Der semantische Unterschied zwischen „Lasst uns beten“ und „Wir wollen beten“ ist allerdings dramatisch, und das bleibt nicht ohne theologische Folgen. „Wir wollen beten“ ist ein Indikativ Präsens Aktiv, 1. Plural, also ein Aussagesatz. Woher aber weiß der Liturge, dass „wir wollen“? Gewissheit hat er doch nur über sein eigenes Wollen! „Ich will beten“ ist eine sinnvolle Aussage, aber „Wir wollen beten“? „Wir wollen beten“ ist keine Einladung, sondern eine Vereinnahmung der Angesprochenen. Der Satz stellt etwas fest, um dessen Wahrheit er nicht wissen kann. Er impliziert: „Ich weiß, dass du willst“; das aber ist unmöglich, denn den Willen des Menschen – gerade im Gebet – kennen nur Gott und der Mensch selbst. „Wir wollen beten“ lässt keinen Raum für den Zweifelnden, Zögernden, der sich erst an das Gebet herantastet, der erst abwartet, ehe er zuzustimmen wagt. „Wir wollen beten“ überfährt den Hörer mit dem Willen des Sprechers, denn es heißt nichts anderes als: „Ich will, dass ihr dasselbe wollt wie ich.“ Wo also jemand ausruft „Wir wollen beten“, kann die Antwort nur lauten: „Woher weißt du, was ich will?“ |