Reform der Abschlussprüferaufsicht und Stabilität des Finanzmarktes
Projekt gefördert durch den OeNB Jubiläumsfonds (Projekt-Nr. 17783)
Priorität des Forschungsprojekts
Die Durchführung von Abschlussprüfungen soll die in Jahres- bzw. Konzernabschlüssen enthaltenen Informationen verifizieren und damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die finan-ziellen Berichte erhöhen. Durch Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen bei der Erstellung sowie Prüfung der Unternehmensinformationen wird die Stabilität der Finanzmärkte gefährdet. Die Abschlussprüfung soll dazu führen, dass ein breiter Personenkreis sich auf die Leistung des Prüfers verlassen und basierend auf dem geprüften und veröffentlichten Jahresabschluss Entscheidungen treffen kann. Bereits im ersten Erwägungsgrund zur „Abschlussprüfer-Verordnung“ (VO 537/2014) wir festgehalten, dass eine hohe Qualität der Abschlussprüfungsleistung (=Prüfungsqualität) wesentlich zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Finanzmärkte beiträgt. Im Sinne der Finanzmarktstabilität ist somit die wissenschaftliche Untersuchung der Prüfungsqualität von essentieller Bedeutung.
Inhalt des Forschungsprojekts
Im Zuge des Forschungsprojektes wird untersucht, welchen Einfluss die Reform der Abschlussprüferaufsicht auf die Stabilität des Finanzmarktes hat. Lediglich für die USA gibt es hierzu bislang empirisch belegte Ergebnissen, deren Aussagekraft für Österreich jedoch begrenzt ist. Vor diesem Hintergrund sollen neue, für den österreichischen Finanzmarkt relevante Erkenntnisse gewonnen werden. Ziel des Projekts ist es somit, (1) den Zusammenhang zwischen Prüfungsqualität und der Finanzmarktstabilität besser zu verstehen und (2) den Einfluss verschiedener Qualitätssicherungsmechanismen auf die Vertrauenswürdigkeit von Finanzinformationen aufzuzeigen. Dazu werden Regulierungsmaßnahmen sowie deren Auswirkungen analytisch und empirisch untersucht.
Der Fokus des Projektes lag dabei im Bereich der Sicherung und Erhöhung der Prüfungsqualität durch (externe) Qualitätssicherungsmaßnahmen und deren Auswirkung auf die Finanzmarktstabilität. Für Österreich ist hierbei insbesondere das Abschlussprüferaufsichtsgesetz (APAG) und die dadurch eingerichtete Abschlussprüferaufsichtsbehörde (APAB) von Relevanz. Ziel des Projekts war es, die Auswirkungen verschiedener europäischer Reformbemühungen auf die Stabilität des österreichischen Finanzmarktes zu untersuchen. Der Fokus wurde dabei insbesondere auf die (externe) Qualitätssicherung zur Abschlussprüfung, die Arbeit der Behörde und die Berichterstattung von Unternehmen und Behörden im Zusammenhang mit den EU-Abschlussprüfungsreform gelegt.
Von der Sicherstellung einer hohen Qualität von Abschlussprüfung wird erwartet, dass Banken und andere Finanzintermediäre richtige Daten von Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer (Unternehmen) zur Bonitätsbeurteilung erhalten und die Banken selbst durch ihre geprüften Abschlüsse richtige Informationen über ihre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage an die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörden weitergeben. Dadurch sollten Problem bei einzelnen Bankinstituten frühzeitig erkannt und eine Ansteckung des gesamten Bankensystems verhindert werden. Eine hochqualitative Abschlussprüfung ist daher aus mikro- und makroökonomischer Sicht von Bedeutung und kann zu einer hohen Finanzmarktstabilität beitragen.
