bis in die tiefsten Abgründe dieser Welt.

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So ist er auferstanden und in den Himmel aufgefahren. Dort ist er uns und der Welt näher, als er seinen Jüngern sein konnte. Denn sitzend zur Rechten des Vaters ist er zugleich zum Herz der Welt geworden, zum Mittler aller Schöpfung.26 Und so kann er uns in allem und jedem begegnen. Und er tut das durch das Wirken des Heiligen Geistes, den er immer wieder neu ausgießt.

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„Von dort wird er richten die Lebenden und die Toten.“ Aber am Ende wird dieses Gericht ein Aufrichten sein – wenn auch „wie durch Feuer hindurch“.27

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Was bedeutet all das für die Menschen, für mich und dich?

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1. Es gibt ein Gericht.
2. Durch dieses Gericht hindurch werden wir gerettet werden.
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Zuletzt wollen wir noch auf diese beiden Punkte genauer eingehen.

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5. Es gibt ein Gericht

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Die Weltgerichtsrede nach Matthäus spricht hier eine deutliche Sprache. Ihr zufolge entscheidet sich unser ewiges Heil an Begegnungen mit notleidenden Menschen, in denen wir Christus selbst annehmen oder abweisen, ohne in ihnen Christus zu identifizieren:

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TEXT 8a:
„Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid,
nehmt das Reich in Besitz,
das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.
Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben [...]“ (Mt 25,34–35)
Oder aber:
„Weg von mir, ihr Verfluchten,
in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist!
Denn ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben [...]“ (Mt 25,42)
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Zwei Dinge schärft uns diese Gleichnisrede ein: Erstens entscheidet sich unser ewiges Leben in Ereignissen der Begegnung mit Christus, die jederzeit mitten in unserem gegenwärtigen Leben erfolgen können. Zweitens begegnen in diesen Ereignissen ausnahmslos alle Menschen – und damit auch wir Christen – Christus, ohne ihn als Christus zu erkennen. In diesem Sinn sind wir in den heilsentscheidenden Momenten unseres Lebens alle „anonyme Christen“. Denn jede und jeder wird fragen: „Wann haben wir dir (nicht) zu essen gegeben?“

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TEXT 8b:
„Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen:
Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen
und dir zu essen [oder nicht zu essen] gegeben? [...]
Darauf wird der König ihnen antworten:
Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten
Brüder getan [oder nicht getan] habt, das habt ihr mir getan [oder nicht getan].“ (Mt 25,39–45)
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In den entscheidenden Momenten unseres Lebens begegnet Christus auch uns Christen, ohne dass wir ihn als Christus erkennen. Wie die Nichtchristen, so müssen auch wir uns auf unsere Herzenserkenntnis verlassen. Diese aber legt er durch den Heiligen Geist in unsere Herzen hinein. So hängt alles davon ab, dass wir diese seine Herzensgnade nicht abweisen.

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Wie das gelingen oder auch scheitern kann, zeigt uns das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das die beste Erklärung für die Weltgerichtsrede gibt:

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TEXT 9:
„Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen.
Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab;
er sah ihn und ging vorüber.
Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle;
er sah ihn und ging vorüber.
Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm;
er sah ihn und hatte Mitleid [...]“ (Lk 10,30–33)
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Da sind drei Menschen, ein Priester, ein Levit und ein Samariter. Jeder von ihnen sieht den unter die Räuber Gefallenen. Das ist ein ganz besonderes, gottgeschenktes Sehen: Gott öffnet jedem der drei die Augen und das Herz für den Zusammengeschlagenen im Straßengraben.

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Um in diesem Gleichnis die Weltgerichtsrede wiederzuerkennen, müssen wir uns bewusst machen, dass Jesus jedem der drei in Gestalt des unter die Räuber Gefallenen begegnen will.

