- Leseraum
| René Girard und Wolfhart Pannenberg: Religionswissenschaft und TheologieAutor: | Schwager Raymund |
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Veröffentlichung: | |
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Kategorie | artikel |
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Abstrakt: | |
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Publiziert in: | Kerygma und Dogma. Zeitschrift für theologische Forschung und
kirchliche Lehre 44 (1998) 172-192. |
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Datum: | 2001-10-09 |
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Inhalt1
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Das Verhältnis zwischen Religionswissenschaft und christlicher Theologie ist spannungsgeladen. Als gegen Ende des letzten Jahrhunderts ein reiches religionsgeschichtliches Material aus dem Umfeld des Alten und Neuen Testaments ins Blickfeld der Forschung trat, "war für die neutestamentliche Wissenschaft die Gefahr des alleinigen Konstatierens von Parallelen und damit der Verflüchtigung urchristlicher Anschauungen in Nachweisungen ihrer Abhängigkeit im weiten Feld der Religionsgeschichte gegeben" (1). Dies führte u.a. zum Panbabylonismus. (2) Gegen solche Einebnungen gab es zwar klare Reaktionen, dennoch blieb im Rahmen der religionsgeschichtlichen Forschung die Überzeugung von einer endgültigen Offenbarung in Christus sehr fraglich. Dies dürfte einer der Hauptgründe gewesen sein, weshalb nach dem ersten Weltkrieg die dialektische Theologie den religionsgeschichtlichen Ansatz weitgehend verdrängen konnte.
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In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Situation wieder geändert, und die religionswissenschaftliche Fragestellung ist schrittweise erneut in den Vordergrund getreten.(3) Damit tauchen aber auch die alten Probleme wieder auf, die heute durch den Kontext eines fast unbegrenzten Marktes an kulturellen und religiösen Angeboten noch verstärkt werden. Die Forderung nach Offenheit und Dialogfähigkeit tendiert zum postmodernen Pluralismus und im theologischen Bereich zur pluralistischen Religionstheologie, für die mindestens mehrere Religionen mit gleichem Recht den Anspruch auf 'ihre' Wahrheit erheben können. (4) Aus der religionsgeschichtlichen Betrachtungsweise und der damit gegebenen offenen Haltung gegenüber den vielen Religionen scheint sich folglich fast unweigerlich die Tendenz zu ergeben, das überlieferte christliche Verständnis von einer definitiven Offenbarung aufzulösen.
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In diesem Kontext ist es überraschend, daß heute zwei Autoren, deren große und umfangreiche Werke seit Jahrzehnten durch eine konsequente religionsgeschichtliche Perspektive bestimmt sind, entschieden den christlichen Anspruch auf Wahrheit betonen und zum Widerstand gegen einen beliebigen Pluralismus aufrufen. W. Pannenberg warnt die Kirche vor der Anpassung an die säkularistische Kultur und vor der Relativierung der Wahrheit, und er fordert: "An die Stelle der Bereitschaft zur Anpassung an das Zeitbewußtsein muß an diesem Punkt die Entschlossenheit zum Widerstand treten."(5) Ähnlich reagiert R. Girard, der sich als Nicht-Theologe sehr ausführlich mit der religiösen Problematik und den biblischen Schriften befaßt und der in seinem ersten Arbeitsgebiet, in der Literaturwissenschaft besonders radikal mit der Pluralismusproblematik konfrontiert wird. Gegen alle modischen Programme der 'textlichen Unbestimmtheit' und der 'endlosen Interpretation' hält er den Anspruch auf Wahrheit aufrecht (6), und er kritisiert jene Christen, die ihre Wahrheit für ein Linsengericht verkaufen (7). Angesichts dieser doppelten gemeinsamen Ausrichtung (religionsgeschichtlich, antipluralistisch), die gegen den herrschenden Zeitgeist steht, ist es nun auffallend, daß beide Werke auf den ersten Blick nicht gut miteinander zu harmonieren scheinen.(8) Trotz seiner religionsgeschichtlichen Ausrichtung erweckt Girard den Eindruck, näher bei K. Barth zu stehen, mit dem sich Pannenberg immer wieder kritisch auseinandersetzt. Dieser auffallende Sachverhalt legt es nahe, beide Entwürfe näher miteinander zu vergleichen. Wenn nämlich trotz der gemeinsamen Perspektive und Zielrichtung beide Werke heterogen wären, dann würde dies einerseits Fragen nach der inneren Kohärenz beider Entwürfe aufwerfen, anderseits könnte man darin sogar ein Zeichen sehen, daß die Pluralisten letztlich doch recht haben, wenn sie eine allgemeine Wahrheit ablehnen. Wenn nämlich gegensätzliche Argumentationen zum gleichen Ergebnis führen würden, dann wären die Argumentationen fraglich, und die Ergebnisse stünden im Verdacht, das Produkt subjektiver Vor-Urteile zu sein.
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Trotz der erwähnten Distanz zeigen sich bei Pannenberg und Girard zunächst klare sachliche Übereinstimmungen. Beide stellen ihre Arbeiten bewußt in den Kontext der Aufklärung, die alle vorgegebenen Autoritäten kritisiert und zur Vergeschichtlichung des Wahrheitsbewußtseins geführt hat. Beide Autoren betrachten deshalb die biblischen Schriften zunächst nicht als heilige Bücher mit autoritativem Anspruch, sondern behandeln sie als religionsgeschichtliche Dokumente. (9) Wie die frühere religionsgeschichtliche Schule sehen sie die religiösen Überzeugungen Israels stark in die allgemeine Religionsgeschichte hinein verwoben. Beide heben aber - und dies im Unterschied zur üblichen religionsgeschichtlichen Betrachtung - den alttestamentlichen Glauben in entscheidenden Punkten deutlich von seiner religiösen Umwelt ab. Nach Pannenberg kann von einer besonderen Offenbarung erst dann gesprochen werden, wenn die Realität der in religiösen Erfahrungen vorausgesetzten Gottheit "selber zum Gegenstand des Offenbarungsgedankens" (STh 1, 210) wird, was in Israel nur langsam und schrittweise geschehen ist. "In den Auseinandersetzungen der Exilszeit um die Gottheit Jahwes, die in den Worten des zweiten Jesaja ihren Niederschlag gefunden hat, ist dieser Schritt zumindest angebahnt worden" (STh 1,210). Hier trat durch die "Verlagerung der entscheidenden 'Offenbarung' in die Zukunft" (STh 1, 233) ein Wende ein. War die Heilsgeschichte im frühen Israel noch einem Mythos vergleichbar (vgl. STh 1, 160.185f.217f.278), so wurden durch die Propheten der Exilszeit die "heilsgeschichtlichen Denkformen auf die weltpolitischen Umwälzungen der späten judäischen Königszeit und besonders der Zeit des babylonischen Exils mit dem Aufstieg des Perserreiches" (STh 1,269) angewandt. "Dem entspricht, daß in der von den Exilspropheten Ezechiel und Deuterojesaja erwarteten Vollendung der Geschichte der Gott Israels nicht nur als der einzige von Israel zu verehrende Gott, sondern als der einzige Gott überhaupt erwiesen wird" (STh 2,269). Diese Ausweitung des Jahweglaubens auf die ganze Geschichte hat in der späteren Apokalyptik mit ihrem Blick auf das Ende der Welt nochmals eine besondere Akzentuierung erfahren. Für Pannenberg ist folglich die Universalisierung der religiösen Frage und die Ausrichtung auf die Zukunft und auf das Ende entscheidend.
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Auch Girard sieht bei Deuterojesaja einen Wendepunkt in der Geschichte Israels. Er begründet dies allerdings etwas anders. Nach ihm wird die Distanz zum Mythos dort möglich, wo kollektive Gewalt- und Projektionsmechanismen durchschaut und kritisiert werden, wie dies in den Liedern vom Gottesknecht bei Deuterojesaja besonders deutlich der Fall ist. (10) Nur wenn die Vorstellung von der Gottheit nicht mit den kollektiven Wünschen des eigenen Volkes und mit den negativen und gewalttätigen Projektionen auf andere Völker vermengt wird, kann die Frage nach dem wahren Gott richtig gestellt werden. Dies ist aber nur möglich, wenn die Geschichte der vielen Völker ins Blickfeld der religiösen Erfahrung tritt und die unmittelbaren Interessen des eigenen Stammes oder des eigenen Volkes auch kritisiert werden können (prophetische Gerichtsworte). Unter dieser Rücksicht trifft sich Girard mit Pannenberg, und er steht wie dieser positiv zu den apokalyptischen Texten.(11) Während Pannenberg aber nachzeichnet, wie die universale Perspektive durch die schrittweise Ausweitung des Blickes auf die ganze Geschichte gewonnen wurde, hebt Girard stärker hervor, daß sich die universale Sicht aus der Erfahrung der Leidenden und der Opfer der Gewalt ergibt. (12) Wo eine Gottheit verfolgte Leidende befähigt, den Angriffen ihrer Gegner innerlich nicht zu erliegen (vgl.Jes 50,4-9; Ijob (13)), dort werden kollektive Projektionen durchbrochen und eine neue Wahrheit kommt zur Sprache. Für Girard ist deshalb der Gott der Bibel vor allem ein Gott der Opfer (14), wobei es sowohl Ähnlichkeiten als auch klare Unterschiede zwischen den biblischen Erzählungen und den Mythen anderer Religionen und Kulturen gibt.(15) Beides, das Gemeinsame und das Unterscheidende, illustriert Girard gern durch den Vergleich zwischen der biblischen Erzählung von Kain und Abel und dem Gründungsmythos von Rom mit Romulus und Remus. (16) In beiden Fällen haben wir es (1) mit zwei Brüdern zu tun, von denen (2) einer den anderen tötet, wobei (3) der Mörder zugleich der Gründer einer Stadt ist. Trotz dieser gemeinsamen Elemente besteht aber ein entscheidender Unterschied, denn der römische Mythos stellt sich in die Linie von Romulus, den Mörder und Gründer der Stadt, während in der biblischen Erzählung der Gott Israels für das Opfer der Gewalt Partei ergreift. Im Alten Testament gibt es allerdings auch andere Tendenzen, denn Jahwe erscheint nicht selten als ein rächender, verfolgender und tötender Gott. (17) Aus der Perspektive Girards muß deshalb der alttestamentliche Text als ein Mischtext betrachtet werden, in dem einerseits alte mythische Vorstellungen weiterwirken und der anderseits von einem neuen prophetischen Impuls durchdrungen und bearbeitet wird, ein Impuls, der sich schrittweise als Offenbarung des wahren Gottes erweisen wird. Da auch Pannenberg im Alten Testament ein starkes Weiterwirken der mythischen Tradition sieht, teilt er im wesentlichen diese Sicht.
