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Das Wunder von Weihnachten

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:Ölbergflitzer 12/03
Datum:2003-12-17

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Vor etlichen Jahren habe ich eine seltsame Krippe im Pfarrzentrum Endach in Kufstein gesehen. Vor der Kirche bereits beginnend, gab es auf dem Boden große Fußspuren. Diese führten in einen Nebenraum bei der Kirche, in dem ein regelrechter Stall aufgerichtet war. Die Krippe selbst war ziemlich tief unter plaziert. Um das Kind sehen zu können, mußte man sich tief beugen. Doch, ein jeder, der sich der Mühe unterzogen hatte und sich tief beugte, erblickte in der Krippe nicht ein süßes Kind, sondern sein eigenes Gesicht. Die Krippe war leer, nur am Boden lag ein Spiegel.

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Was viele Kinder vielleicht als Gag betrachtet haben, was viele Erwachsene vielleicht ärgerte, das war im Grunde eine tiefe Wahrheit von Weihnachten. Gott ist Menschen geworden, das heißt nichts anderes als daß sich in jedem menschlichen Gesicht das göttliche Antlitz widerspiegelt. Dieses Widerspiegeln sieht aber nicht anders aus, als dies bei jedem Spiegel der Fall ist: vielleicht ein wenig verzerrt, ein wenig trübe oder gar entstellt.

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Als Theologinnen und Theologen stellen wir oft die Frage nach der Realität des messianischen Reiches, kritisieren die Kirche, oder dekonstruieren biblische Visionen.Und sind immer und immer wieder enttäuscht darüber, dass es sich so wenig ändert. Vielleicht ist aber in unserer Welt so wenig vom messianischer Wirklichkeit zu spüren, weil wir uns der Wahrheit von Weihnachten verweigern? Dass Gott sich damals in Betlehem endgültig uns, den Menschen, ausgeliefert hat und dass unsere Menschlichkeit das eigentliche und einzige Wunder dieser Welt bleibt. Seit Betlehem gibt es nur noch eine einzige Antwort auf die Sehnsüchte des Menschen, nämlich die durch Gott selber geadelte Menschlichkeit eines jeden von uns. In dem Ausmaß, in dem mein Gesicht die Verletzlichkeit, die Hilflosigkeit, den Schmerz, aber auch das Lächeln des Kindes von Betlehem widerspiegelt, in dem Ausmaß, in dem ein jeder von uns sich von diesem Kind bekehren läßt, in dem Ausmaß wird auch die messianische Hoffnung ein Stück Wirklichkeit werden.

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Diese fromm anmutende Besinnung stelle ich ganz bewusst als mein Weihnachtswunsch an mich selber und an uns alle an der Fakultät. Mit dem neuen Jahr treten wir nämlich in eine "härtere Zeit" für die akademische Kultur ein. Wettbewerb und Konkurrenz, Kürzungen und Profilierung, neue Chancen und Aufbruch sind angesagt. Zu widersprüchlich sind die Visionen und auch Erwartungen. Enttäuschungen und Konflikte werden auch sicher kommen. Ich wünsche uns allen und ich wünsche mir, dass wir bei all dem die Verletzlichkeit, aber auch das Lächeln des Kindes von Bethlehem in unseren Gesichtern nicht vergessen. Dann werden wir fair miteinander umgehen. Als KollegInnen, MitarbeiterInnen und Studierende. In diesem Sinn: Frohe Weihnachten und ein gutes - von Lebenslust geprägtes - Neues Jahr.

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