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Jas­min Gün­gör

...ist eine Frau mit Visionen.

Was hat Sie damals an die Universität Innsbruck gezogen? Ich bin ursprünglich aus Landeck und da war Innsbruck natürlich eine naheliegende Wahl.

Denke ich an Innsbruck, denke ich sofort an... eine junge, dynamische Stadt, die in einer einzigartigen Landschaft eingebettet ist und das Potenzial hat, viel Talent und Innovation anzuziehen.

Was war für Sie ein unvergessliches Erlebnis Ihrer Studienzeit? Ich habe IWW studiert und als Zweitstudium Europäische Ethnologie gewählt. Dass man mit Wirtschaft beruflich viele Möglichkeiten hat, war klar, aber ich wollte auch einen Beitrag leisten, dass meine Kommiliton:innen bei der Europäischen Ethnologie Skills fürs Berufsleben entwickeln. Daher gründete ich eine Radiosendung namens Ethnoskop auf Freirad. Diese Sendung wurde von mehreren Leuten auch ohne mich weiter fortgesetzt und hat bei einer Kollegin zu einer Anstellung beim Sender geführt. Das Unvergessliche daran war, etwas Neues zu schaffen. Wahrscheinlich war ich damals schon innerlich Unternehmerin.

Gab es Momente oder Personen in Ihrem Studium, die Sie besonders geprägt haben? Ich habe neben IWW auch Europäische Ethnologie studiert und besonders geprägt hat mich Prof. Timo Heimerdingers Bitte, einen Vortrag darüber zu halten, welche wirtschaftswissenschaftlichen Theorien in den großen Vorlesungen an der SOWI gelehrt werden. Da ist mir klar geworden, dass wir uns fast ausschließlich mit der Neoklassik beschäftigt haben und alle anderen Denkrichtungen sowie die geschichtlichen Entwicklungen, die diese geprägt haben, außer Acht ließen. Danach habe ich mich intensiv mit der Geschichte der Ökonomie beschäftigt und viele Biografien wie beispielsweise die von Keynes, Schumpeter oder Hayek gelesen.

Aus meinem Studium habe ich noch... Bücher aus der Makro- und Mikroökonomie, einige kulturwissenschaftliche Monografien meiner Professor:innen sowie eine ganze Reihe an Sprachbüchern für Englisch, Spanisch und Türkisch.

Waren Sie im Ausland? War das für Sie aus heutiger Sicht wichtig? Ich habe im Rahmen meines IWW-Studiums zwei Semester an der englischsprachigen Bogazici University in Istanbul studiert. Danach habe ich ein Volontariat am AußenwirtschaftsCenter Ankara absolviert. Das hat mich motiviert, international tätig zu sein und einen spannenden Karriereweg einzuschlagen. Ich kann allen Studierenden empfehlen, die Möglichkeit zu nutzen, einen Teil des Studiums im Ausland zu verbringen.

Wie hat sich Ihr Weg vom Studium bis heute entwickelt? Ich bin heute Geschäftsführerin von Onsight Ventures, dem ersten Venture Capital Fund mit Sitz in Tirol. Wir investieren in europäische Start-ups, die bahnbrechende Technologien im Bereich Chiptechnologie, Quantum Computing, AI, SynBio oder TechBio entwickeln. Viele davon kommen aus der universitären Forschung bzw. haben die Gründer:innen die IPs an Universitäten entwickelt. Mich erfüllt meine Tätigkeit mit großer Freude, aber es war auch ein längerer Weg dorthin. Man sieht oft nur das Endergebnis und nicht wie lange gewisse Personen gebraucht haben, um ihre Ziele zu realisieren. Daher rate ich allen Studierenden, die karrieretechnisch große Ambitionen haben oder unternehmerisch tätig sein wollen, nach Rückschlägen wieder aufzustehen.