Im Zuge des Projektes wurden demnach einige Forschungsfragen identifiziert:
- Über welche Instrumente verfügen die Abschlussprüferaufsichtsbehörden zur Überwachung/Beeinflussung der Prüfungsqualität, damit ein Beitrag zur Finanzmarktstabilität geleistet werden kann? Wie hat die Reform die Tätigkeit der Behörde beeinflusst und was sind die wesentlichen Erkenntnisse der ersten Tätigkeitsjahre? (Projekte 1 und 2)
- Wie hat sich der Abschlussprüfungsmarkt im Laufe der letzten Jahre entwickelt? Konnten die wesentlichen Ziel der Abschlussprüfungsreform wie die Reduktion der Marktkonzentration und die Erhöhung des Wettbewerbs erreicht werden? Welche Auswirkungen ergeben sich durch die Abschlussprüferaufsicht auf Konzentrationstendenzen am Abschlussprüfungsmarkt und welche Konsequenzen können daraus für die Finanzmarktstabilität erwartet werden? (Projekt 3)
- Wie wirken sich international unterschiedliche Ansätze zur Prüferaufsicht – insbesondere im Hinblick auf deren Kommunikationen nach außen aus? Wie wird die Tätigkeit der Abschlussprüferaufsichtsbehörden bzw. der externen Qualitätssicherung in diesem Kontext wahrgenommen? (Projekte 4 und 6)
- Wie wirken, durch die Abschlussprüfungsaufsicht genehmigte bzw. gebilligte Standards tatsächlich? Werden die wesentlichen Ziele erreicht und die Klarheit sowie die Prüfungsqualität damit erfüllt/erhöht? (Projekt 5)
Zur Beantwortung der genannten Forschungsfragen wurden insgesamt sechs Teilforschungsprojekte durchgeführt. Für die Forschungsarbeiten wurden unterschiedliche Herangehensweisen verwendet – insbesondere wurden Normen aufgearbeitet, Tätigkeits- und Jahresberichte der Behörden analysiert, Archivdaten über österreichische PIE-Unternehmen deskriptiv wie statistisch analysiert und drei Experimente durchgeführt.
Zur Beantwortung der genannten Forschungsfragen wurden insgesamt sechs Teilforschungsprojekte durchgeführt. Für die Forschungsarbeiten wurden unterschiedliche Herangehensweisen verwendet – insbesondere wurden Normen aufgearbeitet, Tätigkeits- und Jahresberichte der Behörden analysiert, Archivdaten über österreichische PIE-Unternehmen deskriptiv wie statistisch analysiert und drei Experimente durchgeführt.
Aus den Ergebnissen soll abgeleitet werden, welche Methoden zur externen Qualitätssicherung implementiert wurden, wie sich deren Qualität beurteilen lässt und welche qualitätserhöhenden Maßnahmen auf nationaler, europäischer sowie internationaler Ebene gesetzt werden können. Letztlich sollen die gewonnen Erkenntnisse auch Ausgangsbasis und Anstoß für weitere Forschungsprojekte sein und zu weiteren und vertiefenden Einblicken führen.
Beschreibung der Forschungsergebnisse (31.07.2023)
Aus dem Projekt sind zwei Publikationen und drei Working Papers sowie eine Arbeit, die als Work-in-Progress klassifiziert werden, entstanden.
Publikationen
- Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona (2020): Wie agiert die Abschlussprüferaufsicht in Österreich und Deutschland?, in: Die Wirtschaftsprüfung (73) 22/2020, S. 1341 - 1348. [VHB: C] (1)
- Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona (2023): Reform der Abschlussprüferaufsicht in Österreich und Deutschland – Wo liegen die festgestellten Mängel in der Abschlussprüfung? Rückblick und Analyse der Jahre 2016 – 2021, in: Die Wirtschaftsprüfung (76) 13/2023, S 722 – 732. [VHB: C] (2)
Working Papers:
- Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona; Steller, Marcel (2023): What were the effects of the EU audit reform in Austria? An empirical analysis of the Austrian audit market. (3)
- Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona; Steller, Marcel (2023): The Effect of Audit Effort, Type of Misstatement and Key Audit Matter Disclosure on the Assessment of Auditor`s responsibility, available on SSRN: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4460052.(4)
- Graschitz, Sabine; Hamilton, Erin; Messier, William, Pietsch, Christian (2023): Auditor Reporting on Other Information Outside of the Financial Statements: available on SSRN: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4486378. (5)
Work-in-Progress:
- Graschitz, Sabine; Schenkenfelder, Christoph: Investor's reaction to the auditor oversight's reports - do different reporting approaches matter?; Work in Progress. (6)
Vor dem oben beschriebenen Hintergrund wurde für ein erstes Teilprojekt die Tätigkeit der österreichischen und deutschen Prüferaufsicht analysiert. Dabei wurden grundsätzlich Aufbau und Aufgaben der Aufsichtsbehörden analysiert. Im Rahmen ihrer Tätigkeit konnten in beiden Ländern eine Reihe von Verstößen mit (mitunter teuren) Sanktionen geahndet. Grundsätzlich ist eine solche transparente Sanktionsverhängung für die unterschiedlichen Verstöße von Prüfungsgesellschaften begrüßenswert und erhöht somit die öffentlich verfügbaren Informationen über die Abschlussprüfung. Da jedoch keine spezifischen Prüfer bzw. Prüfungsgesellschaften genannt werden, stellt sich die Frage, inwiefern diese anonyme Veröffentlichung von Informationen tatsächlich vorab zu einer Entscheidung für oder gegen die Beauftragung einer Prüfungsgesellschaft beitragen kann.
