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Ins Heute gesandt, die frohe Botschaft zu verkünden. Predigt in der Jesuitenkirche zum 50. Todestag von P. Josef A. Jungmann SJ
(Predigt vom 26. Jänner 2025)

Autor:Niederbacher Bruno
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2025-01-30

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Was für ein schöner Zufall! Nehemia schreibt über den Gottesdienst, das Evangelium berichtet über Jesus im heimatlichen Gottesdienst, und dies fällt genau auf den 50. Todestag eines Mannes, der sein Leben lang über den Gottesdienst geforscht, gelehrt, geschrieben und großen Einfluss auf die Gottesdienstgestaltung unserer Zeit genommen hat: des Jesuiten und Professors an unserer theologischen Fakultät P. Josef A. Jungmann SJ. Und was für ein schöner Zufall, dass – ohne es zu planen – heute ich der Messfeier vorstehen darf. Denn P. Jungmann ist nicht nur ein Südtiroler wie ich, er stammt auch noch aus meinem Nachbardorf Sand in Taufers im Tauferer-Ahrntal. Heute möchte ich euch Einiges von ihm erzählen, das gut zum Evangelium passt.

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1. P. Jungmann wurde noch in der Zeit der k. und k. Monarchie geboren und 1913 zusammen mit seinem Bruder Franz Xaver zum Priester geweiht. Die Doppelprimiz der Bruggnmüller-Söhne in Sand in Taufers war ein großes Fest. Als Kooperator erlebte er die volkstümliche Religiosität: ein Durcheinander von Glaubenssätzen, Geboten, Andachtsübungen, an die sich die Leute eher lustlos hielten. Sie hatten die Formeln der Katechismen auswendig gelernt, erfüllten die Sonntagspflicht, aber eine lebendige, persönliche Christusbeziehung, die befreit und Freude macht, kannten viele nicht. In dieser Zeit reifte seine grundlegende Einsicht, die sein ganzes Leben und Arbeiten prägten: Katechese, Glaubenspraxis, Gottesdienst sollte zur Freude führen, Sakramente sollten als „Geschenke der göttlichen Liebe“ (13) erlebt werden. Seine Gedanken legte er in dem Essay „Der Weg zur christlichen Glaubensfreudigkeit“ nieder. Daraus entstand das 1936 erschienene Buch Die Frohbotschaft und unsere Glaubensverkündigung. Schon in den ersten Zeilen weist P. Jungmann darauf hin, dass Jesus kam, um uns das Evangelium Gottes zu verkünden, die frohe Botschaft. Auch der Apostel Paulus predigte im Bewusstsein, der Welt etwas Frohes und Beglückendes zu sagen. Leider rief Jungmanns „harmloses Büchlein“ (14) Unruhe hervor, weil er nahelegte, dass manche religiöse Andachten reformbedürftig seien. Bereits drei Wochen nach Erscheinen wurde es aus dem Handel genommen. Paulus Rusch, der spätere Bischof von Innsbruck, erinnert sich, als junger Theologiestudent dieses Buch sehr begrüßt und voll bejaht zu haben. Es habe ihn hart getroffen, dass es vom Orden zurückgezogen wurde. Es war für Rusch auch befremdlich, dass der damalige Regens des Canisianums jedem Theologen das Geld zurückgeben wollte, das er für dieses Buch ausgegeben hatte. Zitat Rusch: „Als ich Bischof wurde, habe ich mir, trotz Vergriffenseins, sofort eine große Zahl dieser Bücher für unseren Klerus beschafft.“ (123) Jungmanns Urintuition war: Freude aus dem Glauben an Jesus Christus.

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Dies deckt sich mit dem, wie Jesus seine Sendung verstand: den Armen eine frohe Botschaft zu bringen; den Gefangenen die Entlassung zu verkünden und den Blinden das Augenlicht; die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen und ein Gnadenjahr des Herrn auszurufen. Dies ist auch ein Wink für mich, für uns: Wo erlebe ich die Gnade des Herrn? Wo erlebe ich mich von ihm beschenkt? Wo erlebe ich meinen Glauben als befreiend, beglückend, frohmachend? Da ist er echt. Darauf möchte ich mich konzentrieren. Da möchte ich weitermachen. Die Freude am Herrn soll meine Stärke sein.

