Israel: Ein kleines Licht in der Finsternis |
Autor: | Schwager Raymund |
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Veröffentlichung: | |
Kategorie | kommentar |
Abstrakt: | |
Publiziert in: | # Originalbeitrag für den Leseraum |
Datum: | 2003-10-17 |
1 | In den letzten Jahren mussten wir uns daran gewöhnen, aus dem 'Heiligen Land' fast nur 'Unheiliges' zu hören. Berichten von Terror und Gewalttaten folgten unweigerlich Ankündigungen und Aufrufe zur Rache und Vergeltung. Aug um Aug und Zahn um Zahn wurde zur Devise der alltäglichen Politik, und auf beiden Seiten begann sich sogar der Wille zu zeigen, den Gegner ganz zu vernichten. Hochrangige Israelis, unter ihnen Yossi Beilin, ein früherer Minister und Architekt des Osloer Friedensabkommens, Avraham Burg, früher Sprecher des israelischen Parlaments und Amnon Lipkin Shahak, früher Chef des israelischen Generalstabes, haben sich mit einer hochrangigen Gruppe von Palästinensern längere Zeit in Genf getroffen und ein neues Friedensabkommen entworfen. Im Unterschied zum Osloer Prozess und zur amerikanischen 'Road map' hat man diesmal die schwierigsten Fragen nicht auf später verschoben, sondern gleich von Anfang an einen konkreten Vorschlag erarbeitet. Danach anerkennen die Palästinenser den jüdischen Staat und die israelische Souveränität über die Klagemauer. Sie insistieren nicht mehr auf ihr Rückkehrrecht und erklären sich bereit, den Terror zu stoppen. Dafür ziehen sich die Israelis - von klar umschriebenen Ausnahmen abgesehen - auf die Grenzen von 1967 zurück. Die Palästinenser erhalten die Souveränität über den Tempelberg und größere Teile der Jerusalemer Altstadt (muslimisches, christliches und armenisches Viertel), so dass Ost-Jerusalem zur Hauptstadt des neuen palästinensischen Staates werden kann. Internationale Truppen überwachen dieses Friedensabkommen. |
2 | Der Entwurf dieses Abkommen enthält das Vernünftigste, was man sich im Augenblick vorstellen kann. Es leuchtet deshalb wie ein neues Licht in eine seit langem andauernde Finsternis. Dennoch ist die Finsternis noch groß und das Licht noch schwach. Die israelische Regierung hat bereits heftigst dagegen reagiert mit dem Argument, es stehe nur ihr zu, Friedensverhandlungen zu führen, und der stellvertretende Premierminister Ehud Olmert sieht im Verzicht auf die Heiligen Stätte in Jerusalem sogar eine Schande. Dies zeigt einmal mehr, dass der heftigste Streit um die Heiligen Stätte ausgefochten wird. Gemäß dem Urteil von Moshe Amirav, der nach dem Scheitern der Camp-David Verhandlungen (Juli 2000) im Auftrag des damaligen israelischen Premierministers Ehud Barak Geheimverhandlungen mit Palästinensern geführt hat, sind diese schon damals letztlich an der Frage der Souveränität über den Tempelberg gescheitert (vgl. Moshe Amirav, The Palestinian Struggle for Jerusalem, veröffentlicht auf hebräisch im 'Jerusalem Institute for Israel Studies' 2002). |
3 | Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Automatik von Gewalt und Vergeltung, der beide Seiten bisher weitgehend verpflichtet waren, beiden Völkern zutiefst schadet. So ist es bedrückend, dass gerade religiös engagierte Menschen dieser Automatik verhaftet bleiben wollen und sich besonders unnachgiebig zeigen. Das fordert die Betroffenen und ihren Glauben heraus, aber ebenso alle Gläubige der drei abrahamitischen Religionen. Ob das neue kleine Licht wirklich neues Leben zu wecken vermag oder bald wieder erstickt wird, hängt nicht nur von den direkt Verantwortlichen ab, die Reaktionen der internationalen Welt spielen eine wichtige Rolle. Was in der Welt Echo findet, wirkt auch auf die direkt Engagierten zurück. Die anstehenden Fragen sind ferner so schwerwiegend, dass sie der menschlichen Herrschaft entgleiten. Sie sind deshalb ganz in den Raum des Gebetes zu stellen und dort auszutragen.. |
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