Jedoch kann diesbezüglich von der beauftragenden Partei Auskunft verlangt werden; d.h. im Beauftragungsprozess wird es zu empfehlen sein, nachzufragen, inwiefern es bei Qualitätssicherungsprüfungen oder Inspektionen Beanstandungen gab und ob eine Untersuchung (DE: anlassbezogene Berufsaufsicht) der Abschlussprüferaufsichtsbehörden durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde auch festgestellt, dass für Österreich keine Liste von PIE-Unternehmen frei/öffentlich verfügbar ist, was die detaillierte Analyse des Marktes von besonders wichtigen, idR kapitalmarktorientierten Unternehmen erschwert.
siehe hierzu:
Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona (2020): Wie agiert die Abschlussprüferaufsicht in Österreich und Deutschland?, in: Die Wirtschaftsprüfung (73) 22/2020, S. 1341 - 1348.
Anknüpfend an den vorhergehenden Beitrag über die Behördentätigkeit in Österreich und Deutschland wurden die identifizierten Mängel durch die Aufsichtsbehörden analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass nach fünfjährigem Agieren der neuen Abschlussprüferaufsichtsbehörden vielfältige Mängel in den Prozessen der Abschlussprüfung identifiziert werden konnten. In Österreich betrifft dies insbesondere die Normen zur allgemeinen Organisation des Prüfungsbetriebs, aber auch Themen wie die Regelungen zur Auftragsabwicklung, zur Annahme und Fortführung sowie die vorzeitige Beendigung von Aufträgen wurde von den Behörden bemängelt. In Deutschland hingegen liegen die festgestellten Mängel hauptsächlich innerhalb der auftragsbegleitenden Qualitätssicherung und der Umsetzung des risikoorientierten Prüfungsansatz bei der Prüfung von Umsatzerlösen und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen.
Für den Beitrag wurde eine Analyse von Tätigkeitsberichten, Jahresberichten, Homepageinformationen und Informationen über durch die Behörden verhängte Sanktionen. Der Fokus der Analyse liegt dabei insbesondere auf Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities – PIE) und den bei ihren Prüfern durchgeführten Inspektionen (und in Österreich auch damit zusammenhängende Qualitätssicherungsprüfungen). Der Fokus des Beitrages, liegt auf diesen Unternehmen da sie für den Finanzmarkt und deren Stabilität von besonderer Bedeutung sind.
siehe hierzu:
Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona (2023): Reform der Abschlussprüferaufsicht in Österreich und Deutschland – Wo liegen die festgestellten Mängel in der Abschlussprüfung? Rückblick und Analyse der Jahre 2016 – 2021, in: Die Wirtschaftsprüfung (76) 13/2023, S 722 – 732.
Abgeleitet aus den obigen Beiträgen, bei denen das Forschungsteam oftmals vor unvollständigen und sich widersprechenden Informationen über den österreichischen Abschlussprüfungsmarkt stand, wurde unter dem Titel „What were the effects of the EU audit reform in Austria? An empirical analysis of the Austrian audit market“ strukturiert der österreichische Prüfungsmarkt analysiert.
