Mein diesjähriger Brief
reduziert sich zu einer Geschichte aus dem Leben. Bei seinem letzten Besuch in
Polen im Jahre 1999 hat der frühere Papst Johannes Paul II. – zum Schock der Organisatoren
– spontan den Wunsch geäußert, eine Familie zu besuchen. „Vor etwa vierzig Jahren
habe ich dort“, so der Papst, „an einem besonders heißen Tag bei meiner Kajaktour
auf Masuren ein Glas kühler Sauermilch geschenkt bekommen.“ Dank dem Segen des
Langzeitgedächtnisses im Alter fiel dem Papst diese Begebenheit jetzt ein. Er
würde gerne sehen, ob es den ärmlichen Bauernhof noch gibt. Die Verblüffung des
Bauers konnte nicht größer sein, auch über den Grund des Besuchs. Hat er doch
unzählige Gläser Sauermilch im Leben verschenkt. Weil dies zur Normalität
seines bäuerlichen Lebens dazugehörte. Eine Woche später wurde er von
Journalisten gefragt, ob sich bei ihm etwas seit dem Besuch verändert hat.
Seine Antwort: „Früher habe ich meine Armut verflucht. Es schien kein Sinn mehr
im Leben zu sein. Und da kam der Papst zu uns und wusste unser Leben zu
würdigen. Das hat meine Einstellung zu meinem Leben geändert.“ Rein äußerlich
hat diese „Spritztour“ des Papstes nichts verändert: immer noch dieselbe Armut
und immer noch dieselbe Mühsal. Und doch ist alles anders seit dem Tag, an dem
ein anderer dieses Leben zu würdigen wusste. |