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Aber nur der Samariter nutzt diesen Gnaden-Kairos. Nur von ihm heißt es: „Es sah ihn und hatte Mitleid.“

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Der griechische Urtext zeigt uns, dass das ein ganz besonderes, übernatürliches Mitgefühl ist, das uns zugleich mit einem Notleidenden, mit Gott und mit uns selbst in eine geradezu körperliche Verbindung bringt.28

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Wie zuvor das Sehen, so ist auch dieses gesteigerte Mitgefühl keine lästige Pflicht, sondern ein Gnadengeschenk Gottes, das uns zum Nächsten anderer und zum Nächsten Christi verwandelt.29

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Aber nur der Samariter erhält dieses Gnadengeschenk. Warum nicht auch der Priester und der Levit? Weil sie aktiv gegengelenkt haben. Als sie ihre Herzensbewegung für den Notleidenden spürten, wechselten sie sofort die Straßenseite,30um nicht zu sehen. Aber dafür war es schon zu spät. Sie haben den Zusammengeschlagenen bereits gesehen. In ihm ist ihnen Christus bereits begegnet. Gottes Gabe hat sie erreicht und in ihrer allerersten Reaktion konnten sie nicht anders, als ihr Herz ein Stück weit zu öffnen.

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Trotzdem ist es ihnen möglich, vorbeizugehen. Aber in ihr Herz hat sich unauslöschlich die richtende Wahrheit eingegraben: „Ich habe gesehen und wollte nicht sehen.“ So haben sie Anstoß genommen.31 In der Begegnung mit Christus im Weltgericht am Ende der Zeiten werden sie sich daran erinnern. Davor, dass uns das nicht passiert, warnt uns Jesus in seiner Rede vom Weltgericht.

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6. Rettung durch Gericht hindurch: Das Wunder von Pfingsten

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„Aber wer kann dann noch gerettet werden?“32 – Antwort: Durch den Heiligen Geist lässt Jesus Christus mitten im Gericht Rettung aufbrechen. Wie sich das ereignet, zeigt besonders deutlich das Pfingstwunder. Ich meine hier nicht das Sprachenwunder, sondern das Wunder der Predigt des Petrus, die er erfüllt vom Heiligen Geist gehalten hat. Dort schaffte Petrus etwas, was nur der Heilige Geist ermöglichen kann: Einerseists wandte sich Petrus an die Juden und jüdischen Autoritäten als Brüder– mit maximaler Freundlichkeit und Solidarität:

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TEXT 10a:
„Brüder, ich darf freimütig zu euch reden: [...]“ (Apg 2,29)
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Und zugleich konfrontierte er sie mit der verdrängten Wahrheit ihrer Schuld – mit maximaler Kritik:

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TEXT 10b:
„Mit Gewissheit erkenne also das ganze Haus Israel:
Gott hat ihn zum Herrn und Christus gemacht,
diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.“ (Apg 2,36)
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Mit dieser maximalen kritischen Solidarität setzte Petrus jenen verborgenen Winkel in ihren Herzen frei, wo der lebendige Jesus, den sie nie ganz loswurden, sich immer noch verborgen hielt. Und dadurch öffnete Christus ihnen neu einen Zugang zum Himmelreich und ewigen Leben. Sie gelangten in eine neue Entscheidungssituation, die sie in diesem glücklichen Fall auch annahmen:33

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TEXT 10c:
„Als sie das hörten, traf es sie mitten ins Herz
und sie sagten zu Petrus und den übrigen Aposteln:
Was sollen wir tun, Brüder?
Petrus antwortete ihnen:
Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung eurer Sünden;
dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.
       Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung
und all denen in der Ferne, die der Herr,
unser Gott, herbeirufen wird. [...]
Die nun, die sein Wort annahmen, ließen sich taufen.
An diesem Tag wurden ihrer Gemeinschaft
etwa dreitausend Menschen hinzugefügt.“
(Apg 2,37–41)
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Damit öffnet Gott eine neue Heilsschance für sie, ihre Kinder, das ganze Volk – und für alle Menschen, die irgendwann in irgendeiner Gestalt Christus abgewiesen haben. Auch für dich und mich.

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Schlussgebet

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Großer herrlicher Gott. Wir danken dir für deine Macht und Güte.
Deine Macht ist uns unbegreiflich, durch und durch gewaltlose Liebe.
Und deine Liebe ist uns unbegreiflich: so sanft und zugleich durch und durch voller Macht.
Du bist ein Gott, mächtig um zu rettenmighty to Save.
Amen.