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Reichen die Übereinstimmungen zwischen Pannenberg und Girard tiefer, oder verbirgt sich unter den zunächst vagen Parallelen eine größere Differenz? Ein sachlicher Gegensatz scheint tatsächlich aufzubrechen, sobald man nach der Wertung des vorbiblischen Mythos fragt. Pannenberg versteht die ganze Religions- und Weltgeschichte als eine schrittweise Offenbarung des wahren Gottes (STh 1, 167-188.355-364; 3,473-567). Er fällt deshalb ein relativ positives Urteil über den Mythos und sieht in ihm eine erste Offenbarung der Mächtigkeit des Göttlichen. Girard deutet hingegen den Mythos als kollektive Projektion und steht auf den ersten Blick ganz in der Nähe von K. Barth mit seiner Gegenüberstellung von Offenbarung und Religion. Dieser Gegensatz zur Religion macht rasch verständlich, weshalb Girard sich gegen den postmodernen Pluralismus wendet, dafür wird bei ihm fraglich, ob er eine echte religionswissenschaftliche Perspektive durchhalten kann. Bei Pannenberg liegen die Dinge gerade umgekehrt. Seine positive Wertung des Mythos paßt zu seiner religionsgeschichtlichen Betrachtungsweise, seine Absage an den Pluralismus wirkt hingegen überraschend. Hier drängt sich deshalb bei beiden eine nähere Klärung auf.
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Trotz seines positiven Urteils zum Mythos steht auch Pannenberg vor der Tatsache, daß zur mythischen Welt die Vielfalt der Gottheiten gehört, die dem Glauben an den einen Gott widerspricht. Diesen Gegensatz entspannt er dadurch, daß er stark die geschichtliche Entwicklung der Gottesgestalten betont, eine Entwicklung, die nach ihm schon von Anfang an eine Tendenz zur Einheit hatte (18) und die im Laufe der Epochen immer deutlicher die Frage des Monotheismus aufwarf und deshalb als schrittweise Offenbarung verstanden werden kann. "Da das Bewußtsein von einer die Vielheit ihrer Manifestationen dominierenden Einheit der Gottheit nach heutigem Wissensstand in den Anfängen der Kulturgeschichte der Menschheit jedenfalls nicht definit, sondern allenfalls implizit in der Spannung des Einen und des Vielen gegeben war, so liegt es nahe, die Religionsgeschichte als Erscheinungsgeschichte der Einheit Gottes zu betrachten, die von dem einen Gott selbst bewirkt ist als Weg zur Offenbarung seines Wesens" (STh 1,164). Trotz dieser eher harmonischen Darstellung weiß Pannenberg, daß die Entwicklung nicht konfliktfrei verlaufen ist, sondern daß viel Allzumenschliches in die Gottesgestalten hineinprojiziert wurde. Im Blick auf die Mythologie mußte ja schon der griechische Philosoph Isokrates (436-338 v.Chr.) feststellen: "So arge Lehren haben die Dichter über die Götter selber verkündet, wie sie niemand von seinen persönlichen Feinden behaupten möchte." (19) Ebenso deutlich und mit noch schärferem Engagement haben die Propheten in Israel die Greuel des Götzendienstes angegriffen. Pannenberg erklärt diese Verfallsformen des Religiösen vor allem durch die Magie, die "mit voller Absicht das Heilige für profane Zwecke" benützt. "Magisches Verhalten ist darum Verfallsform der Religion, weil ihr die Gottheit nicht mehr Selbstzweck ist, wie im Akt der Anbetung. Aber die Übergänge sind fließend, und in den Übergängen zwischen Religion und Magie kommt es zu den Greueln des religiösen Lebens, zu den Exzessen des Opfers, des religiösen Fanatismus, zu Machtanmaßung und Machtmißbrauch der Priester. Die Ekstatik der Anbetung und ihre Verkehrung zum magisch wirksamen Ritus sind oft unentrinnbar miteinander verschlungen" (STh 1,202). Wenn es diese unentrinnbare Verschlingung zwischen Anbetung und Magie gibt, dann muß man auch mit psychischen oder gesellschaftlichen Mechanismen rechnen, durch die verkehrte menschliche Vorstellungen und Bedürfnisse in die Gottesgestalten hineinprojiziert werden. Die Geschichte der Religionen kann deshalb nicht nur eine Geschichte der Offenbarung sein, sondern sie muß ebenso als eine Geschichte der Sünde und pervertierter religiöser Vorstellungen verstanden werden. Aus diesem Grund nimmt Pannenberg ausdrücklich "das Wahrheitsmoment in Barths theologischer Religionskritik" auf. "Religion ist zwar nicht ausschließlich, aber doch immer auch dadurch gekennzeichnet, daß die Menschen sich in ihr 'eigensinnig und eigenmächtig' gegenüber dem göttlichen Geheimnis verhalten" (Sth 1,195). Mythische religiöse Texte erweisen sich deshalb auch für Pannenberg als Dokumente, in denen Offenbarung und Perversion vermischt sind und aus denen im Laufe der Religionsgeschichte die negativen Elemente durch Reinterpretationen schrittweise ausgeschieden werden müssen. Nur wenn man diese Dimension in der Theologie Pannenbergs ganz ernst nimmt, dann bleibt sein Widerspruch gegen den modernen Pluralismus, bei dem er anderen Glaubensweisen die Wahrheit abspricht (20), verständlich und kohärent mit seiner Theologie.
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Im Unterschied zu Pannenberg betont Girard zunächst fast nur die projektive Dimension in den Mythen. Dabei vertritt er aber - im Gegensatz zu Barth - keine dogmatische These über die Religionen, sondern er entwirft eine empirische Hypothese, mittels der er die vielfältigen und oft bizarren Phänomene der Religionsgeschichte verständlich machen möchte. Den Ursprung des Mythos sieht er in ekstatischen Projektionen, durch die zufällige Opfer kollektiver menschlicher Gewalt sakralisiert werden, wobei die projizierende Gruppe zugleich auf eine für sie unerklärliche Weise 'Heil' erfährt, weil sie durch die einmütige Verlagerung der Gewalt nach außen vor ihrer Selbstzerstörung bewahrt wird (Sündenbockmechanismus). In dieser Beschreibung der mythischen Erfahrung finden sich zwei Elemente, die auch für Pannenberg wichtig sind: die ekstatische Erfahrung und die damit verbundene Heilserfahrung. Das Element der Gewalt, das für Girard sehr wichtig ist, spielt hingegen bei Pannenberg kaum eine Rolle. Deshalb haben wir auf diese Problematik ausdrücklich zurückzukommen. Zunächst stellt sich aber die Frage, ob für Girard die mythische Welt nur ein Produkt menschlicher Projektionen ist oder ob er auch in dieser verworrenen Welt einen Beginn von Offenbarung sehen kann. Gewisse radikale Formulierungen in "Das Heilige und die Gewalt" (21) und in "Das Ende der Gewalt" scheinen eher die erstere Annahme nahezulegen. (22) Dabei ist jedoch zu beachten, daß er - wie schon bemerkt - nie ein dogmatisches Urteil über die Religionen fällen will, sondern daß er mit seiner Hypothese die religionswissenschaftliche Frage verfolgt, ob die bunte Vielfalt der mythischen Welten für uns ein unverständliches Chaos bleiben muß oder ob sich relativ einfache Vorgänge aufzeigen lassen, von denen her die verwirrenden Phänomene verständlich gemacht werden können. Seine radikalen Formulierungen waren deshalb gegen jene Skeptiker unter den Ethnologen und Religionswissenschaftlern gerichtet, die auf ein Verstehen verzichten und sich nur mit einer Bestandsaufnahme der seltsamen und widersprüchlichen religiösen Vorstellungen und Praktiken benügen wollten. Wie weit seine Position sachlich von den üblichen Vertretern der Projektionstheorien entfernt ist, zeigt sich zunächst darin, daß er die religiöse Welt nie als ein Nebenprodukt des Psychologischen oder Soziologischen versteht. (23) In all seinen Werken will er vielmehr das Gegenteil nachweisen und zeigen, daß gesellschaftliche Veränderungen aus inneren Entwicklungen des Religiösen entsprungen sind, wobei er sich in diesem Punkt direkt mit Pannenberg trifft (vgl. Sth 1,165.177-180). Bereits in "Das Heilige und die Gewalt" benützt Girard auch im großen Umfang die griechischen Tragödien zur Stützung seiner Theorie (24), und er sieht in ihnen trotz ihrer Verhaftung an die mythische Welt einen prophetischen Impuls, der die Mythen teilweise entschleiert und deshalb in jene Richtung zielt, die in der Prophetie Israels noch deutlicher wurde. Wie für einige Kirchenväter so ist für Girard Antigone ein - wenn auch gebrochenes - Vorausbild des Leidens Christi. (25) Auch er rechnet folglich mit einem offenbarenden Impuls in der außerbiblischen Welt, und er spricht ausdrücklich vom Wirken des Geistes in der Geschichte. (26) Seine radikale Mythendeutung muß in diesem Kontext gesehen werden, wobei gleichzeitig sein Anliegen zu beachten ist. Er möchte aufzeigen, daß die blutigen Fehden und Gewalttaten und die sexuellen Ausschweifungen, ja Perversionen, die in den Mythen den Gottheiten zugeschrieben werden, nicht einfach wirre Erfindungen verschrobener Exzentriker waren, sondern daß diese negativen Bilder sich als Abschiebungen der allgemeinenen menschlichen Untaten auf einzelne Opfer deuten lassen: "An die Stelle der überall verbreiteten gegenseitigen Gewalt setzt der Mythos die ungeheuerliche Übertretung eines einzigen Individuums". (27) Der Mythos ist deshalb nicht pauschal zu verwerfen, sondern richtig zu lesen, nämlich als Bild einer Problematik, die alle Menschen betrifft.
