... Verhin­derung dieses Mis­brauches ...

Das Verhältnis von Studenten­zahlen in den einzelnen Fächern zu den Angeboten für eine spätere Berufs­tätigkeit war schon im ausge­henden 18. Jahrhundert Thema. Staatliche Maßnahmen sollten regulierend wirken. Akzeptierten ärmere oder mittellose Studenten den Versuch einer rigiden Steuerung der Studien­wahl entsprechend den Erforder­nissen des Arbeitsmarktes?

Schreiben Gubernium an Studienkonsess v. 3. Jänner 1798. UAI, Rektorat 1797–1800.
Schreiben Gubernium an Studienkonsess v. 3. Jänner 1798. UAI, Rektorat 1797–1800.


Transkription:

Da die Erfahrung gezeigt hat, daß die mit theologischen Stipendien aus dem Alumnatfond der Diözesen, als auch aus dem Rel.fond betheilten studierenden Geistlichen einen grossen Misbrauch treiben, indem sie unter dem Vorwande den geistl. Stand anzutretten derlei Stipendien durch mehrere Jahre geniessen, während dem theologischen Lehrkurse aber auch noch den juridischen, oder medizinischen Kurs besuchen, und sonach den geistl. Stand verlassen, wodurch nicht allein den verschiedenen Fonds ein beträchtlicher Nachtheil zugehet, sondern auch dem Sinne der Stifter, welche so beträchtliche Kapitalien zu Bildung tauglicher Seelsorger, und zu Aufrechthaltung des Priesterstandes bestimmt haben, offenbar entgegengehandelt wird; so hat man höchsten Orts vermög k:k: Hofdekrets vom 14ten Dezember 1797 zu Verhinderung dieses Misbrauches, und Abwendung eines solchen offenbaren Truges für nöthig befunden hiermit allgemein zu verordnen, daß künftig keinem theologischen Stipendisten die Frequentirung des rechtlichen, oder medizinischen Lehrkurses, und aller anderen höcheren Wissenschaften während seines theologischen Kurses auf Universitäten oder Lizäen gestattet, und nicht nur den Professoren die Ausstellung der Attestate über andere wissenschaftliche Zweige an diese Stipendisten auf das schärfeste verbotten, sondern auch, wenn derlei theologische Stipendisten mit solchen Attestaten über andere zurükgelegte Wissenschaften vorkommen, auf solche bei Verleihung der Staatsbedienstungen, oder bei Gesuchen um Zulassung zum Gradus keine Ruksicht genohmen, sondern selbe fir ungiltig angesehen werden sollen.

Schreiben Gubernium an Studienkonsess v. 3. Jänner 1798. UAI, Rektorat 1797–1800.

Da, wohl nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass durch die Einrichtung des Generalseminars in Innsbruck als einzigem Ort der Priesterausbildung, die Zahl der Priester zurückging und ein künftiger Priestermangel thematisiert bzw. befürchtet wurde, andererseits aber z.B. kein Ärztemangel zu verzeichnen war, versuchte man umzuverteilen, möglichst viele Studenten ins Theologiestudium zu bringen und dieses mit Stipendien (noch) reichlicher auszustatten. Findige Studenten belegten nun neben den theologischen Fächern auch Lehrveranstaltungen ihres eigentlich gewünschten Studiums und finanzierten sich damit dieses bzw. einen Teil davon über das Theologiestudium. Das Gubernium reagierte mit einem strikten Verbot eines solchen Doppelstudiums, nahm die Professoren in die Pflicht und drohte mit Verweigerung der Zulassung zur Graduierung bzw. zur späteren Berufstätigkeit. Diese Umgehungsstrategie scheint ein reichsweites Phänomen gewesen zu sein.

​(Margret Friedrich)

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