Die Reform des europäischen Abschlussmarktes, welche im Jahr 2016 in Kraft trat, brachte eine Reihe von Maßnahmen mit sich, die u.a. dazu dienen sollte den Wettbewerb am Markt anzukurbeln, die Marktkonzentration zu reduzieren und die Unabhängigkeit zu stärken. Vor diesem Hintergrund wurde eine detaillierte Archivdatenanalyse des österreichischen Abschlussprüfungsmarktes durchgeführt. Dafür dienen im Wesentlichen auf die Arbeit von Willekens et al. (2019) und die Berichte der Europäischen Kommission (2021, 2022) über die Implementierung und Effekte der Abschlussprüfungsreform auf EU-Ebene als Ausgangsbasis. Diese Studien sind höchst relevant für die Gesamt-EU zeigen jedoch wenige Details über die einzelnen Länder und in Kontext dieses Forschungsprojekts über die Situation in Österreich auf.
Daher analysiert die vorgenommene Studie die Jahre 2010 bis 2020 und fokussiert sich dabei sowohl auf Marktanteile und -Konzentration, Prüferwechsel und Honorarzusammensetzung & -entwicklung im genannten Zeitraum. Unterschiedliche Effekte der EU-Reform sind schon deshalb zu erwarten, da die Implementierung trotz einheitlicher Vorgaben der EU-Verordnung 537/2014 unterschiedlich erfolgen konnte. Unterschiede sind bspw aus Art. 4 Abs 2 im Hinblick auf die Fee Cap, aus Art. 5 Abs 2 im Hinblick auf zusätzliche Verbotene Nichtprüfungsleistungen, aus Art. 17 im Hinblick auf die Laufzeit des Prüfungsmandates oder auf die Ausgestaltung der Abschlussprüferaufsichtsbehörden iSd Art. 20 der VO möglich. Zusätzliche Divergenzen zwischen verschiedenen Ländern, konnten auch durch Implementierungsunterschiede der EU-Richtlinien 2006/43/EC iVm 2014/56/EU verursacht werden.
Dieser Teil des Forschungsprojekts bietet somit detaillierte Einblicke in den österreichischen Markt für PIE-Abschlussprüfungen. Dies basiert im Wesentlich auf der Arbeit von Willekens et al. (2019) Die Analyse zeigt auf, dass in einigen Bereichen die Abschlussprüfungsreform durchaus Wirkung gezeigt hat. Dies wäre bspw. im Kontext der Fee Caps, sowie der externen Rotation der Fall. Inwiefern eine externe Rotation zu positiven oder negativen Effekten führt, ist noch offen. Jedoch zeigen sich für den österreichischen Markt massive negative Effekte im Kontext von Marktkonzentration und Marktwettbewerb. Hier ist eine deutlich geringer werdende Anzahl von Anbietern am Abschlussprüfungsmarkt zu beobachten. Dies kann sich längerfristig durchaus negativ auf die Stabilität des Finanzmarktes auswirken. Auch wenn die Marktkonzentration sinkt, ist sie immer noch auf einem äußerst hohen Niveau. Dies wird insbesondere auch aufgrund der anstehenden Änderungen durch die CSRD (EU-Richtlinie 2022/2464/EU) als herausfordern anzusehen sein.
siehe hierzu:
Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona; Steller, Marcel (2023): What were the effects of the EU audit reform in Austria? An empirical analysis of the Austrian audit market.
Im Tätigkeitsbereich der österreichischen APAB liegt auch die Analyse der Bestätigungsvermerke. Dabei wird besonders auf die normativ-formale Richtigkeit der Bestätigungsvermerke geachtet. Im Lichte aktueller Bilanzskandale wie Wirecard in Deutschland und der Commerzialbank Mattersburg stellt sich jedoch auch die Frage, inwiefern Berichterstattung, Fehlerart und Arbeitseinsatz des Abschlussprüfers die Entscheidungen der Jahresabschlussadressaten mit beeinflussen und inwiefern die Beschäftigung mit bzw. das Vorkommen solcher Fälle die Wahrnehmung der Tätigkeit von Abschlussprüfern beeinflusst.