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Doch wie steht es mit dem zentralsten Element im Mythos, mit der Tatsache, daß dieser übermenschliche Mächte annimmt? Ist dieses Element nur eine Projektion? Girard hat zu dieser Frage in seinen Schriften noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. (28) Wohin seine Antwort zielt, kann aber aus seiner eigenen Klärung der Mimesisproblematik abgelesen werden. Gegen Vorwürfe, er sehe die Nachahmung nur negativ, hat er zugegeben, daß seine Ausdrucksweise in seinen ersten Büchern bisweilen mißverständlich war, und er hat zugleich gezeigt, daß für ihn die positive Nachahmung letzlich entscheidend ist. (29) Er betonte sogar, daß selbst jene mimetische Begierde, die instinktiv zu Rivalitäten und zur Gewalt tendiert, insofern positiv bleibt, als sie den Menschen auf andere hin öffnet. (30) Wird der Mythos auf analoge Weise gedeutet, dann ergibt sich, daß die Annahme übermenschlicher Mächte, selbst wenn sie in allen Einzelheiten durch kollektive Projektionen überformt wird, insofern wahr ist, als sie die Menschen auf eine sie ganz überragende Macht hin anfänglich öffnet. Die Berechtigung dieser Deutung zeigt sich darin, daß Girard trotz seiner starken Betonung des Unterschieds zwischen Mythos und christlicher Offenbarung an der "paradoxale(n) Einheit alles Religiösen in der gesamten menschlichen Geschichte" (31) ausdrücklich festhält.
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Eine religionsgeschichtliche Betrachtungsweise, die nicht nivellieren will, muß sowohl die Kontinuität als auch die Diskontinuität in der Geschichte herausarbeiten. Girard und Pannenberg haben recht unterschiedliche Sensibilitäten und Forschungsinteressen, der erstere arbeitet vor allem die Diskontinuität heraus, während für den letzteren der durchgehende Zusammenhang wichtig ist. Beide anerkennen aber ausdrücklich die jeweils andere Perspektive, die notwendig ist für eine ausgewogene Beurteilung. Die Mythendeutung, bei der das Verhältnis zwischen Pannenberg und Girard kritisch zu werden schien, erweist sich deshalb keineswegs als gegensätzlich. Jeder der beiden Entwürfe bedarf vielmehr des anderen, um ganz ausgewogen zu sein. Wird dieses Ergebnis bei der Problematik der Gewalt, die noch eigenes zu behandeln ist, weiter bestätigt werden, oder zeigt sich hier doch ein tieferer Gegensatz?
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Für Girard ist das Phänomen der Gewalt in der Welt der Religionen von zentraler Bedeutung, während es bei Pannenberg umfangmäßig eine weit geringere Rolle spielt. Aus einer quantitativen Betrachtungsweise ergibt sich aber noch kein sachliches Urteil. Auch verwandte Themen, die zum Problembereich gehören, sind zu beachten. Für die Theologie Pannenbergs ist entscheidend, daß Gott im Laufe der ganzen Religions- und Weltgeschichte 'strittig' bleibt. Mit dieser These antwortet er auf die Kritik der Aufklärung an jeder vorgegebenen Autorität. Die 'Strittigkeit' ist deshalb von strukturierender Bedeutung für seine ganze Theologie, denn sie umschreibt den wissenschaftstheoretischen Status des Bekenntnisses zu Gott. Diese moderne Problematik ist nun nicht nur ein wissenschaftliche Angelegenheit, sondern das Ergebnis einer langen Geschichte der Religionen, in der sehr oft auch handgreiflich und gewalttätig um Gott und die Götter gestritten wurde. Der Übergang vom handgreiflichen Streit zum Streit auf wissenschaftlicher Ebene geschah - nach einer langen Vorbereitung - vor allem in der Aufklärung, die stark durch die negativen Erfahrungen der Religionskriege motiviert war. Dabei waren es vor allem christliche Impulse (Feindesliebe, Gewaltfreiheit), die dazu geführt haben, den gewalttätigen Streit für unerträglich zu empfinden. Wenn Pannenberg seine Theologie bewußt in den Kontext der Aufklärung stellt und mit der These von der Strittigkeit des Gottesbegriffs darauf antwortet, dann knüpft er folglich direkt an jene Tradition an, in der versucht wurde, den gewalttätigen Streit unter indirektem christlichen Einfluß in einen wissenschaftlichen Streit und einen positiven Wettbewerb zu verwandeln (vgl. Lessing mit der Parabel von den drei Ringen). Da der alte gewalttätige Kampf aber unter vielfachen Formen nicht nur stets von neuem aufzubrechen droht, sondern, wie neueste Beispiele zeigen, auch tatsächlich aufbricht, muß geklärt werden, wie dieser Streit zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften aus der Sicht der eigenen Religion tatsächlich ausgetragen werden soll. Überläßt man das Anliegen der Gewaltfreiheit nur der aufklärerischen Tradition, oder gehört es zur eigenen heutigen religiösen Überzeugung? Da Pannenberg die aufklärerische Problematik voll ernst nimmt, schließt er mit seiner These von der Strittigkeit des Gottesbekenntnisses auch das negative Urteil der Aufklärung über den gewalttätigen religiösen Streit ein. Daraus ergeben sich aber unmittelbar Folgerungen für den heutigen Umgang zwischen den verschiedenen religiösen Gemeinschaften. (32)
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Die Problematik der Gewalt stellt sich ferner nicht nur wegen des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften. Da die Aggressivität - ähnlich wie die religiösen Gefühle - zur vitalsten Sphäre des Menschen gehört, ist es nicht überraschend, daß die Geschichte der Religionen voll ist von Vermengungen zwischen beiden Bereichen. So urteilt z.B. W. Burkert im Blick auf die religiöse Welt der frühen Griechen: "Nicht im frommen Lebenswandel, nicht in Gebet, Gesang und Tanz allein wird der Gott am mächtigsten erlebt, sondern im tödlichen Axthieb, im verrinnenden Blut und im Verbrennen der Schenkelstücke. Heilig ist der Götterbereich: die 'heilige' Handlung aber, am 'heiligen' Ort zur 'heiligen' Zeit vom Akteur der 'Heilung' vollzogen, ist das Schlachten der Opfertiere, das hiereuein der hiera." Und weiter: "Grunderlebnis des 'Heiligen' ist die Opfertötung, der homo religiosus agiert und wird sich seiner selbst bewußt als homo necans." (33) Von ganz anderen Kulturkreisen her kommt A. Jensen zu einer Einsicht, die der tötenden Gewalt ebenfalls eine wichtige Rolle in den Religion zuschreibt. Bei seinen Forschungen über die vorstaatlichen ackerbautreibenden Gesellschaften in verschiedenen Teilen der Welt ist er auf folgenden Grundmythos gestoßen: "In den großen Kultfesten steht, wie wir sahen, bei aller Verschiedenheit des Anlasses stets die Wiederholung der mythischen Urzeit-Vorgänge im Mittelpunkt; darin zeigt sich deutlich, daß Menschen- und Tier-Opfer, Reife- und Fruchtbarkeits-Kulte und andere Zeremonien und Ritual-Bräuche nicht einzelne Kultur-Elemente sind, die sich mehr oder weniger zufällig in einem Kulturkreis vereinigt haben, sondern, daß sie alle aus einer zentralen Idee abzuleiten sind, nämlich der von einer getöteten Gottheit, die durch ihren Tod die heutige Seinsordnung in der Welt setzte." (34) Warum konnte der Mythos von der getöteten Gottheit, die eine neue Ordnung begründet ('Schöpfung', 'Auferweckung'), eine derartige Bedeutung erlangen? Eine religionsgeschichtliche ausgerichtete Theologie darf an dieser Fragestellung vorbeigehen. Mit seiner Sündenbock- und Sakraltheorie gibt Girard sowohl auf die Frage der Opfertötung als auch auf die Rolle der Gewalt und des Heiles, das aus der Gewalt entspringt, eine erste Antwort. Ob diese Antwort nur eine umstrittene religionsgeschichtliche Hypothese bleibt oder für die christliche Theologie von zentralerer Bedeutung wird, muß sich aus der Deutung des Todes Jesu ergeben. Vorläufig zeigt sich aber schon klar, daß die Gewaltproblematik für eine religionsgeschichtlich ausgerichtete Theologie von großer Bedeutung ist und nicht umgangen werden kann. (35)
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Die Verkündigung Jesu von der nahen Gottesherrschaft deutet Girard als Botschaft vom wahren und gewaltfreien Gott und als Programm für einen neuen Frieden unter den Menschen, bei dem das Böse nicht mehr verschleiert, sondern durch eine tiefe Bekehrung überwunden wird. (36) Die neue Gemeinschaft in der Gottesherrschaft ist nach ihm die eigentliche Alternative zu den üblichen menschlichen Gesellschaften, die hintergründig immer auf die eine oder andere Weise durch den Sündenbockmechanismus stabilisiert werden. Dabei betont er, daß die wahre Umkehr zum Leben in der neuen Gemeinschaft menschliche Kräfte übersteigt. Wo immer etwas von echter Liebe zum Nächsten gelebt wird, dort sieht er ein Wirken der Gnade (37), und das Faktum, daß "unter allen Menschen nur Christus diese Liebe zu Ende gelebt hat" (38), deutet er sogar als einen klaren Hinweis auf dessen Gottheit. Trotz der Gnade ist die Botschaft von der Gottesherrschaft von den Menschen zunächst aber abgelehnt worden. "Die Ereignisse, die auf die Predigt vom Gottesreich folgen, hängen gänzlich davon ab, wie die Zuhörer Jesu diese aufnehmen. Würden sie die Einladung ohne Hintergedanken annehmen, gäbe es nie die apokalyptische Ankündigung und die Kreuzigung." (39) Mit der apokalyptischen Ankündigung meint Girard vor allem die Gerichtsworte in den Evangelien, in denen die versteckten Formen der Lüge und der Gewalt unter Menschen aufgedeckt werden. Dabei versteht er das Gericht nicht als Verhängung einer rein von außen kommenden Strafe, sondern als innere Konsequenz der negativen menschlichen Handlungen.(40)