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PS. Wenn du dich tiefer mit dem Thema dieses Vortrags auseinandersetzen willst, empfehle ich dir den Spezialkurs der Wiener Theologischen Kurse:
Allmächtig. Was können wir Gott noch zutrauen?
Drei Tage mit Willibald Sandler in Salzburg, im Bildungshaus St. Virgil von 26. bis 28. April 2024.
Anmeldung: https://www.theologischekurse.at/veranstaltungen/25060/allmaechtig.-was-koennen-wir-gott-noch-zutrauen

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Anmerkungen

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1 Eine Anmeldung ist über https://chat.whatsapp.com/Evurdmz9zaH9lg5fWn1WQ0 möglich.

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2 Vergleiche das gleichnamige Lied von Hillsong. Hier der Refrain:
„Savior, He can move the mountains
For my God is mighty to save
He is mighty to save
Forever, author of Salvation
He rose and conquered the grave
Jesus conquered the grave.“

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3 „Er tat, was dem Herrn missfiel“. So heißt es zwangzigmal im Zweiten Buch der Könige: 2 Kön 3,2, 8,18; 8,27; 13,2; 13,11; 14,24; 15,9; 15,18; 15,24; 15,28; 17,2; 17,17; 21,2; 21,6; 21,16; 21,20; 23,32; 23,37; 24,9; 24;19.

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4 Vergleiche das Buch Haggai, mit der starken Botschaft:
„Nun aber spricht der HERR der Heerscharen:
Überlegt doch, wie es euch geht!
Ihr sät viel und erntet wenig; ihr esst und werdet nicht satt;
ihr trinkt, aber zum Betrinken reicht es euch nicht;
ihr zieht Kleider an, aber sie halten nicht warm,
und wer etwas verdient, verdient es für einen löcherigen Beutel.
So spricht der HERR der Heerscharen:
Überlegt also, wie es euch geht!
Geht ins Gebirge, schafft Holz herbei und baut den Tempel wieder auf!“ (Hag 1,5–7).

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5 Vgl. die berührende Umkehrgeschichte in Esra 3.

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6 Ez 34,23f; 37,24.25; Hos 3,5.

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7 Vgl. Dan 7,13.

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8 Vgl. Dan 7,13.

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9 Vgl. Dan 2,44.

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10 Vgl. 2 Kön 2; Sir 48,12.

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11 Vgl. Mt 2,16.

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12 „Der gruselige Johannes“: Nach der Filmserie „The Chosen
“, die ich trotz einiger inhaltlicher Vorbehalte von Herzen empfehlen kann, neckt Petrus mit diesen Worten seinen Bruder Andreas, den ehemaligen Johannesjünger.

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14 Vgl. Mt 11,19.

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15 Vgl. Mt 11,11.

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16 Vgl. Lk 4,19 mit Jes 61,2.

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17 Vgl. Joh 7,37 mit Jes 52,5.

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18 Eine berühmte Kippfigur ist die je nach Perspektive alte oder junge Frau. Vgl. https://www.brillen-sehhilfen.de/optische-taeuschungen/kippbilder.php

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19 Vgl. Jes 61,1–2.

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20 Das Wort für „Anstoß nehmen“ ist im Griechischen „skandalízomai“. Da steckt das Wort skandalon drin, von dem unser Wort „Skandal“ kommt. Aber wörtlich bedeutet es „Stolperstein“. Gemeint ist also, dass jemand in der Begegnung mit Jesu Verkündigung und Heilshandeln zu Fall kommt. Beispiele dafür werden wir noch anschauen.

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21 Siehe oben, Text 3.

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22 Zuvor hat Jesus einen Text aus dem Buch Jesaja vorgelesen. Darin steht etwas ganz Ähnliches, als was Jesus Johannes dem Täufer auf seine zweifelnde Rückfrage geantwortet hat (s.o. Text 6):
„Der Geist des Herrn ruht auf mir;
denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt,
damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe;
damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde
und den Blinden das Augenlicht;
damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4,18–19)

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23 Das wird noch deutlicher in der Parallelstelle im Markusevangelium: „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm“ (Mk 6,3).

