... Stu­den­ten, die näch­tens Auf­ruhr verur­sachten...

Studenten als Unruhepotential auf den Straßen der Stadt? Das letzte Mal vielleicht während der 1968er Bewegung. Spätere Demonstrationen verliefen ruhig bzw. waren sie innerhalb der Universität platziert. Was spielte sich hier in der Frühen Neuzeit ab?

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27.  Juni 1695, 1.  Juli 1701. Üb. v. Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.


UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27.  Juni 1695, 1.  Juli 1701. Üb. v. Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.


Übersetzung:

Vormittags Unterricht, nachmittags Vollversammlung. Es wurden zwei Punkte vorgebracht, die uns von der hohen Regierung zur Beratung übersandt worden waren: 1. Die Studenten, die nächtens Aufruhr verursachten oder auf frischer Tat bei einer Schlägerei ertappt würden, sollten ins allgemeine Stadtgefängnis abgeführt werden, um danach am Morgen des nächsten Tages von dort der Universität übergeben zu werden; auf diese Weise könnten sie in besagtem Gefängnis besser und strenger bewacht werden. 2. Es sollte wirksamer Vorsorge getroffen werden, dass die Studenten weder tags noch nachts verbotene Waffen, insbesondere Gewehre trügen. Der zweite Punkt erschien überaus gerecht. Es wurde deshalb in einträchtiger Abstimmung beschlossen, eine Proklamation abzufassen und anzuschlagen, in der insbesondere Gewehre bei Strafe der Relegation verboten werden und die Studenten darauf hingewiesen werden sollten, dass sie nach der Relegation der hohen Regierung zur weiteren Bestrafung übergeben würden. Der erste Punkt dagegen schien unseren universitären Privilegien vorzugreifen. 

Freitag. Am Nachmittag Dekanatsversammlung wegen des Jägers, der von einem Studenten der Kanonistik geschlagen worden war. Empfohlen wurde eine freundschaftliche Aussöhnung durch die Bezahlung des Arztes und die Rückgabe der Jagdwaffe.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27.  Juni 1695, 1.  Juli 1701. Üb. v. Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.


Gerade in den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Universität kam es zu häufigen Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Soldaten, Jägern oder Handwerksburschen, auch Nachtwächtern, die öfter schwere Verletzungen, ja sogar Todesfälle zur Folge hatten. Die jungen Männer sahen sich sehr schnell in ihrer männlichen Ehre verletzt und versuchten, diese selbst mittels siegreicher Gewaltanwendung wiederherzustellen. Es ist auch anzunehmen, dass sich die Studenten gegenüber den Gruppen junger Männer, die zu ihrer Berufsausübung Körperkraft oder Waffen benötigten, beweisen mussten. Die Strafgewalt für die meisten dieser Vergehen lag noch bei der Universität als Korporation mit ihren speziellen Privilegien, die sie gegen das vorgeschlagene städtische Vorgehen verteidigte. Der universitäre Karzer war meist gut belegt, viele Konflikte wurden aber über Vermittlung und Entschädigungen gelöst. Diese Formen der körperlichen Gewaltausübung und Selbstjustiz ebbten bereits in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts ab. Studentische Umtriebe wurden später, v.a. in Zeiten befürchteter politischer Unruhen, wieder zum Thema.

(Margret Friedrich)

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