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Die kurz skizzierte Girardsche Deutung der Verkündigung Jesu trifft sich weitgehend mit Pannenberg. Auch für ihn ist die Botschaft von der nahen Gottesherrschaft die Ankündigung eines Kommens Gottes, durch das die wahre Gemeinschaft unter Menschen möglich werden soll. "Weder kann die Bestimmung des Menschen zur Gemeinschaft mit Gott in der Isolierung eines bloß individuellen Gottesverhältnisses verwirklicht werden, noch kann die Bestimmung der Menschen zu einem Leben in Gemeinschaft und Frieden miteinander ohne Gott verwirklicht werden" (STh 2,363). Auch die ablehnende Reaktion gegenüber dem Verkünder aus Nazareth ist für Pannenberg theologisch bedeutungsvoll, denn er hebt hervor, "daß Jesus erst infolge der Ablehnung seiner Sendung durch sein eigenes Volk und durch sein Leiden und Kreuz hindurch zum Heiland der Völker wurde" (STh 2,352) (41). Die Gründe für die Ablehnung sieht Pannenberg allerdings etwas anders, denn für ihn ist "wesentlich, daß das Ärgernis an Jesu Botschaft und Verhalten nicht zufällig entstand, sondern aus der Zweideutigkeit, in die die Person Jesus durch diese seine Botschaft geriet" (STh 2,384). In der Deutung der Gerichtsworte trifft sich Pannenberg wieder weitgehend mit Girard. Er nimmt diese Worte sehr ernst, und er versteht sie wie dieser nicht als Androhung äußerlich zudiktierter Strafen, sondern als Aufdecken der inneren Konsequenzen der sündigen Taten (STh 2,304.309.313.436). Dabei greift er vor allem auf die alttestamentliche Vorstellung vom Tun-Ergehens-Zusammenhang zurück (STh 2,309.456).
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Das Kreuz Jesu deutet Pannenberg theologisch als "stellvertretendes Strafleiden" (STh 2,467-475). In Entsprechung zu seiner Vorstellung vom Gericht meint er damit in keiner Weise, Gott habe durch einen rein äußerlichen und willkürlichen Akt seinen eigenen Sohn anstelle der Sünder bestraft. Er will das Strafleiden vielmehr so verstanden wissen, daß Gott seinen Sohn in dem Sinn dahingegeben hat, "wie er die Sünder dahingibt an die Folgen ihres Tuns, sie dem Verderben überläßt, das in ihrem Verhalten angelegt ist (Röm 1,24.26.28)" (STh 2,436). Gott läßt seinen Sohn nicht bestrafen, damit Strafe geschieht, wohl aber sendet er ihn in eine Welt der Sünden und Sündenfolgen, um deren Konsequenzen auszutragen. In diesem Sinn gibt er seinen Sohn dahin. Von den Menschen her gesehen ereignet sich dieses Hingeben dadurch, daß sie mit den Folgen ihrer Sünden nicht fertig werden und deshalb andere - und vor allem den Sündenreinen - damit belasten. "Bei aller Betroffenheit von der Realität des Bösen ist es ... charakteristisch, daß das Böse in der Regel anderen, und zwar mehr oder weniger ganz bestimmten anderen zur Last gelegt wird" (STh 2,272). Da den Sündern ihr Tun über den Kopf wächst, wird das Böse instinktiv auf andere abgeschoben, die dafür herhalten müssen. In diesem Sinne erduldete Jesus ein stellvertretendes Strafleiden.
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Aus dieser Perspektive deutet auch Girard den Tod Jesu. Zwar hat er zunächst gezögert, den Mechanismus des kollektiven und unbewußten Abschiebens (Sündenbockmechanismus), den er bei seiner Deutung der sakralen Gesellschaften herausgearbeitet hat und der nach ihm im Geschick Jesu aufgedeckt wurde, direkt zur Deutung des Kreuzestodes aufzugreifen. Er befürchtete, auf diese Weise könnte der Tod Jesu zu sehr im Licht der Mythen gelesen werden. Schließlich hat er es aber aus sachlichen Überlegungen doch getan: "Gott selber wendet das Schema des Sündenbocks wieder an, diesmal allerdings auf seine eigenen Kosten, um es umzustürzen. Diese Tragödie spielt sich keineswegs ohne Ironie ab. Deren Konnotationen sind so zahlreich, daß uns die meisten von ihnen entgehen. Die Ironie kommt zum Teil aus der Homologie beider Opfervorgänge, aus den seltsamen spiegelbildlichen Wirkungen zwischen der Gewalt des einen und des anderen Extrems. Es ist jedoch eine Liebe im Spiel, die unser Begreifs- und Ausdrucksvermögen übersteigt... Anstatt zu einem sakralisierten Sündenbock unter vielen zu werden, ist Christus zu dem Sündenbock geworden." (42)
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Gibt es bezüglich des Themas, daß Jesus von den Sünden und Sündenfolgen der Menschen getroffen wird, kaum einen Unterschied zwischen Pannenberg und Girard, so liegen die Dinge bezüglich des Gehorsams Jesu und seines Verhaltens angesichts fremder Gewalt anders. Zwar stimmen beide darin überein, daß sie die Initiative zum Versöhnungsgeschehen ganz dem himmlischen Vater zuschreiben und von einer Umstimmung des zunächst zornigen Gottes durch die menschliche Tat des Sohnes nichts wissen wollen. Da aber Pannenberg den Opfer- und Sühnegedanken, sofern darunter eine aktive menschliche Tat verstanden wird, ablehnt (STh 2, 447-461.475-483), scheint er die Hingabe Jesu auf die Zustimmung zum Strafleiden einzugrenzen und jede positive Mitwirkung am Versöhnungsgeschehen auszuschließen. (43) Wie kann aber in diesem Fall die Hingabe Jesu noch Offenbarung seiner Gottheit sein, was Pannenberg ausdrücklich lehrt (STh 2,418-422)? Bei der Annahme einer völligen menschlichen Passivität Jesu im Kreuzesgeschehen wäre die Überwindung des Bösen ganz Sache des himmlischen Vaters, der sich durch die Auferweckung des Gekreuzigten "als Sieger über Sünde und Tod zur Versöhnung der Welt" erweist (STh 2,457; vgl. STh 2,352 3,567), wobei nur der ewige Sohn und der Hl.Geist, aber nicht der Mensch Jesus mitwirken. (44)
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Girard hat die Vorstellung vom Opfertod Jesu zunächst ebenfalls entschieden verworfen. Dabei ging es ihm allerdings nicht darum, ein positives Mitwirken des Menschen Jesus in der Versöhnung auszuschließen. Sein Anliegen bestand vielmehr darin, den Unterschied zwischen dem Geschehen am Kreuz und den rituellen und blutigen Opfern hervorzuheben. Gerade aus dieser Perspektive ist es aber zunächst Jesus selber, der das Böse, das ihm angetan wird, zum Guten wendet, indem er bis zum Tod gemäß seiner eigenen Botschaft von der Gewaltfreiheit und Feindesliebe handelt. Auf die lügnerische Verurteilung und die tötende Gewalt antwortete er mit der freien Hingabe für die vielen (Abendmahlsworte) und mit dem Gebet für seine Feinde (Lk 23,34). Gerade in der Art, wie er das Erleiden trug, eine Art, die ganz anders war, als Menschen und sogar Propheten üblicherweise auf Böses reagieren (vgl. Jer 18,18-23), war er auf eine ganz neue Weise aktiv. An Ostern wurde dann seine das Böse durch das Gute besiegende Liebe vom himmlischen Vater bestätigt, wodurch dieser sich selber als ein radikal gewaltfreier und seine Feinde liebender Gott geoffenbart hat. Die göttliche Intervention erfolgte nämlich "auf eine äußerst feinfühlige Art und Weise. Ohne jemals die Freiheit des Menschen in Frage zu stellen, ohne daß die Offenbarung als Zwang erscheint, wird der Mensch durch Christus zur göttlichen Wahrheit geleitet."(45) Daß Gott bei der Tötung seines Sohnes nicht machtvoll eingegriffen hat, was er - selbst nach der Meinung vieler Christen und Christinnen - eigentlich hätte tun sollen, ist nicht ein Zeichen, daß er ein gewalttätig-zorniger Gott ist, der anstelle der Sünder seinen Sohn schlägt (vgl. K.Barth). Das Nichteingreifen hat nach Girard gerade den gegenteiligen Sinn. Es offenbart eindeutig jene Gewaltlosigkeit und jenen Respekt Gottes vor der menschlichen Freiheit, die nie - auch nicht angesichts der größten menschlichen Untaten - ein Ende kennen. Es stände im Widerspruch zu einem solchen Gott, wenn er das Böse mit rein äußerer und gewalttätiger Macht zerschlagen hätte. Aus Girardscher Perspektive war die aktive und zugleich leidende Hingabe Jesu nicht nötig, um Gott umzustimmen, wohl aber um das verschlossene Reich der Sünde und der Sündenfolgen gewaltfrei von innen her wieder auf Gott hin zu öffnen.