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24 Vgl. Lk 4,22c: „Ist das nicht Josefs Sohn?“ und Lk 4,24: „Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.“

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25 Vgl. Lk 4,23: „Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat!“

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26 Vgl. Kol 1,15–20.

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28 „... und er hatte Mitleid“ (Lk 10,33): Diese verbreitete Übersetzung ist viel zu harmlos für das, was hier ausgesagt wird: Das verwendete Verb „esplanchnísthe“ kommt von „splánchna“, was „Eingeweide“ bedeutet. Wörtlich wäre zu übersetzen: Der Samariter wurde vereingeweidet oder in seinen Eingeweiden erschüttert. Man könnte auch sagen: Der Anblick des Zusammengeschlagenen ging ihm durch und durch. — Das Verb splanchnízomai gehört zu den erstaunlichsten in der ganzen griechischen Bibel. Nur zwölfmal kommt es vor, und zwar ausschließlich in den Evangelien. Achtmal beschreibt es ein inneres Ergriffenwerden Jesu, das jeweils einem besonderen Heilshandeln vorausgeht, einmal erbittet es ein zweifelnder Fürbitter von Jesus (Mk 9,21) und je einmal kommt es in den drei großen Mitleidsgleichnissen vom barmherzigen Samariter (Lk 10,33), dem barmherzigen Vater (Lk 15,20) und dem barmherzigen Gläubiger (Mt 18,27) vor. Vgl. dazu Willibald Sandler, Größere Tiefe, die in größere Weite führt. Biblische Grundlagen für eine christliche Samenkorn-Spiritualität. Publikation in Vorbereitung.

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29 Vgl. Jesu Rückfrage an den Gesetzeslehrer, auf dessen Frage, wer denn unser Nächster ist, Jesus mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter geantwortet hat: „Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde?“ (Lk 10,36).

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30 „Er sah ihn und ging vorüber“ (2x in Lk 10,31.32). Für „Vorübergehen“ verwendet der griechische Urtext das ganz spezielle und sehr seltene Verb „antiparérchomai“. Érchomai heißt „gehen“. Parerchomai heißt „vorbeigehen“. Antiparérchomai heißt „auf der anderen (Straßen-)Seite vorbeigehen.

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31 Vgl. oben, Jesu Antwort an Johannes den Täufer: „Selig, wer an mir keinen Anstoß nimmt“ (Mt 11,6 = Text 6).

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32 Vgl. Mt 19,25: „Als die Jünger das hörten, gerieten sie ganz außer sich vor Schrecken und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden?“ – Hier stellen die Jünger diese Frage, nachdem der reiche Jüngling, der sich nach dem ewigen Leben sehnte, traurig von Jesus weggegangen war, weil er seinen Reichtum, der ihn hinderte, Jesu Nachfolgeruf zu folgen, nicht weggeben konnte. Das ist eine weitere Schriftstelle, die die Weltgerichtsrede auslegt. Die erschütterte Frage, wie wir dann noch gerettet werden können, ergibt sich auf Jesu Erklärung, dass die weg- oder vorbeilaufenden Menschen (von sich her) nicht in das Himmelreich hineinkommen können – „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr“ (Mt 19,24.

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33  Aber auch das ist keine Heils-Automatik. Stephanus predigte ähnlich wie Petrus. Auch er begegnete den Menschen in kritischer Solidarität – erfüllt vom Heiligen Geist (vgl. Apg 6,15). Er konfrontierte sie nicht nur mit harter Kritik, sondern ebenso wie Petrus sprach auch er die Menschen solidarisch als Brüder an (vgl. Apg 7,2). Aber die anwesenden Menschen entzogen sich der Erschütterung: „Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten gemeinsam auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn“ (Apg 7,57–58). Stephanus war der erste vom Heiligen Geist inspirierte Zeuge, der den Weg der Kreuzesnachfolge, des Martyriums ging. – Aber auch so wurden die Verfolger Christus nicht los. Im Gegenteil: Da die Christen Tod und Verachtung nicht fürchteten, breitete sich das Evangelium durch die Verfolgung noch mehr aus. Denn: „Die Gläubigen, die zerstreut worden waren, zogen umher und verkündeten das Wort.“ (Apg 8,4).

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