Die Qualität in der Abschlussprüfung ist Gegenstand zahlreicher Studien. Da die Prüfungsqualität für am Jahresabschluss interessierte Parteien nicht unmittelbar beobachtbar ist wurden diverse Faktoren als Surrogate eingesetzt. Zahlreiche Studien analysieren den Einfluss von Arbeitseinsatz auf die Prüfungsqualität. Permanente Erweiterungen der Tätigkeiten zum Ablauf der Prüfungsdurchführung, wachsende Verantwortlichkeiten und kontinuierliche Reformen führen dazu, dass der Prüfungsaufwand steigen muss, um die neuen Aufgaben abzudecken und eine hohe Prüfungsqualität gewährleisten zu können. Die Reformen aufgrund der jüngsten Bilanzskandale betreffen in erster Linie den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, insbesondere die zusätzliche Verpflichtung zur Offenlegung “besonders wichtiger Prüfungssachverhalte“ (Key Audit Matters - KAMs).
Der genannte Beitrag „How Do Audit Effort and KAM Disclosure Affect an Auditor’s Perceived Responsibility?“ befasst sich mit der Haftung des Abschlussprüfers in Abhängigkeit von verschiedenen Einflussfaktoren dient er der Beantwortung der dritten Forschungsfrage. Zusätzlich wird der Einfluss des Prüfungsaufwandes (angegeben in Prüfungsstunden und Prüferhonoraren) auf die wahrgenommene Schuldhaftigkeit des Abschlussprüfers im Falle einer Unternehmensinsolvenz nach der Meinung von „fiktiven Geschworenen“ (mock jurors) untersucht. Als zusätzliche mögliche Einflussfaktoren wurden kategorische Falschaussagen oder Messunsicherheit berücksichtigt. Über das Econlab der Universität Innsbruck wurde ein 2x2x2 - between-subjects-Experiment mit 332 Teilnehmenden, welche als „Geschworene“ eingesetzt wurden, durchgeführt. Die Teilnehmer der Studie wurden mittels des Zufallsprinzips auf die jeweiligen Situationen verteilt. Die folgende Tabelle zeigt die Aufteilung der Experimentteilnehmenden auf die unterschiedlichen Gruppen und einige demographische Informationen über die Experimentteilnehmenden.
Ergebnisse
Die Ergebnisse dieses Projektteils zeigen, dass mehr Arbeitseinsatz nicht immer schützt. Zudem wurde im Kontext des Projekts aufgedeckt, dass ein signifikant positiver Einfluss des Vorhandenseins von externen Qualitätssicherungsbehörden zur wahrgenommenen Prüfungsqualität besteht. Dies deutet grundsätzlich darauf hin, dass eine Abschlussprüferaufsicht bzw. externe Qualitätssicherung dazu geeignet ist, die (wahrgenommene) Prüfungsqualität positiv zu beeinflussen. Dies führt implizit wiederum dazu, dass die Abschlussprüfung ihren Zweck erfüllt und dazu geeignet ist, die Finanzmarktstabilität positiv zu beeinflussen.
siehe hierzu:
Graschitz, Sabine; Holzknecht, Simona; Steller, Marcel (2023): The Effect of Audit Effort, Type of Misstatement and Key Audit Matter Disclosure on the Assessment of Auditor`s responsibility, available on SSRN: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4460052.
In diesem Beitrag wird wieder die Thematik Kommunikation des Abschlussprüfers im Bestätigungsvermerk aufgegriffen; konkret greift er die unterschiedlichen Berichtspflichten zum Thema „sonstige Informationen“ auf. Wie in der Analyse für Österreich ersichtlich, wird gegen diese Berichtspflicht regelmäßig verstoßen. Dies kann mitunter daran liegen, dass Zweifel am Kommunikationswert des Abschnitts über „sonstige Informationen“ liegen, welcher dazu führen könnte, dass die Erwartungslücke noch erweitert werden könnte, da Jahresabschlussadressaten durch ein Statement des Abschlussprüfers annehmen könnten, die Informationen wären ebenfalls geprüft.
Der Beitrag zielt auf die Information der Standardsetter und Aufsichtsbehörden im Hinblick auf den spezifische Wirkung des ISA 720 (Revised) ab und bietet eine Argumentationsbasis für die Aufsichtsbehörde im Hinblick auf die Wirkung der verabschiedeten Prüfungsstandards. Im Zuge des vorliegenden Teils des Forschungsprojekts wurde die Forschungsfrage vier behandelt.