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Bezüglich der menschlichen Aktivität Jesu im Kreuzesgeschehen müssen wir, soweit die Aussagen bisher vorliegen, erstmals einen klaren Unterschied zwischen Pannenberg und Girard feststellen, über dessen Tragweite im nächsten Abschnitt noch näher zu diskutieren sein wird. Schon jetzt können wir aber festhalten, daß sich beide darin wieder treffen, daß sie die Auferweckung Jesu als ein Geschehen an ihm selber - und nicht bloß im Glauben der Jünger - verstehen und deshalb auch - im Unterschied zu vielen heutigen Theologen - die Berichte vom leeren Grab nicht als bloße Legenden behandeln. Beide schreiben schließlich dem Wirken des Hl.Geistes eine besondere Bedeutung zu und heben hervor, daß dieses Wirken nicht auf den Bereich des Herzens und auch nicht auf die Geschichte der Kirche (Sakramente) begrenzt bleibt, sondern auf die Öffentlichkeit (irdischer Frieden - STh 2,443f; 3,518-521) und die ganze Menschheitsgeschichte zielt. Beide entdecken so in den neutestamentlichen Schriften, die sie zunächst als religionsgeschichtliche Dokumente betrachtet haben, die Offenbarung des dreifaltigen Gottes der Liebe (STh 1,456-483). (46)
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Girard ist stark davon geprägt, daß die Ethnologie und die Religionswissenschaft des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts den Mythos von der getöteten und auferweckten Gottheit neu entdeckt und geglaubt haben, in diesem Licht auch die christliche Botschaft vom Kreuz und von der Auferweckung voll erklären zu können. (47) Wie wichtig diese Problematik auch heute ist, zeigen theologische Arbeiten, die das, was früher meistens als Angriff gegen das Christentum gemeint war, nun als eigene 'christliche' Deutung übernehmen wollen. So urteilt z.B. M. Görg: "Im Schicksal Jesu wird das Hineingehen Gottes in die Menschlichkeit des Menschen bis zu einer nicht mehr erfaßbaren Tiefe ausgelotet und auf eine Weise vor Augen geführt, die die radikale Präsenz des Mythos in der Geschichte zu Bewußtsein bringt. Kreuz und Tod, Leiden und Begrabenwerden: keine Rede vom endgültigen Abschiednehmen vom Mythos. Die Realität des Todes ruft den Glaubenden in die Wirklichkeit des Mythos." (48) Dies gilt nach Görg ganz besonders von der Auferstehung: "Grundlegend für jegliches Reden von Auferstehung, das sollten wir nie aus dem Auge verlieren, ist der Osirismythos." (49) Auch E. Drewermann bringt den christlichen Glauben an Tod und Auferweckung Christi in eine direkte Beziehung zum Mythos von Isis und Osiris: "Kein Mythe ist zum Beleg dieser Vorstellungen geeigneter, weil großartiger, als die Gestalt der ägyptischen Isis." (50) Er meint ferner: "Historisch gesehen ist die Vorstellung der christlichen Eucharistie von dem Gott, der auf die Erde kommt und sich töten läßt, um durch sein Fleisch und Blut zur Speise der Menschen zu werden, außerordentlich alt und beginnt mit Sicherheit schon in der Zeit der frühen Jäger." (51) Gegen solche Nivellierungen reagiert Girard zum Teil mit polemischer Schärfe. Durch seine Sündenbocktheorie möchte er herausarbeiten, wie der radikale Unterschied zwischen dem Mythos und der christlichen Botschaft gerade dann deutlich hervortritt, wenn man die gemeinsamen Elemente ebenfalls klar sieht und wenn man sich nicht mit vagen oberflächlichen Vergleichen begnügt. Angesichts der Offenheit der Geschichte und der bleibenden Strittigkeit aller Deutungen stellt sich allerdings die Frage, wie man bei der Feststellung solcher Unterschiede zu definitiven Urteilen kommen kann. Pannenberg geht auf die Frage insofern ausdrücklich ein, als er die Möglichkeit eines definitiven Urteils aus der Antizipation des Endes begründet. Geschichtliche Phänomene würden zwar erst vom Ende und von der Vollendung der Geschichte her ihre definitive Bedeutung bekommen. In der Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft und vor allem in der Auferweckung Jesu habe sich aber das Ende und die Vollendung der Geschichte, die allgemeine Auferweckung der Toten, schon im voraus ereignet. (52) Aus diesem Grund ist für ihn das neutestamentliche Zeugnis von der Auferweckung Jesu so zentral.
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Auch für Girard ist, wie wir gesehen haben, die Auferweckung wichtig, er möchte aber die Problematik der geschichtlichen Relativität zunächst von einer anderen Seite her etwas klären, um so die biblischen Berichte möglichst klar von mythischen Erzählungen abheben zu können. In den Mythen ist es meistens die Menge, die ihre Opfer (victima) tötet, dieses Töten als ein Opfern (sacrificare) versteht(53) und dabei die Opfer (victima) sakralisiert (Vergöttlichung, Auferstehung). In den Evangelien sind hingegen jene, die Jesus töten, keine Opferer (sacerdotes) mehr, sondern nur noch Teil der mordenden Menschheit. Auch das Opfer (victima) verhält sich anders als in den Mythen. Es hat von Anfang an die Menge durch seine Botschaft von der Verzeihung, Gewaltfreiheit und Feindesliebe herausgefordert und in der Krise, die damit ausgelöst wurde, seine eigene Lehre bis in den Tod hinein gelebt. Seine Auferweckung erfolgte ebenfalls anders als in den Mythen, denn sie ereignete sich nicht als Paroxysmus und als plötzlicher Stimmungsumschwung in einer gewalttätigen, kollektiven Ekstase. Der Glaube an die Auferweckung begann vielmehr erst nach der äußeren Beruhigung der Krise in einer kleinen Gruppe aufzuleuchten, und er setzte sich in den zögernden Jüngern nur schrittweise durch. Er verlangte von ihnen eine tiefe Bekehrung, in der sie lernen mußten, ihr eigenes Versagen und ihren Anteil an der mordenden Menschheit einzugestehen und ihr Tun vom ganz anderen Verhalten ihres Meisters und vom Handeln Gottes an ihm abzuheben. Girard ist überzeugt, daß sich bis zum Ende der Welt in der Menschheit kein Verhalten zeigen wird, das höher sein könnte als die bis zum Tod gelebte Gewaltfreiheit und Feindesliebe Jesu und die radikale göttliche Achtung der menschlichen Freiheit und zwar auch des Sünders, wie sie in der Botschaft von der Auferweckung Jesu zum Ausdruck kommt. Aus diesem Grund ist die Offenbarung, wie sie sich in den neutestamentlichen Schriften findet, für ihn eine endgültige Offenbarung. Gewaltfreiheit und Feindesliebe sind deshalb nicht nur ethische Folgerungen aus der Offenbarung, sondern betreffen direkt das Gottes- und das Erlösungsverständnis. Sie beschreiben das Verhalten des Gottes der Liebe zu einer Welt und Menschheit, die stark vom Bösen dominiert wird. Daraus ergibt sich, wie die an Gott und Christus Glaubenden in einer Welt, in der ihr Gottesverständnis bestritten wird, diesen Streit durchzustehen haben. Die aufklärerische Forderung nach Gewaltfreiheit zwischen den religiösen Gemeinschaften ist deshalb nichts Neues. Schon der gewaltfreie Gott, wie er im Geschick Jesu offenbar wird, fordert zu einem gewaltfreien Verhalten gegenüber anderen religiösen Gemeinschaften auf. (54)
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Seit der Zeit des Neuen Testaments haben die zentralen Verhaltensweisen, durch die Jesus sein Geschick gelebt und erlitten hat, in der Geschichte langsam immer mehr Anerkennung gefunden. Dennoch werden die Gewaltfreiheit, die Feindesliebe und die unbedingte Achtung der menschlichen Freiheit anderer bis heute nur sehr anfangs- und bruchstückhaft gelebt. Auch die christlichen Kirchen blieben und bleiben weit hinter ihrem Ursprungsgeschehen zurück. Girard spricht vom sakrifiziellen Christentum, das wiederum Opfer und Sündenböcke nötig hatte, um wenigstens eine gewisse Einheit zu finden, und er kritisiert dieses Christentum zum Teil ziemlich hart. (55) In der Christentumsgeschichte kam es in der Tat zu neuen und subtileren Form der Gewalt und der Verfolgung von Feinden (z.B. Inquisition). Die Geschichte zeigt folglich, daß im Verhalten Jesu und im Handeln des himmlischen Vaters an ihm eine Wahrheit und eine Liebe offenbar wurden, die von der Welt und der Kirche noch längst nicht eingeholt sind und wohl bis zum Ende der Welt nie voll eingeholt werden. Ohne eine ausdrückliche Theorie von der Antizipation des Endes zu entwickeln, argumentiert Girard in einer Weise, die weitgehend der Denkfigur von Pannenberg entspricht. Dabei ist die inhaltliche Spitze seiner Begründung eine andere, denn sie geht vor allem vom Verhalten Jesu aus. Gerade so kann sie aber der Argumentation von Pannenberg bezüglich der Auferweckung zusätzliches Gewicht verleihen. Alle historischen Ereignisse sind nämlich bezüglich ihrer Wahrscheinlichkeit, wie Pannenberg zu recht betont, aus ihrem Kontext heraus zu beurteilen. Wenn sich nun im Geschick Jesu ein ganz einmaliges Verhalten gezeigt hat, dann dürfte sich auch die Botschaft von einem einmaligen Handeln Gottes an ihm nach seinem Tod - trotz der Ungewöhnlichkeit dieser Botschaft - als glaubwürdig erschließen lassen. (56)
