... Bib­liot­hek auf keine Weise vor Feuers­ge­fahr ge­sichert wer­den ...

Was war aus der kaiserlichen Bibliothek sechs Jahrzehnte nach ihrer Gründung geworden? Konnte sie, nach der Vermehrung der Buchbestände (auch aus säkularisierten Klöstern), einer genauen Überprüfung nach den aktuellen technischen Standards standhalten?

Bericht d. Kgl. Guberniums Tirol an den König von Bayern: Die Organisation der Universität Innsbruck betreffend, v. 11. August 1807. BayHStA, MInn 23738.

Transkription:

Die Universitäts-Bibliothek befindet sich in einem abgesonderten Gebäude, dessen Localität zwar der Bequemlichkeit, aber keineswegs der Sicherheit entspricht. Von oben herab kann die Bibliothek auf keine Weise vor Feuersgefahr gesichert werden, denn der Dachstuhl hängt mit den Deken der Sääle zusammen und die von der vorigen Regierung oft aufgefoderte Baudirection konnte keine schicklichen Mittel zu Abwendung der Gefahr in Vorschlag bringen.

Derselbe Umstand tritt in Rücksicht der Fenster ein, welche mit keinen Bleihbalken versehen und daher bey einer Feuersbrunst gegen die von den umliegenden niedrigern Gebäuden herbeygetriebene Brandhitze nicht gehörig gesichert sind. Die nächste Gefahr scheint jedoch von unten zu seyn.

Die Tragbäume der Fußböden sind bey der großen Breite der Sääle so schwach, und liegen so wenig auf der Hauptmauer auf, daß bey der jährlich zunehmenden Schwere der Bibliothek das ganze Gebäude zusammen zu stürzen droht.

Diese Umstände lassen eine Versetzung der Bibliothek an einem sicheren Orte zwar dringend wünschen. Allein da die gegenwärtige Beschränktheit des Fonds keine Auslagen solcher Art gestattet, so müssen wir die dahin abzweckenden Vorschläge auf einen günstigen Zeitpunkt versparen.

Bericht d. Kgl. Guberniums Tirol an den König von Bayern: Die Organisation der Universität Innsbruck betreffend, v. 11. August 1807. BayHStA, MInn 23738.

 

Diese akribische Beschreibung der Unzulänglichkeit der Bibliotheksräume ist in einem großen politischen Zusammenhang zu sehen.

Im Zuge der Napoleonischen Kriege war im Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805) Tirol Bayern zugesprochen worden, das seinerseits das frühere Hochstift Würzburg abtreten musste, da Kaiser Franz II./I. dieses für seinen Bruder, Erzherzog Ferdinand III. von Toskana, eintauschte. Ab 1. Januar 1806 war das Kurfürstentum Bayern Königreich. Nach dem Verlust aller pfälzischen Wittelsbacher Territorien mussten nun die neu dazu gewonnenen Gebiete mit den altbayerischen Wittelsbacher Ländern zu einem Staatsgebiet vereint und umfassend organisiert werden. Mit diesen neu erworbenen Gebieten waren auch mehrere Universitäten, Lyzeen, Gymnasien unter bayerische Herrschaft gelangt. Daher mussten Strukturplanung und Finanzierbarkeit des Bildungsbereiches überlegt werden. Diesem Prozess hatten genaue Bestandsaufnahmen vorauszugehen. Hofkommissär Graf Arco, der zunächst an der Spitze der bayerischen Verwaltung in Tirol stand, veranlasste eine akribische Erhebung des Zustandes der Universität Innsbruck und reichte auf mehr als 80 Seiten mit 33 Beilagen eine klare, umfassende Darstellung ein, wie auch der Ausschnitt der genauen Untersuchung der baulichen Situation der Bibliothek zeigt.

Die Bibliothek war von Maria Theresia als bibliotheca publica, also nicht als eine ausschließliche Universitätsbibliothek, sondern als eine staatliche, öffentlich zugängliche 1745 gegründet worden. Der Bibliothekssaal war zunächst im Verbund mit den Hörsälen eingerichtet. Da der Bücherbestand der Universität gering war, erwirkte ihr erster Leiter, Anton Roschmann, dass die Buchbestände der Hofburg und des Schlosses Ambras integriert wurden. Mit den Aufhebungen von Klöstern wurden deren Bibliotheken in diese Bibliothek eingegliedert. Auch Schenkungen von Privatpersonen gab es. Bibliothekar Johann Baptist Primisser beklagte, neben dem hohen Arbeitsaufwand für die Katalogisierung, einen immer größeren Raummangel und beantragte eine Übersiedlung. 1785 wurde diese in den zweiten Stock des Gymnasialgebäudes genehmigt und 1787 abgeschlossen.

Für die bayerische Berichterstattung wurde im Vorfeld ein Bericht des Bibliothekars eingefordert, in dem klar gelegt wurde, dass diese Bibliothek die einzige öffentliche des Landes sei, aber auch schon die Feuergefährlichkeit thematisiert wurde. Es folgte 1808 das „Gesetz zur Erhaltung, zweckmäßigen Benützung und Vermehrung der Universitätsbibliothek“. Die Bibliothek erhielt fixe Anteile an den von den Studenten zu bezahlenden Gebühren und eine Dotation von 500 fl. Allerdings wurde letztere von 1809 bis 1816 nicht ausbezahlt.

(Margret Friedrich)

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