Als zweite experimentbasierte Arbeit beschäftigt sich der vorliegende Beitrag im Rahmen der Forschungsarbeit mit der Frage, wie die Berichterstattung im Hinblick auf sonstige Informationen durch nicht-professionelle Investoren wahrgenommen wird. Bei sonstigen Informationen handelt es sich nach ISA 720 (Revised) um Informationen, die gemeinsam mit dem Jahresabschluss veröffentlicht werden. Üblicherweise sind somit große Teile des Lageberichts, der Corporate Governance-Bericht und auch integrierte Nachhaltigkeitsberichte Teil der sonstigen Informationen. Nach Einführung des ISA 720 (Revised) muss, sofern die ISAs angewandt werden, im Bestätigungsvermerk über die Pflichten des Abschlussprüfers in diesem Kontext berichtet werden. Im Wesentlichen folgen die Pflichten des Abschlussprüfers, dem sogenannten „Read & Consider-Approach“. Das bedeutet, der Abschlussprüfer hat die sonstigen Informationen zu lesen und kritisch zu würdigen, ob sie mit den Informationen im geprüften Jahresabschluss in Konflikt stehen. In jedem Fall ist der Abschlussprüfer dazu verpflichtet, kurz über seine Pflichten zu berichten. Dabei wird auch vermerkt, dass der Abschlussprüfer keine Prüfungshandlungen in diesem Kontext durchführt und auch keine Zusicherung über die sonstigen Informationen abgibt.
Vor der Einführung des ISA 720 (Revised) gab es eine intensive Diskussion darüber, wie die neue Berichtspflicht des Abschlussprüfers wohl wahrgenommen wird. Im Wesentlichen blieb daraus die Befürchtung bestehen, mit der neuen Berichtspflicht würde eine erhöhte Haftung einhergehen. Zeitgleich mit dem IAASB wurde auch von der amerikanischen PCAOB im Kontext der sonstigen Informationen die Überlegung angestellt, die Berichtspflichten zu ändern. Im Gegensatz zu ISA 720 (Revised) kam es aber bei AS 2710, auch aufgrund wesentlicher Bedenken der Wirkung des Standards, zu keinen Änderungen.
Vor diesem Hintergrund wird in einem 4x2 between participants Experimentdesign analysiert, wie unterschiedliche Berichtsarten im Zusammenhang mit "sonstigen Informationen" wahrgenommen werden. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass eine stärkerer Involvierung des Prüfers grundsätzlich zu verlässlicheren Informationen führen. Dabei zeigt sich, dass die Arbeit des Abschlussprüfers im Kontext finanzieller Informationen besser wahrgenommen wird, als im Kontext von nichtfinanziellen Informationen.
siehe hierzu:
Graschitz, Sabine; Hamilton, Erin; Messier, William, Pietsch, Christian (2023): Auditor Reporting on Other Information Outside of the Financial Statements: available on SSRN: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=4486378.
in Projekt 4 wurde gezeigt, dass das Vorhandensein einer Behörde zur externen Qualitätssicherung als relevant für eine qualitativ hochwertige Prüfungsdurchführung gesehen wird. Anknüpfend daran wird in diesem Teil des Forschungsprojekts wird die Kommunikation der Abschlussprüferaufsichtsbehörde thematisiert. Grundsätzlich gibt es hier unterschiedlichste Kommunikationsstrategien der Abschlussprüferaufsichtsbehörde über die Inspektionsverfahren nach außen -während in Österreich aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben lediglich eine anonyme Berichterstattung über festgestellte Fehldarstellungen erfolgt, wird bspw. durch die PCAOB eine deutlich spezifischer Berichtspraxis verwendet, sodass wirtschaftsprüfungsgesellschaftsindividuelle Inspektionsberichte – inkl. der Darstellung etwaig identifizierter Mängel und Schwächen veröffentlicht werden.
In einem experimentellen Setting wird dafür analysiert, wie die Berichtspraxis die Jahresabschlussadressaten beeinflussen kann. Hierzu werden der Berichtsdetaillierungsgrad sowie das Vorhanden- bzw. Nicht-Vorhandensein von Fehlern manipuliert.
Projekt 6 wird als Work-in-Progress klassifiziert und wird derzeit noch detaillierter erarbeitet.
Graschitz, Sabine; Schenkenfelder, Christoph: Investor's reaction to the auditor oversight's reports - do different reporting approaches matter?; Work in Progress.