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In der Ekklesiologie hebt Pannenberg die Differenz zwischen der von Jesus verkündeten Gottesherrschaft und der Kirche hervor, sieht in dieser aber dennoch ein "antizipatorisches Zeichen" des Kommens Gottes, das jetzt schon für die ganze menschliche Gesellschaft Folgen hat: "Die sakramentale Teilhabe an der Gottesherrschaft in der Feier des Mahles Jesu und in der Gliedschaft am Leibe Christi hat es mit derselben menschlichen Lebensthematik zu tun wie die politische und rechtliche Ordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Menschen. Die sakramentale Gemeinschaft der Kirche in der Feier der Eucharistie erhebt sogar den Anspruch, daß in ihr die vollendete Gestalt der gesellschaftlichen Bestimmung des Menschen schon zur Darstellung kommt. Damit werden ipso facto, durch die bloße Existenz der Kirche also und im Vollzug ihres gottesdienstlichen Lebens, die Ansprüche jeder menschlichen Staats- und Rechtsordnung - sei sie nun monarchisch, oligarchisch oder demokratisch verfaßt - bestritten, selber die der Bestimmung des Menschen letztlich angemessene Form des gesellschaftlichen Lebens zu verkörpern. Aber im sakramentalen Leben der Kirche ist diese Vollendung der gesellschaftlichen Bestimmung des Menschen nur in der Form des Zeichens realisiert, zentral in der eucharistischen Feier des Herrenmahls" (STh 3,65). (57) Girard entfaltet keine systematische Ekklesiologie, sieht aber - ähnlich wie Pannenberg - im Christentum und in den Kirchen jene Kraft, die langsam alle politischen Formen der Herrschaft in Frage stellt und dennoch nicht verhindern kann, daß stets neue und subtilere Formen der Unterdrückung entstehen. Aus seiner Perspektive erweist sich vor allem die eucharistische Feier bis in die Einzelheiten ihrer symbolischen Struktur hinein als Alternative oder als großes Gegenzeichen zu allen menschlichen Gesellschaftsformen, die auf die eine oder andere Weise hintergründig immer noch durch den Sündenbockmechanismus stabilisiert werden. Girard vertritt deshalb - ähnlich wie Pannenberg - eine gewisse apokalyptische Sicht der Geschichte (58), und beide wehren sich entschieden dagegen, daß sich das Christentum ins Schlepptau irgendwelcher politischen Ideologien nehmen läßt. (59) Von dieser Position her wird verständlich, um auf die Eingangsproblematik zurückzukommen, weshalb beide trotz ihres religionsgeschichtlichen Ansatzes und ihrer vergleichenden Betrachtungsweise einen nivellierenden Pluralismus klar verwerfen.
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Wir haben entscheidende Gemeinsamkeiten, aber auch deutliche Unterschiede zwischen den beiden Autoren festgestellt. Neben den erwähnten Themen gibt es viele Fragen, auf die nur der eine oder der andere Autor ausführlich eingeht. Pannenberg entfaltet alle theologischen Traktate in systematischer Weise, und er behandelt vieles sehr ausführlich, das Girard höchstens ganz kurz streift (z.B. Trinität, Schöpfung, Kirche, Sakramente, Tugenden etc.). Umgekehrt beschäftigt sich Girard mit vielen literarischen Problemen und ethnologischen Einzelfragen, die bei Pannenberg nirgends auftauchen. Da beide Entwürfe aber so umfassend sind, daß sie an die Grenze dessen stoßen, was in einem menschlichen Leben zu leisten ist, wäre es völlig unangebracht, wollte man die Autoren wegen der Themen, die sie nicht ausführlich behandeln, kritisieren. Für unsere Fragestellung ist deshalb entscheidend, ob beide Entwürfe den Grundlinien nach übereinstimmen und ob sie die jeweils nötigen Ergänzungen zulassen. Bei den allermeisten Punkten ist dies, wie wir gesehen haben, der Fall. Nur in einem Punkt sind Fragen offen geblieben, beim Thema der aktiven Hingabe Jesu im Leiden und damit verbunden bei der Frage nach der Gewaltfreiheit und Feindesliebe Gottes. Ließen sich auch diese Punkte noch etwas klären, dann könnten beide Entwürfe zu einem sehr umfassenden, in sich differenzierten und doch kohärenten Gesamtentwurf verbunden werden (60), der den heutigen weltanschaulichen Markt und den nivellierenden Pluralismus auf überzeugende Weise herauszufordern vermöchte.
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Anmerkungen:
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1. O.Merk., Art. Bibelbwissenschaft II. In: TRE 6 (1980) 375-409, hier 386.
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2. Vgl. C.-M. Edsman, Art. Panbabylonismus. In: 3RGG V (1961) 35f.
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3. Zum Zusammenhang zwischen der früheren und der heutigen Fragestellung, vgl. M. Murrmann-Kahl, Die entzauberte Heilsgeschichte. Der Historismus erobert die Theologie 1880-1920. Gütersloh 1992.
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4. Zu John Hick, dem besonders profilierten Vertreter der pluralistischen Religionstheologie: vgl. P.Schmidt-Leukel, Religiöse Vielfalt als theologisches Problem. Optionen und Chancen der pluralistischen Religionstheologie John Hicks. In: Christus allein? Der Streit um die pluralistische Religionstheologie (QD 160). Hg. v. R. Schwager, Freiburg i.Br.: Herder 1996, 11-49.
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5. W. Pannenberg, Angst um die Kirche. Zwischen Wahrheit und Pluralismus. In: EK 27 (1994) 709-713, hier 711.
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6. "As far as I am concerned, such ideas as 'textual indeterminacy', 'infinite interpretation', 'undecidability', and the like, while they may be true as far as Mallarmé's poems are concerned, do not apply to myth and the other great texts of traditional culture. The interpretation of myth which I propose is either true or false." Violence, Difference, Sacrifice: A Conversation with René Girard. Interview by R. Adams. In: Religion & Literature 25.2 (1993) 11-33, 13.
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7. "Le plus lamentable c'est ce christianisme médiocrement modernisé qui s'agenouille devant la pensée contemporaine dans ce qu'elle a de plus éphémère. Les chrétiens ne voient pas qu'ils ont à leur disposition un instrument incomparablement supérieur à toutes les psychanalyses et toutes les sociologies qu'ils avalent consciencieusement. C'est toujours l'histoire du droit d'aînesse sacrifié pour un plat de lentilles." Girard, Quand ces choses commenceront... Entretiens avec Michel Treguer. Paris: Arléa 1994, 113f.
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8. Girard kennt, da er von seinem Beruf her kein Theologe ist, Pannenberg kaum, und dieser erwähnt Girard nur ganz am Rande und in einem kritischen Kontext; vgl. Pannenberg, Systematische Theologie (= STh). 3 Bde., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1988-1993, 2, 468.
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9. Beide Autoren sind auch kritisch gegenüber jener natürlichen Theologie, die den Anspruch erhebt, mit philosophischen Mitteln eine klar umrissene Lehre von Gott zu entwickeln, in die die spezifisch christlichen Punkte nur nachträglich einzutragen wären. Beide Autoren sind aber dennoch überzeugt, daß sich die Gottesfrage dem Denken notwendigerweise stellt und daß man ihr nur ausweichen kann, wenn man das Denken selber auflöst.