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2. P. Jungmann erlebte die Aufbrüche in Theologie und Liturgie. Mit den jungen Jesuiten empfand er die damalige Schultheologie in viele Einzelfragen zersplittert, unhistorisch, nicht hilfreich für Studenten, die später als Pfarrer das Evangelium verkünden sollen. Der damalige Provinzial hielt nach einer Visite des Jesuitenkollegs in Innsbruck in den 30er Jahren fest: „Es wächst eine Generation heran, die uns nicht mehr versteht, die ganz anders ist als wir, die alles erlebnismäßig erfassen will, die unsere rationale Art ablehnt.“ (aus Rudolf Pacik, Josef Andreas Jungmann und die Innsbrucker Verkündigungstheologie. In: ZKTh 142.2, 2020, 176). Es war eben der Versuch, das Evangelium ins Heute hineinzusagen. Interessanterweise holte sich Jungmann die Ideen zur Reform der Liturgie aus ihrer Geschichte. Sein auf der ganzen Welt bekanntes Meisterwerk Missarum Sollemnia (wörtlich: Die Feiern der Messe[n]) stellt die Entwicklung der römischen Messe von den ersten Anfängen dar. Die Geschichte lehrt uns, worauf es ankommt. Sie lehrt uns aber auch, dass Vieles möglich war und daher auch heute Anderes möglich ist. Mit diesem Buch hat Jungmann wesentlich zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils beigetragen. Er war auch persönlich dort, hat als Berater in Gremien mitgearbeitet und ein Tagebuch verfasst, das nun zugänglich wird. Aggiornamento war das Motto des Konzils: Verheutigung.

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Das war auch Jungmanns Anliegen, und es deckt sich wieder mit dem, wie Jesus seine Sendung verstand. Er sagt nämlich: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ Dies ist auch ein Wink für mich, für uns: Gott spricht in mein Heute hinein. Am Abend blicke ich auf den Tag zurück und manchmal tue ich es mit der Frage: Welches Wort Gottes ist heute bei mir in Erfüllung gegangen?

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3. P. Jungmann erlebte ein Jahrhundert mit zwei Weltkriegen. Nach Aufhebung der theologischen Fakultät durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 wurde er als Professor fristlos entlassen. Als Rektor des Jesuitenkollegs musste er erleben, wie das Kolleg 1939 ebenfalls aufgelöst und enteignet wurde. Von einer Stunde auf die andere musste er mit seinen Mitbrüdern das Haus verlassen. Während des Krieges arbeitete er unter schwierigen Umständen in Wien und Hainstetten an seinem doppelbändigen Werk über die Messe (1948); ein „Kriegskind“ – wie er es im Vorwort nennt – mit dem er als Liturgiewissenschaftler Erfolg hatte und zu Weltruhm kam. Dabei war er kein lauter Revolutionär. Er war ein stiller, eher unauffälliger Mensch, und die Langeweile seiner Vorlesungen war legendär. Und doch war da eine Kraft, ein Mut, ein Durchhaltevermögen und ein feiner Humor.

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Er hatte eine Sendung, die er mit Leidenschaft verfolgte. Er hatte der Kirche etwas Wichtiges zu sagen, etwas, das vielleicht nur er sagen konnte, und er hat es gesagt. So hat er die frohe Botschaft Jesu weitergesagt und fortgeschrieben. Und das deckt sich mit dem, wie Jesus sich verstand: „Ich bin gesandt…“ Das ist ein Wink auch für mich, für uns: Wie werde ich das Evangelium fortschreiben mit der Kraft meines Herzens, mit meinen Gedanken, Worten und Werken?

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Kurz vor seinem Tod schrieb der schon fast blinde P. Jungmann an P. Johannes Hofinger SJ: „Ich bin […] in die Krankenabteilung gezogen, wo ich als Einsiedler lebe zwischen Zeit und Ewigkeit, ganz froh der Stunde gewärtig, wenn er kommt und anklopft… Das Anklopfen auch schon in Form gelegentlicher Kreislaufstörungen.“ (82) Heute vor 50 Jahren, am 26. Jänner 1975, starb er. Begraben ist er in der Krypta unserer Kirche, wo heute das Licht Jesu Christi für ihn brennt. Ich lade Sie ein, nach der Messe seine Grabstätte zu besuchen und eine Gedenkkarte an ihn mitzunehmen.

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Die Zitate stammen aus: Balthasar Fischer und Hans Bernhard Meyer (Hrsg.): J.A. Jungmann. Ein Leben für Liturgie und Kerygma. Tyrolia, Innsbruck u. a. 1975.

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