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Katechetik/Religionspädagogik als theologische Disziplin

Autor:Scharer Matthias
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:
Publiziert in:# Originalbeitrag für den Leseraum
Datum:2004-08-25

Inhalt

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Eine Positionierung[1]

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In der Auseinandersetzung um die Fachbezeichnung und das Selbstverständnis der Katechetik/Religionspädagogik beim Kongress der Arbeitsgemeinschaft Katholische Religionspädagogik und Katechetik (AKRK) kam es zu keinem Konsens. Im folgenden Text versuche ich thesenartig meine dort vorgetragene und in einer Arbeitsgruppe diskutierte Position zu präzisieren, um durch eine akzentuierte Positionierung den weiteren Diskurs anzuregen.

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1. Der Gegenstand

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Gegenstand der Katechetik/Religionspädagogik und Fachdidaktik ist die theologisch-wissenschaftliche Reflexion auf weltanschaulich-religiöse Lern- und Bildungsprozesse, wobei in erster Linie die Bildungs- und Erziehungspraxis in kirchlicher Erwachsenenbildung, Gemeinde und Schule (einschließlich Religionsunterricht) und die explizit christlich orientierte Katechese im Blick sind. Darüber hinaus muss Katechetik/Religionspädagogik und Fachdidaktik das Bildungs- sowie das Lehr- und das Lernverständnis generell auf deren implizite Optionen hin befragen, diese explizieren und Kriterien für ein menschengerechtes, lebensentfaltendes (biophiles) Verständnis aus der Theologie erarbeiten. Ganz allgemein kann man sagen, dass der Forschungsgegenstand der Katechetik/Religionspädagogik und Fachdidaktik Bildungspraxis ist, die sich auf Lebensorientierung bezieht. Die Bezogenheit auf Lebensorientierung erfordert ein eigenes und eigens begründetes Verständnis von Wissenschaft, es handelt sich um paradigmenbewusste und optionenbezogene, partizipative Wissenschaft.

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2. Das Wissenschaftsverständnis bzw. der wissenschaftliche ‘Blick'

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Grundsätzlich ist kein (hermeneutisch-interpretativ-empirischer) wissenschaftlicher ‘Blick', kein Wissenschaftsverständnis weltanschaulich-religiös voraussetzungslos. Denn auch dem wissenschaftlichen Handeln geht die weltanschaulich-religiöse Orientierung in der (vorwissenschaftlichen) Lebenswelt voraus, die als intersubjektiver Bezugsrahmen die Grundlage für das Tätigsein des Menschen darstellt und gleichzeitig durch das menschliche Handeln ständig verändert wird. Wissenschaftliche Tätigkeit ist als deren methodische Systematisierung und Stilisierung eingebettet in die alltägliche Lebenswelt und greift - meist implizit - auf diesen Bezugsrahmen zurück. Während in der Wissenschaft - auch in der Theologie - der lebensweltliche Bezug oft verschleiert oder negiert wird, ist seine Offenlegung für praktisch-theologisches und damit auch für katechetisches/religionspädagogisches und fachdidaktisches Forschen unverzichtbar. Deshalb wird der Paradigmen- und Optionenfrage im Folgenden besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

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2.1. Paradigmen

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Jegliche Orientierung geschieht also in einem bestimmten kulturellen Rahmen und unter der Voraussetzung von kulturell geprägten Weltbildern, die für wissenschaftliches Handeln paradigmatisch sind. Solche wissenschaftliche Orientierungs- und Interpretationsrahmen geben den Ausschlag für Entscheidungen in Methoden- und Zielfragen wissenschaftlicher Forschung; sie bestimmen, unter welchen theoretischen Voraussetzungen bestimmte Phänomene betrachtet werden, ja selbst welche überhaupt zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gemacht werden. Die Frage ist, ob Paradigmen, unter denen reflektiert wird, bewusst sind oder nicht, ob sie im Forschungsprozess ausdrücklich thematisiert und damit offen gehalten oder ob sie als unhinterfragbar vorausgesetzt werden.