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10. R. Girard, Das Ende der Gewalt. Analyse des Menschheitsverhängnisses. Übersetzt v. A. Berz (mit großen Kürzungen). Freiburg i.Br.: Herder 1983, 158-162.
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11. Ebd. 192-212.
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12. Der leidende Verfolgte kann Opfer seiner gewalttätigen Brüder (Abel, Josef etc.) oder seines gewalttätigen Volkes (Propheten, Gerechte) sein. Er kann aber auch ein ganzes Volk (Israel) angesichts gewalttätiger Nachbarvölker sein. Die drei Perspektiven durchdringen sich in den Liedern vom Gottesknecht bei Deuterojesaja.
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13. Vgl. R. Girard, Hiob - ein Weg aus der Gewalt. Übersetzt von E. Mainberger-Ruh. Zürich: Benziger 1990.
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14. Ebd. 195-211.
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15. Girard, Ende der Gewalt (s. Anm. 10) 144-162.
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16. Ebd.147-151.
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17. Vgl. R.Schwager, Brauchen wir einen Sündenbock? Gewalt und Erlösung in den biblischen Schriften. Thaur: Kulturverlag 31994, 64-81; M.Görg, Der un-heile Gott. Die Bibel im Bann der Gewalt. Düsseldorf: Patmos 1995.
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18. "Dennoch bleiben sich die Menschen der Einheit des Göttlichen bewußt. Dieses Bewußtsein findet seinen Ausdruck in der Ausbildung der Vorstellung von einer Herrschaft der höchsten, häufig der Himmels- oder Gestirngötter, über die übrigen Götter. Daneben repräsentiert auch jede einzelne Gottesgestalt für ihre Verehrer häufig, wie Erik Hornung es am Beispiel Ägyptens gezeigt hat, die Gottheit überhaupt in ihrer Einheit" (STh 1, 197f).
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19. FVS 1 (71954) 5.
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20. "Das Bewußtsein der endgültigen Offenbarung Gottes in Jesus Christus - endgültig nicht nur für den glaubenden einzelnen, sondern für die ganze Menschheit - schließt den Anspruch auf allgemeingültige Wahrheit der christlichen Botschaft ein. Die christliche Mission - und also die Bestreitung der Wahrheit anderer Glaubensweisen - ist die direkte Folge dieses Wahrheitsbewußtseins." Pannenberg, Angst um die Kirche (s. Anm. 5) 711.
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21. R. Girard, Das Heilige und die Gewalt. Übersetzt von E. Mainberger-Ruh. Zürich: Benziger 1987.
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22. Manche Interpreten haben seine empirische Hypothese ontologisiert und meinten sogar, Girard vertrete, daß die Gewalt zur menschlichen Natur gehört. Um diesem Mißverständnis vorzubeugen, hat Girard in seinen späteren Werken seine Theorie ausdrücklich in den Rahmen der Erbsündenlehre gestellt; vgl. Girard, Shakespeare. Les feux de l'envie. Paris 1990, 391-397; drs., Quand ces choses commenceront. (s. Anm. 7) 67-69.116-119.
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23. "Il est très difficile à notre époque de ne pas penser le religieux seulement en termes d'avantages et de désavantages sociaux. C'est le réduire à l'utile et faire du social notre véritable dieu. En dépit de mon intérêt pour la société, je m'oppose à cette tendance." Girard, Quand ces choses commenceront (s. Anm. 7) 105.
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24. Girard, Das Heilige und die Gewalt (s. Anm. 21) 62-210.
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25. Girard, Ende der Gewalt (s.Anm. 10) 253-256; Hiob (s. Anm. 13) 145f.
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26. R. Girard, Der Sündenbock. Übersetzt von E.Mainberger-Ruh. Zürich: Benziger 1988, 281-300.
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27. Girard, Das Heilige und die Gewalt (s.Anm. 21) 118.
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28. Damit ist auch die Frage verbunden, ob es nur ganz archaische Mythen gibt, wie Girard anzunehmen scheint, oder ob im Laufe der Religionsgeschichte auch neue Formen des Mythos entstehen konnten. Pannenberg rechnet ausdrücklich mit solch neuen Formen (z.B. der gnostische Mythos); vgl. Pannenberg, Christentum und Mythos. In: Grundfragen systematischer Theologie II, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980, 13-65.
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29. "The idea that renunciation in all its forms should be renounced once and for all may well be the most flagrant nonsense any human culture has ever devised. But as to whether I am advocating 'renunciation' of mimetic desire, yes and no. Not the renunciation of mimetic desire itself, because what Jesus advocates is mimetic desire. Imitate me, and imitate the father through me, he says, so it's twice mimetic. Jesus seems to say that the only way to avoid violence is to imitate me, and imitate the Father. So the idea that mimetic desire itself is bad makes no sense. It is true, however, that occasionally I say 'mimetic desire' when I really mean only the type of mimetic desire that generates mimetic rivalry and, in turn, is generated by it." Violence, Difference, Sacrifice (s. Anm. 6) 23.
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30. "But I would say that mimetic desire, even when bad, is intrinsically good, in the sense that far from being merely imitative in a small sense, it's the opening out of oneself." ebd. 24.
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31. R. Girard, Mimetische Theorie und Theologie. In: Vom Fluch und Segen der Sündenböcke. Hg. von J. Niewiadomski u. W. Palaver. Thaur: Kulturverlag 1995, 15-29, hier 27.
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32. Streitigkeiten und Gewalttaten, die sich direkt zwischen religiösen Gemeinschaften abspielen, sind ein religiöses Problem, während Konflikte zwischen Staaten, die sich von den religiösen Gemeinschaften abheben, zunächst sozialethische Fragen aufwerfen.
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33. W. Burkert, Homo necans. Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen. Berlin 1972, 9.
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34. A. Jensen. Die getötete Gottheit. Weltbild einer frühen Kultur (Urban Bücher 90). Stuttgart 1966, 78.
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35. Dies könnte von Einzelthemen her noch näher begründet werden. Bei seinen Ausführungen zur Sünde und zur göttlichen Weltregierung betont z.B. Pannenberg mehrfach, daß Gott in seiner Güte die Folgen der Sünden eingrenzt und die Menschen vor den äußersten Konsquenzen ihres bösen Tuns bewahrt (STh 2,273.310.313; 3,567). Wie diese Eindämmung des Bösen konkret geschehen kann, führt er aber nicht weiter aus. Girard bietet nun durch seine Sündenbock- und Opfertheorie ein klares Modell, wie das Negative sich selber eingrenzt und wie die mythischen Religionen ganz im Dienst dieser Eingrenzung stehen. Dabei wirken drei Elemente eng zusammen: 1) Durch das Umkippen der wechselseitigen Aggressionen in die Gewalt aller gegen einen (Sündenbockmechanismus) wird in einer von der Selbstzerstörung bedrohten Gruppe der Friede - auf Kosten eines Opfers - wiederhergestellt. 2) Durch die blutigen religiösen Opfer wird die innere Aggression, die zur Gewalt zwischen Menschen und zur Selbstzerstörung tendiert, regelmäßig im rituell konkrollierten Rahmen nach außen abgeleitet und damit eine Form des sakralen Friedens erneuert. 3) Die ganze sakrale Ordnung mit ihren Traditionen und Tabu-Vorschriften gibt dem Stamm eine Stabilität, durch die gefährliche Taten teils unterdrückt, teils neutralisiert werden. Obwohl Girard das Element der Gewalt sehr betont, gilt deshalb für ihn: "Das Religiöse ist gänzlich auf den Frieden ausgerichtet, aber die Wege zu diesem Frieden sind nicht von gewaltsamen Opferungen frei." Girard, Das Ende der Gewalt (s. Anm. 10) 43.
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36. Girard, Das Ende der Gewalt (s. Anm. 10) 203-208.
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37. "Wherever you have that desire, I would say, that really active, positive desire for the other, there is some kind of divine grace present. This is what Christianity unquestionably tells us." Violence, Difference, Sacrifice (s. Anm. 6) 25.
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38. Girard, Das Ende der Gewalt (s. Anm. 10) 223. - "Das Schicksal Jesu in der Welt unterscheidet sich nicht vom Schicksal des Wortes Gottes." ebd. 213f.
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39. Ebd. 210.
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40. Ebd. 163-176.192-203.208-210.
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41. Vgl. auch: "Wäre der Kreuzestod Jesu ein ihn äußerlich und ohne Zusammenhang mit seiner Botschaft und seinem Wirken treffendes Ereignis gewesen, so wäre er theologisch bedeutungslos" (STh 2,384).
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42. Girard, Mimetische Theorie und Theologie (s. Anm. 31) 28.
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43. Pannenberg hebt zwar klar das aktive Wirken des ewigen Sohnes im Kreuzesgeschehen hervor, sieht dies aber gerade auch dort, wo nur von einem Widerfahrnis des Menschen Jesu gesprochen werden kann: "Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich dann auch solche Aspekte der Geschichte Jesu als ein Handeln des Gottessohnes auffassen, die unter dem Gesichtspunkt der menschlichen Wirklichkeit Jesu nicht als von ihm handelnd hervorgebracht, sondern als von ihm erlittenes Widerfahrnis zu beschreiben sind" (STh 2,489). Unter dieser Rücksicht "stellt sich auch das Jesus widerfahrene Geschick seiner Hinrichtung als Tat der Selbstaufopferung des in dieser Geschichte handelnden inkarnierten Gottessohnes zur Versöhnung der Welt dar." ebd.