Projektergebnisse
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die APAB wurde eingerichtet, ist entsprechend der Bestimmung tätig, berichtet darüber und deckt regelmäßig im Rahmen von Firm- und File-Reviews Fehler der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auf. Dies soll einerseits eine Fehleraufdeckungsfunktion erfüllen, andererseits aber auch eine Präventions- und Qualitätssicherungsfunktion ausüben. Alles in allem liefert die APAB viele Informationen über ihre Tätigkeit und veröffentlicht somit Informationen, die dazu geeignet sind, Abschlussprüfungen zu verbessern und die Stabilität des Finanzmarktes zu erhöhen.
Im Kontext der EU-Abschlussprüfungsreform in Österreich wurde im Zuge der Archivdatenanalyse des PIE-Marktes gezeigt, dass die Reform in einigen Bereichen die gewünschten Ergebnisse erzielt hat, bspw ist die Anzahl der Prüferwechsel gestiegen und die Relation von Nichtprüfungshonoraren zu Abschlussprüfungshonoraren ist zurückgegangen. Jedoch lässt sich auch ein negativer Trend im Kontext der Marktkonzentration und des Wettbewerbs am PIE-Prüfungsmarkt beobachten: der starke Rückgang der PIE-Prüfer (von 15 auf 8) im Beobachtungszeitraum. Somit hat die Reform in Österreich nicht zu einer Erhöhung des Wettbewerbs geführt. Dies ist für die Abschlussprüferaufsicht, im Zuge der Marktbeobachtung relevant und kann durchaus geeignet sein, die Finanzmarktstabilität negativ zu beeinflussen.
Zusätzlich wird derzeit im Rahmen einer weiteren Studie (Experiment mit nicht-professionelle Investoren) auch die Effekte der Berichterstattung der Aufsichtsbehörden näher analysiert. Dabei zeigt sich, dass die Berichterstattung der Behörde die Entscheidungen von nicht-professionellen Investoren positiv beeinflussen kann. Dies gilt einerseits im Hinblick auf die Investitionswahrscheinlichkeit dieser Personen, andererseits betrifft dies auch die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Bestätigungsvermerks sowie der Finanzberichterstattung an sich. Die Berichterstattung im Experiment erfolgte prüferspezifisch (d.h. nicht anonym), sowohl eine detaillierte als auch eine allgemeine Berichterstattung führte zu ähnlichen Ergebnissen.
Ein weiteres Experiment (mit „mock jurors“), welches den Kontext der Haftung von Abschlussprüfern betrifft und insbesondere durch die aktuellen Fälle besonders relevant erscheint, beschäftigt sich mit der Schuldhaftigkeit von Abschlussprüfern bei nicht aufgedeckten Fehldarstellungen. Dabei zeigt sich, mehr Arbeitseinsatz ist grundsätzlich vorteilhaft ist, hat jedoch im Falle von offensichtlichem Nicht-Einhalten von Berufsstandards keine schuldbefreiende Wirkung. Zur Analyse dieser Thematik werden verschiedene Faktoren manipuliert (zB die Berichterstattung des Abschlussprüfers in den Key Audit Matters sowie die Art der nicht-entdeckten Fehldarstellung). Zusätzlich wird im Rahmen des Projekts auch die Relevanz des externem Qualitätssicherungssystems abgefragt; diese System wird als äußerst relevant eingestuft und somit gilt, dass bereits die Existenz eines Abschlussprüferaufsichtssystems eine positive Signalwirkung auslöst.
Zuletzt wurde auch im Rahmen einer weiteren experimentellen Studie gezeigt, wie spezifische Berichtspflichten im Hinblick auf sonstige Informationen (ISA 720 (Revised)) wirken. Dies ist für die österreichische Aufsichtsbehörde besonders relevant, da in diesem Kontext in den letzten Jahren einige fehlerhafte Bestätigungsvermerke erteilt wurden.
am Projekt beteiligtePersonen
Sabine Graschitz (Projektleitung)
Simona Holzknecht
Irina Hosp
Marcel Steller
studentische MitarbeiterInnen:
Matthias Heckel
Lisa-Maria Hofer
Melanie Leopold
Nina Limberg
Mona Schwarzenböck
Stefan Wenter
Links:
https://www.oenb.at/Ueber-Uns/Forschungsfoerderung/Jubilaeumsfonds.html