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2.2. Optionen

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Zusammenhängend mit den paradigmatischen Voraussetzungen ist jeder wissenschaftliche ‘Blick' - wenn auch in verschiedenen Wissenschaften in unterschiedlichem Ausmaß - durch bestimmte Optionen geprägt. Im Unterschied zu Hypothesen betreffen Optionen Entscheidungen, die die konkreten Standpunkte erkennen lassen, aufgrund derer geurteilt und gehandelt wird. Ganz allgemein könnte man sagen, dass christliches Glauben eine Grundoption für Theolog/innen darstellen muss. Da Theologie als Glaubenswissenschaft nur innerhalb der ‘Option für das christliche Glauben' möglich ist, lässt diese die Theolog/innen ihren konkreten Standpunkt für die Auswahl ihrer Forschungsgegenstände, -ziele und wissenschaftlichen Methoden finden. Die grundsätzliche Option für das Glauben wird durch die - speziell in der Praktischen Theologie rezipierte - Option des Zweiten Vatikanums für die „Zeichen der Zeit" als praktisch-theologischer Herausforderung (Gaudium et Spes 4) soweit konkretisiert, dass „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, [¼] auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi" sind, und dass es „nichts wahrhaft Menschliches" gibt, „das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände" (Gaudium et Spes 1). Die Option für ‘alles wahrhaft Menschliche', das sich in Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute zeigt, spitzt die generelle Option für das Glauben zu.

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2.3. Bildungspraxis als theologischer Ort

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Auf diesem Hintergrund wird die theologische Deutung von Bildungspraxis, die sich auf Lebensorientierung bezieht, in der Katechetik/Religionspädagogik und Fachdidaktik als praktisch-theologischer Disziplin durch die Anerkennung von ganz konkreten geschichtlichen Erfahrungen als ‘locus theologicus' bestimmt; sie wird in einen an der christlichen Glaubenstradition orientierten Diskurs gebracht, der in Zusammenhang mit Überlegungen nach demjenigen steht, was Leben entfalten oder zerstören kann.

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2.4. Tradition und Situation

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Aufmerksamkeit, Fragerichtung und Deutungsperspektive der Katechetik/Religionspädagogik und Fachdidaktik sind also theologisch bestimmt. Dies ist im Vertrauen darauf begründet, dass der in der Glaubenstradition verankerte und konkret gelebte Glaube der Christ/innen die gesellschaftlichen, kommunikativen und individuellen Herausforderungen in Bildung, Erziehung und Katechese richtig sehen hilft und erlösend-befreiend zum Gelingen von Menschsein und gesellschaftlichem Leben beiträgt und dass gleichzeitig der lebendig machende Gottesgeist, der ‘weht wo er will', ein nie auszulotendes Lebenspotenzial für die theologische Forschung eröffnet.

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2.5. Methodik und Methodenkritik

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Die theologischen ‘Brillen', mit denen eine solche Katechetik/Religionspädagogik das Bildungsgeschehen und die Bildungsverständnisse wahrnimmt und Unterscheidungen trifft, werden aus kommunikativ-theologischer Sicht im spezielleren Teil der Thesen, der die Kommunikative Theologie betrifft, inhaltlich entfaltet. Ganz allgemein ergibt sich aber aus der theologischen Option die Herausforderung an das Fach zur Methodenkritik im Hinblick auf soziologische, psychologische, erziehungswissenschaftliche u.a. Ansätze, die am ‘Sehen' der Situation beteiligt sind. Das wissenschaftliche Sehen der Phänomene, aber auch das wissenschaftsgeleitete Handeln verleiten dazu, Menschen und Situationen zu verobjektivieren bzw. zu Objekten des Forschungshandelns oder der forschungsgeleiteten Lehre zu machen; dem entkommt kaum eine wissenschaftliche Praxis. Im Hinblick darauf hat die Theologie kritische Relevanz für die Wissenschaften insgesamt. So sehr sie selbst immer wieder in die Verobjektivierungsfalle tappt, hätte sie - insbesondere auf dem Hintergrund von Gaudium et Spes - ein kritische Bewusstsein gegenüber allem ‘Wissenschaftlichen' zu entwickeln, das Menschen zu Forschungsobjekten, ja zu Opfern wissenschaftlicher Forschung macht, und die Entwicklung von anteilnehmender Forschung anzuregen.

