Der Faktor ›Heimat‹ in der Tiroler Moderne
Heimatschutz, Rezeption und Rahmenbedingungen
›Heimat‹ und ›Moderne‹ bilden ein scheinbar antithetisches Begriffspaar welches architekturhistorisch betrachtet ganz bestimmte Assoziationen hervorruft: Der Begriff ›Heimat‹ wird zusammen mit der Heimatbewegung um 1900, Bauernhäusern, Satteldächern sowie einer nationalsozialistischen Architekturprogrammatik gedacht. ›Moderne‹ steht für das ›Bauhaus‹ und seinen großen VertreterInnen, den International Style, weiße kubische Wohnhäusern bzw. Siedlungen sowie das Flachdach, eben die ›klassische Moderne‹. Diese Polarität ist Ausgangspunkt für die vorliegende Dissertation, da bereits an dieser Stelle vorweggenommen werden kann, dass ›modern‹ und ›heimisch‹ in der modernen Architektur im Tirol der Zwischenkriegszeit keine Gegensätze darstellten.
Die Architektur der Zwischenkriegszeit in Tirol ist charakterisiert durch eine Ausprägung der Moderne, die bewusst vernakuläre Elemente zitiert. Diese sogenannte ›Tiroler Moderne‹ sucht zum einen Anschluss an die internationalen Entwicklungen, zum anderen knüpft sie an regionale Bautraditionen an. Neue Bauaufgaben wie Seilbahnen und Hotels für den aufkommenden Massentourismus – der als Katalysator der Tiroler Moderne angesehen werden kann – führten zu innovativen gestalterischen Lösungen; mit geneigten Dächern, Holzfassaden und -konstruktionen, gemauerten Sockeln und weiteren vernakularen Elementen verankerten die Architekten diese modernen und zeitgemäßen Bauten bewusst in der Region Tirol.
Die Dissertation sucht nach dem Faktor ›Heimat‹ in der Tiroler Moderne und hat zum Ziel herauszuarbeiten, dass ›Heimat‹ eine zentrale Rolle in der (modernen) Architektur der Zwischenkriegszeit in Tirol spielte. Die übergeordnete Forschungsfrage lautet daher: Was sind die Strategien und Gründe für die Rezeption vernakulärer Formen in der Tiroler Moderne? Für die Beantwortung der Frage scheinen sowohl der Tiroler Heimatschutzverein, die Rezeption als ›heimisch‹, wie auch die komplexen Rahmenbedingungen innerhalb derer Architektur entstand, entscheidend zu sein.
Dissertationsprojekt, Lydia Constanze Krenz