... zur Verteidi­gung der Un­befleck­­ten Empfängnis ...

In den Zeiten der Konfessional­isierung gründeten protestan­tische Landes­herren Universitäten für Protestanten (Augsburger oder Helvetischen Bekenntnisses), katholische Landesfürsten Universitäten für Katholiken. Dies diente auch zur Unter­mauerung ihrer Herrschaft. Die Zugehörigkeit zur jeweiligen Religionsgemeinschaft musste öffentlich bezeugt werden.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 7. Dezember 1677, 9. Dezember 1683. Üb.v. Florian Schaffenrath, Verena Luggin.


UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 7. Dezember 1677, 9. Dezember 1683. Üb.v. Florian Schaffenrath, Verena Luggin.


Übersetzung:

Pervigil der Unbefleckten Empfängnis. Am ganzen Tag Vorlesungen. Um 3 Uhr gab es eine Versammlung, auf der beraten und beschlossen wurde, dass in Zukunft jährlich von allen Professoren in einem feierlichen Akt das Glaubensbekenntnis und der Eid, die Unbefleckte Empfängnis der seligen Jungfrau [Maria] zu verteidigen, abgelegt werden soll.

Wie üblich wurde das Glaubensbekenntnis an einen Stellvertreter des ehrwürdigen und höchsten Fürstbischofs von Brixen von allen Patres und den Herren Professoren abgelegt. Daraufhin wurde in der Kapelle Mariahilf in der Pfarrei das Gelübde zur Verteidigung der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau gesprochen. Die Messe zelebrierte der hochverehrte, edle und Berühmte Herr Pfarrer dieses Ortes. Die Festrede aber hielt der ehrenwerte Herr M. Christian Hiller, Priester und Student der Theologie.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 7. Dezember 1677, 9. Dezember 1683. Üb.v. Florian Schaffenrath, Verena Luggin.

 

Die Universität Innsbruck gehörte zur letzten Tranche der gegenreformatorischen Universitätsgründungen. Kaiser Leopold bezeichnete sie als „Schutzmauer“ und „Zierde“ der katholischen Religion, nachdem im vorherigen Jahrhundert „der katholischen Sache und unserer Herrschaft gewaltiger Schaden bereitet wurde durch den Irrglauben und die schreckliche Seuche, die weithin im Norden, v.a. in Deutschland und in Reichen, die an unsere ererbten Länder grenzen, immer noch zunimmt“, wie es in der Gründungsurkunde heißt.

Zur Zeit der Konfessionalisierung sollte Konfessionseide für die Übereinstimmung von persönlicher Gesinnung und staatlich vorgeschriebener Werteordnung sorgen, da man der Auffassung war, dass unterschiedliche Konfessionen innerhalb eines Herrschaftsgebietes nur zu Zwietracht und Aufruhr führten. In früheren Jahrhunderten wurde eine förmliche confessio fidei hingegen einzelnen Personen abverlangt, die der Häresie verdächtig waren.

Um sich der Rechtgläubigkeit der Professoren zu versichern, diese aber auch öffentlich zu demonstrieren, mussten die Professoren in Zeiten der barocken Marienfrömmigkeit nicht nur das Tridentinische Glaubensbekenntnis sprechen, sondern jährlich zum 8. Dezember auch den Eid auf die Unbefleckte Empfängnis ablegen.

Von Theologen, die sich den Ideen der Aufklärung zugewandt hatten, wurde dieser Eid als widersinnig eingestuft. Es folgte schließlich ein sehr geschickter öffentlicher Protest: Bei der Zeremonie im Dezember 1781 änderte der Theologe Karl Schwarzel, der im Alumnat in Passau Theologie und die Rechte studiert hatte und an der Universität Innsbruck seit 1779 Professor für Patristik, Polemik und theologische Literärgeschichte war, die Eidesformel

[...] spondeo, voveo, ac juro me [...] publice, ac privatim velle pie tenere et asserere, B. Virginem Mariam, Dei Genetricem, absque virginalis peccati macula conceptam esse, donec aliter a Sede Apostolica definitum fuerit“

inhaltlich durchaus korrekt in

„Ego Carolus Schwarzl spondeo, vovero, ac juro omnia, quae Sancta Mater definivit Ecclesia“.

Er schwor auf die Wahrheiten der Heiligen Kirche, das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis wurde erst knapp hundert Jahre später verkündet. Die leise Aktion Schwarzels und die laute Antwort des Prokanzlers in der Kirche erregten Aufsehen weit über die Grenzen Tirols und der Diözese Brixen hinaus und führten dazu, dass Joseph II. die beiden zwar rügte – Schwarzel wohl wegen seines eigenmächtigen, die Hierarchien nicht beachtenden Vorgehens –, diesen Eid aber generell abschaffte. Joseph akzeptierte diese Verflechtung von religiöser und politischer Ordnung nicht und argumentierte mit dem zeitgenössisch modernen juristischen Eidverständnis, dass ein Eid nur abgelegt werden dürfe, „wenn er gewisse Wahrheit zum Stoffe, und Noth zum Beweggrunde hat“. Beides sei hier nicht gegeben. Denn diesem Eid lag ein traditionelles Eidverständnis zugrunde, gemäß welchem bedeutende Beziehungen verschiedenster Art beschworen werden konnten. Das im Neuen Testament ausgesprochene Eidverbot war kein Thema.

Die Predigt an diesem Festtag durfte jeweils ein ausgewählter höhersemestriger Student der Theologie halten.

(Margret Friedrich)

 

 

Links

  • Nach oben scrollen