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2.6. Partizipative und kommunikative Forschungspraxis

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Eine derartige optionenbezogene Ausrichtung der katechetischen/religionspädagogischen und fachdidaktischen Forschung bedeutet, dass alle Handelnden, d.h. die explizit Forschenden gemeinsam mit den Praxishandelnden, in den theologischen Erkenntnisprozess involviert sind; dass dieser also - soweit wie möglich - partizipativ geschieht. Der ‘Blick' geht nicht einseitig von den Forschenden (als ‘Wissenden') zu den Praxishandelnden (als ‘Fragenden'), sondern ist von kritischer Wechselseitigkeit und konsequenter Intersubjektivität bestimmt. In diesem Sinne geschieht katechetische/religionspädagogische Forschungspraxis nicht im luftleeren Raum und nicht ‘monadisch' in der ‘Kammer' der Gelehrten; sie entsteht aus dem Zusammenspiel von lokal-kulturell verorteter biografischer und intersubjektiver Auseinandersetzung. Entscheidendes Merkmal katholischer Katechetik/Religionspädagogik ist darüber hinaus die wechselseitige kommunikative Vernetzung von ortskirchlichen (lokal kulturellen) und weltkirchlichen Prozessen und Perspektiven.

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3. Kulturalität - Interkulturalität

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Sowohl der Akzent auf die Partizipation wie auch der neu geschärfte Blick auf das wechselseitige Verhältnis von Ortskirche und Weltkirche macht eine Auseinandersetzung mit Kulturalität und Interkulturalität unumgänglich. Gerade aus den erwähnten beiden Aspekten ergibt sich auch, dass eine theologisch-kulturkritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen weltanschaulich-religiösen Traditionen notwendig ist und dass die Einführung, Hinführung bzw. ‘Pflege' zu und von christlichem Glauben weniger als Bildung (mit nachaufklärerischen Konnotationen), sondern vielmehr als Inkulturierung verstanden werden müssen. Daraus folgt ein neues Verständnis von Katechese und Katechetik. Im Hinblick auf die sachliche Begründung und die weltkirchliche Kommunizierbarkeit katechetischer/religionspädagogischer Forschung würde eine Vermeidung des Katechetikbegriffes, wie sie u.a. im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Arbeitsgemeinschaft der ‘Katechetikdozent/innen' diskutiert wurde, zugunsten einer vorrangigen oder ausschließlichen Verwendung des Begriffes ‘Religionspädagogik' für die Bezeichnung des Faches die fachspezifische Auseinandersetzung mit den vitalsten Ortskirchen der katholischen Weltkirche erschweren.

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4. Das Problem der Überdifferenzierung im deutschen Sprachraum

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Im Zusammenhang der katholischen Interkulturalität steht auch das Problem der Überdifferenzierung kirchlichen Bildungshandelns im deutschen Sprachraum an: Im Zuge der Rezeption der Texte des Zweiten Vatikanums im Hinblick auf die kirchliche Katechese- und Bildungspraxis ist es zu einer verstärkten Differenzierung der Praxisfelder, speziell von Gemeindekatechese und Religionsunterricht gekommen. Sowohl die undifferenzierte Vermischung der Handlungsfelder als auch deren strikte Trennung, wie sie u.a. seit der Würzburger Synode in Gemeindekatechese und Religionsunterricht erfolgt ist, führt zu Problemen. Im Moment scheint die Ausdifferenzierung der Bereiche das größere Problem darzustellen, weil sie - nicht zuletzt von wissenschaftlichen Profilierungsbedürfnissen motivierte - Unterscheidungen hervorbringt, die gemeinsame Perspektiven der Katechetik/Religionspädagogik als einer theologischen Disziplin aus den Augen geraten lässt.

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5. Die Perspektive Kommunikativer Theologie: Liebe zum Leben in Beziehung

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Einen besonderen Schwerpunkt in der katechetischen/religionspädagogischen und fachdidaktischen Forschung und Lehre bildet an der Innsbrucker Abteilung für Katechetik /Religionspädagogik und Fachdidaktik - in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Systematische Theologie und Ökumene in Tübingen und eingebunden in das interdisziplinäre Forschungsprojekt der theologischen Fakultät Innsbruck ‘Religion - Gewalt - Kommunikation - Weltordnung' - die Entwicklung einer ‘Kommunikativen Theologie'. Sie differenziert den theologischen Blick, mit der lebensorientierende Lern-, Bildungs- und Inkulturierungsprozesse betrachtet werden, und bringt eine explizit geisttheologische ‘Färbung' in die Forschung, welche die ‘Liebe zum Leben in Beziehung' als zentrale Leitidee aufgreift. Gerade das aber provoziert eine ständige Auseinandersetzung mit der Frage, was mit welchen Menschen, in welchen Zusammenhängen und unter welchen Umständen und Bedingungen ‘beziehungsentfaltend', ‘lebensentfaltend' heißt bzw. was die Liebe zum Leben in Beziehung fördert, denn in kommunikativ-theologischer Sicht ist ‘Biophilie' der Theologie und näher hin der Katechetik/Religionspädagogik als Option eingeschrieben. Das aber bedeutet - wie bereits im Kontext von Objekt bzw. Opfer angedeutet wurde - besondere Sensibilität für die Macht- bzw. Ohnmachtfrage. Wenn die Liebe zum Leben in Beziehung und die daraus sich ergebenden Kulturen der Begegnung im Fokus der wissenschaftlichen Arbeit Kommunikativer Theologie sind, dann drängt sich als einer der ersten Ansatzpunkte eine Auseinandersetzung mit dem Beziehungs-, dem Kommunikationsverständnis auf.