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44. Dagegen steht u.a. die ausdrückliche neutestamentliche Aussage: "Denn: Einer ist Gott, einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle" (1 Tim 2,5f).
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45. Girard, Mimetische Theorie und Theologie (s. Anm. 31) 28.
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46. "Christus, sein Vater und der Paraklet sind demnach der einzige wahre Gott, der der johanneischen Definition 'Gott ist die Liebe' (1 Joh 4,8), entspricht." Girard, Mimetische Theorie und Theologie (s. Anm. 31) 29.
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47. "Schon seit der Antike haben die Verteidiger des Paganismus die Einzigartigkeit des Christentums negiert. Die Ähnlichkeit zwischen den biblischen Erzählungen und den zahlreichen mythischen Berichten diente oft als Basis solcher Versuche. Man kann es kaum bestreiten: Auch heidnische Götter und Halbgötter, Dionysos, Osiris, Adonis usw., erleiden oft ein Martyrium im Kontext jenes kollektiven Wahns, der an die biblische Passion denken läßt. Dessen Gewalt ist auf dem Höhepunkt der sozialen Unordnung beheimatet, und es folgt ihr eine Art von 'Auferstehung': ein triumphales Wiedererscheinen des getöteten Opfers, das zugleich die Offenbarung seiner Gottheit ist. Solche Erkenntnisse wurden von den Ethnologen des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts aus zahlreichen archaischen Kulten und verwandten Institutionen, wie z.B. der sakralen Monarchie, gewonnen. Fasziniert durch diese Entdeckungen, arbeiteten sie an einer globalen Theorie der Religion." Girard, Mimetische Theorie und Theologie (s. Anm. 31) 17.
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48. M. Görg, Mythos, Glaube und Geschichte. Die Bilder des christlichen Credo und ihre Wurzeln im alten Ägypten. Düsseldorf: Patmos 1992, 123.
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49. Ebd. 134; - Vom alttestamentlichen Gottesbild sagt Görg: "Vielleicht müssen wir um des Durchhaltens des bitteren Kontrasts im Gottesbild willen Zuflucht bei dem nehmen, was die religiöse Welt an Glaubensbildern entwickelt hat, bevor die Testamente wurden, die von der Bildsprache der Alten leben. Die Kontraste kommen ja nicht von ungefähr, sie sind in den Gegensätzen der Natur erfahrbar und von dort als Verstehenshilfe in die göttliche Wirklichkeit eingetragen worden. Es sind die Götter Baal oder Osiris, die sterben und auferstehen; es ist der höchste Gott, der in die Tiefen der Todeswelt hineinsteigt, um sich immer wieder aus ihr zu erheben, wie er dies vor Zeiten getan hat." Görg, Der un-heile Gott (s. Anm. 17) 189.
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50. E. Drewermann, Religionsgeschichtliche und tiefenpsychologische Bemerkungen zur Trinitätslehre. In: Trinität. Aktuelle Perspektiven der Theologie (QD 101). Hg. v. W. Breuning. Freiburg i.Br.: Herder 1984, 115-142, hier 135; vgl. ders., "Ich steige hinab in die Barke der Sonne". Alt-Ägyptische Meditationen zu Tod und Auferstehung in bezug auf Joh 20/21. Olten: Walter 1989, 119-154.
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51. E. Drewermann, Der Krieg und das Christentum. Von der Ohnmacht und Notwendigkeit des Religiösen. Regensburg: Pustet 1982, 290f. - "Immer wieder muß die Gottheit in diesen die menschlichen Aggression rituell neutralisierenden Handlungen getötet werden, aber selbst das Töten erweist sich letztlich als ein Dienst an der Gottheit: es dient ihrer Verewigung und ihr Leid ist unerläßlich, >um gerade so in die Herrlichkeit einzugehen<. Daher besitzt die Religion des Christentums zusammen mit den uralten Riten der Völker eine tiefe Weisheit darin, daß sie, wie diese, den Tod des Herrn immer von neuem im Meßopfer der katholischen Kirche wiederholt. Wenn der Gott selbst getötet werden will, um Leben zu ermöglichen, so findet die Aggression im Ritus ihren heiligenden Ort und ihren integrativen Stellenwert; innerhalb des rituell erlaubten Bereiches kann sie sich in jedem Fall so weit erschöpfen und abarbeiten, daß sie ihre explosive Gefährlichkeit verliert." (ebd. 301f).
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52. Diese Sicht wird grundsätzlich auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil geteilt: "Das Ende der Zeiten ist also bereits zu uns gekommen (vgl. 1 Kor 10,11) und die Erneuerung der Welt ist unwiderruflich schon begründet und wird in dieser Weltzeit in gewisser Weise wirklich vorausgenommen." (Lumen gentium 48).
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53. C. Bandera zeigt, daß sogar noch in der Aeneïs von Vergil das große Töten und Schlachten zwischen den Troern und den Völkern Italiens als ein Opfern dargestellt wird: "Im entscheidenden Moment ist Aeneas in den Augen von Vergil nicht der Sieger, sondern der Opferer, der Priester, der den sakralen Schlag ausführt und das Opfer tötet, das zum Eckstein für die Gründung einer neuen Stadt wird." (The sacred game: the role of the sacred in the genesis of modern literary fiction. Pennsylvania: University Park 1994, 153).
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54. In der Theologie Pannenbergs wird die Problematik der Gewaltfreiheit noch in einem anderen Zusammenhang wichtig. Da für ihn der Gedanke der Totalität von entscheidender Bedeutung ist, ist seine Theologie jenen Angriffen ausgesetzt, die in den letzten Jahrzehnten diesen Gedanke in immer neuen Varianten als Wegbereiter totalitären Denkens verdächtigt und kritisiert haben. Angesichts dieser Kritik läßt sich der Gedanke der Totalität in der christlichen Theologie nur dann überzeugend vertreten, wenn er eng mit der Thematik der Gewaltfreiheit verbunden wird.
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55. 55 Im Gespräch mit M. Treguer gesteht Girard jedoch zu: "Je veux bien même admettre que j'ai, dans mes livres, trop dénoncé les systèmes sacrificels. Leur fonction était de contenir le déchaînement de la violence, donc de remplacer une possible violence généralisée par une violence moins grande, celle des sacrifices." Quand ces choses commenceront (s. Anm. 7) 109f.
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56. Vgl. J.Polkinghorne: "A judgment on miracles cannot be separated from a judgment on Jesus; there is an inescapable circularity. The more we have reason to think him exceptional, the more coherent is the possibility that he exercised exceptional powers." (The faith of a physicist. The Gifford Lectures for 1993-4. Princeton 1994, 104).
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57. "In allen Streitigkeiten menschlicher Geschichte geht es um die Begründung und Bewahrung der wahrhaft menschlichen Ordnung für das Zusammenleben der Menschen. Doch die Menschen können sich nicht einig werden über die richtige Ordnung der Gesellschaft, also über die Maßstäbe von Recht und Gerechtigkeit und über deren Anwendung im Zusammenleben der Menschen. Darum ist die Geschichte vom Kampf der Völker und Staaten gegeneinander erfüllt. Aus den Kämpfen der Geschichte sind denn auch immer wieder neue Formen der Ordnung des Zusammenlebens entstanden, aber immer wieder stellt sich heraus, daß sie in größerem oder geringerem Maße auf Gewaltverhältnissen von Herrschaft und Unterdrückung beruhen" (STh 3, 565).
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58. Diese Apokalyptik orientiert sich nur an 'Zeichen der Zeit' und lehnt jedes angebliche Wissen über die Zukunft entschieden ab; vgl. Girard, Das Ende der Gewalt (s. Anm. 10) 265-274 ("Wissenschaft und Apokalypse"). - Dazu Pannenberg: "Man mag in jenen Erscheinungen, die das Überleben der Menschheit bedrohen, Zeichen des Endes erblicken (Mk 13,28f), Zeichen, die auf die Möglichkeit von für uns nicht ausdenkbaren Katastrophen hindeuten. Doch Zeichen des Endes sind nicht mit dem Ende selbst zu verwechseln und machen sein Eintreten nicht berechenbar" (STh 3, 635).
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59. "Il (le christianisme) nous donne une connaissance des cultures humaines incomparablement plus forte que celle que nous proposent les sciences de l'homme. Mais il n'est pas une recette d'utopie ni une clef universelle pour la lecture des affaires courantes." Girard, Quand ces choses commenceront (s. Anm. 7) 177. - "Nicht weil die Menschen die Wissenschaft erfunden haben, haben sie mit der Hexenverfolgung aufgehört, sondern weil sie mit der Hexenjagd aufgehört haben, haben sie die Wissenschaft erfunden. Der Geist der Wissenschaft, wie auch der wirtschaftliche Unternehmergeist, ist ein Nebenprodukt der Tiefenwirkung des Evangelientextes." Girard, Der Sündenbock (s. Anm. 26) 290.
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60. An der Theologischen Fakultät in Innsbruck gibt es das Forschungsprojekt "Religion - Gewalt - Kommunikation - Weltordnung", das von einer größeren Gruppe getragen wird. Es ist einerseits stark von Girard inspiriert, anderseits spielen dabei auch Pannenberg und andere Autoren (z.B. Rahner, Balthasar) eine wichtige Rolle; vgl. R. Schwager, J. Niewiadomski u.a., Dramatische Theologie als Forschungsprojekt (wird in ZKTh 1996, Heft 3 erscheinen).
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