Vom Gauhaus zum Landhaus.
Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte

 

Dr. phil. Hilde Strobl

 

In der wechselvollen Geschichte des Innsbrucker Landhausviertels spiegelt sich die Tiroler Vergangenheit des letzten Jahrhunderts. Unmittelbar nach der „Machtübernahme“ verwirklichen die Nationalsozialisten frühere Planungen zur Erweiterung des historischen Landhauses und errichten in kürzester Zeit einen in sich geschlossenen Gebäudekomplex. Die Gauleitung hatte sich für einen beschränkten Ideenwettbewerb entschieden und ausschließlich Innsbrucker Architekten zur Teilnahme aufgefordert. Zur Einreichung kamen acht Entwürfe von Walther und Ewald Guth, Viktor Stanger, Erich Millbacher, Franz Baumann, Alfred Karl Matuella, Karl Zani und Hans Feßler. Die Brüder Guth erhielten den Zuschlag, doch der Siegerentwurf wurde mehrfach überarbeitet und den Ansprüchen Gauleiter Hofers angepasst. In Architektur und Ausstattung verbindet der Bau regionaltypische Aspekte mit Repräsentationsformen des NS-Kanons.

NS-Bauten

Neues Landhaus Innsbruck während der NS-Zeit, Foto: Richard Müller

Das Regierungsviertel beherbergt während der NS-Zeit nahezu den gesamten Parteiapparat und die staatlichen Dienststellen. Im Machtzentrum des Tiroler Nationalsozialismus findet die Planung und Abwicklung unzähliger NS-Verbrechen statt. Nach der Befreiung und Nutzung durch die Besatzungsmächte nimmt die Tiroler Politik das heutige Neue Landhaus in Besitz. Die NS-Hintergründe werden verleugnet und verdrängt. Erst in der jüngsten Vergangenheit übernimmt das Land seine erinnerungskulturelle Verantwortung und diskutiert den Umgang mit dem größten noch bestehenden Täterbau Tirols.

Im Auftrag des Landes Tirol untersuchen Christian Mathies und Hilde Strobl in ihrem Forschungsbericht den Bau des Neuen Landhauses, die Verwaltungsstrukturen im regionalen NS-Machtzentrum und die Bedeutungsgeschichte des Gebäudes bis in die Gegenwart.

Einige Nachlässe der Architekten, die sich am Wettbewerb beteiligten, finden sich im Archiv für Bau.Kunst.Geschichte. Die Nachlässe der Brüder Guth konnten in diesem Zusammenhang für das Archiv gewonnen werden. Die Publikation „Vom Gauhaus zum Landhaus. Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte“ von Christian Mathies und Hilde Strobl erscheint im November 2021.

Zum Download: https://www.tirol.gv.at/fileadmin/themen/kunst-kultur/downloads/Landhaus_Forschungsbericht_Mathies_Strobl_20201023_dig.pdf

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