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5.1. ‘Effektiv kommunizieren' als Herausforderung

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Unter Kommunikation versteht die Wissensgesellschaft weniger menschliche Beziehung, sondern vor allem die Vermittlung von Informationen. Sie tut das mit allen technischen Möglichkeiten, die gegenwärtig zur Verfügung stehen. Damit beziehen sich die gesellschaftlichen Kriterien, an denen ‘gute' Kommunikation gemessen wird, vor allem auf die Menge von Daten und ihre schnelle Übertragbarkeit. Auch die theologische und kirchliche Erschließung des christlichen Glaubens geht mitunter in die Falle, ‘den Glauben' - speziell das so genannte Glaubenswissen - wie eine Information weiterzugeben und die ‘effektivsten' Mittel für die Glaubenskommunikation einzusetzen, ohne die Problematik zu bedenken, dass die Form der Kommunikation unabdingbar mit deren Inhalt verbunden ist. Ein Verständnis von Kommunikation, das Form und Inhalt trennt, ist kurzschlüssig, wenn es um die wirklich bedeutsamen Fragen des Menschen nach Lebenssinn und Orientierung geht. Dem Menschen als dialogischem Wesen in Beziehung wird nur eine Kommunikation aus Beziehung gerecht.

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5.2. Die Grenzen, das Fremde/Andere und das ‘geschenkte Wir'

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Ein solches Kommunikationsverständnis darf aber nicht mit konfliktloser Harmonie zwischen Menschen und mit ungebrochener Gottesbeziehung verwechselt werden. Menschen sind sich und einander nicht nur vertraut; sie sind und bleiben sich und einander auch fremd. Sie leben mit sich und den anderen in konfliktreichen Beziehungen. Der Kontakt zwischen Menschen liegt an deren wechselseitiger Grenze. Wo es keine Grenze gibt, gibt es auch keine wirkliche Beziehung. Insofern ist das gemeinsame WIR, das in Beziehungen manchmal spürbar wird und das die Communio der Kirche trägt, kein WIR, das durch den medialen Austausch von Informationen, durch Methoden oder Medien herstellbar ist. Das WIR zwischen Menschen und das WIR der Kirche/Gemeinde ist ein konfliktreiches und gleichzeitig ein ‘geschenktes' WIR. Das gilt auch für die Gottesbeziehung von Menschen. Die Wahrheit des christlichen Glaubens ist eine ‘Wahrheit in Beziehung' (Thema des 1. Kongresses für Kommunikative Theologie in Innsbruck im Februar 2003), die alle Bereiche des Menschseins betrifft.

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5.3. Der Kampf zwischen den ‘Göttern'