Haben Sie nach dem Studium eine andere berufliche Richtung eingeschlagen? Würden Sie sich aus heutiger Sicht für ein anderes Studium entscheiden? Beruflich bin ich auf dem Weg geblieben, der mit IWW Sinn ergibt. Die Europäische Ethnologie habe ich beruflich nicht genützt. Aus heutiger Sicht würde ich aber definitiv andere Studiengänge bevorzugen, darunter vor allem Informatik, Physik oder Medizin. Ich denke, dass man hier unbezahlbare Hard Skills lernt und Soft Skills wie Business jederzeit dazu lernen kann. 

Welche im Studium erworbene Qualifikation hilft Ihnen im heutigen Beruf am meisten? Ein betriebswirtschaftlicher Unterbau, kritisches Denken, analytisches Denken und sprachliche Skills.

Was war bis jetzt Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer beruflichen Laufbahn? Mit Onsight Ventures haben wir unsere erste Investition in das deutsche Start-up Black Semiconductor getätigt. Diese Firma entwickelt eine Technologie, um Computerchips optisch zu verbinden. Das schönste Erlebnis war bisher der 12. Juni 2024, als der Press Release zu Black Semiconductors großen Finanzierungsrunde veröffentlicht wurde. Die Firma hat 228,7 Mio. EUR IPCEI Förderung erhalten und zusätzlich noch 25,7 Mio. EUR Eigenkapital eingesammelt. Damit wird das Team rund um die Brüder Daniel Schall und Sebastian Schall eine 300mm Fab in Aachen bauen. In solche tollen Unternehmen zu investieren und diese Nachricht mit unseren Investor:innen zu teilen, macht große Freude. 

Was möchten Sie gerne noch erreichen – beruflich oder privat? Ich möchte beruflich weiterhin im Bereich Venture Capital bleiben. Hoffentlich kann ich in einigen Jahrzehnten mit Stolz auf die großartigen Unternehmen, die ich mitaufgebaut habe, blicken. Privat ist das größte Glück die persönliche Zufriedenheit.

Was würden Sie heute anders machen? Ich würde viel früher mit meiner Finanzbildung beginnen. Ich finde, das ist etwas, das man in Grundzügen schon in der Volksschule lernen sollte. Viele Erwachsene wissen nicht, wie der Aktienmarkt funktioniert oder man Kredite rechnet. Das weiß ich aus erster Hand, da ich 2014 im Auftrag der Wiener Börse mehr als 200 Vortragseinheiten an Schulen und Bildungseinrichtungen in ganz Österreich gehalten habe.

Studierenden rate ich... sich früh in den Branchen, in denen sie tätig sein wollen, zu vernetzen.

Was war zu Studienzeiten Ihr Lieblingsort in Innsbruck/an der Universität? Die Dachterrasse des GEIWI-Turms, wo wir früher mit der Studierendenvertretung Grillpartys gemacht haben.

Was verbindet Sie heute noch mit der Universität? Ich engagiere mich im Beirat zur Veranlagung von Mitteln der Universität Innsbruck und habe immer wieder Berührungspunkte zur Uni-Holding. Ich möchte betonen, dass die Universität Innsbruck eine der wenigen Universitäten in Österreich ist, die sich an ihren Spin-offs beteiligt. Die besten Beispiele hierfür findet man im Bereich Quantentechnologien. Mit dem Förderkreis hat die Universität Innsbruck auch eine Plattform geschaffen, die es Unternehmer:innen ermöglicht, ihrer Alma Mater etwas zurückzugeben und innovative Projekte zu unterstützen. Auch hier bin ich als Geschäftsführerin von Onsight Ventures als Spenderin aktiv. Festhalten muss man: Die Universität Innsbruck unterstützt Ideen und bietet viele Möglichkeiten – auch das sollten Studierende im Fokus haben.

Ich wollte immer schon einmal... eine 8a klettern, aber da muss ich noch ein bisschen trainieren.

 

 

Stand: Juni 2024

 

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