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Macht kein finsteres Gesicht. Predigt zum Aschermittwoch 2013

Autor:Niewiadomski Jozef
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2013-02-21

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

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Ob der liebe Herrgott ihn angelächelt hat? Angelächelt und ihm auch jenen Schuss an Gelassenheit geschenkt, der ihm die Entscheidung leichter machte? Ausgerechnet am Rosenmontag hat er die Welt mit der Nachricht von seinem Rücktritt überrascht, hat gar dadurch in den Medien das Karnevaltreiben auf den zweiten Platz verdrängt. Mitten in der Lachorgie, bei der auch vielen Menschen das Lachen im Hals stecken bleibt, mitten im karnevalesken Durcheinander, bei dem die sozialen Rollen für kurze Zeit aus den Angeln gehoben werden, hat einer gesagt: “Ich kann nicht mehr!”; ‘ich habe eingesehen, dass es sowohl für mich selber als auch für die Kirche gut ist, wenn ich verzichte. Wenn ich auf mein Amt verzichte. Wenn ich also nun nach so vielen Jahren mich mir selber gönne!´ Hat der liebe Herrgott ihn angelächelt und ihm gesagt: Gönne dich dir selber!?

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Liebe Schwestern und Brüder, gut 900 Jahre ist es schon her, als der liebe Herrgott einen anderen Papst, Eugen III., ähnlich angelächelt hat. Angelächelt durch den Brief, den ihm sein früherer Ordensoberer: Bernhard von Clairvaux geschrieben hat. Dieser Brief, der damals an den gestressten Papst geschrieben wurde, könnte heute einen jeden von uns: also Dich, Dich und mich zum Adressaten haben. Diesen Brief möchte ich am heutigen Aschermittwoch als Auslegungshilfe für das gerade gehörte Evangelium nehmen: “Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht!” (Mt 6,16). Jesus schien ja zu wissen, dass das Extremfasten zur Unmenschlichkeit führen kann. Zur übermäßigen Strenge sich selber gegenüber und zur Unbarmherzigkeit den anderen gegenüber. Durch seine eigene Erfahrung belehrt legt er den Finger auf die Wunde: ‘Passt bloß bei eurem Fasten auf, dass ihr nicht grimmig werdet und auch kein finsteres Gesicht zeigt. Ich weiß es: das Fasten macht die Figur schlank, aber den Blick weit! Gar so weit, dass man den Teufel an der Wand sieht, oder aber dem lieben Gott ins Fenster schaut.Und dort auch entdeckt: Dass Gott mich anlächelt, ja dass er mir zulächelt und dadurch auch bewirkt, dass ein Lächeln auf mein Gesicht kommt und ich selber gelassener werde.´

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“Wo soll ich anfangen?”, schrieb der heilige Bernhard an den gestressten Papst damals und er schreibt auch an uns heute, die gestressten Zeitgenossen, die heute am Aschermittwoch in die Kirche eilen, sich das Haupt mit Asche bestreuen lassen, um nach der stressigen Faschingszeit

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in die stressige Fastenzeit zu gleiten. “Am besten bei Deinen zahlreichen Beschäftigungen,

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denn ihretwegen habe ich am meisten Mitleid mit Dir. Ich fürchte, dass du, eingekeilt in Deine zahlreiche Beschäftigungen, keinen Ausweg mehr siehst und deshalb deine Stirn verhärtest. Es ist viel kluger - schreibt der heilige Bernhard -, du entziehst Dich von Zeit zu Zeit Deinen Beschäftigungen, als dass sie Dich ziehen und Dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst. Du fragst an welchem Punkt? An dem Punkt, wo das Herz anfängt hart zu werden... Wenn Du dein ganzes Lebens und Erleben völlig ins Tätigsein verlegst und keinen Raum mehr für Besinnung vorsiehst, soll ich dich da loben? ... Wie kannst Du voll und echt sein, wenn du dich selber verloren hast. Auch du bist ein Mensch. Denk also daran: Gönne Dich Dir selbst!” - sagte Bernhard.

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Das Fasten macht die Figur schlank und den Blick weit - sagt der Prediger heute. So weit, dass man den Teufel an der Wand sieht, oder aber den lächelnden Gott schaut. Jenen mich anlächelnden Gott, der mich mit seinem Lächeln auch ermuntert: Gönne dich dir selbst! Nutze die Fastenzeit um Dich selbst wieder zu finden. Liebe Schwestern und Brüder, gerade in einer Zeit in der uns die Puste ausgeht und dies vor allem deswegen, weil wir zu all den Problemen unseres grauen Alltags in den letzten Monaten nur unablässig von Nachrichten bombardiert wurden, dass unsere Kirche ausblutet, dass man deswegen dies und jenes tun müsste, reformieren!, damit man nicht in die Position der sprichwörtlichen letzten Partisanen gerät,

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gerade in einer Zeit, in der unsere kirchliche Gesichter versteinern: von Moralinsäure überzogen!, in einer Zeit, wo sich die Resignation breit macht und auch das Ressentiment, gerade in dieser Zeit nimmt die Gnade der Fastenzeit die Gestalt des lächelnden Gottes an.

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Den Aschermittwoch 2013 verbinde ich also mit einem theologischen Geistesblitz, den ich dem polnischen Priesterdichter Jan Twardowski verdanke. Er schrieb mal, es solle nicht nur drei, sondern vier theologische Tugenden geben: Glaube, Hoffnung, Liebe und das Lächeln. Jenes Lächeln, das der Wahrnehmung des mich anlächelnden Gottes entspringt. Denn: Das Lächeln dort zu bemerken, wo Verzweiflung sich breit macht, wo sich schwierige Situationen türmen, das Lächeln auch dort oder gerade dort wahrnehmen zu können: das wäre eine Gabe Gottes für unsere Zeit. Das herzliche Lächeln, das Lächeln, voll von Wärme und ehrlicher Zuneigung: dass ist scheinbar eine ganz einfache - und doch eine so schwierige Geste. Wenn es gelingt, so stellt es sicher das Ergebnis der bei Dir angekommenen Gnade dar. Einer Gnade, die mir zur Menschwerdung verhilft und auch zur Umsetzung jenen Impulses im Alltag, den der heilige Bernhard dem gestressten Papst geschenkt hat: “Gönne Dich Dir selbst! Was werden wir also hören, wenn die Asche über unser Haupt gestreut wird und eine der liturgischen Formeln ausgesprochen werden: “Gedenke Mensch, dass Du Staub bist und zum Staub kehrst Du zurück”, oder: “Bekehre Dich und glaube an das Evangelium”, was werden wir hören und was sehen? “Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht!”, schaut den lächelnden Gott und fasst eure Vorsätze: Vielleicht sollte einer dieser Fastenvorsätze sein: Ich werde mich bemühen, jeden Tag meinen Mitmenschen bewusst zu zulächeln. Das Lächeln verändert ja! Erstmal schon dich, und mit Sicherheit auch Dein Gegenüber. Und ein zweiter Vorsatz: ich werde jeden Tag beten:

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“Heiliger, starker, unsterblicher Gott”: lächle mich an. Lächle mich an, wenn Traurigkeit mich übermannt. Lächle mich an, wenn dunkle Wolken sich über mich zusammenziehen. Lächle mich in Deiner Kirche an! Lächle uns an, wenn kirchliche Gesichter versteinern, wenn Enttäuschungen Oberhand gewinnen. Heiliger, starker, unsterblicher und lächelnder Gott: schenke mir eine Fastenzeit voll der vierten theologischen Tugend: der Tugend des Lächelns!

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