Der Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes sagte 1930 voraus, dass in hundert Jahren das ökonomische Problem gelöst sei. Der Lebensstandard werde dann bei nur noch 15 Wochenarbeitsstunden um das achtfache gestiegen sein. Gleichzeitig glaubte er, dass es dann auch kein übersteigertes Gelddenken mehr geben werde und Habsucht und Geiz wieder wie früher als Laster erkannt würden. Indirekt nennt er in diesem Vortrag eine wichtige Bedingung für diese Lösung des ökonomischen Problems. Da die absoluten Bedürfnisse der Menschen nicht unersättlich seien, würden steigende Produktivität und die technische Entwicklung das ökonomische Problem lösen. Unersättlich wären nämlich nur jene relativen Bedürfnisse, die auf die Überlegenheit über unsere Mitmenschen zielen und deshalb nie zu einem Ende kommen. Was Keynes damals völlig unterschätzte, waren die Positionsgüter, die von unserer gegenseitigen Rivalität abhängen. Im Wettlauf um die ersten Plätze gibt es weder eine Grenze noch ein Genug. Die heute immer mehr um sich greifende Konkurrenz um Positionsgüter bedroht vor allem unsere Umwelt, da diese eben nicht grenzenlos ist. Beim Autokauf zeigt sich der Kampf um Positionsgüter besonders deutlich. Der Trend zu Geländewagen und besonders exquisiten Automobilen unterstreicht, dass es häufig zuerst darum geht, unsere Nachbarn und Kollegen auszustechen. Die Werbung für diese Autos beweist dies überdeutlich. Eine Firma bewirbt ihr Geländefahrzeug als „Neid-Rider“, eine andere rät davon ab, mit diesen Autos im Gelände zu fahren, weil man dort gar nicht „gesehen“ werde. Ein deutscher Autokonzern bewirbt seine S-Klasse – soziologisch zu Recht als ein „sozialer Abstandhalter“ klassifiziert – damit, dass es nur um die ersten Plätze im Leben gebe. Gegen diesen Trend haben Autos, die nach umweltschonenden Kriterien gebaut werden, fast keine Chance. Das 3-Liter-Auto – obwohl technisch möglich – findet in einer Welt, in der der Kampf um Positionsgüter vorherrscht, keine Käufer. Auch die Rivalität ums Geld ist vom grenzenlosen Kampf um erste Plätze bestimmt: Kein Wunder, dass Gehälter von Topmanagern ungebremst in die Höhe schnellen und Banken vom grenzenlosen Gewinnrausch verführt finanzielle Katastrophen riskieren. Der Ausweg aus der Sackgasse der Rivalität um Positionsgüter kann nicht in der Wirtschaft, sondern nur im soziokulturellen System gefunden werden. Wir müssen uns um eine ethische und religiöse Kultur bemühen, in der nicht die Rivalität um erste Plätze im Zentrum steht, sondern Ziele, die ein nachhaltiges Leben auch der kommenden Generationen möglich machen. Kirchen und Christen sind in ihrem Lebensstil hier besonders gefordert. Die Zehn Gebote bieten dazu eine wertvolle Orientierungshilfe.
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