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Die Auseinandersetzung um ein am Charakter des christlichen Glaubens orientiertes Kommunikationsverständnis spielt sich nicht nur zwischen Menschen, innerhalb von Gruppen, in Gemeinden und in der gesamten Kirche ab. In der pluralen Gesellschaft tobt der ‘Kampf' zwischen den isolierenden ‘Göttern' des Marktes bzw. der Medien und dem beziehungsreichen, christlichen Gott. Erst wenn der Mensch sein Herz nicht an die ‘kleinen Götter' hängt, sondern dem ‘großen Gott' in den Beziehungen Raum gibt, wird Identität und Beziehung aus geschenkter Kommunikation möglich. Ihre genuine theologische Begründung findet Kommunikative Theologie im christlichen Gottesbild. Christliche Theologie reflektiert die Gotteserfahrung Israels im Kontext der Erfahrung mit Jesus von Nazareth und dem in der Communio der Gemeinde/Kirche und der Schöpfung wirksamen Gottesgeist. In seiner Selbstoffenbarung erschließt sich der Gott ‘für uns' als ein kommunikatives Wesen ‘an und für sich'. Christliche Offenbarung und Glaubenstradition als Sich-Einlassen auf Gottes communicatio und communio sind ein Kommunikationsgeschehen, in welchem das personale Moment und die Beziehung Vorrang vor der Information haben. Das zeigt sich u.a. an der katechetisch/religionspädagogisch und fachdidaktisch relevanten Frage der Erinnerns und Erzählens: Im Unterschied zur Geschichts- und Zukunftslosigkeit medialer Allgegenwärtigkeit durch eine Überfülle an x-beliebigen Informationen erschließt sich das letzte Geheimnis des Lebens ‘an sich' als ‘Gott für uns', dessen lebensstiftendes und befreiendes Handeln nicht zuletzt im immer wieder neuen Erinnern und Erzählen seiner ‘Großtaten' lebendig wird und Identität und Zukunft eröffnet.

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5.4. Kritische Rezeption der Themenzentrierten Interaktion (Ruth C. Cohn)

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Wie kann die Aufmerksamkeit auf eine Kommunikation gelenkt werden, welche die inhaltlich-informative Perspektive der christlichen Glaubenstradition mit der personal-biografischen und der beziehungsorientierten Seite kritisch vernetzt und sie gleichzeitig in der kirchlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit verortet? Dazu wird der Ansatz der Themenzentrieren Interaktion (TZI) von Ruth C. Cohn kritisch rezipiert und für die Praxis von Theologie und Glaubenskommunikation nutzbar gemacht.

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Das Arbeitsprinzip der TZI, das sich schematisch im ‘Dreieck in der Kugel' zeigt und eine ‘dynamische Balance' von Ich-, Wir-, Sach- und Kontext-(Globe-)Ebene postuliert, kann auch theologisch-hermeneutisch gefüllt werden. Damit bleiben der Stachel des Prozesshaften und Interaktionellen, der untrennbare Zusammenhang von Inhalt und Form und der Bezug auf das Paradigmatische und Optionale in der praktisch-theologischen Forschung im Blick. Ein theologisch-hermeneutisches Schema, das einen katechetischen/religionspädagogischen und fachdidaktischen Forschungsprozess anregen kann, könnte etwa in folgender Weise abgebildet werden:

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5.5. Das offene Paradigma, der changierende Blick und der bleibende Grenzgang

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Die lebensweltliche Verankerung Kommunikativer Theologie in einer Kommunikationskultur, wie sie sich u.a. in den Gruppen des Universitätslehrganges für Kommunikative Theologie (seit Wintersemester 2000 in Innsbruck) und in vielen anderen - nach TZI geleiteten - Gruppen zeigt, machen uns darauf aufmerksam, wie untrennbar in Bildungsprozessen Inhalt und Methode verschränkt sind und wie dieser Gegebenheit entsprechend, angemessene, ‘anschmiegsame' Forschungsziele und Forschungsmethoden entwickelt und immer wieder überprüft und verändert werden müssen. Dabei spielen Fragen nach den epistemischen Erkenntnisvoraussetzungen im Sinne eines offenen Paradigmas und der changierende Blick zwischen dem Fragen der Betroffenen und dem Fragen der Forschenden eine wichtige Rolle. Ähnlich wie in einer kompetenten Gruppenleitung die Leiter/innen die kreative Spannung zwischen Distanz und Partizipation im Prozess ständig neu auszuloten haben, um partizipativ leiten zu können, sind auch die Forscher/innen in die Prozesse partizipierend und kommunikativ involviert, ohne darin zu verschwimmen oder die (Forscher/innen)Identität zu verlieren. Katechetisches/religionspädagogisches und fachdidaktisches Forschen wird zu einem bleibenden Grenzgang, in dem die Forscher/innen ihr Welt- und Selbstverständnis offen halten.

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[1] Wesentliche Anregungen für die Ausformulierung des Beitrages verdanke ich meiner Kollegin Martina Kraml. Auch das Lesen der Forschungsarbeit von Markus Schwaigkofler, an der er gerade an unserer Abteilung arbeitet, hat mich angeregt. Dem Charakter einer thesenhaften Positionierung entsprechend verzichte ich auf Fußnoten.

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