13.4.1959: Telegramm des DDR-Botschafters in Moskau an Otto Winzer
13.4.1959: Telegramm des DDR-Botschafters in Moskau an Otto Winzer
Streng vertraulich! Auf den Punkt 1 eingehend sagte Genosse Sorin, daß unsere Maximal-Forderung unreal sei, daß ein Sekretariat oder ein Büro nicht gebildet werde. Wahrscheinlich kommt es zu unserem Maximal-Vorschlag. Eine einseitige Einladung durch die sowjetische Seite komme ohne Einverständnis der Westmächte nicht in Frage. Bei Punkt 2 war Genosse Sorin einverstanden mit der Feststellung, daß noch vor Beginn der Konferenz die Einladung erfolgen muß. Jedoch glaubt er nicht, daß die Westmächte die Zurückstellung dieser Frage bis nach der Eröffnung der Konferenz ins Auge fassen. Zu Punkt 3 teilt Genosse Sorin unsere Meinung. Die sowjetische Position in dieser Frage ist die vollberechtigte Teilnahme der DDR, höchstwahrscheinlich als Berater bei der Behandlung der deutschen Frage auf der Konferenz. Bei der Behandlung des Punktes 4 meinte Genosse Sorin, daß es möglich sei, daß seitens der Westmächte folgende Position eingenommen wird: Die DDR-Teilnahme als Ratgeber der Sowjetunion und die Teilnahme Westdeutschlands als Ratgeber westlicher Mächte. Gegen eine solche Position wird sowjetischerseits aufgetreten werden. Die Sowjetunion wird die Frage der Teilnahme der Delegationen der DDR und Westdeutschlands als Vertreter beider deutscher Staaten fordern. Es ist anzunehmen, daß dabei wahrscheinlich herauskommt eine Teilnahme als Ratgeber mit beratender Stimme und daß das dann vereinbart wird. Von Seiten der Sowjetunion wird dann dafür eingetreten werden, daß die DDR- wie die westdeutsche Delegation Berater der Konferenz, nicht aber der einzelnen Mächte sind. In diesem konkreten Fall werden alle 3 Forderungen unseres Punktes 4 von der Sowjetunion verteidigt werden. Genosse Sorin meinte, das Wichtigste sei, daß die Teilnahme als Berater der Konferenz die Gleichstellung der DDR mit Westdeutschland auf dieser Konferenz bedeute. In der Behandlung des Punktes 5 geht die Sowjetunion davon aus, daß bereits durch den Notenwechsel die Tagesordnung festgelegt ist. Seitens des Genossen Sorin wird die Wahrscheinlichkeit zugegeben, daß die Westmächte noch weitere Fragen außer der Frage des Friedensvertrages und der Westberlin-Frage diskutieren werden. Aber man könnte ihnen hierbei nicht den Mund verbieten. Die Sowjetunion werde in diesem Falle die entsprechende Antwort geben (Genosse Sorin läßt gerade in bezug auf diese Fragen, außer der Frage der Wiedervereinigung, eine gewisse Annäherung der Standpunkte zu. Siehe dazu oben zu Punkt 8). Zu Punkt 6 ist in der Frage der Teilnahme der Delegation der DDR auf Punkt 4 zu verweisen. Genosse Sorin hielt eine gleichberechtigte Teilnahme der DDR und Westdeutschland und anderer Mächte für wenig wahrscheinlich. Weiter sagte Genosse Sorin zur Frage der Sitzordnung, daß, wenn die Delegationen als Ratgeber teilnehmen, sie dann wahrscheinlich nicht in der ersten Reihe sitzen können werden. Aber aus dieser Frage sollte keine Streitfrage gemacht werden. Was die Verhandlungssprache betrifft, so sagte Genosse Sotin, daß diese wahrscheinlich die offiziellen UN-Sprachen sein werden, da Hammarskjöld offensichtlich gebeten wurde, den UN-Apparat für die organisatorische Seite dieser Konferenz zur Verfügung zu stellen, so daß also Deutsch nicht dabei ist. Seitens der Sowjetunion könnte diese Frage gestellt werden, aber wenn nichts in dieser Frage zu erreichen ist, dann ist Genosse Sorin mit der Meinung der DDR hinsichtlich der Anwendung der deutschen Sprache mit Übersetzung einverstanden. (SAPMO-BArch, DY 30/NL 90/464) |